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ADB:Guntherich

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Artikel „Guntherich, asdingischer Vandalenkönig“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 635–636, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Guntherich&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:14 Uhr UTC)
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Guntherich, asdingischer Vandalenkönig (a. 406[?]–429). Prokop einerseits, die lateinischen Quellen andererseits berichten abweichend über seine Geschicke. Anderwärts (Könige I, S. 143) wurde versucht, durch Vermittlung das Wahrscheinlichste festzustellen. Ohne Zweifel war er der (eheliche) Sohn und Nachfolger des im J. 406 vor dem Rheinübergang im Kampfe mit den Franken gefallenen Königs Godigisel (s. den Artikel). Vielleicht war er damals noch nicht wehrfähig, so daß sein älterer (unehelicher) Bruder Geiserich (s. den Artikel) eine Zeit lang für ihn die Regentschaft führte. Jedesfalles nahm dieser schon bei Lebzeiten Guntherich’s thatsächlich in Krieg und Frieden eine hochbedeutende Stellung in dem Volke ein, vielleicht ähnlich wie bald darauf die amalischen Brüder Theodemer und Widemer unter Walamer (s. die drei Artikel). Doch hieß und war G. der echte König. Als solcher führte er (a. 409) sein Volk nach Spanien. Hier theilten sich die Einwanderer, d. h. die asdingischen, die silingischen Vandalen, die Sueben und die (ungermanischen) Alanen in das Land, so weit es erobert war, in der Weise, daß die Asdingen und die Sueben Gallicien erhielten (a. 411). Aber bald gerieth G. mit diesen in Kampf (a. 419) und, von den Römern, die sich immer noch in manchen [636] Städten der Halbinsel hielten, bedroht, zog er aus jenen gefährdeten Sitzen ab nach Bätica (Land des Bätis, Guadalquivir) im Südwesten, wo die silingischen Vandalen, die ihren König (a. 416) verloren hatten, völlig mit den asdingischen verschmolzen und G. als König annahmen. Da schon a. 418 die volkreichen Alanen in Lusitanien und Carthagena aus dem gleichen Grunde das Gleiche thaten, vereinte G. nunmehr unter seiner Herrschaft eine so erhebliche Macht, daß die Vandalen hierdurch das Uebergewicht in der Halbinsel gegenüber Sueben, Westgoten und Römern gewannen. Das zeigte sich alsbald (a. 422) in einem glänzenden Sieg Guntherich’s über den römischen magister militum Castinus (und die mit ihm verbündeten Westgoten), der nach Verlust von 20 000 Mann nach Tarragona fliehen mußte, und in der Eroberung von Carthagena und Sevilla (Hispalis) a. 425.

Zweifelhaft ist, ob schon G., nicht erst Geiserich, den Plan gefaßt habe, seine Völkerschaften über die schmale Meerenge nach dem so überaus fruchtbaren Nordafrika, der „Kornkammer“ der römischen Welt, hinüberzuführen, nachdem schon a. 425 Raubfahrten den Vandalen wie die Balearen so die Küsten von Mauritanien erschlossen hatten. In unserer Zeit ist der Bericht Prokop’s von der Einladung der beiden asdingischen Brüder durch den römischen Statthalter Bonifatius (Könige I, S. 148) nicht ohne Grund angezweifelt worden. Fest steht, daß nur Geiserich als Allein-Herrscher die Ueberführung im J. 429 ins Werk setzte.

Schon a. 427 war G. im Kampfe mit den alten Feinden, den Sueben, oder (wahrscheinlicher: Germani sind Prokop die Franken) mit den Franken umgekommen (angeblich gefangen und gekreuzigt, eine den Germanen ungewohnte Tödtungsart). Nach einer ganz unglaubhaften Kirchenfabel war er zur Strafe für die Plünderung der Kirchen zu Sevilla von einem Dämon besessen worden und infolgedessen gestorben. Daß er noch in Spanien umgekommen, ist viel glaubhafter, als daß er mit Geiserich nach Afrika gegangen und dort von diesem ermordet worden sei. Allerdings schloß dieser gewaltige Bruder die (vielleicht noch waffenunfähigen) Söhne aus; späte Erdichtung erzählt, beide Brüder seien um die Wette an die Küste von Afrika geschwommen, wer sie zuerst ergreife, sollte dort allein herrschen. Da habe Geiserich, in Gefahr zurückzubleiben, mit seiner Rechten seine linke Hand abgehackt und diese über den Bruder hinweg an das Land geworfen.

Quellen und Litteratur: Dahn, Die Könige der Germanen I, 1861, S. 145 f. – v. Wietersheim-Dahn, Geschichte der Völkerwanderung II, 1881, S. 156, 185 f. – Dahn, Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker I, 2. Aufl. 1899, S. 153–159.