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ADB:Halbreiter, Adolf

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Artikel „Halbreiter, Adolf“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 785–786, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Halbreiter,_Adolf&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 06:40 Uhr UTC)
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Halbreiter *): Adolf H., Bildhauer und Ciseleur, geboren am 13. Mai 1839 zu Rosenheim, † am 28. Juni 1898 zu München. Sein Vater war der damals als Arzt thätige Dr. Michael Halbreiter, welcher infolge seines immer veränderungsbedürftigen, unruhigen Wandertriebes ein gut Stück Welt kennen lernte und für seine im Sanitätsfach bei der Belagerung von Sebastopol den Russen geleisteten Dienste die silberne Kriegsmedaille, den Stanislausorden und Titel eines kaiserlich russischen Hofraths erhielt († am 14. März 1881 zu München). Adolf H. lernte zuerst bei seinem Oheim, dem gleichfalls weitgereisten Historienmaler Ulrich Halbreiter (s. A. D. B. X, 403), welcher sich schließlich auch als Silberarbeiter in München angesiedelt hatte. In dieser Werkstätte erfaßte der äußerst strebsame junge Mann den ganzen Umfang der Technik, insbesondere die Perlen- und Edelsteinfassung und die Behandlung des Email. Mit solchen praktischen Vorkenntnissen besuchte er die unter Hermann Dyck (1812–1874) blühende Kunstgewerbeschule und bethätigte sich außerdem als Bildhauer an der Akademie im Wetteifer mit Fritz v. Miller, Anton Heß, Lorenz Gedon u. A. Nach solcher Vorbereitung ging H. nach Paris und arbeitete vier Jahre lang in den besten Ateliers als Ciseleur. Nach seiner Rückkehr gründete H. in München für kunstgewerbliche Metallarbeiten eine eigene Werkstätte, aus welcher die trefflichsten Erzeugnisse: Brochen, Nädelchen, Tafelzier, Pokale aller Art, Lüsterweibchen, im eigentlichen Sinne wahre „Schatzkästchen“ hervorgingen, darunter ein vielbewunderter Brautschmuck (1875) – Alles voll reizender Erfindung, künstlerischer Feinheit im Aufbau und subtilster Ausführung und Durchbildung. Infolge dieser Leistungen erhielt H. 1878 einen Ruf als Professor und Leiter der Modellir- und Ciseleurabtheilung an die Kunstgewerbeschule in Dresden. König Ludwig II. aber wünschte, daß eine so hervorragende Kraft für Baiern erhalten bleibe, ertheilte ihm Titel und Rang eines königlichen Professors und fesselte den Künstler durch eigene Aufträge. Dazu gehörte z. B. der herrliche Tafelaufsatz, welchen König Ludwig II. der Universität Würzburg zur dritten Säcularfeier stiftete (Abbildung in der Zeitschrift des Münchener Kunstgewerbevereins 1886, Taf. 1, 2 und in Pecht’s Geschichte der Münchener Kunst 1888, S. 473). Obwol H. gerne größeres Interesse für den ornamentalen als den figürlichen Theil hegte, so waren hier die in Silber gegossenen Figuren der thronenden Alma Julia nebst den reichbeschwingten weiblichen Repräsentanten der vier Facultäten vortrefflich gearbeitet. Für Riedinger in Augsburg fertigte H. (nach der Zeichnung des Architekten Hauberrisser) in stilvoller, reichster Gothik einen gewaltigen Kronleuchter mit 24 Armen und 120 Flammen (1880). Andere Arbeiten waren ein „Halsgehänge“ (1880), ein schmiedeiserner Lüster (entworfen von Rudolf von Seitz 1881), ein Lüster in Glas für Commerzienrath J. C. Schön in Worms (nach G. Seidl, das Figürliche von Cramer); ein Cocosnußbecher, ein anderer aus einer Muschel; ein Portal im Stile der Frührenaissance als Ehrengabe des Prinzen Ludwig von Baiern zum deutschen Bundesschießen (1881); zwei Pokale als Ehrengeschenk einer Kegelgesellschaft, einmal in Form eines Kegels (nach R. Seitz) und dann in Gestalt einer Kugel (nach F. Barth und L. Gedon); ein Lüsterweibchen mit Hirschgeweih und einem [786] syringenspielenden Meerfräulein (nach L. Herterich); im Auftrage des Kaisers von Oesterreich der Schmuck- und Ordensschrein für Prinz Leopold von Baiern (1882); für den Prinzregent Luitpold die Prachtgruppe mit dem im Jagdhabit neben seinem aufgezäumten Roß vor dem Edelhirsch knieenden S. Hubertus (1883): Lauter Arbeiten von bewunderungswerther Sicherheit, in weichen Formen, die den Meißel und das Material ganz vergessen lassen. Abbildungen davon enthalten die Hefte der „Zeitschrift des Kunstgewerbevereins“ in den genannten Jahrgängen. Ebendaselbst finden sich die Zeichnungen zu silbernen Leuchtern (1883 für Prinz Leopold); die Diplomdecke zur Adresse für den hochverdienten Erzgießer Ferdinand von Miller (1884); ein getriebener Lüsterarm mit Verzierungen von ausgeschliffenem Crystall (1885), ein Kronleuchter für elektrische Glühlichter (1889), ein Tafelaufsatz aus oxydirtem Silber mit Lapislazuli und Crystallglas (1889) und viele andere ganz originelle Schöpfungen, welche das Können des erfindungsreichen Künstlers ehrenvoll in die Welt trugen. Die weitere Ausführung seiner Pläne und Projecte lähmte ein bösartiger, immer weiter greifender Gelenkrheumatismus, welcher nach langen Leiden den Künstler seinem glücklichen Familienleben und seinen zahlreichen Freunden durch einen allzufrühen Tod entriß. Stets neidlos, offenherzig und wahr hatte er keinen Feind.

Vgl. Fr. Pecht, Gesch. der Münchener Kunst 1888, S. 472. – Das geistige Deutschland (1898), S. 264. – Nr. 185 „Allgem. Ztg.“ 7. Juli 1898. – Münchener Kunstvereinsbericht 1898, S. 70. – Bettelheim, Biograph. Jahrbuch 1899, S. 171. – Max Fürst, Biograph. Lexikon für das Gebiet zwischen Inn und Salzach 1901, S. 153.

[785] *) Zu S. 712.