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ADB:Eyth, Eduard

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Artikel „Eyth, Eduard“ von Rudolf Krauß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 464–465, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eyth,_Eduard&oldid=- (Version vom 20. November 2024, 11:23 Uhr UTC)
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Eyth: Eduard E., Dichter und Uebersetzer, am 2. Juli 1809 zu Heilbronn in Württemberg als Sohn eines Gymnasialprofessors geboren, erhielt seine philologisch-theologische Ausbildung nach den Landesbräuchen von 1823 bis 1827 im niederen Seminar zu Maulbronn und von 1827 bis 1831 im höheren Seminar zu Tübingen, dem weltbekannten „Stift“. Den Schwerpunkt seiner Studien verlegte er von Anfang an auf die classische Philologie. Daneben besuchte er eifrig Uhland’s litterarhistorische Vorlesungen; diesem Altmeister der schwäbischen Poesie und Justinus Kerner, mit dem er zeitlebens in freundschaftlichem Verkehr stand, verdankte er hauptsächlich die Anregung zu eigenem poetischen Schaffen. Trotz einem hemmenden Augenleiden bestand er 1831 sein Examen mit Ehren und erwarb im selben Jahre den philosophischen Doctorgrad. Zuerst wurde er kurze Zeit Pfarrvicar in seiner Vaterstadt Heilbronn, wirkte dann da und dort als Hülfslehrer und machte 1833 die übliche Bildungsreise nach dem deutschen Norden. 1835 erhielt er seine erste feste Bedienstung als Oberpräceptor an der Lateinschule in Kirchheim unter Teck. Er traf dort noch mit dem Diakonus Albert Knapp zusammen und befreundete sich mit diesem; es war der dritte schwäbische Dichter, der auf E. einwirkte, und zwar im positiv christlichen Sinne. Gleich nach seiner definitiven Anstellung gründete er sich einen häuslichen Herd. Auch seine Gattin Julie, geb. Capoll, that sich als Dichterin hervor: sie ließ 1845 und in den folgenden Jahrgängen der Knapp’schen „Christoterpe“ ihre „Bilder ohne Rahmen“ anonym erscheinen, die 1852 in Buchform herausgegeben und bald ins Schwedische und Holländische übersetzt wurden. Eyth’s Ehe mit Julie Capoll ist u. a. Max Eyth entsprossen, der sich als Ingenieur und Schriftsteller einen Namen gemacht hat.

1841 erhielt E. eine Professur am Seminar Schönthal. Hier bildeten griechische Sprache, lateinische Dichter und Geschichte seine hauptsächlichen Unterrichtsfächer. 1865 rückte er zum Ephorus vor, 1868 vertauschte er das Schönthaler Ephorat mit der Leitung des Seminars Blaubeuren, 1877 trat er in den Ruhestand. Er wählte sich Neu-Ulm zum Aufenthalt, wo er am 28. April 1884 verschied.

E. war ein vielseitig begabter Mensch: nicht bloß ein tüchtiger Philologe und gewandter Dichter, sondern auch musikverständig und virtuos im Clavierspiel. Als Schriftsteller debütirte er mit einer eigenthümlichen Leistung: einem meist nach Anakreontischen Mustern verfertigten Bändchen griechischer Gedichte, „Hilarolypos“ betitelt (Stuttgart 1831, 2., vermehrte Auflage 1840). Seine zweite, Uhland gewidmete Arbeit war eine Uebertragung der Odyssee in gereimten fünffüßigen Jamben: „Die Sage von Odysseus; nach Homer. In Reimen bearbeitet“, 3 Bändchen (1834/35). Dann ließ er mehrere Schulbücher und methodologische Schriften folgen, theilweise unter Verwendung der Mnemotechnik, worin er selbst eine verblüffende Fertigkeit besaß. Seine „Mnemonischen Geschichtstafeln“ erlebten drei Auflagen. Auch einige Schulprogramme lieferte er. Endlich darf noch ein „Ueberblick der Weltgeschichte vom christlichen Standpunkt“ (Heidelberg 1853, 2. Aufl. 1872) dieser Gruppe zugezählt werden.

Eine besonders emsige Thätigkeit entfaltete E. als form- und sprachgewandter, zuverlässiger und sorgsamer Uebersetzer griechischer Poeten und Prosaiker. Die acht ersten Gesänge der Ilias gab er unter dem Titel „Die uralte Gegenwart oder Homers Ilias im Versmaß der Urschrift nach neuen Grundsätzen der Prosodie“ (Stuttgart 1851) heraus; die Fortsetzung unterblieb. „Sophokles’ drei schönste Tragödien“ (die beiden Oedipus und Antigone) reihten sich (Heidelberg 1854) an. Während er sich in diesen metrischen [465] Uebersetzungen peinlich an die strengsten Grundsätze der antiken Prosodie hielt, ließ er in seiner Verdeutschung des Hesiod größere Freiheit walten. Diese sowie Plutarch’s Biographien in 30 Bändchen und einige Werke Plato’s bearbeitete er für die von der Hoffmann’schen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart veranstaltete Classikerbibliothek. Eine seiner spätesten Arbeiten war die Uebersetzung von Sophokles’ „Ajas“ (Programm, Blaubeuren 1877).

Mit zwei Werken hat sich E. ein bescheidenes Plätzchen in der Geschichte der deutschen Dichtkunst gesichert. Die (Basel) 1838 erschienenen „Harfenklänge aus dem alten Bunde“, eine epische Dichtung „Davids Jugend“, Psalmen und Sprüche umfassend, sind gewandte, gemeinverständlich gehaltene Nachbildungen alttestamentarischer Poesie, die der Dichter in moderne Formen gegossen hat, ohne ihrem Geiste Gewalt anzuthun; nur sind die Umdichtungen zu wortreich, um an kraftvoller Wirkung ihre Vorlagen zu erreichen. E., auch Mitarbeiter des Morgenblatts für gebildete Stände, der Christoterpe, der Freya u. s. w., sammelte 1843 zum ersten Male seine eigenen „Gedichte“; in 2., vermehrter Ausgabe erschienen sie 1851, in 3. 1856 unter dem Titel „Bilder in Rahmen“. Die christliche Ethik bildet den Kern seiner Poesie auch da, wo nicht eigentlich religiöse Stoffe behandelt sind. Die ausgetretenen Pfade der geistlichen Rhetorik zu wandeln, verschmäht er, mit Entschiedenheit nach eigenen Wegen suchend. Treue der Ueberzeugung, hoher sittlicher Ernst durchzieht seine von reichem Ideengehalt erfüllten Dichtungen. Er weiß auch dem, was seine Seele bewegt, mannichfaltigen und passenden Ausdruck zu verleihen. Aber heitere Anmuth und Leichtigkeit kennt seine allzu strenge und etwas spröde Muse nicht.

Schwäbische Kronik 1884, Nr. 102, S. 697. – K. Kraut im Biographischen Jahrbuch f. Alterthumskunde, 7. Jahrg. (1884), S. 107 f. – Franz Brümmer, Lexikon d. deutschen Dichter u. Prosaisten des 19. Jahrh. (5. Ausg.) I, 339 f. – Rudolf Krauß, Schwäb. Litteraturgeschichte II, 237 f.