ADB:Franz Georg

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Artikel „Franz Georg“ von Leopold von Eltester in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 308–310, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Franz_Georg&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 00:57 Uhr UTC)
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Franz Georg, Erzbischof und Kurfürst von Trier 1729–1756, entstammte dem an kirchlichen Würdenträgern wie an Besitz sehr reichen rheinischen [309] Geschlechte von Schönborn. Er wurde als der sechste Sohn des Melchior Friedrich ersten Grafen von Schönborn und der Maria Sophia Freiin von Boineburg am 15. Juni 1682 geboren und mit großer Sorgfalt erzogen. Sein Oheim Kurfürst Lothar Franz von Mainz führte ihn schon frühe in die Geschäfte der hohen geistlichen Administration und die Politik ein und F. G. erwarb sich bald das Lob großer Tüchtigkeit und Fleißes. Schon mit 17 Jahren war er Domherr bei den drei rheinischen Kurstiften, außerdem noch bei den Hochstiften zu Speyer, Worms und Münster. Als kurmainzischer Gesandter bei Papst Clemens XI. accreditirt, ging er in diplomatischen Missionen nach Spanien, 1711 zur Kaiserkrönung nach Frankfurt, 1713 zum Friedensschlusse nach Utrecht und wurde 1717 zum kaiserlichen Geheimenrath ernannt. Im Mai 1723 wählte ihn das Domcapitel zum Propste und nach der Resignation des Pfalzgrafen Franz Ludwig am 2. Mai 1729 zum Erzbischof und Kurfürsten von Trier. Die Weihe empfing der Kurfürst zu Bamberg von seinem Bruder, dem dortigen Fürstbischofe am 30. Mai 1729.

Der erste Act seiner Regierung war der nach dem Standpunkte der Parteien ganz entgegengesetzt beurtheilte Vertrag mit der Reichsritterschaft vom 2. Juli 1729, bestätigt durch Kaiser und Reich am 5. September desselben Jahres. Durch denselben schied der gesammte ritterbürtige Adel des Erzstifts, der sich bereits seit dem Anfange des 16. Jahrhunderts factisch der rheinischen Reichsritterschaft angeschlossen und jede Theilnahme an den trierischen Landtagen verweigert hatte, aus der ständischen Gliederung des Kurstaates aus und wälzte somit alle daraus entspringenden Pflichten und Lasten auf die übrigen Stände des Landes: Geistlichkeit, Städte und Bauern. Letztere protestirten daher heftig gegen den Vergleich, wurden aber vom Kurfürsten durch Gefängniß und Hunger zur Einwilligung gezwungen. Es bildete sich hierdurch eine neue reichsunmittelbare Körperschaft unter dem Namen des Cantons Niederrhein der freien Reichsritterschaft und wurde unendlichen Processen ein endliches Ziel gesetzt. F. G. hat sich aber dem Vorwurf nicht entziehen können, daß er durch Abschluß des Recesses von 1729, welcher eine Bedingung seiner Wahl gewesen zu sein scheint, – mehr das Interesse des im Domcapitel vertretenen Reichsadels, als des gesammten trierischen Landes gefördert habe.

Der Kurfürst hielt am 18. Jan. 1730 seinen feierlichen Einzug in Trier und las – es war dies seit 140 Jahren nicht mehr vorgekommen – selbst im Dome die Messe. Der Erzbischof war nämlich gegen den Gebrauch seiner laxen Zeit wenige Tage vor der Weihe auch Priester geworden. Die am 9. Juni 1732 erfolgte Wahl zum Fürstpropst zu Ellwangen, welcher am 17. Juni desselben Jahres auch die zum Fürstbischof von Worms folgte, vermehrten seine Einkünfte um ein Beträchtliches. Der enge Anschluß an die Politik des kaiserlichen Hofes brachte ihn beim Ausbruche des sächsisch-polnischen Erbfolgekriegs 1733 in große Gefahr. Die Treue eines Posthalters und die Schnelligkeit seiner Pferde retteten den Kurfürsten allein vor der Gefahr, gelegentlich einer Jagd von französischen Husaren aufgefangen zu werden. Am 8. April 1734 besetzte der französische Marschall von Belleisle die Stadt Trier – le pilier d’Allemagne nach damaliger Ansicht – , nahm am 2. Mai desselben Jahres die Festung Trarbach und schrieb die unschwinglichsten Contributionen in den schon durch die früheren Franzoseneinfälle ruinirten Mosellanden aus. Erst im Herbste des folgenden Jahres konnte die Reichsarmee unter dem Grafen Seckendorf die Offensive ergreifen, nöthigte zwar in dem Treffen bei Clausen am 20. Oct. 1735 die Franzosen zum Rückzuge auf Trier, führte aber den Krieg mit einer solchen Schlaffheit, daß die Stadt Trier erst nach dem Frieden, am 8. Febr. 1737 wieder an den Kurfürsten zurückgegeben wurde.

[310] Im österreichischen Erbfolgekriege hielt sich F. G. vorsichtig ganz neutral, wohnte zwar der Kaiserkrönung Franz I. zu Frankfurt am 4. Oct. 1745 bei, wandte dann aber die ganze Thätigkeit seiner Regierung dem Emporbringen seines Landes zu – ein Bestreben, das ihm vollständig glückte und dessen Folgen sein Andenken noch heute ehren.

Im J. 1742 erging seine Dorf-Polizeiordnung, 1753 die Verordnung über den Bau der Landstraßen, Leinpfade und Brücken, 1754 seine Hofkammerordnung, wodurch ein ganz neues Verwaltungssystem geschaffen wurde. Der Kurfürst entwarf selbst die Instructionen zur Ausführung seiner neuen Einrichtungen, hielt die Beamten sehr streng zur Arbeit an, war ein trefflicher Haushalter und ging dem ganzen Lande als ein Muster der Ordnung, des Fleißes und der Pflichttreue voran.

Wie alle Schönborn liebte er sehr das Bauwesen. Außer den gewöhnlichen Landesbauten sind die schönen Kirchen von St. Paulin bei Trier, der Abtei Prüm, das Lustschloß Schönbornslust bei Coblenz, das Dikasterium zu Ehrenbreitstein, das Consistorium zu Trier und die Vollendung der Festungswerke von Coblenz und Ehrenbreitstein sein Werk. Die Universität zu Trier beschenkte er mit einer auserwählten Bibliothek. Die Sicherheit förderte er durch Handhabung einer strengen Justiz. Nachdem ihm bei zunehmendem Alter vom Domcapitel in der Person des Domdechanten Johann Philipp von Walderdorf am 11. Juli 1754 ein Coadjutor cum jure succedendi aufgedrungen war, starb der Kurfürst, von seinen Unterthanen tief betrauert, in der Philippsburg unter Ehrenbreitstein am 18. Jan. 1756 und wurde im Dome zu Trier bestattet. Sein gleichzeitiger Biograph, der Hofmarschall Freiherr Boos von Waldeck, entwirft von ihm und seiner Zeit in der im Rheinischen Antiquarius von Stramberg abgedruckten Revue retrospective ein ansprechendes Lebensbild. F. G. war ein corpulenter und gestrenger Herr von vornehmer Haltung – eine echte Kurfürstenfigur - ruhig, besonnen, beredt, sehr unterrichtet – er sprach vier Sprachen mit gleicher Gewandtheit – sparsam und von ungewöhnlichem Fleiße für das Große wie das Kleine. „Er regierte 26 Jahre und regierte selbsten“. Maria Theresia schätzte ihn hoch und Friedrich d. Gr., mit welchem er viele Eigenschaften gemein hatte, nannte ihn einen großen Regenten. Er hinterließ ein blühendes Land und seiner Familie ein sehr bedeutendes Privatvermögen.

v. Stramberg, Rhein. Antiquarius. Abth. I. Band 1. 589 ff. und Abth. III. Band 2. S. 218 ff. Staatsarchiv zu Coblenz.