ADB:Hammerschmidt, Andreas

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Hammerschmidt, Andreas“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 488–489, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hammerschmidt,_Andreas&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 02:27 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 10 (1879), S. 488–489 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Andreas Hammerschmidt in der Wikipedia
Andreas Hammerschmidt in Wikidata
GND-Nummer 119309025
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|10|488|489|Hammerschmidt, Andreas|Robert Eitner|ADB:Hammerschmidt, Andreas}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119309025}}    

Hammerschmidt: Andreas H., aus Brüx in Böhmen, war um 1611 geboren und erlernte auf handwerksmäßige Weise beim Cantor Stephan Otto in Schandau (Sachsen) die Musik. Jedoch der trefflichen Begabung des Jünglings that dies keinen Abbruch und aus dem Handwerksgesellen entwickelte sich ein Künstler, der mit den Koryphäen der Musik im 17. Jahrhundert um die Palme rang. Wie beliebt Hammerschmidt’s Compositionen einst waren, erhellt am deutlichsten aus den aus dieser Zeit uns erhaltenen handschriftlichen Musik- Sammelbänden, in denen H. öfter als irgend ein anderer zu finden ist. Im J. 1635 erhielt H. den Organistenposten an der St. Peterskirche in Freiberg (Sachsen) und am 26. April 1639 denjenigen an St. Johann in Zittau, woselbst er am 29. October 1675, 64 Jahr alt, starb. Einzelne drastische Züge aus seinem Leben, welche Dr. A. Tobias mittheilt (s. u.), zeigen uns den urdeutschen Charakter, der seiner biederen Derbheit und Hartköpfigkeit sogar auf offener Straße den gehörigen Nachdruck verleiht. H. war nicht der armselige „deutsche Schlucker“, sondern der wohlhabende und behaglich, sogar künstlerisch eingerichtete Bürger. Das erst im J. 1851 niedergerissene Gartenhaus vor dem Bautzener Thore in Zittau trug über der hinteren Thüre die Inschrift: Anno 1660 baute dieses Haus und Garten von Grund aus neu Andreas Hammerschmidt. Außerdem besaß er in der Stadt selbst noch ein „Bierhofgrundstück“. H. war ein äußerst fruchtbarer Componist. Bildet doch der vierte Theil seiner musikalischen Andachten, geistlicher Motetten und Concerten mit 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12 und mehr Stimmen (Freiberg 1669) einen Partiturband von gegen 800 Folioseiten (im Besitze der Bibliothek des Joachimthal’schen Gymnasiums zu Berlin, Abtheilung Prinzessin Amalien-Bibliothek Nr. 453) und dies ist etwa der zwanzigste Theil dessen, was wir heute noch von ihm besitzen. Die wenigsten seiner Werke sind bisher einer Untersuchung unterzogen, doch genügt das, was durch v. Winterfeld und Andere veröffentlicht worden ist, um die hohe Begabung Hammerschmidt’s zu erkennen und ihm seine Stellung in der Musikgeschichte anzuweisen. Seine Hauptthätigkeit weihte er der Kirche, Weniges nur dem weltlichen Gesange und der Instrumentalmusik. Von ersteren besitzen wir die Fest-, Buß- und Dank-Lieder, die musikalischen Andachten, die Dialogi oder Gespräche zwischen Gott und einer gläubigen Seele, musikalische Gespräche über die Evangelia und einen Band Messen. Schon in vorgerücktem Alter schrieb er noch eine Sammlung sechsstimmiger Fest- und Zeit-Andachten „für das Chor“. Die Herausgabe obiger Werke (in Stimmbüchern gedruckt) fällt in die J. 1639–71. H. hat sich von der damaligen aus Italien kommenden Mode, Cantaten für eine Stimme mit beziffertem Basse zu schreiben, nicht beeinflussen lassen, seine Vorbilder waren die älteren Meister und der um etwa 26 Jahre ältere Heinrich Schütz. Mit einer lebhaften Phantasie begabt, war er stets schlagfertig den richtigen Ausdruck zu finden, und durch eine weise Vertheilung der Mittel zwischen Chor- und Sologesang, unterbrochen durch kurze Instrumentalsätze, erhalten seine Compositionen etwas ungemein Fesselndes und Anregendes. Andererseits [489] verletzt er nie die kirchliche Würde und durch das geschickte Einflechten alter Kirchenmelodien beweist er zugleich seine Gewandtheit als Contrapunktist. Bei der Wahl der Texte fand er an dem in Zittau lebenden Schulrector Christian Klimann[1] einen vortrefflichen Rathgeber, der ihm auch stets mit seinen eigenen Dichtungen aushalf. Hammerschmidt’s Ruf drang bis zum fernen Hamburg und Joh. Rist gewann ihn, einen Theil seiner geistlichen Lieder mit Melodien zu versehen, doch haben sich dieselben keine dauernde Beachtung erworben.

A. Hammerschmidt, v. Dr. A. Tobias, Jahrg. IX, Heft 7 u. 8 der Mittheilungen d. Vereins f. Gesch. der Deutschen in Böhmen. – v. Winterfeld, Evangel. Kirchengesg. Bd. II S. 249 etc.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 489. Z. 4 v. o. l.: Keimann (st. Klimann). [Bd. 13, S. 794]