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ADB:Croÿ, Philipp von

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Artikel „Croÿ, Philipp von“ von Karl Theodor Wenzelburger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 619–620, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Cro%C3%BF,_Philipp_von&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 13:32 Uhr UTC)
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Croÿ: Philipp v. C., Herzog von Aarschot, Prinz von Chimay, Graf von Porceau, zweiter Sohn des vorigen und Anna’s, der Erbtochter Karls, des ersten Prinzen von Chimay; eine der einflußreichsten Persönlichkeiten während des Beginnes des Aufstandes der Niederlande gegen Spanien, † 1595. Von Karl V. und Philipp II. wurde er zu verschiedenen Sendungen verwendet, war bei dem Frieden von Château Cambresis eine der von Philipp II. nach Frankreich gesandten Geiseln und 1562 sandte ihn Margaretha von Parma als Gesandten auf den Reichstag nach Frankfurt zur Wahl und Krönung des böhmischen Königs Maximilian zum deutschen Kaiser, zu welcher Sendung er sich ebensowol durch die Kenntniß der deutschen Sprache, wie durch seinen früheren längeren Aufenthalt am kaiserl. Hofe eignete. Indessen war in den Niederlanden der Aufstand gegen Spanien ausgebrochen und Philipp nahm nun an den folgenden Ereignissen einen sehr thätigen Antheil. Obgleich er die berechtigten Klagen seines Landes gegen die spanische Willkürherrschaft in ihrem vollen Umfange anerkannte und bei jeder Gelegenheit für dessen Privilegien und Rechte stritt, so verhinderte ihn doch sein strenger katholischer Standpunkt mit dem Prinzen von Oranien zur Abschüttlung des spanischen Joches gemeinschaftliche Sache zu machen, gegen den er zwar äußerlich eine freundliche Miene trug, während er ihn als Beschützer der Reformation verabscheute und haßte. Der Haß des unzufriedenen Volkes hatte sich hauptsächlich gegen Granvella gekehrt und sowol Philipp II., wie die Statthalterin wurden mit Bitten bestürmt, denselben zu entfernen. Von dieser Agitation hielt sich Philipp ferne und wiederholte Male erklärte er laut, durchaus keine Beschwerden gegen den Cardinal zu haben, während er es für unstatthaft erklärte, den König hinsichtlich der Wahl seiner Räthe Beschränkungen zu unterwerfen. Und als die niederländischen Edeln in großer Anzahl und in feierlichem Aufzuge der Statthalterin in Brüssel ihre Beschwerden vorbrachten, bei welcher Gelegenheit bekanntlich Berlaymont zuerst den Namen Geusen gebrauchte, war er es hauptsächlich, der es eine große Unvorsichtigkeit nannte, so vielen Unzufriedenen bewaffnet zugleich den Einzug in Brüssel zu gestatten. Der Bildersturm erbitterte ihn natürlich nur noch mehr gegen die Aufständischen und um seine Verachtung der letzteren, sowie auch seinen Abscheu vor diesen Vorfällen recht drastisch an den Tag zu legen, unternahm er in ziemlich ostensibler Weise eine Wallfahrt zu einem Marienbild, während er äußerliche Kennzeichen zum Unterschiede von den Geusen trug. Er stand jetzt natürlich vollkommen und ungetheilt auf spanischer Seite und der neue Eid, den die Statthalterin 1567 zur Aufrechterhaltung der katholischen Religion verlangte, wurde zuerst von ihm geschworen. Dagegen trat er im Proceß des Grafen Egmond dem Herzog Alba kühn entgegen, drang auf die Immunität Egmond’s als Ritters des goldenen Vließes und machte dem Herzog gegenüber über das Standbild, das sich derselbe[WS 1] in Brüssel hatte errichten lassen, eine sehr kühne und sarkastische Bemerkung. Später wurde er – Don Juan war indessen an die Spitze der Regierung getreten – zum Burggrafen von Antwerpen ernannt; bei der Uebernahme seines Amtes schwur er aufs neue der spanischen Sache unverbrüchliche Treue, was ihn aber nicht hinderte, kurze Zeit darauf zu den Staaten überzugehen. Eine innere Ueberzeugung hat ihm diesen Entschluß wol nicht eingegeben, wol aber darf man annehmen, daß ihn sein Ehrgeiz und sein Haß gegen [620] Oranien dazu bestimmte, gegen diesen, dessen Einfluß und Macht sich zusehends steigerte, selbst in die Schranken zu treten, um vielleicht seine Stelle selbst einnehmen zu können. Er betrieb deshalb hauptsächlich die Erhebung des jungen Erzherzogs Matthias, weil er in ihm ein willenloses Werkzeug in seiner Hand voraussetzte, während Oranien mit scharfem Blick gerade in dieser Thatsache das Mittel seiner eigenen Erhebung sah. Der Plan, sich der Person des Erzherzogs zu bemächtigen und in seinem Namen dann das Land zu regieren, schlug dank der Vorsicht Oraniens vollständig fehl und Aarschot mußte sich mit der Statthalterschaft von Flandern, die ihm kurz vorher übertragen war, begnügen. Da man ihm aber von beiden Seiten mißtraute, so wurde er von einigen Bürgern Gents, das sich ebenfalls für den Prinzen von Oranien erklären wollte, gefangen genommen, aber auf Befehl der Staaten wieder auf freien Fuß gesetzt, worauf er dann 1577 die Union von Brüssel unterzeichnete. Im Auftrage der Staaten begab er sich 1579 zu den Friedensunterhandlungen nach Köln, wo er mit Karl von Arragon, dem Gesandten des spanischen Hofes, in Berührung kam, der ihn wieder auf die spanische Seite herüberzog und mit dem Könige versöhnte, welcher Schritt der Union von Brüssel natürlich großen Abbruch that. Da man ihm aber auf spanischer Seite selbstverständlich zuerst mit Kälte und Mißtrauen begegnete und nicht ihm, sondern dem Grafen von Fuentes die oberste Leitung der Regierung übertrug, so verließ er, vielleicht auch bekümmert über das Loos seines unter fremder Herrschaft von Tag zu Tag unglücklicher werdenden Vaterlandes, die Niederlande und begab sich nach Venedig, „wo er wenigstens frei sterben könne“. Sein Tod erfolgte 11. Decbr. 1595. Obgleich C. unter die auszgezeichnetsten Staatsmänner der Niederlande gehört, so verhinderte ihn doch sein Ehrgeiz und die Mißgunst gegen Oranien, welche alle seine Schritte leitete, etwas Ersprießliches für dieselben zu schaffen.

Groen van Prinsterer, Archives de la Maison d’Orange-Nassau, Fortsetzung in den ersten sechs Bänden; Baron de Reiffenberg, Mémoires du duc Charles de Croy; Arend, Alg. Geschiedenis des vaderlands, II. Thl. und das schon genannte Werk von Maurice.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: dersebe