Zum Inhalt springen

ADB:Goltz, August Graf von der

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Goltz, August Friedrich Ferdinand Graf von der“ von Paul Bailleu in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 351–353, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Goltz,_August_Graf_von_der&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 08:07 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 9 (1879), S. 351–353 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
August Friedrich Ferdinand von der Goltz in der Wikipedia
August Friedrich Ferdinand von der Goltz in Wikidata
GND-Nummer 116764198
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|351|353|Goltz, August Friedrich Ferdinand Graf von der|Paul Bailleu|ADB:Goltz, August Graf von der}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116764198}}    

Goltz: August Friedrich Ferdinand Graf v. d. G., geb. in Dresden am 20. Juli 1765, wurde, nachdem er die Universitäten zu Frankfurt und Leipzig besucht hatte, auf Empfehlung des Grafen Hertzberg von König Friedrich Wilhelm II. am 6. April 1787 zum Legationsrath ernannt und in die diplomatische Pepiniere zu Berlin aufgenommen. Im September 1788, als in Folge des Planes einer russisch-polnischen Allianz das Berliner Cabinet den Dingen in Polen eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden veranlaßt wurde, schickte Hertzberg den jungen G. an den preußisch gesinnten Grafen Sulkowski in Lissa und dann nach Warschau, wo er, durch mannichfache Familienverbindungen unterstützt, für das preußische Interesse eifrig und erfolgreich thätig war. Er erwarb sich dabei so sehr den Beifall des Grafen Hertzberg und des preußischen Gesandten in Warschau, des Marquis Lucchesini, daß er zum Geh. Legationsrath befördert und im J. 1790, für die Dauer der Abwesenheit Lucchesini’s auf dem Congreß von Sistowa, als preußischer Geschäftsträger in Warschau bevollmächtigt wurde. In dieser Stellung hatte er namentlich bei der Umwälzung vom 3. Mai 1791 Gelegenheit, diplomatischen Scharfblick und Gewandtheit zu bethätigen. Nach der Rückkehr Lucchesini’s, gegen Ende des J. 1791, wurde er zum Gesandten in Kopenhagen ernannt, welchen Posten er im Juli 1792 antrat. Da indessen die völlige Bedeutungslosigkeit der Beziehungen zwischen Preußen und Dänemark der Wirksamkeit eines Diplomaten wenig Raum darbot, so nahm er mit Freuden an, als ihm 1793 die Gesandtschaft bei dem Kurfürsten von Mainz angeboten wurde. Er verließ Kopenhagen im Januar 1794 und kam nach einem längeren Aufenthalte auf den Besitzungen seiner Familie in Westpreußen erst im October 1794 in Frankfurt a./M. an. Aber auch hier fand er so wenig zu thun, daß er bereits im April 1795 Urlaub nahm und nicht wieder nach Frankfurt zurückkehrte, wiewol seine wirkliche Abberufung erst im März 1797 erfolgte. Die Gesandtschaft in Madrid, die ihm im September 1795 angetragen wurde, lehnte er aus finanziellen Rücksichten ab (er lebte immer in Geldverlegenheiten); dagegen [352] ging er im Januar 1797 nach Stockholm, in Erwiderung der Sendung des Barons Hamilton, durch den Gustav IV. seine Thronbesteigung hatte in Berlin anzeigen lassen. Im April 1797 zurückgekehrt, wurde er bereits im December desselben Jahres abermals nach Schweden geschickt, um den Regierungsantritt Friedrich Wilhelms III. zu notificiren und die Glückwünsche desselben zur Vermählung Gustavs IV. mit einer badischen Prinzessin zu überbringen. In den folgenden Jahren lebte G. meist wieder in Westpreußen, vollauf in Anspruch genommen durch seine Geldangelegenheiten, die ihn in immer größere Schwierigkeiten verwickelten; die Gesandtschaft in München, die ihm im October 1801 übertragen wurde, hat er nie angetreten. Im April 1802 zum Vertreter Preußens in Rußland ernannt, bekleidete er vom September 1802 an diese wichtige Stellung zur großen Zufriedenheit des preußischen sowol als des russischen Hofes. Was wir jetzt über die russische Politik jener Zeit wissen, beweist freilich, daß G. seiner schwierigen Aufgabe nicht völlig gewachsen war. Bei der Abneigung gegen Preußen, wie sie durch Katharina in Hof und Staat groß gezogen war, fehlte es ihm an einflußreichen Verbindungen und zuverlässigen Quellen der Information, und Staatsmänner, wie Kaiser Alexander und Fürst Czartoryski, vermochte er mit nichten zu durchschauen. Seine Berichte, so vortrefflich sie oft im Einzelnen sind, zeigen, daß er weder über die Beziehungen Rußlands zu Oesterreich und England unterrichtet war, noch überhaupt über die russische Coalitionspolitik eine klare Anschauung zu gewinnen wußte. Doch besserte sich seine Stellung, je inniger sich die Beziehungen zwischen Preußen und Rußland gestalteten: an den geheimen Verhandlungen von 1806, welche Friedrich Wilhelm III. ohne Wissen seines Ministeriums durch Hardenberg’s Vermittlung mit Alexander pflog, hatte G. bedeutenden Antheil. Er begleitete den Kaiser, als derselbe sich Ende März 1807 in das russisch-preußische Hauptquartier begab und vertrat das preußische Interesse bei den Unterhandlungen, aus denen die Tilsiter Friedensverträge hervorgingen. Gleichzeitig ernannte ihn König Friedrich Wilhelm, auf den Vorschlag des zum Abgang gezwungenen Hardenberg, zum Staatsminister und übertrug ihm das Departement der auswärtigen Angelegenheiten (6. Juli 1807). So lange Stein an der Spitze des Ministeriums stand, blieb G. mehr im Hintergrund; nach dem Rücktritt dieses Ministers aber führte er besonders die Unterhandlungen über die Contributionszahlung an Frankreich; er unternahm zu diesem Zwecke bei der Zusammenkunft Napoleons mit Alexander eine Reise nach Erfurt, die einen glücklichen Erfolg hatte. Im J. 1809 unterhandelte er in Berlin mit dem österreichischen Gesandten Wessenberg über die Theilnahme Preußens an dem Kriege gegen Frankreich, für die er bei seinem Könige mit großem Eifer eintrat. Er behauptete sich als Minister des Auswärtigen auch nach der Ernennung Hardenberg’s zum Staatskanzler; die Verträge von 1812 mit Frankreich, die Preußen zum Kriege gegen Rußland verpflichteten, wurden hauptsächlich durch ihn vermittelt. Beim Beginn der Erhebung von 1813, als König und Staatskanzler Berlin verließen, wurde er am 20. Jan. zum Vorsitzenden der Ober-Regierungscommission ernannt, in welcher Stellung er jedoch durch zu große Nachgiebigkeit gegen die abziehenden Franzosen Unzufriedenheit erweckte. Nach einer kurzen Abwesenheit in Stralsund, wo er vergeblich den Kronprinzen von Schweden erwartete, ging er nach Schlesien in die Nähe der verbündeten Heere, ohne doch zu irgend welchem Antheil an den diplomatischen Geschäften hinzugezogen zu werden. Gegen Ende des J. 1813 kehrte er sehr mißmuthig nach Berlin zurück. Im August 1814 nahm Hardenberg die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten ganz in seine Hand und G. wurde durch die Ernennung zum Oberhofmarschall entschädigt. Doch gelang es ihm 1816, als Nachfolger W. v. Humboldt’s, die Vertretung Preußens am Bundestage [353] zu erhalten. Er blieb in Frankfurt, bis er im Juni 1824 durch Nagler ersetzt wurde. Dann trat er in seine vorige Stellung als Hofmarschall zurück. Er starb am 17. Januar 1832.

Acten des Geh. Staatsarchivs zu Berlin. L. v. Ranke, Denkwürdigkeiten Hardenberg’s.