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ADB:Stabel, Anton von

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Artikel „Stabel, Anton von“ von Friedrich Freiherr von Neubronn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 332–337, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stabel,_Anton_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:56 Uhr UTC)
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Stabel: Anton v. St., Dr. jur., der bedeutendste Jurist, den das Großherzogthum Baden bisher besaß, ein Mitbegründer der liberalen Aera der sechziger Jahre, wurde am 9. October 1806 in Stockach, dem Hauptort der vormals österreichischen Landgrafschaft Nellenburg, als der Sohn eines fürstlich fürstenbergischen Beamten geboren. Nachdem er das Gymnasium zu Donaueschingen besucht, studirte er auf den Universitäten Tübingen und Heidelberg die Rechtswissenschaft, und wurde nach bestandener Prüfung unterm 15. Januar 1828 zum Rechtspraktikanten ernannt. Nach zweijähriger Praxis bei den Bezirksämtern Ettenheim und Wertheim wurde er durch Verfügungen der Ministerien des Innern vom 1. December 1829 und der Justiz vom 19. Januar 1830 als Rechtsanwalt aufgenommen; damit hatte er nach den damaligen Einrichtungen die Befugniß zu jeder gerichtlichen Vertretung nur mit der Beschränkung erlangt, daß zum Auftreten vor den Obergerichten die (praktisch bedeutungslose) „Assistenz“ eines dort zugelassenen Anwalts (Procurators) erforderlich war. Im November 1832 wurde er bei dem Hofgerichte in Mannheim als „Obergerichtsadvocat und Procurator“ zugelassen; schon im April 1833 auch bei dem obersten Gerichtshof des Landes, dem „Oberhofgericht“ zu Mannheim. Nach achtjähriger Anwaltsthätigkeit trat er im October 1838 in den Staatsdienst als Assessor bei dem Hofgerichte zu Mannheim. Bei diesem Berufswechsel mag die Rücksicht auf seine damals schwankende Gesundheit maßgebend gewesen sein, die ihn die ruhigere richterliche Thätigkeit dem anstrengenden und aufreibenden Anwaltsberufe vorziehen ließ. Uebrigens liebte St. den Anwaltsberuf und hat es oft, auch nachdem der Staatsdienst ihn zu den höchsten Ehren und Aemtern emporgetragen, ausgesprochen, wie er doch in der Berufsübung des Anwalts (später auch der des akademischen Lehrers) eigentlich die meiste innere Befriedigung gefunden habe. Schon während seiner Anwaltspraxis hat er auch reiche Anerkennung seiner Leistungen gefunden. Von Naturanlage zum Juristen bestimmt, ausgestattet mit reichem Wissen, einem klaren, praktischen, das Thatsächliche einer Rechtssache und deren juristische Beurtheilung schnell erfassenden Geiste, mußte er um so mehr bald aus dem Kreise seiner Fachgenossen hervorragen, als auch die Zeitverhältnisse durchaus darnach angethan waren, speciell im Anwaltsberuf tüchtige Köpfe rasch emporkommen zu lassen. Der 1810 in Baden als ein fremdes Recht eingeführte code Napoléon war von der deutschen Wissenschaft (von Zachariä abgesehen) noch nicht eingehend bearbeitet; sein Inhalt war durch Präjudicien nicht wie heutzutage nach allen Richtungen fixirt; die am 1. Mai 1832 ins Leben getretene bürgerliche Proceßordnung hatte die Grundsätze [333] der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit im Gegensatz zu den Principien der bisherigen Obergerichtsordnung eingeführt. Hier war für einen Mann von reichem Wissen und rascher praktischer Auffassung, durchaus vertraut mit dem neuen Verfahren, frei von der Gewohnheit des alten, ein reiches Feld der Thätigkeit eröffnet. Stabels Anwaltschriften wie seine Plaidoyers zeichneten sich nach dem Zeugniß der richterlichen und Anwaltskreise seiner Zeit durch Kürze, scharfe und klare Darstellung des Rechtlichen und Thatsächlichen aus; er war und blieb als Anwalt, wie als akademischer Lehrer und Minister jederzeit ein Feind jeder Vielschreiberei wie auch jener declamatorisch-phrasenhaften Vortragsweise der französischen Advocatur.

Schon im J. 1841 wurde St. zum Hofgerichtsrathe ernannt; seine zahlreichen Aufsätze in den „Annalen der badischen Gerichte“ und den „Blättern für Justiz und Verwaltung“ erregten damals in der badischen Juristenwelt hohes Aufsehen und lieferten den Beweis, daß die Aufgaben des neu übernommenen Richteramtes Stabel’s Arbeitskraft nicht erschöpften. In weit umfassenderem Maaße wandte er sich der litterarischen Thätigkeit zu, als er unterm 9. Novbr. 1841 in den akademischen Lehrberuf eintrat; er wurde damals zum Hofrath und ordentlichen Professor an der Universität Freiburg ernannt als Nachfolger des verstorbenen Geh. Raths Dr. Duttlinger. Im J. 1843 erschienen dort seine „Vorträge über das französische und badische Civilrecht, insbesondere über dessen Einleitung (titre préliminaire)“ d. h. über die allgemeine Einleitung zum Code Napoléon, der man bei der Einführung in Baden eine Reihe von Zusätzen beigefügt hatte. Obwohl er als akademische Lehrmethode den freien mündlichen Vortrag nach einem der Legalordnung folgenden Grundriß gewählt hatte, hielt er doch wegen der besonderen Schwierigkeit der Auslegung gerade der hier abgehandelten Materien eine schriftliche Mittheilung an seine Zuhörer für nöthig. In der Vorrede dazu sagt er – und wir führen dies an, weil er auch in seinen späteren Schriften diesem Grundsatz treu geblieben ist –: „Mit Anhäufung vieler Citate habe ich mich nicht befaßt, dagegen war ich bemüht, nicht bloß zu behaupten, sondern das Gesagte zu begründen und die Gründe mögen die Stelle der Gewährsmänner vertreten. Sind sie von Gewicht, so werden sie bei unbefangener Auffassung ohne jene Hülfsmittel Eingang finden. Sind sie es nicht, so würden und sollen sie trotz solcher Ausstattung verworfen werden. Veritas vincit.“ Dieser Schrift folgten ähnliche kurz gehaltene Abhandlungen über besonders schwierige Materien des französischen Civilrechts über eheliches Güterrecht, Familienrecht, Pfandrecht, Besitz und Verjährung, die an sich nur für seine Zuhörer bestimmt, doch, der Klarheit ihrer Darstellung wegen, weite Verbreitung und auch für die Rechtsprechung hohe Bedeutung erlangten. Nachdem St. 1844/45 die Prorectoratswürde der Universität Freiburg bekleidet hatte, trat er im April 1845 in den Staatsdienst als Director des Hofgerichts Freiburg zurück. Die dabei vorbehaltene Fortsetzung der Vorträge an der Universität unterblieb um so mehr, als er schon im April 1847 zum Vicekanzler (dritten Vorstand) des Oberhofgerichts ernannt wurde. Hier verschafften ihm seine Persönlichkeit und sein in den juristischen Kreisen bereits festbegründetes hohes Ansehen rasch einen Einfluß auf die Rechtsprechung des obersten Gerichtshofs, der den einem Senatsvorsitzenden an sich zukommenden weit überragte. Zugleich wandte er mit voller Energie der Fortsetzung seiner litterarischen Thätigkeit sich zu. Er übernahm die Redaction der 1823 von dem Oberhofrichter v. Hohnhorst gegründeten „Oberhofgerichtlichen Jahrbücher“. Der X. Band derselben (1847/48) enthält eine große Anzahl bedeutsamer Aufsätze aus seiner Feder, namentlich eine Abhandlung „Wahrheit und Lüge im Civilproceß“, die über die Pflicht des Anwalts zur Wahrheit sich ausspricht und des früheren Anwalts Bestreben [334] zeigt, dem materiellen Recht und der Wahrheit auch im Civilproceß, der so vielfach mit Fictionen und unterstellten Geständnissen arbeiten muß, zum Siege zu verhelfen.

Unterm 21. Juni 1849 wurde St. zum Präsidenten des Justizministeriums ernannt. Die Berufung erfolgte in schwerer Zeit: die Mairevolution hatte die staatliche Ordnung umgestürzt, im Lande selbst war der Kampf zwischen den Aufständigen und den preußischen Truppen noch nicht beendet, Karlsruhe und Rastatt waren noch in der Aufständigen Hand. Nach ihrem Fall walteten die preußischen Standgerichte ihres Amtes, ein strenges Regiment erschien als das überhaupt den Zeitverhältnissen allein angemessene. Mag man mit Recht die nun beginnende Zeit bis 1860 als die „Reactionsperiode“ bezeichnen: für die in Betracht kommende Rechtsgesetzgebung brachten die nächsten Jahre eine Reihe von Verbesserungen, die dem Programme der liberalen Parteien entnommen waren und liberale Forderungen erfüllten. Das von einer besonderen Gesetzgebungscommission ausgearbeitete, schon 1845 beschlossene Strafgesetzbuch wurde eingeführt mit Zusätzen, die allerdings den Geist der Einführungszeit nicht verleugnen. Ferner trat die auf gleiche Weise entstandene Strafproceßordnung theilweise ins Leben; sie brachte für Straffälle mittlerer Ordnung, wenigstens facultativ, den Grundsatz öffentlich-mündlicher Verhandlung, für Straffälle oberster Ordnung aber die Schwurgerichte. Die Civilproceßordnung von 1832 wurde namentlich bezüglich des Vollstreckungswesens revidirt und durch Bestimmungen zur Verhinderung chicanöser Proceßführung ergänzt, die befreiten Gerichtsstände wurden aufgehoben.

Im October 1851 trat St. vom Ministerium zurück und wandte sich, zum Oberhofrichter und Wirkl. Geh. Rath ernannt, wieder dem Richterberuf zu. Seinem Wiedereintritt in den obersten Gerichtshof folgte alsbald (Decbr. 51) eine Reform der Eintheilung desselben; die bisherige Senatseintheilung kam in Wegfall, es sollte ein einheitlicher Gerichtshof bestehen, dessen Vorsitz neben dem zweiten und dritten Vorstand der Oberhofrichter selbst führte. St. hatte sich damit eine gewaltige, aber seiner Kraft angemessene Arbeitslast auferlegt. Er ist ihr, unterstützt von seinem vorzüglichen Gedächtniß, seinem Wissen und seiner raschen Auffassung gerecht geworden. Sein Einfluß auf die Rechtsprechung des obersten Gerichtshofes war ein mächtiger; er bewegte sich, der ganzen Veranlagung des Mannes entsprechend, in der Richtung der Förderung des materiellen Rechts, des gesunden Menschenverstandes, zu dessen Schutz und Geltendmachung, nicht Verkümmerung, die formalen Vorschriften des Processes bestünden. St. verstand es zugleich, die mündlichen Verhandlungen und Berathungen erheblich abzukürzen, unterzog die Entwürfe zu Entscheidungsgründen genauer Prüfung, nicht selten sie durch selbst ausgearbeitete ersetzend. Die Redaction der „Oberhofgerichtlichen Jahrbücher“ übernahm er aufs neue; der XIII. Jahrgang derselben besteht vorwiegend aus von ihm herrührenden Aufsätzen. Darunter namentlich ein Aufsatz über den damals viel Aufsehen erregenden Strafproceß Gervinus.

In den Jahren 1853, 55, 57, 59 wurde St. jeweils zum Mitglied der I. Kammer und ersten Vicepräsidenten derselben ernannt und betheiligte sich lebhaft an den Arbeiten des Landtags. Von 1854 an war er mehrere Jahre Präsident der Commission für die damals eingeführte II. juristische Staatsprüfung; er hat die letztere damals so gestaltet, wie sie zum Nutzen der jungen Rechtsbeflissenen heute noch besteht: zu einer praktischen Prüfung, welche die Befähigung zeigen soll, theoretische Kenntnisse auf die vielgestaltigen Fälle der Praxis richtig anzuwenden.

Das für Badens politische Entwicklung so hochbedeutsame Jahr 1860 entrückte St. endgültig dem richterlichen Beruf und führte ihn auf die höchste Stufe [335] der Staatsverwaltung. Anlaß gab die am 28. Juni 1859 zwischen Baden und der katholischen Kirchengewalt zu Rom abgeschlossene Convention, welche die seit Anfang der 1850er Jahre bestehenden kirchenpolitischen Differenzen zu schlichten bestimmt war. Sie wurde mittels Verordnung vom 5. December 1859 publicirt, nachdem sie unterm 24. Novbr. den Kammern „zur Kenntnißnahme“ mit dem Bemerken vorgelegt worden war, daß „wegen Aenderung der entgegenstehenden Gesetze seiner Zeit besondere Vorlage an die Stände erfolgen werde“. Im Lande wie in den Kammern erhob sich sofort eine wachsende Bewegung gegen die Convention, da das Verhältniß zwischen dem Staate und dem katholischen Kirchenregimente nur durch Vereinbarung mit den Ständen geregelt werden könne, zumal die meisten Bestimmungen der Convention an sich schon unter § 65 der Verfassung fielen. Die II. Kammer beschloß unterm 30. März 1860 eine Adresse, welche bat, „die Verordnung vom 5. Decbr. 1859 außer Wirksamkeit zu setzen“. Im gleichen Monat März veröffentlichte St., der in der I. Kammer zum Berichterstatter ausersehen war, durch den Druck eine Schrift „Grundlagen für den Commissionsbericht über die Convention mit dem päpstlichen Stuhl“. Noch ehe es aber zu einer Berathung des Gegenstandes in der I. Kammer kam, trat der Umschwung ein, der für Badens innere Entwicklung maßgebend bis auf die heutigen Tage wurde: unterm 2. April 1860 wurde das Ministerium Meysenbug-Stengel entlassen, St. zum Staatsminister der Justiz ernannt (interimistisch auch mit der Leitung des Ministeriums des Großherzogl. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten betraut), Prof. Dr. Lamey von Freiburg aber, der Hauptwortführer der Gegner der Convention in der II. Kammer, zum Präsidenten des Ministeriums des Innern berufen. Das neue Ministerium veranlaßte die Proclamation des Landesherrn vom 7. April 1860, die im Lande mit einem Sturm der Begeisterung aufgenommen wurde. Die zunächst brennenden kirchenpolitischen Fragen wurden nun gesetzlich in einem der katholischen Kirche freundlichen Sinn geregelt und auch die Kirche söhnte sich theils sofort theils später mit den geschaffenen Neuordnungen aus. St. nahm an dieser Gesetzgebungsarbeit hervorragenden Antheil; nicht minder an den Gesetzen, welche die in der Proclamation vom 7. April 1860 ausgesprochenen Ideen auf dem Gebiet der Reform der inneren Verwaltung ins Leben führten. Seine größte Thätigkeit hatte St. natürlich im eigenen Ressort zu entfalten: im Anschluß an die 1851 begonnene, auf den Entwürfen von 1845 ruhende Gesetzgebung wurde auf den Landtagen 1861–64 eine neue Gerichtsverfassung, Civil- und Strafproceßordnung, nebst einer Anwaltsordnung geschaffen. Diese Gesetze traten am 1. October 1864 ins Leben und brachten Baden eine durchaus von modernem Geist durchwehte, den Forderungen der Wissenschaft entsprechende, durch die Praxis vollbewährte Gesetzgebung: Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens, in Strafsachen Schöffengerichte für die leichteren Fälle, Strafkammern mit fünf rechtsgelehrten Richtern für die mittleren, Schwurgerichte für die schweren Fälle, Recurs gegen Urtheile der Schöffengerichte, aber nur Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Urtheile der Strafkammern wie der Schwurgerichte; in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Collegialgerichte erster Instanz für wichtigere Sachen, Amtsgerichte für unbedeutendere, gegen beider Urtheile Berufung und eine beschränkte Oberberufung gegen die Urtheile zweiter Instanz. Baden hatte mit dieser Organisation fast genau das erreicht, was 15 Jahre später für das Deutsche Reich in Geltung treten sollte! Schon bald nach Einführung dieser Organisations- und Verfahrensgesetze warfen die Kriegsereignisse des Jahres 1866 ihre Schatten voraus. Im Octbr. 1865 trat Frhr. v. Roggenbach von der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, die er seit 2. Mai 1861 geführt, zurück und der Gesandte in Wien, Frhr. v. Edelsheim, an seine Stelle. [336] Als der preußisch-österreichische Conflict sich verschärfte, fand er das badische Ministerium auf der Seite des formalen Bundesrechts, in Uebereinstimmung mit der Anschauung der Kammern und der Armee; eine andere Stellung war bei der Stimmung dieser Factoren und der geographischen Lage des Landes auch unmöglich. Sie stand zudem in Einklang mit der Thatsache, daß das in seiner überwiegenden Mehrzahl liberale badische Volk für den Leiter der preußischen Politik bei den vorhergegangenen jahrelangen Verfassungsconflicten keine Sympathien empfand.

Nachdem die Entscheidung auf den böhmischen Schlachtfeldern gefallen war und die preußische Main-Armee schon einen Theil des Großherzogthums besetzt hatte, trat Ende Juli 1866 das Ministerium, zu dessen Präsidenten St. unterm 2. Mai 1861 ernannt worden war, zurück und Mathy, der am 5. Juli schon ausgetreten war, wurde an die Spitze der Staatsleitung berufen; Jolly übernahm das Ministerium des Innern. St. wurde zwar im Februar 1867 als Staatsminister der Justiz reactivirt, allein der Tod Mathy’s (4. Februar 1868) brachte neue Veränderungen. Jolly, bedeutend jünger als St., der mit Mathy gleichaltrig und schon als Student befreundet gewesen war, trat an die Spitze des Ministeriums und St. wurde unterm 13. Febr. 1868 definitiv in den Ruhestand versetzt.

Er behielt den Wohnsitz in Karlsruhe bei und wendete sich wieder ausschließlich juristischen Arbeiten zu; schon in den letzten Jahren seiner oberhofgerichtlichen Thätigkeit hatte er unter dem Titel „Jahrbücher für Badisches Recht. Als erweiterte Fortsetzung der oberhofgerichtlichen Jahrbücher“ die Fortsetzung der letzteren in Angriff genommen; im J. 1867 erschien der erste Band. Er enthielt eine reiche Anzahl interessanter Abhandlungen aus Stabel’s Feder. Nach der Zurruhesetzung unternahm er die Ausarbeitung eines größeren Werkes, das er schon früher geplant hatte und vollendete es 1871 trotz aller Schwierigkeiten, die ein zunehmendes Augenleiden, das 1876 eine Staaroperation nöthig machte, ihm entgegenstellte. Es erschien unter dem Titel „Institutionen des französischen Civilrechts (Code Napoléon)“. Der Zweck desselben kann besser nicht dargestellt werden, als ihn die Vorrede bezeichnet, in der St. mit der ihm stets eigenen, prägnanten Kürze sagt: „Des Staatdienstes enthoben, aber den Müßiggang verachtend und das politische Gebiet absichtlich vermeidend, habe ich mich wieder ausschließlich der Rechtswissenschaft und dem Versuch zugewendet durch Wiederaufnahme und Vollendung einer in früherer Zeit begonnenen Arbeit der juristischen Welt, insbesondere dem jüngeren Theil derselben, noch einen nützlichen Dienst zu leisten … Vielleicht wird es auch manchem Praktiker, wie mir selbst, von Nutzen sein, statt nur den Präjudizien, einmal wieder den Principien nachzuforschen.“ Er hat sich mit diesem Buch am Ende eines vielbewegten, arbeitsreichen Lebens ein schönes Denkmal gesetzt; es erfreute sich hoher Anerkennung der juristischen Welt und wurde für die Studirenden der Rechtswissenschaft wie für die Männer der Praxis eine reiche Quelle der Förderung, Belehrung und Anregung. Es soll in nächster Zeit in dritter, unveränderter Auflage erscheinen. War dieser Erfolg geeignet, ihm den Lebensabend zu verschönern, so durfte er in den letzten Monaten seines Lebens noch weiter die Freude erleben, zu sehen, wie die deutsche Rechtsentwicklung nach jahrelanger Arbeit und allseitiger Prüfung dem neu geeinten großen Vaterlande im wesentlichen die Organisations- und Verfahrensgesetzgebung brachte, die er im engeren Heimathlande vor 15 Jahren eingeführt hatte.

Er war 1877, anläßlich des fünfundzwanzigjährigen Regierungsjubiläums des Großherzogs Friedrich, in den Adelstand erhoben worden und starb, nachdem seine Gemahlin im Juli 1879 ihm im Tode vorangegangen [337] war, am 22. März 1880 an einer Lungenentzündung, bis zuletzt klaren und gefaßten Geistes und mit regstem Interesse den Gang der öffentlichen Angelegenheiten und besonders die praktische Bewährung der neu eingeführten deutschen Justizgesetzgebung verfolgend.