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ADB:Heinrich I. (Graf von Nassau-Dillenburg)

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Artikel „Heinrich, Graf von Nassau-Siegen“ von Ernst Joachim in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 548–549, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_I._(Graf_von_Nassau-Dillenburg)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 19:04 Uhr UTC)
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Heinrich, Graf von Nassau-Siegen, ältester Sohn des Grafen Otto von Nassau, des bekannten Gründers des nach ihm benannten Ottonischen Stammes des Hauses Nassau und der Agnes von Leiningen, geboren wahrscheinlich im 6. Decennium des 13. Jahrhunderts, da er schon um 1281 als erwachsen vorkommt. Nach des Vaters Tode (1290) führte er mit seiner Mutter und seinen drei Brüdern Emich, Otto (geistlichen Standes, † 3. Septbr. 1302) und Johann gemeinsam die Herrschaft über die väterlichen Lande, welche bald eine Vergrößerung erfuhren. Die Zeit dieser gemeinschaftlichen Regierung fällt gerade in die Periode des Kaiserthums des Adolf von Nassau aus dem Walramischen Stamme. Wir dürfen uns deshalb nicht wundern, Heinrichs Geschichte mit derjenigen seines Stammesvetters mehrfach verknüpft zu sehen. Adolf belehnte 1298 seine Ottonischen Verwandten mit 1000 Mark unter Verpfändung reicher Bergwerksdistrikte, nachdem speciell unser H. schon ein Jahr vorher von ihm, den er 1294 und 1295 nach Thüringen begleitet hatte, auf einem neuen Zuge dahin 1297, als der König nach dem Rhein eilen mußte, zum kaiserlichen Statthalter und Landrichter in der Markgrafschaft Meißen und dem Pleißner Lande ernannt worden war. H. war übrigens auch vor Adolfs Kaiserwahl dessen Kriegskamerad gewesen und hatte mit diesem zugleich das Unglück gehabt, in der Schlacht bei Woringen (1282) als Helfer des Grafen Rainald von Geldern in die Gefangenschaft des Herzogs Johann von Brabant zu gerathen. Während der Regierungsperiode Adolfs verlautet dann noch von der Theilnahme Heinrichs an dem Feldzuge des Grafen Guido von Flandern gegen Philipp den Schönen von Frankreich. Auch erscheint H. im Gefolge Adolfs bei den letzten unglücklichen Ereignissen, welche mit dessen Ende ihren Abschluß fanden. Nach der Mutter Tode theilten die drei Brüder Heinrich, Emich und Johann die bisher in Gemeinschaft besessenen Lande (1303), wobei H. Ginsberg, die nassauische Hälfte von Siegen (die andere Hälfte besaß das Erzbisthum Köln), Haiger, den Westerwald und mehrfache Gerechtsame erhielt, während er zugleich mit den Brüdern Condominialherr über Nassau, den Einrichgau etc. blieb. So treu auch H. zu seinem Stammesvetter König Adolf gegen dessen Widersacher Albrecht von Oesterreich gehalten – nach dessen Untergange finden wir ihn bald genug auf des Habsburgers Seite. Schon 1301 nahm Albrecht ihn und seine Brüder zu seinen und des Reiches Helfern gegen eine Belohnung von 1000 Mark auf, an welcher Summe ein Theil den Grafen auf Craft von Greifenstein angewiesen wurde, in welchem Act späterhin erhobene Ansprüche der Nassauer auf die Herrschaft Greifenstein wurzeln. H. blieb fort und fort dem Hause Habsburg treu. Wir begegnen ihm später auf der Seite Friedrichs des Schönen wider Ludwig von Baiern, stets im Einvernehmen mit seinen Brüdern, wofür ihm und diesen mehrfache Zuwendungen erwuchsen, wobei es sich u. A. wiederum um Greifenstein handelte, wohingegen König Ludwig den Grafen Gottfried von Sayn – eine Gegenmine – mit dieser Herrschaft belehnte. Erwähnt sei auch H.’s Verwickelung in die Fehde des Erzbischofs Wigbold von Köln gegen die Grafen von der Mark. Unterdeß aber hat H. niemals vergessen, [549] seiner engeren Heimath, seinem Territorium die nöthige Sorgfalt zu widmen und namentlich für Befestigung und Vergrößerung seiner Herrschaft thätig zu sein. Er gerieth dabei in mancherlei Verwickelungen, z. B. mit den Ganerben von Dernbach und durch diese mit Hessen. Als hessischer Lehensmann erscheint H. wegen Herborn und der sog. Herber Mark, wie er auch Lehen von Köln, Worms und der Pfalz trug. Diese Besitzungen vergrößerte H. auch durch Kauf. Stattlich sind besonders seine Erwerbungen von der Familie von Molsberg, welche in den Gerichten Haiger und Ebersbach und der Landesherrlichkeit über den Grund Sel- und Burbach bestanden. Gewann H. auf diese Weise durch eigene Tüchtigkeit und Umsicht zu seinem Ererbten noch großen Besitz, so begünstigte ihn auf der anderen Seite auch darin das Geschick, welches den jüngsten Bruder Johann noch lange vor dessen Tode bestimmte (1306), H. die Nachfolge in seinen Landen derart zu sichern, daß er diesem die ihm in der Brudertheilung zugefallenen Besitzungen, Dillenburg, Herborn und den Calenberger Cent, zu Lehen auftrug. Als dann (1328) Johann bei seinem Tode diese Landestheile hinterließ, zeigte sich der zweite Bruder Emich nicht weniger großmüthig, da auch er auf seine Ansprüche Verzicht leistete. Am Ende seiner Laufbahn, hochbetagt, gerieth H. noch in einen unangenehmen Zwist mit Reinhard von Westerburg über die Gerechtsame auf dem Westerwalde, aus welchem er siegreich hervorging. Dann überließ er die Herrschaft theilweise seinem älteren Sohne Otto. Zuletzt erscheint er im Sommer 1343 thätig bei einem Vergleiche mit Erzbischof Walram von Köln über die Gemeinschaft an Siegen. Bald darauf verliert sich seine Spur und er muß um jene Zeit aus dem Leben geschieden sein. Er hinterließ eine ansehnliche Herrschaft, welche dann an seine beiden Söhne Otto und Heinrich, die ihm seine Gemahlin Adelheid von Heinsberg geboren, getheilt wurde, wodurch die sog. ältere Dillenburger und die beilsteinsche Linie des ottonischen Stammes des Hauses Nassau entstanden.

C. H. v. Rauschard, Nassauische Geschlechtstafel des Otton. Stammes, 1789, Manusc. J. Arnoldi, Gesch. der Oran.-Nass. Länder, Hadamar 1799 ff. Schliephake, Gesch. von Nassau.