ADB:Hebenstreit, Pantaleon

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Artikel „Hebenstreit, Pantaleon“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 196–197, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hebenstreit,_Pantaleon&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 15:10 Uhr UTC)
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Hebenstreit: Pantaleon H., besonders bekannt durch das von ihm erfundene Schlaginstrument, „Pantaleon“ genannt, welches er auch selbst spielte, war geboren 1669 zu Eisleben und zeigte eine besondere Begabung für Tanz und Violinspiel, so daß er bereits Ende des 17. Jahrhunderts als Tanzmeister sich in Leipzig sein Brod erwarb. Um diese Zeit (1697) hatte er bereits durch Verbesserung des Hackebretts, eines primitiven Musikinstruments, das Pantaleon oder Pantalon erfunden, wie er es nach seinem eigenen Vornamen nannte, und erwarb sich durch seine Fertigkeit im Spielen desselben, es wurde [197] mit Klöppeln (Hämmern) geschlagen, allgemeine Anerkennung. Nach Joh. Georg Keysler’s Beschreibung (Reisen durch Deutschland), der es in Wien bei einem Schüler Hebenstreit’s gesehen hat, bestand das Instrument aus einem doppelten Resonanzboden und hatte eine Länge von 13½ und eine Breite von 3½ „Spanne“. Die Baßseiten waren übersponnene Darmsaiten und der höheren stählernen Saiten waren im Ganzen 185, deren Unterhalt 100 Thlr. (sic!) kostete. Als H. am kurfürstlichen Hofe in Dresden angestellt war, bezog er sogar für Saitenauslagen jährlich 200 Thlr. – ein theures Instrument! – Der Klang des Pantalon war auf den Darmsaiten sehr „pomphaft“, in der Höhe dagegen zarter, doch war das lange Nachklingen der Saiten ein großer Mangel desselben. H. ließ sich die Instrumente bei dem bekannten Instrumentenmacher Gottfried Silbermann anfertigen. Da aber derselbe sie auch auf eigene Rechnung fabrizirte, verklagte H. den letztern und erhielt vom Kurfürsten am 15. Novbr. 1727 ein Privilegium darauf, daß er das alleinige Recht der Anfertigung derselben besitze. H. erhielt im J. 1706 die Kapellmeisterstelle in Eisenach, woselbst er auch Tanzmeister war, und zugleich sich als Violinspieler auszeichnete. Georg Philipp Telemann, der um 1708 daselbst concertirte, berichtet selbst, daß er mit H. Doppelconcerte öffentlich spielte, H. aber einen so starken Ton auf der Violine erzielte, daß er sich durch ganz besondere Uebungen dazu vorbereiten mußte, um nicht von seinem Partner erdrückt zu werden. H. muß sich auch eine zeitlang in Berlin aufgehalten haben, denn Volumier erzählte dem bekannten Kuhnau, der das Pantalon auch mit Vorliebe spielte, daß H. einst ein Vierteljahr lang bei ihm in Berlin gewesen sei und „Tag und Nacht studirt habe“. Am 11. Mai 1714 wurde H. mit einem Jahresgehalte von 1200 Thlrn., eine für damalige Zeit sehr hohe Summe, als „Kammermusikus in der kurfürstlichen Kapelle in Dresden angestellt und spielte daselbst im Theater und bei Hofconcerten das Pantalon. Im J. 1733 befiel ihn eine Augenschwäche und es trat deswegen sein Schüler, der Hoforganist Richter, an seine Stelle. 1729 hatte H. auch die Direction der protestantischen Hofkirchenmusik und die Oberaufsicht über die Bildung der Kapellknaben übernommen; durch Rescript vom 16. März 1740 ward er geh. Kämmerer und starb am 15. Novbr. 1750, 83 Jahr alt. Das Pantalon überlebte ihn nur wenige Jahrzehnte. Nach dem Hoforganisten Richter trat Christ. Sigm. Binder an dessen Stelle, doch schon 1772 sah Burney die Ueberreste des „famous Pantalon“ in dessen Hause, der darüber klagte, daß der Kurfürst das Instrument nicht beziehen lassen wolle und er selbst dies der großen Kosten halber nicht könne. Der letzte Virtuos auf dem Pantalon war der Kammermusikus Georg Nölli in Mecklenburg-Schwerin, der 1789 starb und noch ein Schüler Hebenstreit’s war. H. war auch der Erfinder eines Glockenspiels aus Porzellan, welches er am 20. Septbr. 1737 zum ersten Male vor dem Hofe spielte. Dasselbe ist jetzt noch vorhanden, aber die Mechanik ist unbrauchbar geworden.

Fürstenau, Zur Geschichte der Musik und des Theaters in Dresden, Bd. II, S. 90 u. ff.