Zum Inhalt springen

ADB:Hensel, Johann Gottlieb

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Hensel, Johann Gottlieb“ von Joseph Kürschner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 787–789, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hensel,_Johann_Gottlieb&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 07:10 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Henriette
Band 11 (1880), S. 787–789 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Juli 2010, suchen)
Johann Gottlieb Hensel in Wikidata
GND-Nummer 135906679
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|11|787|789|Hensel, Johann Gottlieb|Joseph Kürschner|ADB:Hensel, Johann Gottlieb}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=135906679}}    

Hensel: Johann Gottlieb H., Schauspieler aus der Schönemann’schen Schule, geb. 1728 zu Hubertusburg, † 1787 zu Freiburg i. B. Dieser für komische Alte und Bedientenrollen ganz vortreffliche Schauspieler, der namentlich in Lessing’schen und Weiße’schen Stücken seine Stärke zeigte und u. A. vielleicht den besten Just geliefert hat, der jemals auf der deutschen Bühne erschienen ist, war nach Aufgabe einer kleinen Bedienung 1754 in einer kleinen Stadt der Oberlausitz bei der Kirsch’schen Truppe eingetreten. 1755 im Decbr. kam er zu Schuch, zwei Jahre später zu Ackermann, 1758 zu Kirchhoff, das folgende Jahr zu [788] Josephi (eigentl. Jos. Nörbs) und als Lepper 1762 dessen Truppe übernahm zu diesem. 1764 finden wir ihn wieder in Hamburg bei Ackermann und 1767 als Mitglied jener bekannten Seyler’schen Entreprise, deren Andenken durch Lessings Dramaturgie ein unvergeßliches ist. H. genoß dabei die Auszeichnung von dem Hamburger Dramaturgen im 18. Stück der Dramaturgie als vorzüglicher Vertreter der Bedientenrollen genannt zu werden. Zu Ende des Jahres 1767 nahm H. ein Engagement bei Döbbelin an, von dem er 1769 zu Seyler und schließlich zur Voltolinischen Gesellschaft ging, bei der er starb. Seltsam genug wurde er, der Protestant und Komödiant in feierlichster Weise beerdigt. Nicht nur daß alle Glocken läuteten, auch die katholische Geistlichkeit, die Akademiker und Schauspieler begleiteten den Sarg zum allgemeinen Friedhof. Weit bedeutender als durch H. und noch weit inniger mit der Geschichte des Theaters verknüpft ist der Name H. durch Hensels Gattin:

Sophie Friederike H., geb. Sparmann, spätere Seyler, eine der vorzüglichsten deutschen Schauspielerinnen, die, geb. 1738 zu Dresden, 22. Novbr. 1789 zu Schleswig starb. Die Tochter eines Generalstabsmedicus verlebte sie eine trübe Jugend. Die unglückliche Ehe ihrer Eltern wurde getrennt, die Mutter ging in ein Stift und Friederike kam im 12. Jahre zu einem Oheim, der sie so wenig gut behandelte, daß sie zu einer Verwandten floh, die aber schon 1743 das Zeitliche segnete. In der Furcht vor einer Heirath, zu der sie ihr Onkel nun zwingen wollte, ging sie zur Bühne, auf der sie später so Vorzügliches leistete. Bei der Kirsch’schen Truppe machte sie im Jahre 1754 ihren ersten theatralischen Versuch und heirathete im s. J. Hensel. Rastlos strebend gelang es ihr schon bei Schuch in großen Rollen Beifall zu erringen. Nicht so glücklich scheint sie in ihrem ehelichen Leben gewesen zu sein, denn bereits 1759 lebte sie von ihrem Mann, den sie bisher begleitet hatte, getrennt. 1763 drei Monate lang in Wien engagirt, wo ihr der für das höhere Schauspiel noch unentwickelte Geschmack nicht zusagen konnte, gedachte sie sich aus Rücksicht auf ihre Gesundheit ganz von der Bühne zurückzuziehen und begab sich nach Frankfurt a. M. Die Ruhe war jedoch von nur kurzer Dauer, denn vom Herzog berufen, begab sie sich im Febr. 1764 nach Hildburghausen, ging wegen der schlechten Beschaffenheit der dasigen Bühne auch von hier im Septbr. wieder ab, abermals nach Wien und im Octbr. 1765 zu Ackermann zurück. Ihre hervorragende Antheilnahme an dem Hamburger Nationaltheater ist aus Lessings Dramaturgie bekannt. In vielen Stücken rühmt er ihre richtige Deklamation, die Leichtigkeit und Präcision mit der sie Verse zu sagen wußte, ihre glückliches Empfindung und sehr richtige Beurtheilung; im 13. bewundert er die Feinheit, mit der sie als Miß Sara Sampson stirbt und im 20. endlich steht die berühmte Stelle von ihr: Kein Wort fällt aus ihrem Munde auf die Erde. Was sie sagt, hat sie nicht gelernt, es kommt aus ihrem eigenen Kopfe, aus ihrem eignen Herzen. Sie mag sprechen, oder sie mag nicht sprechen, ihr Spiel geht ununterbrochen fort. Wie sie das erste weibliche Mitglied dieses ersten deutschen Nationaltheaters war, so war sie es auch gewesen, die einen Hauptanstoß zu seiner Begründung gegeben hatte, indem sie der von Seyler gefaßten Idee mit durch ihr Zureden zur Verwirklichung nachhalf. Auch nachdem das Unternehmen einen traurigen Schiffbruch erlitten hatte, blieb Seylers Interesse für sie das alte und nachdem sie noch von 1771 bis 1772 in Wien gespielt, auch eine Filetschule daselbst errichtet hatte, heirathete sie nach völliger Trennung von H. Abel Seyler (s. d.), den sie hinfort begleitete. Von 1785 bis Juli 1787 unter Schröders Direktion in Hamburg thätig, ging sie dann nach Schleswig zu dem von ihrem Mann übernommenen Hoftheater und starb daselbst. Von unbegrenzter Rollensucht erfüllt, nahm die H. gewöhnlich die besten Partien, so verschieden sie auch sein mochten, an sich und sie verstand in der That aus jeder etwas zu [789] machen, obgleich ihre eigentliche Stärke in leidenschaftlichen und majestätischen Charakteren des Trauerspiels lag. Eine Klytaemnestra, Königin in Richard und Hamlet, Sophronia, später Merope, Medea, zuletzt Mutter Ruhberg (Verbrechen aus Ehrsucht), Marie (Günstling) etc. gab sie vorzüglich. Auch hat sie sich litterarisch versucht und den letzten Theil von Miß Sidney Bidulph unter dem Titel: „Die Familie auf dem Lande“ (1770) dramatisirt (1772 umgearbeitet und betitelt: „Die Entführung“), und 1789 ein romantisches Singspiel: „Hüon und Amande“ veröffentlicht, das 1792 nochmals in einer neuen Ausgabe und mit dem Titel: „Oberon der König der Elfen“ erschien. Ihr Portrait als Merope findet man im Gothaischen Theaterkalender auf 1776. Abweichend von Lessings und Anderer Urtheil über die H. ist dasjenige Schröders, der sie für sanfte Rollen geeignet findet und ihre Zittertöne tadelt.

S. dazu Meyer, Leben Schröders I. 142 f. u. 183; auch Schmidt’s Denkwürdigkeiten I. 199.