ADB:Hofmann, Caspar (2. Artikel)
[WS 1], Abt von Melk, aus einem angesehenen fränkischen Geschlechte zu Ochsenfurt am Main geboren, seit dem 2. November 1571 Profeß, schon 1575 Prior zu Melk, brachte einige Zeit im österreichischen Stifte Maria-Zell zu, dessen kränkelnder Abt Jacob I. die ihn drückende Inful diesem von ihm selbst der Regierung vorgeschlagenen Gaste überließ (1578), mit welchem für das sehr herabgekommene Kloster eine bessere Zukunft anbrach. 1587 wurde H. durch freie Wahl der Capitularen Abt von Melk, die päpstliche Bestätigung erfolgte aber erst am 11. September 1590. Nichtsdestoweniger wurde H. später zufolge eines von dem Erzherzog Statthalter Ernst an den Prälatenstand erlassenen Befehls erst noch zur Beweisführung verhalten, daß die Besetzung der Prälatur zu Melk ohne Zuthun des Landesfürsten oder irgend einer anderen geistlichen oder weltlichen Autorität vermittelst freier Wahl zu geschehen habe, [627] die Bestätigung aber dem Papste zustehe, was den vorsichtigen Abt bewog, sich (1612) durch Papst Paul V. die Bestätigung aller von Päpsten und Landesfürsten ertheilten Privilegien des Klosters zu erwirken. Schon 1587 nahm er als ständischer Stadtrath (Rechnungsrath) an den öffentlichen Geschäften Theil. 1588 befand er sich unter jenen Commissären, welche Klesl als Bisthumsverweser von Neustadt feierlich installirten. Im Februar des nächsten Jahres visitirte er im Auftrage des Erzherzogs Ernst das Kloster Baumgartenberg. Zu sehr großem Einflusse auf die geistlichen Angelegenheiten gelangte er indeß dadurch, daß ihn der Kaiser (1589) zum Präsidenten des Klosterrathes ernannte. Diese Stellung trug nicht wenig dazu bei, daß Melk unter ihm als eine Pflanzschule von Aebten, als „das Prälatenhaus“ angesehen wurde. Wir treffen zu jener Zeit Melker Conventualen als Vorsteher der Klöster Maria-Zell, Pulgarn, Altenburg, Seitenstetten, Garsten und des Schottenstiftes zu Wien. H. selbst mußte 1597 die Verwaltung von Seisenstein und des Frauenklosters zu Ips übernehmen. Da H. selbst als Präsident des Klosterrathes meistens in Wien oder auf Geschäftsreisen weilte, übertrug er die Einführung einer strengeren Lebensordnung in Melk zweien aus Tegernsee berufenen Benedictinern, was freilich zu großer Unzufriedenheit den Anlaß gab. Auch sonst hatte das Kloster Melk während seiner Leitung manch harte Prüfungen zu bestehen. Der Bauernaufstand, der 1594 im Lande ob der Enns ausbrach, breitete sich auch über die Viertel ober dem Manhardsberge und ober dem Wiener Walde aus. Ein großer Theil der Unterthanen des Stiftes Melk schloß sich freiwillig oder gezwungen den Rebellen an. Die lutherisch gesinnte Bürgerschaft des Marktes Melk verrieth große Neigung gemeinsame Sache mit den Bauern zu machen. Das Stift selbst war ohne Besatzung und vor Verrath nicht sicher. Die Umgegend sowie die Donaupässe befanden sich in den Händen der Aufrührer, welche das Schloß Persenbeug besetzt hielten, die Stadt Ips ihrem Bündnisse beizutreten nöthigten, den Strom bei Pechlarn mittelst einer ungeheuren Kette sperrten und mit dem Vorhaben umgingen, sich des Klosters zu bemächtigen. Abt H. war neben Reichard, Freiherrn v. Streun und Hans Wilhelm von Losenstein von der niederösterreichischen Regierung als landesfürstlicher „Principalcommissär“ beauftragt, mit den Rebellen zu unterhandeln. Und so groß war das persönliche Ansehen des Abtes selbst bei den Rebellen, daß, als diese endlich von der Bürgerschaft von Melk eingelassen wurden, sie seinen Befehl, nur mit eingerollten Fahnen, gesenkten Wehren und ohne allen Unfug durch den Markt zu ziehen, genau befolgten, sogar ihr Oberst sein Feldzeichen und die Feder vom Hute nahm, seine Schaaren in guter Ordnung ihren Weg durch den Ort nahmen, den Wein, den ihnen der Prälat, um allen Uebermuth von seinen Unterthanen abzuwenden, auf das Feld hinausführen ließ, mit Danksagung genossen und die Nacht wieder ihr Lager bezogen. Obgleich in derselben Nacht endlich die sehnlich erwartete Besatzung eintraf, bestand die Gefahr dennoch wochenlang fort. Verhandlungen mit den Bauern zu Melk und Schallaburg zerschlugen sich, weil die Rebellen auf dem Abzuge der kaiserlichen Truppen aus den aufrührerischen Gegenden bestanden, ihrerseits aber die ihnen gestellten Bedingungen nicht erfüllen wollten. Erst nachdem die Bauernschaaren, welche St. Pölten belagerten, von den kaiserlichen Truppen auf dem Steinfelde aufgerieben worden waren, leisteten auch die Unterthanen des Stiftes Melk von neuem Gehorsam. Die Gewandtheit, Festigkeit und Klugheit, welche H. bei dieser Gelegenheit bewiesen hatte, hatten zur Folge, daß er auch bei dem im Sommer 1601 im Salzkammergute wegen der Wiedereinführung der katholischen Religion entstandenen und erst zu Ende des Februar 1602 gewaltsam unterdrückten Aufstande im genannten und in den folgenden Monaten sich unter den kaiserlichen Commissären befand, welche zur Untersuchung und Dämpfung der Unruhen abgeschickt wurden. [628] 1608 treffen wir H. als einen der Vertreter des österreichischen Prälatenstandes in jenem ständischen Ausschusse, der dem von Erzherzog Mathias ausgeschriebenen Preßburger Reichstage beiwohnte. Auch an den Verhandlungen in Böhmen zwischen dem Kaiser und Mathias soll H. als Abgeordneter der österreichischen Stände in vermittelndem Sinne theilgenommen haben (1608). – Dem Abte H. gelang, was sein Vorgänger Urban und er selbst bisher fruchtlos versucht: die Zurückführung des Marktes Melk zum Katholicismus, indem er um 1608 den öfter erneuerten landesfürstlichen Befehlen Folge leistend, den akatholischen Bewohnern von Melk nur zwischen dem Rücktritte zur alten Kirche und der Abstiftung und Auswanderung die Wahl ließ. Er selbst erlebte noch die gänzliche Umwandlung in den Gesinnungen der Bürgerschaft, welche während des Jahres 1619 deutlich zu Tage trat. H. nämlich, welcher die vorzüglichste Ursache des Verfalles der Klosterzucht und der Ordenspriester in der Vereinzelung der Benedictiner-Stifte und in der gänzlichen Unabhängigkeit ihrer Vorsteher von einander gefunden zu haben glaubte, ergriff mit großem Eifer die Idee, eine Congregation der österreichischen Benedictiner zu bewirken, und berief in dieser Absicht eine Versammlung mehrerer Aebte, welche im October 1618 im Stifte Melk stattfand. Obgleich indessen der Plan scheiterte, da die versammelten Aebte nur geringes Interesse für denselben hegten, so erweckte doch die zu Melk stattgefundene Versammlung den Verdacht der protestantischen Stände, welche meinten, daß auf derselben über gegen sie zu ergreifende Maßregeln verhandelt worden sei. Besonders der Stiftsnachbar Herr Ludwig von Starhemberg auf Bielach, Albrechtsberg, Sitzenthal und Wolfstein soll seine Glaubensgenossen in diesem Argwohn bestärkt und zu einem Angriffe auf die Landesfestung Melk ermuntert haben. Thatsache ist, daß, nachdem Graf Thurn bei seinem Einfall in Oesterreich 1618 und 1619 vergeblich gegen Melk vorzudringen gesucht, der General-Landesoberst ob der Enns, Gotthard von Starhemberg, Ludwigs Bruder (Novbr. 1619), mit ständischem Kriegsvolk vor Melk erschien und die Abschaffung der kaiserlichen und Aufnahme einer ständischen Besatzung in Markt und Kloster forderte und da diese Zumuthung zurückgewiesen wurde, den Markt belagerte. Nur mit Mühe gelang es der aufopfernden Treue eines muthvollen Melkener Bürgers den in Wien weilenden Abt H. von dem gefahrvollen Zustande des Klosters und Marktes in Kenntniß zu setzen. Auf Bitten des Abtes beauftragte der Kaiser den Grafen Bucquoy, Melk eiligst zu entsetzen. In der That bewog außer dem tapferen Widerstand der schwachen Besatzung die Kunde von Bucquoy’s Annäherung, die Feinde nach fünfwöchentlicher Belagerung von den Mauern Melk’s abzuziehen. H. erlebte noch die Wendung des großen Krieges durch die Schlacht am weißen Berge und hatte die Genugthuung, daß sein Widersacher Ludwig von Starhemberg, der sich nunmehr unter den in die Acht Verfallenen befand, seiner Güter verlustig erklärt wurde. Von letzteren gelangte damals die Herrschaft Bielach durch Kauf an das Stift Melk. H. starb zu Wien am 2. März 1623.
Hofmann: Caspar H.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Über diese Person existiert in Band 4 ein weiterer Artikel.