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ADB:Füger, Heinrich

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Artikel „Füger, Friedrich Heinrich“ von Karl Weiß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 177–179, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:F%C3%BCger,_Heinrich&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 17:37 Uhr UTC)
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Füger: Friedrich Heinrich F., Historienmaler, geb. zu Heilbronn am 8. Dec. 1751, † zu Wien am 5. Nov. 1818. Nach dem Wunsche seines Vaters, des Pastors Jos. Gabriel F. in Heilbronn, sollte sich F. ursprünglich dem Studium der Rechte widmen. Aber schon im zarten Alter entwickelte er eine ungewöhnliche Anlage zur Kunst und der Anblick der Schlachtenbilder Lebrün’s nach Stichen von Gerard Andran machte auf ihn solchen Eindruck, daß er seinen Vater bat sich der Malerei widmen zu dürfen. F. kam im J. 1764 nach Stuttgart und besuchte dort die herzogliche Zeichnenschule des Lothringers Niklas Guibal, des besten Schülers von Raphael Mengs, welcher, das Talent des Schülers erkennend, ihm mit liebevoller Sorgfalt zur Seite stand. Der Anblick der Meisterwerke in der herzoglichen Gallerie machte auf den Kunstjünger solch’ eine entmuthigende Wirkung, daß er beschloß der Kunst zu entsagen und den Wunsch seines Vaters zu erfüllen. Er begab sich zu seinem älteren Bruder nach Halle, in der Absicht sich für die Jurisprudenz vorzubereiten. In diesem entscheidenden Momente machte F. die Bekanntschaft des Professors Christ. Adolf Klotz, welcher ihn bestimmte seinen Vorträgen über die Theorie der schönen Künste beizuwohnen. Durch die erhaltene Anregung erwachte in ihm neuerdings die Liebe zur Kunst; er setzte seine unterbrochenen Studien fort, nahm bei A. v. Seegner Unterricht [178] in der Optik und Perspective und machte solche Fortschritte, daß er durch seine Miniaturporträts der Professoren die Aufmerksamkeit der Hallenser auf sich lenkte. Zerwürfnisse mit Klotz und dessen Freunden in Kunstfragen veranlaßten F. 1768 nach Leipzig zu übersiedeln, wo er unter Oeser’s Anleitung einen tieferen Einblick in das Wesen und den Geist der Antike gewann. Auf Anregung des Rathes Winkler und Kaufmanns Richter, deren Sammlungen er häufig besuchte, machte er Illustrationen zu Yoriks empfindsamer Reise, welche mit großem Beifall aufgenommen wurden. Noch größeren Erfolg erzielte F. mit dem Miniaturbilde seines Lehrers v. Seegner. Einer der Kunstfreunde, Sir Robert Murray Keith, englischer Gesandter am sächsischen Hofe, lud den jungen Künstler ein nach Dresden zu übersiedeln, um dort mehrere Porträts anzufertigen. Angeeifert von seinen Gönnern versuchte sich F. nun auch in historischen Compositionen. Seine Entwürfe, Salomo und die heidnischen Götter, die Israeliten das goldene Kalb opfernd, welche zur Ausstellung gelangten, bezeugten hierzu seinen entschiedenen Beruf. Um sich in der Technik der Malerei zu vervollkommnen begab sich F. zurück nach Stuttgart. Er trat mit seinem Lehrer Guibal, welcher ihm das Studium der alten italienischen Meister empfahl, wieder in Verbindung, übersiedelte 1774 nach Wien und bewarb sich 1776, als er hörte, daß man sich mit dem Plane beschäftigte, junge Künstler nach Italien zu schicken, durch Vermittlung von Gönnern bei dem kaiserlichen Hofe um ein Reisestipendium. In Folge der Verwendung Birkenstock’s sandte Kaiserin Maria Theresia den Künstler aus besonderer Gnade und wegen seines großen Talentes – wiewol er ein „Auswärtiger“ und an der Akademie nicht inscribirt war – als Pensionär an die hohe Schule der Künste nach Rom, wo er fünf Jahre verweilte und sich vorzugsweise mit dem Studium der Werke des Caracci und seines Schülers Domenechino beschäftigte. Im J. 1782 ging er nach Neapel und fand dort an dem kunstsinnigen Grafen Lamberg einen Mäcen, auf dessen Empfehlung ihm die Ausführung von vier allegorischen Temperabildern „zur Ehre der deutschen Nation“ in Caserta zufiel. Eine 1782 an ihn ergangene Einladung, in russische Dienste zu treten, lehnte F. ab und folgte 1783 der Berufung Kaunitz’s als Vicedirector der Malerklasse der k. Akademie der bildenden Künste in Wien, welches Amt er am 6. October desselben Jahres antrat. Im Vereine mit Zauner wurde F. der Hauptvertreter des Classicismus und wirkte mit all’ seiner Kraft dahin, den Sinn und das Interesse für die großen Aufgaben der historischen Malerei zu beleben. Von diesem Standpunkte aus war sein Streben dahin gerichtet, jungen talentvollen Künstlern, welche sich der Aufgabe unterzogen, die Mittel zu Reisen in das Ausland zu verschaffen, um an den Werken der großen Meister Studien zu machen und der Akademie eine Richtung zu geben, wodurch dieser Zweck gefördert würde. Er selbst bethätigte den edlen Geist, welcher sein Streben beseelte durch den „sterbenden Germanicus“ (1789), sein erstes größeres, in Wien ausgeführtes Werk, bis dahin hatte er sich fast ausschließend der Porträt- und Miniaturmalerei gewidmet, gedrängt durch zahlreiche an ihn ergangene Aufträge. Nach dem Tode Sambachs wurde F. (1795) zum Director der Akademie ernannt und sein Wirken und Schaffen hoben im Laufe der nächsten Jahre die Wiener Akademie zu einem Glanze und einer Bedeutung, welche zahlreiche Künstler aus Deutschland nach Wien führte, um den Mann persönlich kennen zu lernen, welcher einen so mächtigen Einfluß auf die ganze Richtung der Historienmalerei ausübte und dessen Schüler ihm so große Verehrung zollten. Die Aufzeichnungen von Schnorr und Cornelius über ihren Wiener Aufenthalt, ihre Wahrnehmungen im Verkehr mit F. und Zauner und über die Methode des Unterrichts an der Akademie schildern den Eindruck, welchen sie von den durch F. und Zauner geförderten Bestrebungen empfingen. Gefeiert in den Kunstkreisen [179] und vielfach ausgezeichnet vom kaiserlichen Hofe bestimmte F. durch viele Jahre die herrschende Richtung, ungeachtet er bereits 1806 die Stelle eines Direktors der k. Akademie niedergelegt und jene der Gemäldegallerie im Belvedere übernommen hatte. Seine zahlreichen historischen Gemälde, in stofflicher Hinsicht in überwiegender Zahl der Griechen- und Römerzeit angehörende waren im In- und Auslande hoch geschätzt. Zu den bedeutendsten gehören „Cäsar’s Ermordung“ (Eigenthum der Akademie), „Sokrates vor den Richtern“ und „Coriolan“ (in der Czernin’schen Gallerie), „Virginia’s Tod“ und das „Urtheil des Brutus“ (in der ehemaligen Fries’schen Gallerie), „Achilles bei der Leiche des Patroclus“, „Homer im Kreise seiner Zuhörer“, „Alceste weiht sich den Göttern“, „Die Befreiung des Prometheus durch Herkules“, „Apollo und die Musen“ und „Die Grazien“, „Venus Anadyomene“. Aus Klopstock’s Messiade entnahm er den Stoff zu einem Cyclus von 19 kleineren Ölgemälden. Von seinen wenigen Bildern alt- und neutestamentarischen Inhalts sind die h. Magdalena, Adam und Eva und der h. Johann der Täufer in der Belvederegallerie. Unter den zahlreichen und ausgezeichneten Porträts hebe ich jene des Kaisers Joseph II., der Erzherzogin Elisabeth, der Königin Karoline von Neapel, des General Laudon und seiner Familienangehörigen hervor. Theils von ihm selbst, theils von anderen Künstlern wurden viele seiner Werke in Kupfer gestochen oder in Aetzmanier ausgeführt. Wiewol in den letzten Lebensjahren durch schmerzliche Leiden in der Ausübung der Kunst vielfach gehemmt, blieb er doch unermüdet im Schaffen. Noch kurz vor seinem Tode war er mit den Bildern zu Klopstock’s Messiade beschäftigt. Seit dem J. 1790 lebte er mit Josefine Müller, der Tochter des Hofschauspielers Friedrich Müller, in glücklichster Ehe, verlor sie aber bereits 1810. Während des Wiener Congresses überhäuften ihn die fremden Monarchen mit Aufmerksamkeiten, indem die meisten sein Atelier besuchten. Die Akademien zu München und Mailand ernannten ihn zum Ehrenmitgliede. Füger’s Bedeutung als Historienmaler liegt in den großen edlen Zielen, welche er als Lehrer und Künstler anstrebte, und in der Pflege des Geistes der Antike. Gegenüber dem in den weitesten Kreisen tief eingewurzelten Sinn und Geschmack für den Barockstil war der Bruch mit den bisherigen Traditionen allerdings so gewaltig, daß F. und seine Freunde und Schüler einen schwierigen Stand hatten. So fremd weiteren Kreisen die Pflege des Classicismus blieb und bleiben mußte, weil ihnen nach dem bisherigen Bildungsgang hierzu vollständig das Verständniß fehlte, so machte doch das ernste Streben allmählich tieferen Eindruck und rief zuletzt Bewunderung hervor. Eine nachhaltige bleibende Wirkung konnten die historischen Bilder Füger’s und seiner Schule niemals erzielen, weil den Gestalten die Freiheit der Behandlung , die Tiefe und Wärme des Ausdrucks, die innere Wahrheit mangelte. Strenge und correct in der Zeichnung, entbehren sie zugleich eines frischen, warmen Kolorits. Das Süßliche, Weiche und Verschwommene derselben wirkt ermüdend auf den Beschauer. Als Miniatur-Porträtmaler gehört F. zu den bedeutendsten Künstlern in Bezug auf Feinheit und Eleganz der Technik wie auf Charakteristik der Köpfe.

Wurzbach, Biogr. Lexikon V, 1–3. – Ferd. Raab, H. Füger, eine biografische Skizze in zwei Feuilletons der Neuen freien Presse, Jahrg. 1877. – C. v. Lützow, Geschichte der Akademie der bildenden Künste, Wien 1877. Dr. A. Ilg, Die hist. Ausstellung der k. Akad. der Künste 1877, in der Wiener Abendpost Nr. 131.