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ADB:Cranz, August Friedrich

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Artikel „Cranz, August Friedrich“ von Carl Christian Redlich in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 564–566, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Cranz,_August_Friedrich&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 18:30 Uhr UTC)
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Cranz: August Friedrich C., geb. 26. Sept. 1737 im Dorfe Marwitz bei Landsberg an der Warthe (nicht zu Tucheim bei Magdeburg, wie Denina angibt), † 18. oder 19. Octbr. 1801 zu Berlin. Seine Familie schrieb sich eigentlich Crantz und soll mit dem berühmten Albert Krantz verwandt sein; er [565] selbst hat sich immer Cranz genannt, wie sein ältester Sohn, der Gründer einer bekannten Musikalienhandlung in Hamburg. Die Angaben über sein unstetes und wechselvolles Leben in den älteren biographischen Werken sind lückenhaft und widerspruchsvoll. Aus seinen eigenen Schriften und andern zuverlässigen Nachrichten lassen sich folgende Daten ermitteln. C. war der Sohn eines lutherischen Predigers und studirte anfangs Theologie, dann Jurisprudenz, war 1772 Hauslehrer beim Grafen Solms in Berlin, wurde durch dessen Empfehlung Kriegs- und Steuerrath in Cleve, mußte aber schon bald wegen Unregelmäßigkeiten im Dienst seinen Abschied nehmen und wurde Litterat. Von 1779–84 lebte er schriftstellernd in Berlin und Potsdam, von Friedrich dem Großen gegen die Angriffe des Censors geschützt, genoß zeitweilig sogar völlige Censurfreiheit und bezog eine königliche Pension. Trotz dieser sichern Einnahme und des bedeutenden Erfolges seiner litterarischen Arbeiten blieb bei seinem unordentlichen und verschwenderischen Leben der Stand seiner Finanzen mißlich. Seine Uebersiedelung nach Hamburg 1784 scheint Flucht vor seinen Gläubigern gewesen zu sein. Ein maßloser Angriff auf die Holländer in seinen Annalen veranlaßte eine Beschwerde des holländischen Gesandten beim hamburgischen Senat, die seine Ausweisung zur Folge hatte. C. verließ Hamburg im October 1785 unter Verbot der Rückkehr, hielt sich aber die nächste Zeit in der Nachbarschaft auf, meistens in Altona, wo er sich mit einem sehr wohlhabenden jungen Mädchen verheirathete. Mit seiner Frau kehrte er 1787 nach Berlin zurück und führte einige Jahre ein lustiges Leben, oft auf Reisen und stets die Freundschaft einflußreicher Persönlichkeiten, auch mit Aufopferung der eigenen Ueberzeugung, suchend. Seine Ehe wurde durch seine Schuld gelöst und er starb von Allen verlassen in den dürftigsten Umständen. – Seine zahlreichen Schriften, theils kurze Brochuren, theils periodisch in Heftchen oder einzelnen Bogen ausgegebene Werke, meist satirischen Inhalts, aber oft in Pasquille ausartend, sind nirgends vollständig und einigermaßen genau verzeichnet. Obwol sie zur Zeit ihres Erscheinens so viele Leser fanden, daß nicht wenige wiederholte Auflagen und Nachdrucke erlebten, und daß unbekannte Schriftsteller verschiedenes auf seinen Namen fälschten, sind sie jetzt zum großen Theile völlig vergessen. Sie zeigen alle einen Mann von nicht unbedeutender Begabung, der aber nie zu einer gründlichen Bildung gelangt ist und in seiner Vielschreiberei ums tägliche Brod oft sogar mit den einfachsten grammatischen Regeln in Streit liegt. Es sieht so aus, als ob er gerne ein deutscher Voltaire hätte werden wollen, aber er ahmt seinem Vorbilde nur in seinen Untugenden nach. Sein Freimuth wird frech, seine Aufgeklärtheit frivol, sein Witz cynisch, sein Scherz pöbelhaft, während er sich doch viel darauf zu gute thut, daß er den Ton der guten Gesellschaft kenne, seine Wochenschriften auf dem Titel „Den besten Menschen“ bestimmt und über die Polemik Wieland’s gegen Nicolai, Lessing’s gegen Goeze, Schiller’s und Goethe’s im Xenienkampf als unbarmherziger Tugendprediger zu Gericht sitzt. Daß es mit seiner Schriftstellerei vornehmlich auf Gelderwerb abgesehen sei, verräth er selbst mit kühler Dreistigkeit an mehr als einer Stelle, und in der Wahl der Mittel zur Erreichung seines Zweckes ist er nie ängstlich gewesen. Freunde des Scandals und der Schlüpfrigkeiten haben bei ihm ihre Rechnung gefunden, und das Ausspinnen seines Fadens, um aus dem einmal gefaßten Gedanken möglichst viel Verlegerhonorar herauszuschlagen, hat er ebenso gut verstanden, als das Erfinden immer neuer die Neugier reizender Titel, um die alten Gerichte mit etwas veränderter Brühe wieder auftischen zu können. Manchmal haben Leute sein Stillschweigen über unangenehme Familiengeschichten erkauft. Seine Schriften sind fast alle anonym erschienen; gewöhnlich nannte er sich nach seinen ersten Arbeiten den Verfasser der „Gallerie der Teufel“ (Frankfurt u. Leipzig d. i. Düsseldorf 1776 [566] bis 1778), der „Bockiade“ (Frankfurt a/M. 1779), der „Lieblingsstunden“ (Berlin 1779–80). Wegen ihrer Beziehungen auf Lessing’s Streit mit Goeze und Goethe’s Werther haben die beiden zuletzt genannten Stücke noch ein gewisses Interesse; außerdem die übrigens unbedeutende Antixenienschrift, die „Ochsiade oder freundschaftliche Unterhaltungen der Herren Schiller und Goethe mit einigen ihrer Herren Collegen“, Berlin 1797.

Zu vgl. außer dem Hamb. Schriftstellerlexikon, Mehring und Schmidt, Neuestes gelehrtes Berlin und Kosmann, Denkwürdigkeiten und Tagesgeschichte der preußischen Staaten 1801, Novbr. 1188 ff. und Decbr. 1331 ff.