Zum Inhalt springen

ADB:Dorsch, Anton Joseph

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Dorsch, Anton Joseph“ von Emanuel Leser in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 361–363, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dorsch,_Anton_Joseph&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:47 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Dörrien, Melchior
Nächster>>>
Dorsch, Christoph
Band 5 (1877), S. 361–363 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Anton Joseph Dorsch in der Wikipedia
Anton Joseph Dorsch in Wikidata
GND-Nummer 120628384
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|5|361|363|Dorsch, Anton Joseph|Emanuel Leser|ADB:Dorsch, Anton Joseph}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=120628384}}    

Dorsch: Anton Joseph D., philosophischer Schriftsteller, aber bekannter als eines der Häupter der Mainzer Revolution, war ca. 1758 im Gebiete des Kurstaates geboren, † April 1819 zu Paris. Als Kind mit seinen Eltern nach Mainz gekommen, widmete er sich, da seine hervorragenden Fähigkeiten ihn auf einen gelehrten Beruf hinwiesen und die Seinigen den für ein anderes Studium nothwendigen Aufwand nicht bestreiten mochten, der Theologie, trat in das Mainzer Priesterseminar und wurde im dreiundzwanzigsten Lebensjahre nach seiner Weihe [362] Caplan im Dorfe Finthen. Durch seinen wissenschaftlichen Eifer gewann er Gönner in der Hauptstadt, die den Kurfürsten bestimmten, ihn zu seiner weiteren Ausbildung auf zwei Jahre nach Paris zu schicken. Seine Rückkehr fiel mit der Umgestaltung der Mainzer Universität vom J. 1784 zusammen, und es wurde ihm an dieser die Professur der Logik und Methaphysik übertragen. Seine Vorlesungen erfreuten sich einer großen Beliebtheit, und zugleich veranlaßte ihn seine Stellung zur Abfassung einer Anzahl Einladungsschriften und Dissertationen, die er dann unter dem Gesammttitel „Beiträge zum Studium der Philosophie“ auch für weitere Kreise nach und nach herausgab. Die Abhandlungen sind populär gehalten und von keiner besonderen Tiefe, zeugen aber von Belesenheit in der zeitgenössischen Litteratur. Eine Beleidigung, die ihm vom Minister Albini zugefügt wurde und für welche er keine Genugthuung erlangen konnte, veranlaßte D. im J. 1791 sein Amt niederzulegen und Mainz zu verlassen. Er ging nach Straßburg, wo er die Professur für Moral an der katholischen Akademie und die Stelle eines bischöflichen Vicars erhielt. Am 26. October führte er sich in die Constitutionsgesellschaft seines neuen Wohnorts ein durch einen Vortrag über die „Geschichte der Vaterlandsliebe“, der großen Beifall fand und dessen Druck vom Vereine beschlossen ward. Als im folgenden Februar unter den Mitgliedern eine Spaltung ausbrach, war er unter den Führern der fortgeschritteneren Majorität, die unter der Benennung Jacobinerclub die Versammlungen fortsetzte. Nach der Eroberung von Mainz durch die Franzosen siedelte D. dahin über. Er kam am 3. November 1792 in die Stadt und trat noch denselben Tag als Redner im Club auf. Am 19. November ernannte ihn General Cüstine zum Präsidenten der provisorischen Administration, welche für den occupirten Theil des Erzbisthums an die Stelle der bisherigen obersten Landesverwaltung trat. Die neue Behörde hatte jedoch thatsächlich nur in den untergeordneten Dingen eine selbständige Entscheidung; die eingreifenderen Maßregeln, wozu die Gewaltacte gegen die Anhänger der alten Regierung gehörten, wurden von den Franzosen, namentlich den Conventscommissären, angeordnet. Trotzdem erschien D. seinen Mitbürgern als Vertreter des ganzen revolutionären Regimentes, und als solcher war er von der Masse des Volkes auf das bitterste gehaßt; zugleich fand er unter den eigenen Parteigenossen Widersacher und Neider, die seinen Einfluß zu untergraben bemüht waren. Er wurde Mitglied des rheinisch-deutschen Nationalconvents, hatte aber keine Aussicht von dieser Körperschaft in seinem Amt bestätigt zu werden. So verließ er noch vor dem Schluß der Sitzungen am 30. März 1793 mit den Conventsdeputirten das belagerte Mainz und erreichte glücklich die französische Hauptstadt. Er fand Beschäftigung beim auswärtigen Ministerium, theils in den Bureaux, theils auf diplomatischen Sendungen, und auch seine Thätigkeit in der Presse wurde in Anspruch genommen. Er schrieb in dieser Zeit wiederholt für die Einverleibung des linken Rheinufers an Frankreich, zuletzt 1797 die Abhandlung „Quelques réflexions sur l'établissement de la république cis-rhénane“. 1798 wurde er als Cominissär des Directoriums der Centralverwaltung des Roerdepartements beigeordnet. In dieser Stellung half er einen Club, den „Vereinigungszirkel“, in Aachen gründen und hielt in der ersten Sitzung desselben eine Rede „Ueber die politische Freiheit“, die im Druck erschienen ist. Er kam dann als Unterpräfect nach Cleve und veröffentlichte eine „Statistique du département de la Roër“ (Cologne an XII). 1805 wurde er Steuerdirector im Finisterredepartement; 1811 in gleicher Eigenschaft nach Münster versetzt, siedelte er bei der Eroberung des Landes durch die Deutschen 1813 nach Paris über, wo er im April 1819 starb.

Neueste Staatsanzeigen II. 297 ff. (die Einzelheiten der Jugendgeschichte sind unzuverlässig); Heitz, Les sociétés politiques de Strasbourg 1790–95.; [363] Klein, Geschichte von Mainz während der ersten französischen Occupation; Arnault, Biographie nouvelle des contemporains; Bockenheimer, Die Mainzer Patrioten 1793–98.