Zum Inhalt springen

ADB:Gänsbacher, Johann

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Gaensbacher, Johann Baptist“ von Carl Ferdinand Pohl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 363–365, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:G%C3%A4nsbacher,_Johann&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 10:04 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Gansauge, Hermann von
Nächster>>>
Gansler, Rupert
Band 8 (1878), S. 363–365 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Gänsbacher in der Wikipedia
Johann Gänsbacher in Wikidata
GND-Nummer 118814044
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|8|363|365|Gaensbacher, Johann Baptist|Carl Ferdinand Pohl|ADB:Gänsbacher, Johann}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118814044}}    

Gaensbacher: Johann Baptist G., Kapellmeister am St. Stephansdome zu Wien, wurde zu Sterzing in Tyrol am 8. Mai 1778 als der Sohn des dortigen Regens chori und Schulmeisters geboren. Der Vater suchte ihn frühzeitig soweit musikalisch auszubilden, daß er schon in seinem sechsten Jahre auf dem Chor mitsingen konnte. Kaum 8 Jahre alt, wurde er Sängerknabe in der Pfarrkirche St. Jakob zu Innsbruck, kam ein Jahr später nach Hall zu dem tüchtigen Organisten J. Holzmann, lernte hier Clavier- und Violinspiel, machte die ersten Gymnasialklassen durch und ging nach weiteren drei Jahren nach Botzen, wo er bei dem würdigen P. Reiner sich im Generalbaß und Orgelspiel noch vervollkommnete, so daß er bereits den Kirchendienst versehen konnte; Fendt und Musikdirector Neubaur sorgten für seine Ausbildung im Violoncell- und Violinspiel, während eine Hauslehrerstelle ihm sicheres Brot verschaffte. 1795 begann er in Innsbruck seine Universitätsstudien, übte sich auch schon im Componiren, seinen Unterhalt unterdessen als Musiklehrer gewinnend. Als 1796 der Landsturm organisirt wurde, diente er als Freiwilliger und Commandant einer Truppe und wurde beim Friedensschlusse mit der goldenen Tapferkeits-Medaille für Officiere ausgezeichnet. Die Sehnsucht, Abbé Vogler’s Tonsystem kennen zu lernen, führte G. im Herbste 1801 nach Wien, wo sein Wunsch erfüllt wurde und wo er später auch bei Albrechtsberger seine contrapunktischen Studien betrieb. Seinen Unterhalt verschaffte er sich in dieser Zeit wiederum mit Musikunterricht, wobei ihm die Bekanntschaft mit Jos. Haydn, Reichshofrath Graf Firmian, Abbé Falk und Gyrowetz sehr förderlich war. Auf Einladung Abt Vogler’s, der sich einige Zeit in Eisenstadt befand und dort eine Messe für den Fürsten Esterhazy componirte, ging G. dahin und war nahe daran Mitglied der fürstlichen Capelle zu werden. Vogler scheint dies gewünscht zu haben, denn er componirte eigens Lamentationen für G., die dieser in der Charwoche sang, wobei er dem Fürsten so gefiel, daß er ihn als Tenorist engagiren wollte. G. [364] aber dankte, nahm jedoch das Anerbieten an, für den Fürsten eine Messe zu schreiben, die auch in Eisenstadt aufgeführt wurde und sich des Fürsten wie Salieri’s und Hummel’s Beifall erfreute. (Auch eine zweite Messe, componirt 1808, nahm der Fürst entgegen und honorirte sie glänzend.) Mit der eng befreundeten Familie Firmian ging G. 1807 nach Prag, wo er sorgenfrei nur der Composition leben konnte und für die Gräfin Anna seine einzig gebliebene Symphonie schrieb, die auf dem Schlosse Brunnersdorf und später in Mannheim aufgeführt wurde. 1809 reiste G. über Dresden, Leipzig (wo er mehrere Compositionen an die Verleger verkaufte) und Augsburg nach Tyrol. Sein Wunsch, gegen den Feind zu dienen, blieb diesmal unerfüllt, G. begab sich daher nach Darmstadt, wo er im April 1810 anlangte und abermals unter Abt Vogler Contrapunkt und Composition studirte, diesmal in Gemeinschaft mit C. M. v. Weber und Meyerbeer, die als Freunde eng verbunden blieben; namentlich Weber blieb seinem „vielgeliebten Bruder“ G. in dauernder Herzlichkeit zugethan. In Darmstadt wollte es G. in gesellschaftlicher Beziehung gar nicht gefallen; weit besser behagte ihm Mannheim, wo er in Weber’s Concerten mitwirkte und wo auch seine Messe in B und seine Symphonie aufgeführt wurden und beiden Künstern eine sehr herzliche Aufnahme zu Theil wurde. G. blieb bei Vogler bis Juli 1810 und kehrte wieder nach Prag zurück. Die Stellung jugendlicher Componisten zu verbessern, dem wahrhaft Guten auch ohne großen Namen Eingang zu verschaffen und besonders den ästhetischen Theil der Kunst zu pflegen, bewogen Gottfried und C. M. v. Weber, Meyerbeer, Alexander v. Dusch und G. einen „Harmonischen Verein“ zu gründen. Es wurden förmliche Statuten entworfen und erschienen in der nächsten Zeit in verschiedenen öffentlichen Blättern dahinzielende Aufsätze und Recensionen unter den Namen Melos (v. Weber), Giusto (Gottfried Weber), Philodikaios (Meyerbeer), Unknown man (Alex. v. Dusch) und Triole (Gaensbacher). Im Sommer 1812 besuchte G. auf Einladung des Clarinettisten Bärmann München, wo er wieder mit Vogler und Meyerbeer zusammentraf und als im December C. M. v. Weber die Direction an der Oper in Prag angetragen wurde, eilte auch G. dorthin, empfing seinen Freund und verlebte sonnige Tage. Die Kriegsereignisse des Jahres 1813 riefen G. wieder in sein Vaterland, wo er sich unter die Jäger einreihen ließ, sich in mehreren Kämpfen gegen Murat auszeichnete, in Kurzem zum Hauptmann befördert wurde und beim Abschiede die große goldene Ehrenmedaille erhielt. 1815 besuchte er Prag, um dort im Auftrag eine Musikbande zu organisiren; v. Weber schrieb damals seine Cantate „Kampf und Sieg“, wobei er G. mehreres zur Ausarbeitung überließ. Im nächstfolgenden Jahre besuchte G. Wien, wo er u. A. Beethoven’s Bekanntschaft machte und nicht ahnte, daß er in Kurzem dort seinen bleibenden Aufenthalt nehmen sollte, denn während er, nach Innsbruck zurückgekehrt, nur für Composition lebte, überraschte ihn ein Vorschlag v. Weber’s, um die erledigte Kapellmeisterstelle an der königl. Kapelle in Dresden zu concurriren. G. war umsomehr dazu geneigt, als es ihn drängte, sich endlich einen eigenen Heerd zu gründen. Da aber gleichzeitig in Wien durch den Tod des Domkapellmeisters Preindl († am 26. October 1823) dessen Stelle zu besetzen war, bewarb sich G. um dieselbe mit Erfolg und bekleidete sie in Ehren bis zu seinem Tode am 13. Juli 1844. G. hat sich in seinen zahlreichen Compositionen der älteren Schule angeschlossen; seine Hauptkraft verlegte er auf die Kirchencomposition. Melodie fließend, einfach und herzlich, Harmonie, wenn auch nicht überreich, so doch voll und zweckdienlich, Contrapunkt der Schule Vogler’s und Albrechtsberger’s würdig: so wurden seine Arbeiten seiner Zeit beurtheilt. Es werden 216 Werke von G. namhaft gemacht, darunter 131 für die Kirche (17 Messen, 4 Requiem, Te Deum, Offertorien etc.); oben [365] erwähnte Symphonie, Märsche und Serenaden, und viele Harmoniestücke; Clavierwerke mit und ohne Begleitung, Cantaten und viele ein- und mehrstimmige Gesänge mit Orchester-, Clavier- oder Guitarrebegleitung; ferner die Musik zu Kotzebue’s Schauspiel „Die Kreuzfahrer“ (aufgeführt 1813 in Prag), ein Liederspiel „Des Dichters Geburtsfest“. Im Druck erschienen: „Requiem op. 38“ (Spina), „Requiem op. 15“ (Haslinger); „Messe op. 32“ (Spina), „Messe op. 41“ (Haslinger); „Te Deum op. 45“ (Spina); „Offertorium op. 33“ (Spina), „Offertorium Baß-Solo, vierstimm. Chor u. Orch. Op. 43“ (Haslinger); „Graduale op. 42“ (Haslinger); „Ecce sacerdos magnus op. 39“; „2 Ave Maria op. 34“, 2 Salve Regina op. 35“, „1 Salve Regina op. 40“, „Ave Regina und Ave Maria op. 36“, sämmtlich vierstimmig (Spina). – „Die Erwartung“ (von Schiller) für Singstimme und Pianoforte (Simrock); „3 Canzonetten für Sopran mit Guitarre“ (Gombart); „6 Lieder mit Guitarre“ (Kühnel); „4 Gesänge mit Clavier“ (Schlesinger); „3 Terzetti a 2 soprani e tenore op. 4“ (Schlesinger); „6 Hefte Variationen für Clavier“ (Steiner in Wien); „16 Hefte Sonaten etc. mit Begleitung und 6 do. zu 4 Händen“ (verschiedene Verleger); „2 Sonaten für Violine und Guitarre“ (Breitkopf & Härtel); „Serenade für gemischte Instrumente“ (Haslinger). – Gaensbacher’s Sohn, Dr. Jos. G., geb. zu Wien am 8. Mai 1829, ein sehr geschätzter Gesanglehrer, ist als Professor am Conservatorium für Musik und dramatische Darstellung zu Wien angestellt.