ADB:Habenschaden, Sebastian
P. Heß und H. Bürkel ihm Lehrmeister und Vorbild blieben. Habenschaden’s Bilder bewegen sich in einem kleinen Kreise: es ist der sonnige Tagesanbruch auf der [267] Alpe, wo das fröhlich brüllende Thier dem Stall entspringt, prächtige Farren, meckernde Ziegen und lustige Böcklein. Oder er schildert die zerstreute, wiederkäuende Heerde im hohen saftigen Grase bei des Mittags lastender Schwüle; dann das stämmige Sennenvolk am hochlodernden Feuer in der Almenhütte, nebst Citherklang und Singsang bei älplerischen Tanzfreuden. Gerne führt er den Beschauer auch zum abendlichen Pirschgang durch den Wald, zu Entenfall und Auerhahnfalz. Immer aber war des Malers Herz voll festlicher Freude und jubelte sichtbar der immerschönen Natur entgegen, bisweilen auch voll schalkischen Humors, wenn eigenwillige Geislein dem Hirten Aerger bereiten oder breitgehörnte Widder turniren, und ein graues Langohr mit widerspenstiger Beharrlichkeit seine Hinterlistigkeiten in Scene setzt. Habenschaden’s Zeichnung war streng und correct, seine Farbe schlicht und wahr. Außer altbairischen Culturbildern hegte H. besondere Vorliebe für italienisches Leben, welches er auf wiederholten Reisen studirt hatte. Von da führte er gerne die langgestreckte Campagna vor Augen, mit den blauen Hügelketten und dem ganzen Zauber ihrer Linien und Farbenreize, mit Aquäducten und großgehörnten Büffelheerden. Eine andere, ganz originelle Thätigkeit entfaltete H. als Modelleur. Das sind die köstlichsten Cabinetstücke seiner kleinen Thiergruppen, Katzenfamilien oder jene lauernden Füchslein, kletternde Ziegen, seine Hirsche und Rehe, seine humoristischen Grauohre, Störche, Dachshunde und anderes Gethier, welche voll lebenathmender Wahrheit nach Habenschaden’s Wachsmodell in Gyps- oder Erzguß (erstere noch bei G. Geiler) in die Welt gingen und den Namen ihres Meisters weiter trugen als seine Oelgemälde. Außerdem schuf er köstliche Pokale und anderen Tafelschmuck für Sänger und Jäger, auch entstanden unter seinen leichtformenden Händen allerlei andere, phantastische Gebilde aus naturwüchsigem Wurzelwerk und knorrigen Aesten, welche beinahe im Style jenes wunderlichen Florentiners Piero da Cosimo, als urweltliche Tafelaufsätze, Wandleuchter und Lustres jeden Beschauer mit ihrer neckischen Genialität überraschten. Ein hervorstechender Zug seines seelenguten Gemüthes war, daß H. für edle Zwecke großmüthig keine Opfer an Zeit und Mitteln scheute, während er für sich selbst sparsam und fast knauserig lebte. Der „Künstler-Unterstützungs-Verein“ fand an ihm einen begeisterten Wohlthäter. Zu den fröhlichen Carneval- und Maifesten arbeitete H. immer wochen- und monatelang voraus, wurde nicht müde von seinen Freunden Handzeichnungen, Skizzen, Bilder, Stiche, Holzschnitte und andere Dinge zu sammeln, um eine Lotterie zu etabliren, deren reiner Ertrag jedesmal dieser Anstalt anheimfiel. Diesen Verein setzte H. auch testamentarisch ein zum Erben aller seiner Sammlungen, ebenso seines müheselig und arbeitssam erworbenen, nicht unbedeutenden Vermögens. Er starb 1868 am 7. Mai; dieser Tag wird seither alljährlich von der Künstlerschaft mit einer ehrenden Gedächtnißfeier in dem benachbarten Pullach begangen.
Habenschaden: Sebastian H., Landschaft- und Thiermaler, Radirer und Modelleur, geboren 1813 zu München, lernte erst bei dem Porzellanmaler Chr. Adler, besuchte dann die Akademie, wendete sich aber, nach einem vergeblichen Anlauf zur Historienmalerei, ganz dem Genrefach in Landschaft und Thieren zu, wobei das Studium der Natur und das Beispiel seiner Zeitgenossen