ADB:Escher, Hans Caspar
Heinr. E., s. d.) und einziger Sohn Johann Jakob Escher’s, der 1711–34 dasselbe Amt bekleidete, erhielt E. von frühe an die sorgfältigste Erziehung im väterlichen Hause und bildete sich dann bei dem gelehrten Rechtsconsulenten der Stadt Nürnberg, Martin Link, auf der Universität Utrecht unter Gerard de Vries, sowie durch Reisen in Deutschland, England und Frankreich für seine künftige Laufbahn in den Staatsgeschäften aus. Durch Ernennung zum Mitgliede des Großen Rathes trat er 1701 in dieselben ein und fand bald Gelegenheit, sich dabei nachdrücklich zu betheiligen. Als Begleiter seines Schwiegervaters, des Statthalters Joh. Ludwig Werdmüller, in Missionen nach Bern und St. Gallen zu Verhandlungen über die anhebenden Streitigkeiten der Toggenburger mit Abt Leodegar von St. Gallen, woraus 1712 der Krieg ihrer Beschützer, der Städte Zürich und Bern, gegen den Abt und dessen Bundesgenossen, die fünf katholischen Orte der inneren Schweiz, erwuchs; als Gehülfe seines Vaters, nunmehr Bürgermeisters, bei den Friedensverhandlungen in Aarau; auch in militärischer Thätigkeit als Hauptmann und Major während des Krieges selbst, wurde E. aufs gründlichste mit allen politischen Verhältnissen seines engern und weitern Vaterlandes bekannt. Schon trat er auch in viele persönliche Beziehungen folgenreicher Art für die Zukunft, theils freundschaftliche wie mit dem Berner Karl Hackbrett, General in königlich sardinischen Diensten, und dem Wadtländer Franz Ludwig v. Pesmes von St. Saphorin, General in kaiserl. nachmals englischen Diensten und großbritannischer Gesandter in Wien; theils gegnerische, wie gegenüber dem französischen Botschafter in der Schweiz, Graf du Luc. Eine besonders wichtige Aufgabe aber harrte seiner kurz nach dem Schluß des Krieges. Als Klagen und Umtriebe des besiegten Abtes von St. Gallen und Beschwerden des Bischofs von Constanz gegen die Städte Zürich und Bern beim Reichstag in Regensburg und am kaiserl. Hofe einen Reichstagsbeschluß bewirkten, der eine Einmischung des Reiches in die schweizerischen Angelegenheiten in Aussicht stellte, mußten sich die beiden Städte zu einer Abordnung an den Reichstag in Regensburg entschließen, um die Bemühungen ihrer Gegner zu vereiteln und die drohende Einmischung des Reiches abzuwenden. E. und Beat Ludwig Fischer von Bern wurden mit dieser Mission betraut, die vom October 1712 bis März 1713 dauerte und wobei sie ihr Ziel nicht ohne die vielfachsten und oft verdrießlichsten Schwierigkeiten, zuletzt aber doch mit vollem Erfolge erreichten. Von den zwei Denkschriften, die sie ausarbeiteten und dem Reichstage gedruckt einreichten, bildet diejenige betreffend das Toggenburg noch jetzt die beste Quelle zur Kenntniß der damaligen Verhältnisse dieser Landschaft. E. wirkte schließlich, auch den Versuchen glücklich entgegen, welche der [358] Abt, der päpstliche Gesandte Passionei und Graf du Luc 1714, am Friedenscongresse von Baden im Aargau zwischen Prinz Eugen von Savoyen und Marschall Villars, unternahmen, den kaiserl. Hof zu Einmischung in die stiftsanctgallische Angelegenheit zu bewegen. St. Saphorin und der kaiserliche Gesandte v. Goetz, dessen Freundschaft E. gewonnen hatte, kamen ihm hierbei fördernd zu Hülfe. In dieser Weise in den äußeren Angelegenheiten seines Vaterlandes thätig, gab E. gleichzeitig auch zur Verbesserung der inneren Zustände desselben kräftige Anregung. Schon 1704 vom Großen Rathe zum weltlichen Beisitzer der Synode, 1707 zum Mitgliede der obersten Aufsichtsbehörde über Kirche und Schule, dem sogen. Collegium der Examinatoren, ernannt, brachte er 1709 mit Muth und Nachdruck Reformen betreffend die Amtsführung der Geistlichen in Gang, die 1711 in einer Revision des organisatorischen Statuts der zürcherischen Kirche, der Prädicantenordnung, ihren Abschluß erhielten. 1712 bahnte E. eine Revision der Schulordnungen an, welche der Krieg für einmal unterbrach, die aber nachher wieder aufgenommen und 1715 vollendet wurde. Gleichzeitig trug seines Vaters Einfluß zum friedlichen Verlauf und Abschlusse einer von der Bürgerschaft angestrebten Verfassungsänderung in Zürich, 1713, wesentlich bei. Im J. 1717 ernannte der Große Rath E. zum Landvogte der größten zürcherischen Herrschaft, der ehemaligen Grafschaft Kiburg, welcher er nun bis 1724 als Vertreter der Obrigkeit vorstand. Seine sorgfältigen Aufzeichnungen über die Volkszustände daselbst sind ein schönes Denkmal tiefblickender Beobachtungsgabe und edelster Auffassung der obrigkeitlichen Pflichten. (S. den Abdruck im: Arch. f. schweiz. Gesch. Bd. IV u. V, Zürich, S. Höhr, 1846 u. 47.) 1724 kehrte E. nach Zürich zurück, wurde Mitglied des Kleinen Rathes, 1726 Statthalter (einer der vier Stellvertreter der Bürgermeister) und lebte nun theils den gewöhnlichen Verwaltungsgeschäften, theils einer Muße, die mannigfachen Studien, seiner Lieblingslectüre des Neuen Testamentes und der Classiker, vorzüglich Platons, in den Ursprachen und dem Umgange mit älteren und jüngeren Freunden gewidmet wurde, unter welch’ letztern Bodmer und Breitinger ihm vorzüglich werth waren. (Das Griechische wurde seine Lieblingssprache; die Epistel an die Römer, die er im Urtexte auswendig wußte, sein Glaubensbekenntniß.) Mit 1729 aber begann für E. neue jahrelange Betheiligung an wichtigen politischen Angelegenheiten auswärts, als Gesandter, meist als erster Bevollmächtigter Zürichs. Mit dem Berner Ludwig von Wattenwyl hatte er 1729 in Graubünden als Vermittler innerer Streitigkeiten der drei Bünde aufzutreten; 1732–33 an der Spitze eidgenössischer Gesandter in den heftigen Appenzeller Unruhen, die im Lande auf Jahrzehnte hinaus nachzitterten, dem sogen. Landhandel, zum Frieden zu wirken; 1733–38 in wiederholter Sendung nach Genf an der Beilegung der Parteiungen und Wirren mitzuarbeiten, welche die unruhige städtische Republik immer von neuem, oft in gewaltsamen und blutigen Auftritten, erschütterten und gemeinsame Mediation von Zürich und Bern und zuletzt auch Frankreichs herbeiriefen. Dieses letztere Verhältniß war für die beiden neben dem mächtigen Frankreich gleichberechtigt handeln sollenden Städte nicht ohne Schwierigkeit, zumal Frankreichs Botschafter Lautrec große Ansprüche machte und seine Haltung in Genf keine unbefangene und sich gleichbleibende war. Doch gelang es durch den schließlichen Mediationsact von 1738 den Unruhen für lange Zeit ein Ziel zu setzen, so daß erst nach drei Jahrzehnten solche wieder begannen. E. fand bei seinen Bemühungen gegenüber Lautrec willkommene Unterstützung in seiner freundschaftlichen Verbindung mit dem englischen Diplomaten Ritter Lucas Schaub, einem gebornen Basler, der damals in Paris beim Minister Fleury accreditirt und E. in Bildung und Neigungen verwandt war. Durch Schaub’s Mittheilungen bewogen, befreundete sich E. jetzt auch mit dem Gedanken eines Bundes Zürichs [359] und Berns mit Frankreich, ähnlich demjenigen der übrigen Cantone mit der französischen Krone; indessen scheiterte die Sache an politischen Forderungen der beiden Städte. 1739 u. 40 nahmen Streitigkeiten Zürichs mit Glarus über Kirchenpfründen im Thurgau und im Rheinthal, 1740 u. 41 mühsame Conferenzen von Bern und Zürich mit dem Turiner Hofe betreffend Genf E. in Anspruch; 1742 wirkte er als Vermittler in der Nachbar- und Schirmstadt Zürichs, Rapperswyl. Inzwischen war E. am 17. März 1740 zum Bürgermeister erwählt worden, nun in sein 62. Jahr getreten und hatte durch beides Anspruch, fernerer Missionen nach außen enthoben zu bleiben. Aber mit ungeschwächter Kraft stand er noch lange Jahre in Zürich selbst neben seinem Collegen Fries an der Spitze der Regierung, bedeutend durch die erworbenen Verdienste und durch geistige Frische und Kraft, durch sein von tief innerlicher Frömmigkeit getragenes ernstes und doch heiteres und gegen Jedermann leutseliges Wesen, Eigenschaften, die ihn bis zum Schlusse seiner Tage nicht verließen. Beinahe 85 Jahre alt, ließ er sich nicht abhalten, im December 1762, in strengem Winter, an der Feierlichkeit der gegenseitigen Eidesleistung der Regierung und der Bürgerschaft theilzunehmen, zog sich aber dabei eine Erkältung zu, die ihn aufs Krankenlager warf und nach wenig Tagen seinen Tod herbeiführte.
Escher: Johann Kaspar E., Bürgermeister in Zürich, geb. 15. Febr. 1678, † 23. Decbr. 1762. Aus dem bürgerlichen Zweige der Familie E. (der von ihrem Wappen zubenannten: Escher vom Glas) stammend, ragt E. unter den schweizerischen Staatsmännern der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch gelehrte Bildung, durch Geist und Charakter, durch den Reiz einer ebenso festen, als milden Persönlichkeit und vielseitigsten Einfluß in den zürcherischen und schweizerischen Angelegenheiten ganz besonders hervor. Enkel des Bürgermeisters gleichen Namens (eines Zeitgenossen, nahen Verwandten und Collegen von Bürgermeister