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ADB:Maximilian II. (Kaiser)

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Artikel „Maximilian II., deutscher Kaiser“ von Wilhelm Maurenbrecher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 736–747, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Maximilian_II._(Kaiser)&oldid=- (Version vom 19. Dezember 2024, 14:39 Uhr UTC)
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Maximilian II., deutscher Kaiser, war der älteste Sohn (das zweite Kind) König Ferdinands I. und seiner Gemahlin Anna, geb. in Wien am 31. Juli 1527. Er wurde gemeinsam mit seinem um beinahe zwei Jahre jüngeren Bruder Erzherzog Ferdinand erzogen, seit 1533 unter Leitung des Obersthofmeisters Grafen Veit von Thurn, dann später unter Aufsicht des Freiherrn v. Madruz, seit 1542 des Grafen von Nogarola; Lehrer der Prinzen waren Caspar Ursinus Velius, Wolfgang Schifer (Severus) und Georg Tannstätter. Unter ihnen soll Schifer sich der lutherischen Lehre zugeneigt haben; doch ist schwer zu sagen, inwieweit er auf seines Zöglings Sinn Einwirkung erlangt habe. 1544 wurde für den jungen Erzherzog ein eigener Hofstaat gebildet, an dessen Spitze ein Spanier, Pedro Lasso de Castilla, als Obersthofmeister gestellt wurde (7. Juni 1544). Es wurde dem Prinzen vergönnt 1544 im Heer Karls V. an dem Kriege gegen Frankreich Theil zu nehmen; dann begleitete er seinen kaiserlichen Oheim in die Niederlande und zum Wormser Reichstag; 1546 erhielt er ein Reitercommando im Kriege gegen die deutschen Protestanten; 1547 und 1548 erschien er auf dem Augsburger Reichstag. Er hatte sich bis dahin als einen jungen Mann von guten Anlagen des Geistes gezeigt, aber von etwas weichem, leicht biegsamem und doch reizbarem Charakter; er hatte Unlust zu einer ordentlichen Thätigkeit, Neigung zum Trunke und zu leichtfertigem Verkehr mit Frauenzimmern verrathen; dabei war seine Gesundheit eine nicht gesicherte oder kräftige. In der religiösen Frage schien sein Verhalten einigen Zweifel an [737] seiner Festigkeit für den Dienst der katholischen Kirche zu rechtfertigen. Scharfe Mahnung und Zurede hatte der Vater schon 1547 ihm deshalb gespendet. Damals wurde beschlossen, ihn mit seiner Cousine, Karls V. ältesten Tochter Maria, zu verheirathen. Eine Mitgift an Geld, aber nicht einen Erwerb von Ländern brachte ihm der Ehecontract, datirt 24. April 1548, ratificirt 4. Juni. Sein Vater Ferdinand hatte sich verpflichtet ihm die Nachfolge in Böhmen zu sichern; am 14. Februar 1549 wurde M. dort als künftiger König anerkannt; er hatte zugesagt bei des Vaters Lebzeiten sich in die Regierung Böhmens nicht einzumischen; dieselbe wurde vielmehr seinem jüngeren Bruder Ferdinand übertragen. M. selbst sollte seine erste Schule in politischen Geschäften auf der spanischen Halbinsel machen.

Im Juni 1548 reiste M. nach Spanien. Am 13. September war die Hochzeit in Valladolid. Während des spanischen Prinzen Philipp Abwesenheit führten M. und Maria die Verwaltung Spaniens; im November 1549 wurde ihnen das erste Kind geboren. Aber während des spanischen Aufenthaltes hielt M. doch stets seine Wünsche auf Deutschland gerichtet: er betrachtete sich stets als den dereinstigen Nachfolger seines Vaters, als den zukünftigen Kaiser von Deutschland. Diesem Gedanken trat die Absicht Philipps von Spanien entgegen, der selbst in späterer Zeit Kaiser zu werden hoffte. Da Ferdinand sich weigerte zu diesen Verfügungen ohne Berathung mit M. seine Zustimmung zu geben, so wurde M. im September 1550 aus Spanien zurückberufen; er machte sich im November auf den Weg und langte im December in Augsburg an. Dort wurden erregte Berathungen der kaiserlichen Familie über die Zukunft gepflogen; in ihnen leistete besonders M. hartnäckigen Widerstand gegen die ihm zugemuthete Unterordnung unter seinen spanischen Vetter und Schwager. Aber zuletzt blieb ihm doch nichts übrig, als sich widerwillig in Karls Gebot zu fügen. Es wurde verabredet, daß dereinst nach Ferdinands Tode Philipp Kaiser werden sollte, daß er aber die Führung der deutschen Angelegenheiten M. als dem römischen Könige überlassen würde; in Italien sollte Philipp auch schon während Ferdinands Kaiserregierung als dessen Vicarius Herrscherrechte ausüben. Man verabredete am 9. März 1551 gemeinschaftlich jene Doppelwahl von Philipp und M. bei den Kurfürsten gleichzeitig zu betreiben. Darauf aber haben Ferdinand und M. es sehr gut verstanden, der übernommenen Verpflichtung sich zu entziehen; sie verschleppten die Angelegenheit und erregten überall den Verdacht, die gegen ihren Willen eingeleitete Sache nicht ungern scheitern zu sehen. Besonders lebhaft erhob bei Karl und Philipp sich Argwohn und Unwille wider M. Derselbe war im Juli 1551 mit Philipp nach Spanien gereist, von dort seine Frau sich zu holen; er kehrte mit derselben im Spätherbst heim, durch Italien und Tirol und stattete Karl darauf in Innsbruck seinen Besuch ab. Der Ausbruch des französischen Krieges in Italien und die Feindseligkeiten, welche im September 1551 die Türken in Ungarn begonnen, hatten neue Verwickelungen für Karl und Ferdinand heraufbeschworen; in Deutschland selbst drohte der Aufstand der unter Moritz von Sachsen geeinigten deutschen Protestanten. Alles dies führte eine Annäherung der wider einander erzürnten Verwandten herbei.

M. verließ Innsbruck am 22. Januar 1552, um seinem Vater in Linz zu begegnen und an der Vertheidigung Ungarns wider die Türken sich zu betheiligen. Unterwegs traf er in Wasserburg mit seinem Schwager, dem Herzog Albrecht von Baiern, zusammen. Dort erkrankte er plötzlich; zwar zeigte sich bald, daß das Gerücht die Gefährlichkeit der Krankheit übertrieben, doch war M. selbst von der Ansicht durchdrungen, die Krankheit sei durch Gift hervorgerufen, das man ihm im Interesse des spanischen Prinzen beigebracht habe, – ein Verdacht, von dem [738] er Jahre lang nicht loslassen wollte. So weit ging damals seine Entfremdung und sein Groll gegen die spanischen Verwandten. Andererseits hatte er manche persönlichen Beziehungen zu deutschen Fürsten gewonnen; der Verkehr zwischen ihm und Moritz von Sachsen diente nicht den Interessen des Kaisers. Die Beseitigung jenes spanischen Successionsprojectes war vielmehr ein Ziel, in dem seine Wünsche sich mit dem Auftreten des Aufstandes begegneten. An der Vermittlung, die Ferdinand im Auftrage Karls bei dem Fürstenbunde versuchte, wurde M. gestattet sich zu betheiligen; im März 1552 war er mit Ferdinand in Preßburg, um die Rüstungen gegen die Türken zu betreiben; von dort kam er mit dem Vater nach Linz. Beide verhandelten hier im April mit Kurfürst Moritz. Das Ergebniß war die Vertagung weiterer Berathung auf eine Fürstenzusammenkunft, welche demnächst in Passau geschehen sollte. Während nun in dieser Pause Ferdinand Karls Sinn für Concessionen zu bearbeiten suchte und während der Fürstenaufstand den Kaiser ernstlich mit militärischen Thaten bedrohte, weilte M. in Wien, die Vertheidigungsanstalten und Rüstungen zum Türkenkrieg in Oesterreich zu leiten. Zwar drängte Moritz auf Maximilians Anwesenheit und Theilnahme an den Passauer Berathungen; aber sie wurde nicht gewährt; und nur durch seine brieflichen Vorstellungen über die wachsende Noth der Türkengefahr und die Nothwendigkeit energischer Kriegführung in Ungarn wirkte er zu Gunsten eines friedlichen Ausgleiches der deutschen Wirren auf die Passauer Verhandlung und auf Karls Annahme des Passauer Stillstandes ein. Dann geschah wirklich dieser so dringend geforderte Türkenfeldzug im Herbst 1552: während Moritz das deutsche Heer anführte, sah M. anfangs aus Wien und nachher aus Graz dem Verlaufe zu. Ohne greifbares größeres Ergebniß ging der Krieg 1552 zu Ende. In dieser Zeit aber waren äußerlich die Beziehungen zwischen M. und den spanischen Verwandten wieder bessere geworden; man wechselte freundliche Briefe und Karl verhieß Erledigung der finanziellen Klagen und Forderungen, die M. im Namen seiner Frau bei dem Schwiegervater erhoben. Nichtsdestoweniger lebte in M. Groll und Abneigung und Haß gegen die „Spanier“ fort. In vertraulichen Briefen erging er sich oft über sie in den stärksten Ausdrücken. Mit mehreren jungen Fürsten stand er in freundschaftlichem Verkehr, mit dem Württemberger Christoph, den Sachsen Moritz und August, und auch mit dem baierischen Schwager Herzog Albrecht; ihnen allen mußte der Gegensatz dieses deutschen Habsburgers gegen die spanischen Verwandten eine aussichtsvolle Garantie für die Zukunft bieten. Philipp selbst verzichtete jetzt auf die deutsche Succession, nur noch darum bemüht, sich einen maßgebenden Einfluß auf Italien auch nach dem Ableben oder dem Rücktritt Karls zu sichern. Ferdinand war es möglich 1555 auf dem Augsburger Reichstag Deutschland den Religionsfrieden zu geben, der dort absolut unvermeidlich und nothwendig geworden.

M. lebte seit 1552 regelmäßig in Wien, mit der Verwaltung der österreichischen Herzogthümer bei der Abwesenheit des Vaters betraut. In seinem Hofhalt waren zwischen dem spanischen Gefolge seiner Frau und den Deutschen ärgerliche Händel ausgebrochen. Karls Intervention beschwichtigte im Herbst 1555 diese Dinge. M. gab nach, er duldete die Anwesenheit der ihm verhaßten Spanier, besonders auch des spanischen Beichtvaters seiner Frau; er erfreute sich der pekuniären Beihülfe, die ihm seit jener Zeit aus Spanien gespendet wurde. Im Juli 1556 stattete M., begleitet von seiner Frau, dem weltmüden Schwiegervater in Brüssel einen letzten Besuch ab; er hatte für M. nicht das erwünschte Ergebniß; weder ein Ländergewinn, auf den er gehofft, noch eine ansehnliche Stellung im Dienste der habsburgischen Weltmacht wurde ihm zu Theil; in beiden Beziehungen darf man vermuthen, daß seine Wünsche sich auf die Niederlande [739] gerichtet hatten. Sein unbefriedigter Ehrgeiz vergrößerte damals noch seine antispanische Gesinnung. Auf demselben Boden erwuchsen seine Sympathien mit dem Protestantismus und seine protestantische Religionsüberzeugung.

Mit voller Sicherheit läßt sich der Zeitpunkt nicht angeben, in welchem M. zuerst der protestantischen Lehre sich genähert habe. In seiner Jugend hatte er Lauheit und Indifferenz in kirchlichen Dingen gezeigt; dann aber in den ersten Jahren seiner Ehe, 1548–1551, lebte er nach unanfechtbaren gleichzeitigen Zeugenaussagen ganz correct in der Praxis der katholischen Kirche; erst später gerieth er unter den Einfluß seines Hofpredigers Sebastian Pfauser, der ihm die Reformbedürftigkeit der Kirche warm ans Herz gelegt und allmählich seinen Predigten einen ganz unverhüllt lutherischen Charakter gegeben hatte: 1555 wurden zu ihrem Entsetzen die Verwandten gewahr, daß M. ganz unzweideutig protestantischen Anschauungen seinen Beifall geschenkt. Ferdinand drang sofort 1555 mit Mahnungen in den Sohn, indem er ihm ganz besonders die politischen Folgen eines etwaigen Uebertrittes auf protestantische Seite vorhielt. Auch Karl machte mehrmals durch Mittelspersonen Versuche auf den religiösen Sinn des Schwiegersohnes einzuwirken; vor Allen aber unterließ die gut katholische Gemahlin selbst nichts, ihres Mannes Seele zu lenken. Von extremen Schritten redete man; daß Maria sich von einem „Ketzer“ scheiden lassen wollte, wurde gesagt. Andererseits unternahm es Ferdinand, den protestantischen Prediger Pfauser aus Wien zu entfernen. Nichts von allem wurde erreicht. Mehrere Jahre hindurch hielt M. gegen alle Einschüchterungs- oder Bekehrungsversuche Stand. Ein heftiges Unwetter entfesselte 1558 Papst Paul IV., als die Abdankung Karls V. vom Kaiserthum und die Uebertragung desselben auf Ferdinand öffentlich bekannt gemacht wurde; unter den Vorwürfen, die er gegen Ferdinand erhob, war die Hinneigung des ältesten Sohnes zum Protestantismus die Hauptsache. Ferdinand war bereit dem Papste die bestimmte Zusage zu machen, daß er die Succession seines Sohnes, falls derselbe wirklich zu den Protestanten sich gesellen sollte, keinesfalls zugeben würde. Dies war das Motiv, das dann in der That auf M. Eindruck gemacht und ihn in der katholischen Kirchengemeinschaft, äußerlich wenigstens, festgehalten hat.

Ende 1559 begann Ferdinand, gestützt auf Philipps von Spanien Hülfe und Beistand, erschreckt auch durch die Gefahr, daß der jüngere Bruder Erzherzog Karl dem Vorgang des älteren folgen zu wollen Miene machte, dem Erzherzog kräftig zuzusetzen; er stellte ihm die Alternative: wenn M. Protestant würde, bedrohte er ihn mit Verlust des Erbes; wenn er zur katholischen Kirche sich halten würde, eröffnete er ihm die Aussicht auf die Kaiserkrone und vielleicht sogar auf die Erbschaft Spaniens. Anfangs sträubte sich M. noch vor der ihm gemachten Zumuthung; dann aber wich er Schritt für Schritt zurück. Im März 1560 wurde Pfauser vertrieben; M. hielt ihn nicht mehr; er fürchtete für sich selbst und sondirte die hervorragendsten protestantischen Fürsten, ob sie ihm Schutz gegen den Vater bieten wollten. M. empfing von ihnen schöne Mahnworte, aber keine Zusage, auf die er sich verlassen konnte. Da ließ er die katholischen Theologen, die der Vater und der Papst und König Philipp dazu bestimmt hatten, ihre Kraft an der Bekehrung seiner Seele versuchen. Er wechselte nicht seine innere Ueberzeugung; im Herzen blieb er protestantisch gesinnt, aber äußerlich schloß er sich der protestantischen Confession nicht an, sondern verharrte bei der katholischen Kirche; er gab seiner eigenen von dem Katholicismus abgekehrten Sinnesrichtung keine äußeren Folgen; ja er betonte mehr wie einmal öffentlich seine Zugehörigkeit zur katholischen Kirche. Es war für die alte Kirche ein Sieg von weitreichenden Folgen, daß der Abfall Maximilians, der 1555 ganz ernstlich gedroht, schließlich verhindert worden war.

[740] Man zahlte M. den Lohn seines Verfahrens bald ohne weitere Schwierigkeiten. Ferdinand begann jetzt die Wahl des Sohnes zum römischen Könige zu betreiben, gegen welche eine Zeitlang die katholischen Kurfürsten sich gesträubt hatten. Ihnen war M. bereit ein Pfand für seine katholische Haltung zu bieten; er erbat sich vom Papste die Erlaubniß, das Abendmahl unter beiderlei Gestalten nehmen zu dürfen, und suchte des Papstes Unterstützung zu seiner Königswahl nach. In seinem äußeren Auftreten wurde er immer kirchlicher; er verkehrte viel mit katholischen Geistlichen; er besuchte wieder die Messe und nahm an Processionen wieder Antheil. Dies hinderte ihn keineswegs in Briefen an protestantische Fürsten sich gut protestantisch auszusprechen; den maßgebenden Kurfürsten von Sachsen und Pfalz gab er schriftlich sogar die Zusage, dereinst als Kaiser zum Protestantismus sich bekennen zu wollen. Andererseits erklärte er zu Prag im Februar 1562 den geistlichen Kurfürsten ganz bestimmt und bündig auf ihr Verlangen seinen Willensentschluß, daß er zur katholischen Kirche sich halten würde. Durch solche den beiden Parteien ertheilte Versprechungen sicherte M. sich die Nachfolge im Deutschen Reiche. Und auch das Verhältniß zu dem einst so gehaßten spanischen Schwager gestaltete M. jetzt so, daß er Geldhülfen von demselben gern annahm und die Erziehung seiner eigenen Söhne nach spanischem Vorbild verhieß; er schickte mit einem jüngeren sogar seinen ältesten Sohn zu Philipp, damit derselbe dort gut katholische Unterweisung und Ausbildung empfange. So war der Weg zum Thron ihm geebnet.

Die Huldigung Böhmens nahm M. in Prag am 20. September 1562 entgegen; von dort ging er nach Frankfurt, wo ihn am 28. November die Kurfürsten zum römischen König wählten; am 30. November geschah die Krönung in herkömmlicher Weise; M. hatte sogar geschworen die Kirche als Kaiser beschützen zu wollen; er zeigte schon im December 1562 dem Papst seine Wahl an. Dieselbe zu bestätigen war Pius IV. bereit, wenn M. das Gelübde des Gehorsams ablegen wollte. M. wollte dabei nicht über den Rahmen des Herkommens hinausgehen; es gab noch eine Verhandlung über die anzuwendende Formel: schließlich erfolgte durch den Bevollmächtigten des römischen Königs im Cardinalsconsistorium zu Rom am 7. Februar 1564 die förmliche Huldigung vor dem Papst. Mittlerweile war M. auch in Preßburg am 8. September 1563 zum Könige von Ungarn gekrönt worden. M. hatte sowol bei dem Frankfurter als bei dem Preßburger Krönungsakte sich des Abendmahlgenusses enthalten, gestützt auf eine vom Papst ihm gewordene Erlaubniß. Es war also in denjenigen Ländern, in welchen Ferdinand seine Erbfolge zugelassen, der Antritt der Regierung M. gesichert, während er an seine Brüder Ferdinand und Karl, an jenen Tirol, an diesen Steiermark, Kärnthen und Krain nach der testamentarischen Verfügung des Vaters abzugeben hatte. Man darf vielleicht sagen, daß im letzten Lebensjahre des Vaters M. auf die Politik des Kaiserthums einigen Einfluß ausgeübt: er betrieb und förderte eifrig alle Schritte der Regierung, welche, sei es auf dem Tridentiner Concil, sei es neben dem Concile her, eine Reformation der katholischen Kirche erstrebten: Gewährung des Laienkelches, der Priesterehe, disciplinarische Reform des Klerus; seine Annäherung an die Protestanten hoffte man so vorzubereiten. Und man gewann einige Aussicht, daß der Papst dem Kaiser Concessionen für Deutschland bewilligen werde. Nach Ferdinands Tod (25. Juli 1564) begann M. seine eigene Regierung. Große Erwartungen hegte man in Deutschland von dem neuen Kaiser.

M. war von mittlerer Größe, wohlgebildet und von angenehmen Formen; er beherrschte nebeneinander die verschiedensten Sprachen; er hatte viel gelesen und verschiedenen Dingen nachgedacht; er sprach und schrieb gewandt und fließend. Großes natürliches Wohlwollen trug er Jedermann entgegen; er bezauberte durch [741] seine Leutseligkeit und seine Offenheit die Menschen; er war in hohem Grade beredt, geistreich und eifrig in der Unterhaltung; er liebte besonders über Kriegführung und kriegerische Angelegenheiten eingehend zu sprechen; er war fleißig in seinen Geschäften; er hatte alle die Gaben in reichlichem Maße, durch welche ein Herrscher sich bei seinen Unterthanen populär macht. Wiederholt hatte er den Ehrgeiz seiner Seele schon verrathen, manches, was der Vater gethan, hatte er unumwunden getadelt, besonders seine Schwäche und Unterwürfigkeit unter Spanien oft gerügt. Man war berechtigt, von ihm ein entschiedenes, selbstbewußtes Auftreten und eine selbständige, den eigenen Zielen und Interessen nachgehende Politik zu erwarten. Seine Doppelsinnigkeit und Zweideutigkeit in der religiösen Frage, die heute der Forschung offenkundig vorliegt, war damals den Zeitgenossen nicht so deutlich ersichtlich: sehr verbreitet war deshalb die Annahme, daß er dem Protestantismus freie Bewegung ohne weiteres schaffen würde. M. lebte in der glücklichsten Ehe mit der eifrig katholischen Maria von Spanien; zwischen den Gatten herrschte das zärtlichste Verhältniß: 15 Kinder erwuchsen aus seiner Ehe. Die Kaiserin wachte eifrig über jeden Schritt des Gemahls, der ihn nach der protestantischen Seite hätte hinführen können; sie hielt ihn von protestantischen Zugeständnissen zurück, sie hoffte mehr und mehr ihn für die alte Kirche zu compromittiren und zu fesseln. M. erfreute sich nicht einer festen Gesundheit; von früh an war er kränklich; ein organisches Herzleiden hatte sich bei ihm schon früh so entwickelt, daß man ihm eine nicht lange Regierung in Aussicht zu stellen berechtigt schien.

Zunächst setzte M. die schon von Ferdinand begonnenen Schritte fort, eine Verbesserung der kirchlichen Zustände anzubahnen; eine Versöhnung der Religionsparteien glaubte man von einigen Concessionen der katholischen Seite erwarten zu dürfen; es war Ferdinand geglückt ein päpstliches Breve (16. April 1564) zu erzielen, durch das in bestimmten Fällen der Laienkelch von der Kirche gestattet wurde; über die Verwendung schon verheiratheter Priester im Kirchendienst war die Verhandlung noch im Gange. Nun bemühte sich M. überhaupt die Erlaubniß der Priesterehe vom Papst, immer mit gewissen Kautelen und Einschränkungen, zu erlangen; aber alle Aussicht auf weitere Nachgiebigkeit Roms wurde ihm genommen, seitdem der ganze Einfluß Spaniens sich gegen Derartiges in Rom geltend gemacht. Die Priesterehe blieb verboten, trotz aller Bemühungen des neuen Kaisers. Ja Papst Pius V. nahm auch schon 1568 (26. Mai) jene Erlaubniß des Laienkelches wieder zurück. Als ein Symptom war es beim Anfang der Regierung erschienen, daß M. die Bezeichnung „römisch-katholisch“ in „katholisch“ umzuändern angeordnet hatte (5. September 1564); die Anerkennung und Verkündigung der Tridentiner Concilsbeschlüsse dagegen konnte man von ihm nicht erringen; er hatte mit Cassander und Wicel eine Verhandlung und Berathung über religiöse Normen für seine österreichischen Länder führen lassen; er hatte auch gutkatholische Räthe zugezogen, da er als Landesherr sich zur kirchlichen Ordnung befugt und verpflichtet hielt. Aber bei dem Widerstreit der Ansichten und bei dem Mangel einer eigenen, festen und entschiedenen Haltung kam es zu nichts. Schon lange heischten in den österreichischen Herzogthümern die Stände Erlaubniß lutherischer Religionsübung; einiges hatte Ferdinand ihnen 1556 und 1562 schon nachgelassen; M. hatte sie als Erzherzog immer auf die Zukunft vertröstet. Jetzt betonte er dem Andringen seiner Stände gegenüber, 1566, daß er sich die geforderte freie Religionsübung nicht könne und wolle abringen lassen; aber bald nachher gab er doch nach, indem er dem Adel und den Herren in seinem Lande gestattete auf ihren Besitzungen, Gütern und Dörfern die Religionsübung nach der Augsburger Confession einzuführen oder fortzusetzen (18. August und 17. December 1568), eine Freigebung der Religion, die allenthalben [742] das größte Aufsehen machte und bei den katholischen Mächten, bei Spanien und bei dem Papst die heftigste Entrüstung und Einsprache hervorrief. Es kam sogar zu langen Auseinandersetzungen über Religionsprincipien und Glaubensbekenntnisse zwischen M. und Philipp von Spanien. M. hielt an seiner Zugehörigkeit zur katholischen Kirche immer noch fest; er hatte auch einen gut katholischen Hofprediger in seinem Dienst, aber er lehnte jede gewaltsame Behandlung religiöser Abweichungen ab; friedlicher Belehrung und Unterweisung wollte er die Versöhnung der kirchlichen Gegensätze überlassen. Man könnte vielleicht sagen, daß seine Erklärungen der modernen Idee staatlicher Toleranz in Glaubensfragen nahe gekommen sind. Aber seine Charakterschwäche hinderte ihn doch an der nachdrücklichen Geltendmachung und Behauptung seines Standpunktes; er duldete Uebergriffe und Gewaltschritte von katholischer Seite; er war nicht dazu zu bringen, daß er die Ausweisung der Jesuiten aus Oesterreich, die mit ihren Provocationen und Angriffen gegen die Protestanten keinen Augenblick innehielten, verfügt hätte; er vermochte aber auch dem unter den Protestanten ausbrechenden Chaos hadernder Meinungen nicht ein festes Ziel zu setzen. Zwar hatte er bei seiner Erlaubniß protestantischen Gottesdienstes die Herstellung der Einheit unter den Protestanten geradezu als Bedingung aufgestellt; und es wurde nun auch mit der Zustimmung des Kaisers 1568 der Versuch gemacht, den Protestanten in Oesterreich eine Lehrordnung zu geben; Camerarius und Carlowitz und dann Chyträus wurden deshalb berufen; auch einflußreiche Leute aus der Umgebung des Kaisers wie Schwendi und Crato griffen in diese Conferenzen ein; endlich brachte im Mai 1569 Chyträus eine „Agenda“ zu Stande; sie hatte nicht Maximilian’s Beifall; sie wurde daher revidirt und mehrfach geändert; 1570 ging sie im Druck aus. Darauf erfolgte am 11. Januar 1571 die „Religionsassecuration“ für die österreichischen Protestanten. Aber der theologische Hader und Zank kam nicht zur Ruhe. M. hatte seine frühere Idee, ein landesherrliches Consistorium an die Spitze zu stellen, wieder aufgegeben: das hätte ja eine bestimmte persönliche Erklärung seines protestantischen Glaubens nach sich gezogen; er hätte seine passive Neutralität aufgeben müssen; davon aber schreckte ihn, wenn er vielleicht sonst den Muth gehabt hätte, die so energische, mit Drohungen untermischte Erklärung aus Spanien zurück. Auch die ständische Anstellung eines Superintendenten, die M. wünschte, scheiterte an den Differenzen der protestantischen Geistlichen. M. ließ schließlich die Dinge in ihrer Zerfahrenheit gehen; Alles, was er unternahm, war und blieb ein Halbes: gründlich hat er die protestantischen Hoffnungen von seiner Regierung getäuscht.

Wiederholt hatte M. früher verschiedenen Fürsten seinen Unwillen darüber geäußert, daß sein Vater Ferdinand die von den Protestanten seit 1556 geforderte „Freistellung“, d. h. die reichsrechtliche Beseitigung des sog. geistlichen Vorbehaltes von 1555 abgelehnt hatte; Versprechungen genug hatte er den Protestanten in ihrem Sinne gemacht, den offenen Uebertritt zur Augsburger Confession sogar in Aussicht gestellt. Ganz anders aber zeigte er sich als Kaiser 1566 auf dem Reichstag zu Augsburg (März bis Juni 1566). Da redete er von der nothwendigen Beseitigung der religiösen Secten, von Vereinigungs- oder Ausgleichungsversuchen. Die „Freistellung“ lehnte er ab. Mochte auch Kurfürst August ihm seine frühere Zusage vorhalten; M. bestritt nicht, daß er sie gemacht; er betheuerte stets noch dasselbe zu wollen: „Gott wisse, was ihn bisher an der Ausführung gehindert“; er selbst bemerkte von sich, die Papisten hielten ihn für einen Lutheraner, die Lutheraner für einen Papisten; er vertröstete auf Abhilfe durch die Zukunft. Man darf dies nicht für leere Phrasen oder Ausreden halten; aber sicher ist, daß auf solche Weise diesem Kaiser es niemals gelingen konnte, den schweren Conflict, an dem Deutschland krankte, zu lösen. [743] Auf demselben Reichstag gab M. sich sogar dazu her, einen von den Vertretern Roms ausgesonnenen Schachzug gegen den Protestantismus in Scene zu setzen; es wurde der Versuch gemacht, die Spaltung zwischen Lutheranern und „Calvinisten“ zur Ausschließung der letzteren vom Recht des Religionsfriedens zu benutzen. M. selbst leitete hier den Angriff gegen den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, den „Calvinisten“; seine bekannte und von ihm oft betheuerte Abneigung vor Sectenhader und Sectenbildung wurde als Mittel gebraucht, einen Theil der deutschen Protestanten auszustoßen und den Rest von der etwaigen Unterstützung der außerdeutschen Protestanten in den Niederlanden und in Frankreich zurückzuhalten. Ohne Bedenken hatte M. hier der katholischen Offensive gedient. Es wurde in Augsburg die Reichsacht, die schon Ferdinand über Grumbach und seinen Anhang 1563 verhängt, erneuert; und da der Herzog Johann Friedrich von Sachsen seinen Schutz von Grumbach nicht abzog, so wurde gegen ihn die Reichsexecution verfügt. Kurfürst August von Sachsen übernahm den Auftrag des Reiches. Mit der Unterwerfung der Unruhigen endete dieser „Gothische“ Krieg (vgl. Bd. X, 20 und XIV, 340), der in gewissen Kreisen großen Unmuth gegen den Kaiser hervorrief.

1566 hatten die Verhältnisse in Ungarn erneuerten Krieg nöthig gemacht. Hülfe vom Deutschen Reiche hatte M. diesmal erzielt; auch in Ungarn selbst leistete man Außergewöhnliches. Zu entscheidendem Waffengang erhoben sich der alte Sultan Soliman und die Schaaren des Kaisers, dessen Hauptheer Schwendi befehligte. Die heldenmüthige Vertheidigung Sziget’s und der Heldentod Zrinyi’s machen den Feldzug von 1566 denkwürdig. Aber im Felde errang man 1567 keine nennenswerthe Erfolge. Man begnügte sich am 17. Februar 1568 mit einem Frieden, der gegen ein jährliches Geschenk an den Sultan Alles beim Alten ließ. Darauf folgte ein Compromiß mit dem jungen Siegmund Zapolya, das denselben als Fürsten von Siebenbürgen unter österreichischer Hoheit anerkannte. Der Einsatz militärischer Thatkraft war nicht in so ausreichender Weise geschehen, daß die österreichische Herrschaft über den Osten durch M. hätte befestigt scheinen können.

Seit seiner Thronbesteigung war auf Maximilian’s politische Haltung der Einfluß Spaniens in stetem Wachsthum begriffen. Das Gefühl dynastischer Zusammengehörigkeit hatte den anfangs bei M. vorhandenen Widerwillen gegen die spanische Politik überwunden; die Aussicht durch den Rückhalt an der spanischen Macht seine eigene Stellung zu verstärken, sowie die Hoffnung in späterer Zeit vielleicht einem seiner eigenen Söhne die Succession in Spanien zu eröffnen, das waren die Motive, welche M. an der spanischen Seite festhielten und ihn mehr und mehr in Abhängigkeit vom spanischen Willen beugten; sie bestimmten sein unaufrichtiges, schwankendes und hinterhaltiges Verfahren in den religiösen Fragen, die seiner Regierung gestellt waren. König Philipp verstand es sehr wohl, durch geeignete Organe auf M. zu wirken; abgesehen von dem mächtigen Einfluß der Kaiserin hatte er sehr kluge, umsichtige und charakterfeste Personen als seine Vertreter an den Wiener Hof entsendet; auf den Grafen Luna, der bei Ferdinand amtirt und zur Sinneswandlung in M. 1560 und 1561 sehr Erhebliches beigetragen, folgte Thomas Perrenot von Chantonnay (vgl. oben IX, 583) der von 1565–1570 bei M. weilte. Ihn löste ab Francisco Hurtado de Mendoza, Graf von Montagudo (seit April 1576 Marquis von Almazan), dessen Gemahlin eine nahe Freundin der Kaiserin war; er erwarb sich den größten Anspruch auf Philipp’s Dank, da er auf Maximilian’s Art sehr gewandt einzugehen, auf sein lebendiges Hin- und Herreden sehr erfolgreich zu erwidern und mit der bei M. nothwendigen Weitschweifigkeit der Auseinandersetzung alle denkbaren Gesichtspunkte in einer Frage vorzutragen [744] wußte. Außerordentliche Botschafter gingen bei besonderen Anlässen noch wiederholt zwischen Wien und Madrid hin und her; directen Briefwechsel unterhielten die beiden Herrscher miteinander. In der niederländischen Frage bemühte sich M. wiederholt, aber vergeblich auf Philipp’s Haltung besänftigend und mäßigend einzuwirken. Von altersher hatte M. viele Verbindungen und Beziehungen zu niederländischen Großen; als zwischen Philipp und dem niederländischen Adel ernstliche Conflicte sich erhoben, lag für M. der Gedanke und Wunsch nahe, an Stelle oder in Vertretung des spanischen Herrschers dort vielleicht die Regierung mit besserem Erfolge führen zu können. Bei dem immer gewaltsamer sich gestaltenden Charakter der niederländischen Bewegung erhob sich die Idee einer Vermittelung zwischen Philipp und den Niederlanden. Gegen Alba’s Sendung (1567) machte M. warnende Einwendungen. Philipp hörte nicht auf seine Stimme. In Folge lebhafter Vorstellungen deutscher Fürsten zu Gunsten der Niederländer, besonders durch Kursachsen bestimmt, entschloß sich M. sogar, einen unerwartet kühnen Schritt gegen Philipp zu wagen; 1568 schickte er seinen Bruder Erzherzog Karl nach Spanien. Aber der Erfolg war kein anderer, als daß Philipp sehr schroff die deutschen Einmischungsgelüste abwies und sehr energisch M. seine Abhängigkeit vom spanischen Willen zum Bewußtsein brachte; ja noch enger wurden damals die spanischen Bande um M. geschlungen. Nach dem Tode des unglücklichen Prinzen Carlos in Spanien (Juli 1568) war die Aussicht auf die spanische Erbschaft der deutschen Familie noch näher gerückt; und Philipp trat schon 1569, nach dem Tode seiner dritten Frau, der französischen Prinzeß Elisabeth, als Bewerber auf um die Hand der deutschen Erzherzogin Anna, seiner Nichte, die Jahre lang als Braut des Carlos gegolten; 1570 wurde die Ehe geschlossen; gleichzeitig wurde auch Anna’s Schwester Isabella dem jungen Könige Karl IX. von Frankreich unter spanischer Vermittelung vermählt. Wohl nahm nun M. zuweilen die Miene an, seine beiden Schwiegersöhne zu einer Politik religiöser Toleranz nach seinem Beispiel zu ermahnen; aber beide achteten nicht auf ihn; weder in Frankreich noch in Spanien hatten seine gut gemeinten, aber schwächlichen Rathschläge irgend welchen Erfolg. Begreiflicherweise rief die Bartholomäusnacht (1572) bei M. das heftigste Entsetzen hervor. Spanien dagegen bot beharrlich jeder Mahnung taube Ohren. Ein trauriges Beispiel rathloser Schwäche fuhr M. fort in seinem Verhalten zum niederländischen Freiheitskampf zu zeigen; von seinem Schwanken zwischen Wollen und Nichtkönnen kam er nicht los.

Der Reichstag von Speier (1570) brachte von den Entwürfen, die Ordnung im Reiche zu befestigen, wenig zu Stande. Der Antrag, den M. vorlegte, daß es allen Deutschen verboten sein sollte, ohne Genehmigung des Kaisers Kriegsdienste bei auswärtigen Mächten zu nehmen, hatte die politische Absicht, sowohl den Niederländern als den Hugenotten deutschen Zuzug abzuschneiden. Diese Absicht des Kaisers blieb nicht verborgen und führte gerade dazu, daß die protestantischen Fürsten Mißtrauen gegen das neue Gesetz schöpften und es nicht zur Annahme gelangen ließen. Aber auch alle Versuche, eine diplomatische Vermittelung M. in jenen Wirren aufzunöthigen, verfehlten ihr Ziel; alle Beschwerden über das spanische Regiment in den Niederlanden verhallten erfolglos. Ohne jedes Ergebniß ging der Reichstag auseinander. Das war allerdings eine unbegründete Verdächtigung, wenn man M. zum Verbündeten Spaniens bei seinen ihm von der öffentlichen Meinung beigelegten Offensivplänen erklärte; nicht unbedingt und vollständig diente er der katholischen Tendenzpolitik; auch nach dieser Seite war sein Auftreten ein halbes und schwankendes. Immer suchte er noch dem directen Eingreifen Spaniens in die deutschen Angelegenheiten [745] vorzubeugen; so hintertrieb er 1569 und 1570 mit allerlei Winkelzügen und Seitensprüngen das Project, Spanien in jenen Landsberger Bund hineinzuziehen, welcher die Erhaltung von Ruhe und Frieden auf seine Fahne geschrieben, aber mehr und mehr diese Aufgabe in Verfolgung katholischer Sonderinteressen zu fördern glaubte. M. hatte den Landsberger Bund selbst anfangs bestätigt, dann aber doch mehr und mehr sich von ihm zurückgezogen: wären die spanischen Niederlande jetzt demselben beigetreten, so würde dies die offensivkatholische Richtung des Bundes noch verstärkt und Spanien ein Mitreden und Mitthun in deutschen Dingen verstattet haben. Nicht geradezu trat M. dem Ansinnen entgegen; aber indirect vereitelte er Alba’s Pläne. Und auch der 1571 geschlossenen großen päpstlich-spanischen Liga wider die Türken, die ja leicht der Kern eines allgemeine Ziele anstrebenden Bundes werden konnte, entschloß M. sich, fern zu bleiben, so lebhaft er auch die nächste Aufgabe der Liga billigen mußte.

Am 7. Juli 1572 starb König Sigismund August von Polen, der letzte Jagellone. Seine Krone dem habsburgischen Hause zu gewinnen, strebte schon seit Jahren die habsburgische Politik; seinem Sohne Ernst hatte M. dieselbe zugedacht; für ihn arbeitete und warb er, unterstützt sowohl durch päpstliche als spanische Hülfe. Aber im Wahlkampfe siegten 1573 die Franzosen, welche den Bruder ihres Königs Heinrich von Anjou durchsetzten. Nur kurze Zeit weilte derselbe auf dem polnischen Throne. Nach Karl’s IX. von Frankreich Tode (30. Mai 1574) eilte er ins französische Heimathreich zurück; und M. konnte 1575 seine Bemühung für den Erzherzog Ernst erneuern. Daß man in Polen seine eigene Candidatur der seines Sohnes vorzog, durchkreuzte die habsburgischen Absichten; es kam im December 1575 zur gleichzeitigen Wahl von M. und seitens einer anderen Partei von Stephan Bathory, der im Mai 1571 zum Großfürsten von Siebenbürgen sich wider Maximilian’s Willen emporgeschwungen hatte. Ihm gelang es, seine Partei mehr und mehr zu vergrößern; er erzielte am 1. Mai 1576 in Krakau die Krönung; und M. blieb nichts übrig, als seinen Anspruch mit den Waffen zu vertheidigen. Zu dem Zwecke suchte er 1576 die Hülfe des deutschen Reiches nach; ehe sie ihm geleistet werden konnte, waren seine Lebenstage beendigt. Die doppelte Niederlage in Polen war für ihn eine sehr schmerzliche, da er seit Jahren sein eifriges politisches Streben gerade nach dieser Seite hin gerichtet hatte.

Gut katholisch war die Erziehung seiner Söhne gewesen; in dem ältesten, dem in Spanien ausgebildeten Erzherzog Rudolf, hatte man den Nachfolger auf dem Kaiserthron schon lange gesehen; nachhaltig drängte Philipp darauf, daß M. noch bei seinen Lebzeiten für Rudolf die römische Königswahl betreibe; es galt die Zukunft Deutschlands als einer von Spanien geleiteten und beeinflußten Macht rechtzeitig zu sichern. M. selbst war trotz seiner zunehmenden Kränklichkeit nicht sehr eilig gewesen; aber 1575 war er bereit, seine Hand den spanischen Absichten zu bieten. Er versammelte die Kurfürsten zu einem Wahltag in Regensburg. Niemand machte erhebliche Schwierigkeiten gegen Rudolf’s Wahl; aber die Protestanten forderten jetzt die früher von ihnen verlangte „Freistellung“ bewilligt zu sehen, ehe sie den habsburgischen Candidaten wählen würden; die geistlichen Kurfürsten opponirten: man stand vor offenem Conflict. M. bemühte sich, die protestantische Bedingung der Freistellung von der Wahlfrage zu lösen; er stellte seinerseits eine Erledigung dieser schwerwiegenden Controverse in Aussicht; er verhieß bei den geistlichen Ständen eine Duldung protestantischer Religionsübung in ihren Gebieten zu erwirken. Die Angelegenheit blieb unausgetragen; nicht als ob die schönen Worte des Kaisers die Protestanten beruhigt oder gewonnen, vielmehr die Spaltung unter den Protestanten [746] selbst, der Gegensatz zwischen Kursachsen und Kurpfalz verschuldete die endliche Vertagung dieser für die Zukunft des Reiches wichtigsten Angelegenheit; es gelang auch M., den Kurfürsten August von Sachsen auf seine Seite zu ziehen: ohne jede Verpflichtung in der schwebenden Frage wurde Rudolf am 27. October 1575 gewählt; es bedeutete einen entscheidenden Fortschritt der katholischen Sache.

Wegen des 1574 wieder ausgebrochenen Türkenkrieges, dem 1576 die polnische Verwickelung neue Nahrung zuführte, beabsichtigte M. 1576 vom Reiche eine umfassendere Hülfe zu erbitten. Auf dem Regensburger Reichstag wurde seit Juni 1576 darüber verhandelt. Hier kam nun die 1575 unerledigt gelassene Controverse nochmals zum Streite. Nachdrücklicher und dringlicher als jemals bestanden die Protestanten auf der „Freistellung“, von der man wußte, wie sehr M. selbst sie einst als nothwendig bezeichnet hatte; scharf setzte man ihm jetzt zu; Kurpfalz wollte vor Bewilligung der Türkenhülfe die Erweiterung des Religionsfriedens von M. zugestanden haben. Wiederum half der Zwiespalt zwischen Kursachsen und Kurpfalz dem Kaiser aus seiner mißlichen Lage; Kurpfalz blieb zuletzt in seiner dringlichen Verfolgung des Antrages isolirt. Dem Kaiser hatte wachsam und geschickt der spanische Botschafter und der päpstliche Legat – es war Morone, der gewandteste und glücklichste Diplomat der Kurie – bei der Abwehr der protestantischen Anträge zur Seite gestanden. Als ausgesprochener Parteigänger der spanisch-katholischen Politik endete M. seine Regierung. Aber seine persönliche religiöse Ueberzeugung blieb bis zum Schluß seines Lebens unberührt und unveränderlich, wie sie seit zwanzig Jahren bei ihm sich gestaltet; dem protestantischen Glauben blieb er für seine Person treu; alle Versuche, die auf den sterbenden Monarchen gemacht wurden, blieben wirkungslos; mochten die zärtlich geliebte Gattin und die ihm nahe gestandene Schwester, Anna, des Baiernherzogs Gemahlin, mochten Morone und Almazan alle Künste der Ueberredung an seiner Seele versuchen: er blieb dabei, ohne Beichte und Communion von dieser Erde zu scheiden. Am 12. October 1576, während der Reichstag zur Schlußsitzung versammelt war, hauchte M. seine Seele aus, im fünfzigsten Jahre seines Alters.

Aus der älteren Litteratur über Maximilian II. verdienen heute noch berücksichtigt und benutzt zu werden: Raupach, Evangelisches Oesterreich (1732). Häberlin, Neueste deutsche Reichsgeschichte VI–X (1778–1781). Böhme, De Maximiliani II. imp. erga rem evangelicam indulgentia (1779). Menzel, Neuere Gesch. der Deutschen V (1833). Aus der neueren Litteratur ist vor allen Anderen Ranke zu nennen: Ueber die Zeiten Ferdinand’s I. und Maximilian’s II. (Histor. Polit. Zeitschrift I, 1832, – später Sämmtl. Werke VII, 1868). Daran schließen sich die Bücher von M. Koch, Quellen zur Geschichte des Kaiser Maximilian II. (1857, 1861). Gillet, Crato von Crafftheim (1860). Janko, Lazarus von Schwendi (1871). Den Briefwechsel zwischen Maximilian II. und Christoph von Württemberg hatte Lebret, Magazin f. Kirchengesch., IX, publicirt; den zwischen Maximilian II. und Albrecht von Baiern (wenigstens seit 1564) veröffentlichte Freyberg, Sammlg. histor. Schriften IV; den mit Kurfürst August Weber im Archiv für sächs. Gesch. III; die Correspondenz zwischen Maximilian II. und Philipp von Spanien findet man zerstreut in den verschiedenen Publicationen Gachard’s aus dem Archiv v. Simancas, einzelnes auch bei Koch. – Ueber einzelne Beziehungen oder Abschnitte handeln Oberleitner, Die evangel. Stände im Lande ob der Enns unter Maximilian II. und Rudolf II. (1862); Wertheimer, Zur Geschichte des Türkenkriegs von 1565 und 1566 (Archiv für österr. Gesch. 1875); Pilinski, Polnisches Interregnum 1572 (1861); Reimann, Polnische [747] Königswahl v. 1573 (Hist. Z. XI, 1864); Hüppe, De Poloniae interregno 1575 (1866); Heine, Wahl Maximilian’s II. zum römischen Könige (Z. f. Gesch.wiss. VIII, 1848); vgl. Reimann in Forsch. z. d. G. VIII, 1868. – Die religiöse Haltung Maximilian’s ist wiederholt behandelt worden von Maurenbrecher in Hist. Z. 1862, 1874, 1883; Reimann in hist. Z. 1866 (XV); Reitzes, Zur Geschichte der religiösen Wandlung Maximilian’s II. (Leipzig 1870); Brieger in Preuß. Jahrb. 1874. – Eine detaillirte, auf archivalischer Forschung beruhende Darstellung dieser wichtigen Regierung wird immer noch gewünscht und erhofft werden dürfen.