Zum Inhalt springen

ADB:Ghillany, Friedrich Wilhelm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ghillany, Friedrich Wilhelm“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 143–144, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ghillany,_Friedrich_Wilhelm&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 22:19 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 9 (1879), S. 143–144 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich Wilhelm Ghillany in der Wikipedia
Friedrich Wilhelm Ghillany in Wikidata
GND-Nummer 116615427
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|143|144|Ghillany, Friedrich Wilhelm|Franz Xaver von Wegele|ADB:Ghillany, Friedrich Wilhelm}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116615427}}    

Ghillany: Friedrich Wilhelm G. Geb. am 18. April 1807 zu Erlangen, besuchte er ebendaselbst das Gymnasium und die Universität, auf welcher er in erster Linie Theologie studirte, ohne aber einen inneren Beruf dazu zu haben. Nach Vollendung seiner Studien begleitete er eine kurze Zeit die Stellung eines Hauslehrers und wurde dann Vicar an der St. Aegidienpfarrei zu [144] Nürnberg. Jedoch seine offenbar rationalistische Richtung, die durch den Verkehr mit Daumer genährt wurde, veranlaßte ihn bald zurückzutreten und dem geistlichen Amte für immer Lebewohl zu sagen. Er übernahm zunächst eine Lehrstelle an der Kreisgewerbeschule (zu Nürnberg), wurde indeß schon im J. 1841 zum Stadtbibliothekar gewählt, als welcher er sich durch die Vereinigung verschiedener einzelner Bibliotheken zu einer Gesammtbibliothek, ferner durch die Katalogisirung und Nutzbarmachung derselben für die Bürgerschaft unverkennbare Verdienste erwarb. Bereits in dieser Zeit begann seine schriftstellerische Thätigkeit, die sich allmählig zu hoher Fruchtbarkeit steigerte und in verschiedenen Richtungen bewegte. Sie war vorerst überwiegend publicistischer Natur und kehrte ihre Spitze am liebsten gegen die orthodox-confessionelle Unduldsamkeit und Ausschließlichkeit; stand G. ja auch mit oben an in der Agitation gegen den altlutherischen Präsidenten des Oberconsistoriums in München, Fr. v. Roth, und half ihn mit zu Falle zu bringen; mehrere Schriften verrathen direct Daumerschen Einfluß, wie die „Menschenopfer der alten Hebräer“ und haben, wie insbesondere „Leonegg’s Glaubensbekenntniß“ durch die unleugbar mehr als bloß unkirchliche Haltung starken Anstoß erregt. Noch in dieser seiner Nürnberger Epoche hat G. aber auch ein Werk streng wissenschaftlicher Art veröffentlicht, nämlich die „Geschichte des Seefahrers Martin Behaim“ (Leipzig 1853), das Alex. v. Humboldt mit einem Vorwort begleitete. Auch hat G. die handschriftliche officielle Nürnberger Stadtchronik eine Anzahl von Jahren hindurch geführt. Jedoch vermochte diese Stellung und Wirksamkeit ihn auf die Dauer nicht zu fesseln. Er sehnte sich nach einem größeren Wirkungskreise und siedelte daher im Jahre 1855 nach München über, da ihm seine Mittel einen solchen Schritt erlaubten. Indeß haben seine Hoffnungen, im Staatsdienste, etwa in der Diplomatie, eine Verwendung zu finden, aus nahe liegenden Gründen sich nicht erfüllt, wie sehr er durch seine Kenntnisse dazu befähigt erscheinen mochte. Mit um so gesteigerterem Eifer setzte er daher von nun an seine litterarische Thätigkeit fort. Jetzt erschien sein bekanntes „Diplomatisches Handbuch. Sammlung der wichtigsten europäischen Friedensschlüsse“ (Nördlingen 1855, 3 Bde.), weiterhin die „Europäische Chronik von 1492–1867“ (Leipzig 1867, 3 Bde.). Nebenher publicirte er zugleich die Schrift: „Nürnberg, historisch und topographisch, nach den ältesten vorhandenen Quellen und Urkunden“ (1863). – Die religiös-theologischen Fragen haben G. in seiner Weise bis zu seinem Ende beschäftigt. Die bezüglichen Schriften sind sämmtlich pseudonym erschienen, wie z. B. die „Theologischen Briefe an die Gebildeten der Nation“ (3 Bde., Leipzig 1863) und die „Urtheile heidnischer und christlicher Schriftsteller der vier ersten christlichen Jahrhunderte über Jesus“ (ebendas. 1864). Sie haben vorübergehend Staub genug aufgeworfen, ohne jedoch einen nachhaltigen Eindruck zu machen. Das Gedächtniß seines Namens bleibt doch nur an seine mehr wissenschaftlichen Arbeiten geknüpft. G. starb im Juni 1876 auf seinem Landhause Schellek am Starnberger See und wurde am 28. desselben Monats zu Nürnberg im Kirchhof von St. Johannis zur Ruhe bestattet.

Nach Privatmittheilungen und einem Auszuge der handschriftlichen Nürnberger Stadtchronik.