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ADB:Haimhausen, Sigmund Graf von

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Artikel „Haimhausen, Sigmund Ferdinand Graf von und zu“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 388–390, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Haimhausen,_Sigmund_Graf_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 19:08 Uhr UTC)
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Haimhausen: Sigmund Ferdinand Graf von und zu H., Staatsmann, geb. am 28. December 1708 in München. Die jüngere nun gleichfalls erloschene Familie H. führte ursprünglich den Namen „Viechpeck“ (Viepöck). Der Stammesälteste Wolfgang Viechpeck wurde von Karl V. auf die Hofmark Hablspach geadelt und starb als baierischer Kanzler zu Landshut am 25. Sept. 1576. Dessen jüngerer Sohn Theodor (geb. 1545, † am 12. Novbr. 1626) hatte für Reisen, Truppenverköstigung und Kunsterwerbungen im Auftrage des baierischen Herzogs Wilhelm V. große Summen ausgelegt. Ums J. 1594 verlieh ihm dieser die Hofmark Haimhausen im Landgerichte Dachau und am 20. September 1615 Kaiser Mathias, bei dem er in Prag als Gesandter verweilte, das Recht, Namen, Schild und Helm der ausgestorbenen Haimhausen zu führen. Am 11. Juni 1622 wurde er wegen seiner Verdienste „um das Kriegswesen in Behaim und der Pfalz“ Obristzeugmeister, und erkaufte 1625 durch Verwendung des ihm wohlgeneigten Baiernherzogs Maximilian die großen Schirting’schen Güter Kuttenplan, Heiligenkreuz und Neudorf in Böhmen, welche der Kaiser nach der Schlacht am weißen Berge eingezogen hatte. Nun stieg rasch der Glanz der Familie. Theodors Enkel, Franz Albrecht (geb. 1609, gest. am 27. Mai 1687), Kastner und Mauthner in Aybling, wurde am 2. Juni 1671 Reichsfreiherr; dessen Sohn Franz Ferdinand († am 11. Januar 1724) empfing durch Kaiser Leopold am 1. December 1682 die Reichsgrafenwürde. Ferdinands Sohn, Franz Joseph (geb. am 15. September 1692), der Vater Sigmunds, mit Maria Magdalena Freiin v. Rehlin vermählt, bekleidete das Amt eines baierischen Hofraths und Kammerherrn, war mit Kurfürst Max Emanuel nach Frankreich gegangen, † 1715 zu Paris und liegt in St. Cloud begraben. – Sigmund Ferdinand Graf v. H., schon vermöge Geburt, Besitzthum [389] und einflußreicher Familienbeziehungen zu hervorragender Stellung im Staate berufen, erfreute sich eines lebendigen für alles Edle empfänglichen Geistes, eines weiten praktischen Blickes und reicher auf Reisen gesammelter Erfahrungen. Ein freundlich Geschick ebnete ihm bereitwillig die Wege. So vereinten sich Lebensstellung, eigenes Verdienst und äußere Umstände, um dem Grafen H. seine für Baiern hervorragende Bedeutung zu verleihen. Wie erwähnt – am 28. Decbr. 1708 zu München geboren – bezog er nach absolvirter Jesuitenschule seiner Geburtsstadt mit seinem älteren Bruder Karl Ferdinand 1724 die Universität Salzburg. Dort verweilten sie häufig am Hofe des Erzbischofs Grafen Harrach, der adeliche Studirende gerne um sich sah und dieselben in ritterlichen Uebungen unterweisen ließ. Nach zweijährigem Aufenthalte in Salzburg setzten sie die juristischen Studien in Prag fort und gingen im Spätsommer 1728 auf Reisen. Sie besuchten Dresden, Berlin, Lübeck, Hamburg, Amsterdam und blieben ein Semester in Leyden, um J. Jak. Vitrarius zu hören, dessen Vorträge über öffentliches Recht jährlich hunderte von jungen Männern nach Leyden führten. Nach Schluß der Vorlesungen lernten sie den übrigen Theil Hollands kennen, machten einen Abstecher nach London und Umgebung, lebten acht Monate in Paris und trafen im Juli 1730 nach vierjähriger Abwesenheit wieder in der Heimath ein. Am 11. Januar 1724 war ihr Großvater Franz Ferdinand gestorben und hatte seinen jüngeren Enkel Sigmund zum Erben der baierischen und böhmischen Güter ernannt, Karl aber nur mit einem Legate bedacht. Sigmund ließ den Gesammtrücklaß in gleiche Hälften theilen und hochherzig seinen älteren Bruder wählen, der sich für den baierischen Antheil entschied, indeß bald darauf kinderlos als kurfürstlicher Hofrath starb. Ein bei dem böhmischen Gute Kuttenplan gelegenes Kupferbergwerk, die St. Veitzeche, gab H. Gelegenheit, sich mit allem Ernste dem Studium der Bergkunde zu widmen. Er hörte zu Leipzig die metallurgischen Vorträge Dr. Störr’s, durchwanderte das sächsische Erzgebirge, die österreichischen Bergstädte und trat mit den namhaftesten Montanisten in persönlichen oder brieflichen Verkehr. In diese Zeit fällt der Tod Kaiser Karl VI. H. trat bei der Huldigung Böhmens in Prag und bei der Kaiserkrönung Karl Albrechts in Frankfurt zu dem baierischen Kurhause vorübergehend in Beziehung; zu dauernden kam es erst unter Max Joseph III. Dieser trug ihm die oberste Leitung des Münz- und Bergwesens in Baiern an, und ernannte ihn 1751 zum geheimen Rath, Obristmünzmeister und Oberbergwerksdirector des auf Haimhausen’s Verlangen „independenten“ Berg- und Münzcollegiums; dann im Januar 1757 in Anbetracht seiner ersprießlichen Dienste zum „wirklichen“ geheimen Rath und am 10. Juni 1767 zum Präsidenten des gedachten Collegiums. H. benutzte die Wissenschaft zu großen praktischen Zielen, zur Entfaltung der Industrie und des Nationalreichthums. Bedächtig vorwärts schreitend, verbesserte er die Münzeinrichtungen, berief den bekannten Münzmeister Dr. Jaster von Mainz und wies dem durch seine Arbeiten berühmt gewordenen Medailleur Fr. Andreas Schega eine seiner Befähigung entsprechende Thätigkeit zu. Nicht minder schöpferisch ging er im Berg- und Hüttenwesen vor. Unterstützt von dem Geognosten Mathias Flurl, einem Schüler Werners, wußte er die in verrottetem Zustande vorgefundenen Einrichtungen so zu heben, daß sie in vielen Dingen mustergiltig für ganz Deutschland wurden. Auch die Gründung der Porzellanfabrik, welche 1758 in der Vorstadt Au ins Leben trat, seit 1761 aber in einem eigenen Gebäude zu Nymphenburg bei München betrieben wurde, ist Haimhausen’s Werk. Trotz manch widrigen Geschickes, das die Anstalt erfuhr, wuchs sie unter Haimhausen’s Oberleitung und lieferte vorzügliche Erzeugnisse. Das Hauptverdienst Haimhausen’s besteht jedoch in seiner erfolgreichen Theilnahme an der Stiftung der Münchener Akademie der Wissenschaften. Bergrath [390] Dominicus Linbrunn und der ihm geistesverwandte Georg v. Lori trugen sich mit dem Gedanken, in der kurbaierischen Hauptstadt eine gelehrte Gesellschaft zu gründen, welche durch Schrift und Wort für Verbreitung nützlicher Kenntnisse in der Geschichte, Philosophie und Mathematik wirken sollte. Sie theilten den Plan H. mit und dieser erhob dessen Erfüllung zu seiner eigensten und wichtigsten Angelegenheit. Nachdem er einflußreiche Persönlichkeiten, den geheimen Kanzler Freih. v. Kreitmaier, den Kammerpräsidenten Grafen v. Törring u. A. für die Sache gewonnen hatte, trug er sie dem Kurfürsten Max Joseph III. vor. Die beredten Worte fanden geneigtes Gehör und der Kurfürst unterzeichnete trotz Widerrede von Seite der Jesuiten an seinem Geburtstage, dem 28. März 1759, die Stiftungsurkunde der Akademie unter Uebernahme des Protectorates. In der ersten am 21. November 1759 abgehaltenen Versammlung wurde H. zum Präsidenten der Akademie ernannt, trat diese Würde 1761 an Grafen Törring ab, bekleidete sie jedoch wieder von 1771 bis an sein Lebensende unter warmer Antheilnahme an Allem, was das Wohl und Wehe der neuen Anstalt betraf. Noch in späten Jahren unternahm er nach dem Tode seiner Gattin, einer Freiin v. Wolframsdorf, 1770–72 eine längere Reise nach Italien, welche dem kunstliebenden Manne eine Fülle von Anregung und nachhaltigen Genuß bot. Er starb am 16. Januar 1793 im 85. Jahre seines Alters und wurde – der Letzte des männlichen Stammes – bei den Franciscanern in München zu Grabe getragen. Ihn überlebten zwei Töchter, von welchen die ältere, Johanna Marie, mit Grafen Fugger-Zinneberg, dem testamentarischen Erben von Haimhausen, die jüngere, Maria Theresia, mit Franz Freih. v. Perglas verheirathet war. Sein Porträt befindet sich im Sitzungssaale der Akademie; seine Marmorbüste von Brugger in der Ruhmeshalle und der obengenannte Schega hat 1760 auf seinem Gönner eine Medaille geprägt, deren Avers Haimhausen’s Brustbild mit Harnisch und umgeschlagenem Mantel zeigt.

Parnassus boicus Thl. IV. 212–24. Westenrieder, Gesch. der Akademie der Wissenschaften I. 15. 42. II. 588. Derselbe, Beitr. zur vaterländischen Geschichte etc. IV. 426–453. Oberb. Archiv Bd. XIII. S. 152.