Zum Inhalt springen

ADB:Flotow, Friedrich Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Flotow, Friedrich Freiherr von“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 611–613, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Flotow,_Friedrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 12. November 2024, 17:58 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Floß, Heinrich
Nächster>>>
Foglár, Ludwig
Band 48 (1904), S. 611–613 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich von Flotow in der Wikipedia
Friedrich von Flotow in Wikidata
GND-Nummer 118691929
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|48|611|613|Flotow, Friedrich Freiherr von|Robert Eitner|ADB:Flotow, Friedrich Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118691929}}    

Flotow: Friedrich Freiherr von F., ein einst gefeierter Operncomponist, geboren am 27. April 1812 auf dem seiner Familie gehörigen Rittergute Rentendorf in Mecklenburg, † am 24. Januar 1883 zu Darmstadt. Eine sorgfältige Erziehung sollte ihn zur Diplomatenlaufbahn vorbereiten. Im J. 1827 begleitete er seinen Vater auf einer Reise nach Paris und hier, angeregt durch die vielfachen musikalischen Genüsse, erwachte sein Talent für Musik. Nach Erlaubniß des Vaters warf er sich in Paris unter Anleitung der besten Lehrer (genannt wird nur Reicha) auf das Studium der Musik, sowol praktisch wie theoretisch. 1830 vertrieb ihn die Revolution aus [612] Paris und er kehrte nach Mecklenburg zurück. Hier soll er sich besonders mit Compositionen für Kammermusik beschäftigt haben, doch ist davon weder etwas gedruckt noch sonst bekannt geworden. Als Pariser Schüler war sein musikalisches Denken und Empfinden nur auf die Oper gerichtet, und dieser Richtung ist er sein ganzes Leben getreu geblieben. Sobald sich die politischen Wogen in Paris wieder geglättet hatten, zog er mit einigen fertigen Opernpartituren nach Paris und brachte sie auf Privattheatern der Aristokratie zur Aufführung. Man nennt „Pierre et Cathérine“, die auch später in Ludwigslust am mecklenburgischen Hofe zur Aufführung gelangte, ferner „Rob Roy“ und „La duchesse de Guise“. Der heitere melodiöse Charakter seiner Musik verschaffte F. bald einen Kreis Verehrer und im J. 1838 bestellte der Director des neu gegründeten Théâtre de la Renaissance die Composition der Oper „La naufrage de la Méduse“, deren erster Act bereits von Piloty[WS 1] componirt war. 1839 wurde die Oper aufgeführt und erlebte 54 Wiederholungen, so daß Flotow’s Ruf als Operncomponist begründet war. Auch in Hamburg wollte man sie geben mit der deutschen Uebersetzung von Friedrich, jedoch der Brand im J. 1842 vernichtete Partitur wie Textbuch. F. componirte die Oper unter dem Titel „Die Matrosen“ von neuem und 1845 wurde sie in Hamburg aufgeführt, von wo aus sie auch auf andere deutsche Bühnen überging. Bei der leichten, melodiösen Erfindungsgabe, die Flotow zu Gebote stand, die allerdings sehr oft jeglicher edlen Empfindung entbehrte und nur zu sehr dem französischen oberflächlichen Geschmacke huldigte, war es ihm ein leichtes, die Opern wie aus dem Aermel zu schütteln. So entstand in der Zwischenzeit die Oper „Le forestier“, die 1847 in Wien unter dem Titel „Der Förster“, 1848 in London als „Leoline“ und in einer Umarbeitung für die Große Oper in Paris 1846 als „L'âme en peines“ erschien und sich überall der besten Aufnahme erfreute. Auch die Opéra comique öffnete ihm 1843 ihre Pforten und brachte am 1. December die Oper „L'esclave de Camoëns“, sowie das Ballet „Lady Harriet“ in Gemeinschaft mit Fr. Burgmüller und Deldevez[WS 2]. Aus dem Stoffe schuf der Textdichter Friedrich später das Buch zur „Martha“ für Flotow. Zur selben Zeit wurde auch die Oper „Alessandro Stradella“ gegeben, die 1844 in Hamburg erschien und von da aus über alle Bühnen ging. Die Oper „Martha“ gelangte am 25. Novembet 1847 in Wien zur Aufführung und wurde eine Lieblingsoper des Publicums, die sich lange Zeit auf den Bühnen hielt und erst in der neuesten Zeit in Vergessenheit gerieth. Die Revolutionsjahre 1848/49 verlebte er auf dem Familiengute in Mecklenburg. Erst am 19. November 1850 kam im königl. Opernhause in Berlin die Oper „Die Großfürstin“, Text von der Birch-Pfeiffer zur Ausführung, fand aber wenig Anklang und keine Verbreitung. Aehnlich erging es den Opern „Indra“, Text von Putlitz, 1853, „Rübezahl“ 1854, „Hilda“ 1855 und „Albin“ 1856, letztere auch als „Müller von Meran“ aufgeführt. Theils waren die Texte am Mißerfolge schuld, theils erwartete man eine Steigerung gegen die „Martha“, während das Gegentheil eintrat.

Im Jahre 1856 ernannte ihn der Großherzog von Mecklenburg zum Intendanten der Hofmusik und des Hoftheaters in Schwerin und F. verwaltete das Amt mit Umsicht und Geschick bis zum Jahre 1863, zu welcher Zeit er nach Paris übersiedelte. Während seiner Amtsperiode schrieb er eine Jubelouverture, einen Fackeltanz, die Musik zu Shakespeare’s „Wintermärchen“ und die kleine komische Oper „La veuve Grapin“, die er für Paris schrieb und die sein Freund Offenbach 1859 daselbst aufführte. Noch einmal erlebte er in Paris 1869 einen durchschlagenden Erfolg mit der Oper „L’ombre“ in [613] der Opéra comique, die auch in Deutschland unter dem Titel „Sein Schatten“ gegeben wurde, aber keinen Erfolg erzielte. Seine Freunde schoben die Schuld den Sängern zu. Seit dem Jahre 1868 lebte er im Sommer auf seinem Landgute bei Wien und den Winter über in Wien und fand ein besonderes Vergnügen an der Rosenzucht, die er mit Glück betrieb. Gedruckt wurden von seinen Compositionen seit etwa 1850 die Clavierauszüge der Opern: Stradella (Hamburg bei Böhme), Der Förster (L'ame au peine) (ebendort), Die Großfürstin (Sophia Catharina) (Berlin bei Bote & Bock), Martha (Wien bei Müller), Die Matrosen (Hamburg, Böhme), Das Wunderwasser von Flotow und A. Grisar[WS 3] (Mainz, Schott’s Söhne), Albin oder der Müller von Meran (Wien, Lewy), Indra (Berlin, Bote & Bock), Rübezahl von Putlitz (Offenbach, André), Die Wittwe Grapin (La veuve Grapin) (Berlin, Bote & Bock), Rübezahl (Offenbach, André), Zilda (Breslau, Leuckart). Um 1870 erschien seine letzte Oper mit R. Genée[WS 4] componirt: „Am Runenstein“ (Clavierauszug, Leipzig bei B. Senff). Außerdem erschienen bis 1875 Lieder für 1 Singstimme mit Pianoforte und unter opus 15 in Rostock bei Wessel Etuden zu 4 Händen für Pianoforte. F. schrieb im J. 1884 für Lewinsky’s „Vor den Coulissen“: „Erinnerungen aus meinem Leben“, S. 21–27 mit facsimilirter Unterschrift. Sie betreffen nur seine ersten Bemühungen, in Paris seine Opern an der Opéra comique anzubringen, was ihm aber erst in späteren Jahren glückte.

Biographisches gibt das Lexikon von Mendel-Reißmann.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist der französische Musiker Auguste Pilati (1810-1877).
  2. Édouard-Marie-Ernest Deldevez (* 31. Mai 1817 in Paris; † 6. November 1897 ebd.), französischer Komponist, Violinist und Dirigent.
  3. Albert Grisar (* 26. Dezember 1808 in Antwerpen; † 15. Juni 1869 in Asnières-sur-Seine), belgischer Komponist.
  4. Richard Genée (* 7. Februar 1823 in Danzig; † 15. Juni 1895 in Baden bei Wien), deutscher Librettist, Bühnenautor und Komponist.