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ADB:Freydorf, Rudolf von

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Artikel „Freydorf, Rudolf von“ von Friedrich von Weech in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 747–748, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Freydorf,_Rudolf_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 02:11 Uhr UTC)
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Freydorf: Rudolf von F. wurde am 28. Februar 1819 zu Karlsruhe als Sohn des großherzogl. badischen Generals und späteren Kriegsministers Karl Wilhelm Eugen v. F. geboren. Auf dem Lyceum seiner Vaterstadt gut vorbereitet, widmete er sich auf der Universität Heidelberg dem Studium der Rechtswissenschaft. Im Jahre 1848, in welchem sich manche seiner Altersgenossen von der herrschenden liberalen Strömung soweit mit fortreißen ließen, daß sie schließlich vor dem Uebergang derselben in die offene Revolution nicht mehr Halt zu machen vermochten, blieb F. ein fester und muthiger Vertheidiger der staatlichen Ordnung und der Autorität der Regierung. Die schwächliche Haltung des Ministeriums veranlaßte ihn, aus dem Staatsdienste auszuscheiden und sich der Anwaltschaft zu widmen. Er erwarb sich als Vertreter von Hofgerichtsadvocaten eine große Fertigkeit in der Beredsamkeit vor den Mannheimer Obergerichten. Der revolutionären Partei trat er, wo er es konnte, muthig entgegen und wirkte mit den in Mannheim zurückgebliebenen Officieren und Mannschaften des dortigen Dragonerregiments zusammen, um am 21. Juni 1849 die Besetzung der Stadt, in der die Revolutionäre einen Gewaltstreich planten, durch die preußischen Truppen herbeizuführen. Als die Ordnung in Baden wieder hergestellt war, trat F. in den Staatsdienst zurück und wurde zunächst zum Assessor und bald darauf zum Rath am Hofgericht zu Freiburg i. Br. ernannt. Ebenso schneidig wie 1849 den Aufständischen trat F. während des Kirchenconflicts im J. 1852 den katholischen Geistlichen gegenüber, welche sich in einem ihnen durch die Kirchenbehörde vorgeschriebenen Widerstand gegen die Staatsgesetze befanden. Ihre gerichtliche Verfolgung gewährte ihm eine seinen Anschauungen über die Beziehungen zwischen Staat und Kirche entsprechende Befriedigung. Als die Regierung sich zu dem Versuch entschloß, die Zwistigkeiten durch Verhandlungen mit dem heiligen Stuhle zu beseitigen, wurde F. im J. 1857 zum Staatsanwalt bei dem Hofgericht und dem Oberhofgericht in Mannheim ernannt. Die Beziehungen, in welche er dort zu dem Oberhofrichter Stabel trat, führten, als das Concordat nicht zur Ausführung gebracht wurde und eine liberale Aera begann, zur Berufung Freydorf’s als Rath in das Justizministerium, dessen Leitung Stabel im April 1860 übernommen hatte. In dieser Stellung nahm er hervorragenden Antheil an der von modernem Geiste beherrschten Reform der Justizgesetzgebung, sowol bei den Berathungen im Schooße des Ministeriums als auch bei den Verhandlungen im Landtag. Als entschiedener Anhänger der Partei, welche die Lösung der deutschen Frage in der Bildung eines Bundesstaates mit Ausschluß von Oesterreich und unter preußischer Führung erblickte, übernahm F. die Leitung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten in dem von Staatsminister Mathy nach dem Siege der preußischen Waffen im Juli 1866 neugebildeten Cabinet. Er verhandelte mit General v. Manteuffel über den Abschluß eines Waffenstillstandes (3. August 1866) und führte die am 17. August zum Abschluß gebrachten Friedensverhandlungen mit Preußen. In den folgenden Jahren war F. unausgesetzt thätig, im einmüthigen Zusammenwirken mit den übrigen Mitgliedern des nach Mathy’s Tod von Jolly neugebildeten Cabinets, die Beziehungen Badens, besonders auch in militärischer [748] Hinsicht, zu dem Norddeutschen Bunde so zu gestalten, daß, unter entschiedenem Widerstand gegen das Zustandekommen eines Südbundes, Baden im richtigen Augenblick genügend vorbereitet sei, dem Norddeutschen Bunde beizutreten. Er fand in der Vertheidigung der ihn und seine Amtsgenossen im vollen Einvernehmen mit den Anschauungen und Entschlüssen des Großherzogs Friedrich leitenden Grundsätze gegen die von particularistischer und preußenfeindlicher Seite erhobenen Angriffe die jugendliche Energie wieder, die ihn bei seinem ersten politischen Auftreten geleitet hatte. Den Ausbruch des deutsch-französischen Krieges begrüßte F. als den Beginn einer den nationalen Hoffnungen baldige Verwirklichung verheißenden Aera. Er hatte die Genugthuung, an der Seite des Staatsministers Jolly in Versailles die Verhandlungen über die Neugründung des Deutschen Reiches zu führen und in ihr die Erfüllung der Wünsche der Besten der Nation und seines Heimathlandes mit erringen zu dürfen. Für den Ausbau der Reichseinrichtungen war F. auch fortan als Mitglied des Bundesrathes thätig. Insbesondere nahm er eifrigen Antheil an der Vorbereitung der Justizgesetze. Durch die Vereinigung des Justizministeriums mit jenem des großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten fand F. als Präsident des also neugebildeten Ministeriums Gelegenheit, auch in Baden eine reiche Thätigkeit auf dem ihm besonders vertrauten Gebiete zu entfalten und überall den Anforderungen der modernen Anschauungen in der Rechtspflege die Bahn zu ebnen, dabei die Gerichtsorganisation zu vereinfachen, die Stellung der Richter zu verbessern und durch treffliche Einführungsgesetze den neuen Reichsgesetzen einen festen Boden im badischen Lande zu bereiten. Als im J. 1876 Staatsminister Jolly vom Großherzog seine Entlassung erbat und alle Mitglieder des Cabinets ihre Portefeuilles zur Verfügung stellten, wurde F. in den Ruhestand versetzt. Bis 1881 gehörte er noch der zweiten Kammer des badischen Landtages an, in der er seit 1867 die Stadt Durlach vertrat. Die ihm nun gewährte Muße benutzte F. zu litterarischen Arbeiten auf dem Gebiete der Rechtswissenschaft. Sein Haus, in das er kurze Zeit nach seiner Ernennung zum Minister eine junge, schöne und reichbegabte Gemahlin, Albertine geb. Freiin von Cornberg, eingeführt hatte, blieb auch jetzt, wie zur Zeit, da mit seinem Amte umfassende Repräsentationspflichten verbunden waren, der Mittelpunkt einer vornehmen, geistreichen und dabei gemüthlich anheimelnden Geselligkeit. Diesem schönen Leben entriß den scheinbar überaus rüstigen Mann im 64. Lebensjahre am 16. November 1882 ein plötzlicher Tod. Von Allen, die ihn kannten, auch von seinen politischen Gegnern, denen er zuweilen in schroffen, ja verletzenden Formen entgegentrat, wurde die Ehrlichkeit und Offenheit seines Wesens, die Vornehmheit und Zuverlässigkeit seiner Gesinnung anerkannt. Wie Kaiser Wilhelm I. bezeugte, daß er ihm seine „ganze Achtung und sein Vertrauen“ geschenkt habe, wie Fürst Bismarck seiner „tätigen Mitwirkung bei der Grundlegung unserer Reichszustände“ mit Dankbarkeit gedachte, so hatte auch sein Landesherr Großherzog Friedrich von Baden für seinen langjährigen treuen Diener ehrende Worte warmer Theilnahme.

Badische Biographien IV, 187 ff.