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ADB:Hofmeister, Sebastian

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Artikel „Hofmeister, Sebastian“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 643–644, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hofmeister,_Sebastian&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 01:47 Uhr UTC)
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Hofmeister: Sebastian H., evangelischer Theolog, nach dem Brauche seiner Zeit auch Oeconomus, im gewöhnlichen Leben „Doctor Bastian, Baschion oder Baschi“ genannt, geb. 1476 in Schaffhausen, † am 26. Septbr. 1533 in Zofingen. – Der Sohn eines Wagners, erscheint er als Mönch im Barfüßerkloster seiner Vaterstadt. Als solcher studirte er fünf Jahre in Paris und erwarb sich eine gründliche Bildung, besonders im Hebräischen und in den klassischen Sprachen. Mit dem Titel eines Doctors der hl. Schrift kehrte er 1520 in die Heimath zurück und erhielt noch im gleichen Jahre die Stelle eines Lesemeisters (Lehrer der Theologie) bei seinen Ordensbrüdern in Zürich. Hier schloß er sich eng an Zwingli an, mit dem er auch in der Folge freundschaftlich verbunden blieb. Noch in demselben Jahre, wiederum als Lesemeister, nach Constanz und 1523 nach Luzern versetzt, begann er an letzterem Orte bereits die scholastische Predigtweise aufzugeben, einfach biblische Vorträge zu halten und die Ceremonien der Kirche anzugreifen. Dies zog ihm eine Anklage beim Bischof von Constanz zu, in Folge deren er Luzern verlassen mußte. Er kehrte in sein heimathliches Kloster zurück und trat nun mit Entschiedenheit gegen die kirchlichen Mißbräuche auf, namentlich seit er öffentliche Lehrvorträge an der Hauptkirche zu St. Johann zu halten hatte. Trotz des Beifalls, den er beim Volke fand, waren doch die Regierung, der Adel und ein großer Theil der Geistlichkeit seinen Neuerungen abgeneigt und vereinigten sich, denselben Einhalt zu thun. Da man Hofmeister’s Einfluß nicht mit scharfen Maßregeln zu brechen wagte, so berief man einen gewandten Vertheidiger des alten Glaubens in der Person des Dr. Erasmus Ritter aus Baiern. Um seinen Gegner mit gleichen Waffen bekämpfen zu können, studirte dieser eifrig die Bibel, wurde aber unvermerkt von der Wahrheit der bis jetzt bestrittenen Lehre überzeugt und schloß sich bald offen an die Freunde des Evangeliums an. Gleichwol gelang es 1525 den Anhängern des alten Glaubens, den verhaßten H. zu verdrängen. Er sollte von der Universität Basel eine schriftliche Rechtfertigung seiner Lehre einholen, und als während seiner Abwesenheit ein Tumult in Schaffhausen ausbrach, benutzte man diesen Anlaß und verwies ihn des Landes. Er begab sich nach Zürich, wo er sogleich als Pfarrer am Frauenmünster angestellt wurde. Zu Anfang Januar 1528 reiste er mit Zwingli zur Disputation nach Bern, blieb dann dort zurück und übernahm noch vor Ostern die Professur der hebräischen Sprache und der Katechetik an der neugegründeten theologischen Lehranstalt. Aber schon am 6. Mai 1528 (nicht 1530) sandte ihn die Berner Regierung als Pfarrer nach Zofingen, damit er hier den schwankenden religiösen Verhältnissen ein Ende mache und der neuen Lehre zum Siege verhelfe. Er unterzog sich dieser Aufgabe voll Eifer und mit dem glücklichsten Erfolge, namentlich seit er (1531) in Georg Stähelin (s. d.) einen trefflichen Amtsgenossen erhalten hatte. Als er den 24. Sept. 1533 auf der Kanzel stand, traf ihn ein Schlagfluß, an dessen Folgen er zwei Tage später aus dem Leben schied. – H. war nach einer Aeußerung Zwingli’s von feuriger Gemüthsart; er besaß großen Scharfsinn, gründliche Gelehrsamkeit und außerordentliche Gewandtheit im Dissputiren. Der letzteren Eigenschaft hatte er es vornehmlich zu danken, daß er zu einer ganzen Reihe von Religionsgesprächen zugezogen wurde. Er nahm Theil an der ersten Zürcher Disputation (Zwingli gegen Joh. Faber) den 29. Januar 1523, an der zweiten vom 26. bis 28. October des gleichen Jahres und zwar als einer der vier Präsidenten, an dem Zürcher Gespräche mit den Wiedertäufern – gleichfalls als Präsident – vom 6–8. Novbr. 1525, am Religionsgespräche zu Jlanz in Graubünden den [644] 13. Januar 1526, ferner, wie schon erwähnt, an demjenigen in Bern (6. bis 26. Januar 1528), ebenda an einem solchen mit den Wiedertäufern (19. April 1531) und endlich an einem gleichen in Zofingen (1.–9. Juli 1532). Auch einer Disputation in Appenzell sollte er 1524 beiwohnen; doch kam dieselbe nicht zur Ausführung, weil sie schon im Beginne von der katholischen Partei vereitelt wurde. – H. ist auch als Schriftsteller aufgetreten. Als solcher zeigt er eine nicht gewöhnliche Belesenheit in der hl. Schrift und eine Gewandtheit im Gebrauche der deutschen Sprache, wie sie wenigen seiner theologischen Zeitgenossen eigen war. Es sind von ihm übrig: „Ein treüwe ermanung an die Strengen, Edlen, Festen, Frommen vnd weißen Eidgnossen, das sy nit durch ire falsche propheten verfürt, sich wider die lere Christi setzend“, 4° (erschienen 1523 in zwei Ausgaben, die eine bei A. Petri in Basel, die andere o. O. u. J. Da der Verfasser sich nicht genannt hat, so wurde diese Schrift früher Zwingli zugeschrieben). –- „Antwurt vff die ableinung doctor Eckens von Ingoldstatt, gethan vff die widergeschrifft Huldrychs Zuinglis, vff sin Missiuen an ein lobliche Eydgnoschafft“, 4°. (Ort und Jahr sind nicht genannt. Einige setzen die „Antwurt“ in das Jahr 1526; doch wurde sie ohne Zweifel Ende 1524 gedruckt.) – „Acta vnd handlung des Gesprächs, so von allen Priesteren der Tryen Pündten im M.D.XXVI. jar, vff Mentag vu Zynstag[1] nach der heyligen III. Künigen tag zu Inlantz im Grawen Pundt … geschehen“, 4°. O. O. u. J. (Zürich, Chr. Froschower, 1526). Außerdem sind von H. noch vier lateinische Briefe an Zwingli vorhanden. In Zofingen arbeitete er an einem Commentar über den Propheten Jesaias und an seiner eigenen Lebensbeschreibung. Beide Schriften sind verloren gegangen. – Fälschlich wurde H. früher auch „Wagner“ genannt. Erst in neuester Zeit ist dieser Irrthum beseitigt worden. Der Beruf seines Vaters hat dazu Anlaß gegeben.

Hauptquelle ist Melch. Kirchhofer, Sebastian Wagner, genannt Hofmeister, Zürich 1808. Außerdem vgl. C. M(ägis), Die Schaffhauser Schriftsteller von der Reformation bis zur Gegenwart, Schaffhausen 1869, S. 22–23, wo auch die älteren Quellen angegeben sind; K. R. Hagenbach in Herzog’s Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, VI. Bd., Stuttgart u. Hamburg 1856, S. 197, und C. Brunner, Das alte Zofingen und sein Chorherrenstift, Aarau 1877, S. 58–59.[2] – Ueber die drei oben genannten Schriften Hofmeister’s vgl. außer Kirchhofer und Mägis: C. Weller, Repertorium typographicum Nördlingen 1864, Nr. 2455, 2456, 8816, 3817 und A. Kuczynski, Thesaurus libellor. historiam reformationis illustrantium, Leipzig 1870, Nr. 1042 bis 1045. – Die vier Briefe an Zwingli sind abgedruckt in Huldr. Zuinglii opera, curantib. Melch. Schulero et Jo. Schulthessio, Vol. VII, Turici 1830 p. 146–147, 289–290 und Vol. VIII, ibid. 1842 p. 166–168, 348–349. – Ueber seinen Todestag, als welchen E. v. Haller, Bibliothek der Schweizer-Geschichte, 2. Thl., Bern 1785, Nr. 1570 und nach ihm Mägis a. a. O unrichtig den 26. Juni angeben, sehe man des obengenannten Georg Stähelin Selbstbiographie in den Miscellana Tigurina (hrsg. von J. J. Ulrich), 2. Thl., Zürich 1723, S. 690.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 644. Z. 19 v. o. l.: Mentag vnn Z.). [Bd. 13, S. 794]
  2. S. 644. Z. 20 v. u.: Ueber Seb. Hofmeister ist seither noch gehandelt worden von Riggenbach in Herzog’s Realencyl., 2. Aufl., Bd. VI (1880), S. 235 f., wo noch an dem unrichtigen Namen Wagner (Carpentarius) festgehalten wird, und von A. Schumann in der Argovia Bd. XII (Aarau 1881) S. 54 u. 62. [Bd. 15, S. 795]