ADB:Goldbach, Christian von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Goldbach, Christian“ von Moritz Cantor in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 330–331, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Goldbach,_Christian_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 06:52 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 9 (1879), S. 330–331 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Christian Goldbach in der Wikipedia
Christian Goldbach in Wikidata
GND-Nummer 118696149
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|330|331|Goldbach, Christian|Moritz Cantor|ADB:Goldbach, Christian von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118696149}}    

Goldbach: Christian G., Mathematiker, geb. am 18. März 1690 zu Königsberg in Preußen, † am 30. November 1764 zu Moskau. Von dem Jugendleben dieses vielseitig gebildeten Gelehrten ist nur wenig bekannt. Etwa 30 Jahre alt, machte er ausgedehnte Reisen, auf welchen er mit verschiedenen wissenschaftlichen Größen zusammentraf, unter anderen in Italien mit Nikolaus Bernoulli II., dem älteren Bruder von Daniel Bernoulli. Aus einem fünftägigen Zusammenleben in Venedig entsprang ein Briefwechsel, welcher von 1721–25 dauerte, und an welchen sich 1723–30 ein weiterer Briefwechsel mit Daniel Bernoulli anknüpfte. In diesen beiden Briefwechseln zeigt sich bereits die wissenschaftliche Liebhaberei Goldbach’s, indem er zwar den Neigungen der Correspondenten folgend, mit Nikolaus Bernoulli über die sogenannte Riccatische Differentialgleichung, mit Daniel Bernoulli über Aufgaben der Wahrscheinlichkeitsrechnung und der Theorie der Reihen sich verbreitet, aber auch zugleich Gelegenheit nimmt, stets Zahlentheoretisches mit einfließen zu lassen. Dieser letztere Theil der Mathematik bildet nun vollends den Hauptinhalt eines dritten bedeutsamen Briefwechsels, welchen G. von 1729–63 mit Leonhard Euler führte, da Beide sich in der Bevorzugung arithmologischer Sätze begegneten. War auch Euler zumeist der Gebende, G. der Empfangende, so kommt doch das Gegentheil gleichfalls vor, und jedenfalls hatte die Wissenschaft schon dadurch Gewinn von diesem Verkehre, daß Euler hier und nur hier die Gelegenheit geboten war, Entdeckungen gewissermaßen vorzubereiten. Schreibt er doch am 3. August 1751: „Es ist allerdings wahr, wie Ew. vermuthet, daß ich außer deroselben Niemand habe, mit dem ich von dergleichen découvertes schriftlich oder mündlich conferiren könnte“. G. hatte inzwischen einen ständigen Wohnsitz erlangt. Georg Bernhard Bilfinger und Jakob Hermann, welche 1725 einem Rufe nach Petersburg Folge leisteten, luden bei der Durchreise durch Berlin, wo G. als königlich preußischer Hofrath, aber ohne ein bestimmtes Amt zu verwalten, sich aufhielt, diesen ein, sich ihnen anzuschließen. Er that es und traf, zunächst nur ein wißbegieriger Reisender, den 8. August 1725 in der russischen Hauptstadt ein. Professuren wurden ihm, wie es scheint, angeboten, aber von ihm abgelehnt. Einzig die Geschäfte eines Schriftführers der Akademie der Wissenschaften sagten ihm zu, bei welchen seine Vielseitigkeit und seine große Beherrschung der lateinischen Sprache zur Geltung kamen, und zu dieser Stellung verpflichtete er sich auf 5 Jahre. In denselben Zeitraum fällt seine Ernennung zum Lehrer des Kaisers Peter II., der 1715 geboren, mit 12 Jahren den Thron [331] bestieg, auf dem er nur 3 Jahre verweilen sollte, da die Blattern ihn 1730 dahinrafften. Die folgenden 12 Jahre verbrachte G. muthmaßlich in wissenschaftlichem Privatleben, erfüllt von mannigfachen Briefwechseln, welche allerdings theilweise, wie der mit dem Orientalisten Gottlieb Siegfried Bayer, mit dem Gemmenkundigen Baron Philipp v. Stosch, mit dem inzwischen nach Tübingen zurückgekehrten Bilfinger, der Herausgabe ebenso noch harren, wie eine in lateinischen Versen geschriebene Tragödie „Absalon“. Daneben dürfte ein loser Verband mit der Akademie fortgedauert haben. Nicht nur, daß G. am 25. October 1746 an Euler schreibt: „Was aber die akademischen Angelegenheiten betrifft, so habe ich mich derselben schon seit A. 1742 gänzlich entschlagen“, er brachte auch von 1728–39 in den Commentarien der Akademie sechs Abhandlungen zum Abdruck über Integralrechnung, über Reihentheorie und über Gleichungen. In der letztgenannten Abhandlung findet sich ein Zeichen der Unmöglichkeit, welches erhalten zu werden verdient, und der Name congruenter Zahlen ungefähr in derselben Bedeutung, in welcher er sich seit Gauß allgemein verbreitet hat (vgl. Comment. Acad. Petrop. V. p. 101). Im J. 1742 trat G. in das Collegium der auswärtigen Angelegenheiten ein, wo er vorzugsweise mit Dechiffrirungen beschäftigt wurde. Auch davon ist ein Wiederhall in dem Briefwechsel mit Euler vorhanden, indem G. am 30. Juli 1742 von unrichtigen Dechiffrirungen redet, welche Wallis sich habe zu Schulden kommen lassen. G. stieg fortwährend in Rang und Einkünften. 1744 wird er Etatsrath mit einem Gehalte von 2000 Rubel; 1746 erhält er auf Lebensdauer die etwa 1400 Rubel jährlich betragende Nutznießung des Gutes Wolmarshof in Liefland, wie sich aus seinen Briefen ergibt. Als er starb, hatte er die damals in Rußland im Civildienste seltene Stufe eines Geheimen Rathes erreicht.

Correspondance mathématique et physique de quelques célèbres géomètres du XVIIIème Siècle publiée par P. H. Fuss. Petersburg 1843.