ADB:Imhoff, Andreas

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Artikel „Imhoff, Andreas“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 37–42, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Imhoff,_Andreas&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 01:36 Uhr UTC)
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Imhof: Andreas I. Die Geschichte derer von Imhof (auch Imhoff, früher Im Hoff, italienisch de oder in Curia) reicht weit zurück bis ins 13. Jahrhundert und gehört zugleich wegen der anziehenden Persönlichkeiten, welche darin auftreten, zu den farbenreichsten des im deutschen Städteleben so bedeutsamen Patriziates. Die von Kneschke (Adelslexikon Bd. IV S. 572) angenommene Abstammung der Familie aus den Bündner Landen ist urkundlich nicht nachweisbar, vielmehr wird deren Stammsitz in Oberschwaben und zwar in dem früher reichsfreien Städtchen Lauingen a. d. D. zu suchen sein. Dort war im J. 1277 Sigmund I. Bürgermeister und ein gleichzeitiger Rudolph I. nach den städtischen Rollen mit der erheblichen Steuer von 142 Pfund Hellern angelegt; sie waren auf dem muthmaßlich nach den Imhof’s benannten „Hofmarkt“ behaust, hatten in der Umgebung hübsche Liegenschaften und übten das Patronatsrecht über einige benachbarte Kirchen. – Nach neueren Forschungen beginnt das ununterbrochene Geschlechtsregister (laut Stiftungsbrief für das Lauinger Spital) mit Heinrich, der zu Anfang des 14. Jahrhunderts nebst seinem Ehegemahl Haylwig – aus dem Geschlechte der Sürg oder Güssen – auf dem alten Stammhause in den Donau-Auen bei Lauingen saß. Aus der Ehe seines Sohnes Johannes (Hans) mit Anna der Gundelfingerin ging Hans II. hervor. Als Lauingen unter Herzog Ludwig an Baiern kam, verließen mehrere Patrizier, die Pirkhaimer, Scheurl, Oelhafen und Andere die Stadt; auch Hans (II.) I., unter dem die erste Theilung in der Familie stattfand. Er verzog sich nach Nürnberg; durch seine Ehehälfte Lucia mit den angesehenen Groß verschwägert, wurde er in die rathsfähigen Geschlechter und als Bürger aufgenommen. Von dessen Urenkeln sind drei: Peter, Hans und Ludwig die Ahnherren der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gegründeten ursprünglichen drei Hauptstämme: des schwäbischen, des fränkischen und des italienischen. Da die Imhof’schen Ehen nicht selten mit vielen Kindern gesegnet waren, so hat sich die Familie im Laufe der Jahrhunderte nicht blos in Schwaben und Franken ausgebreitet, sondern auch in Baiern und Oesterreich, in Sachsen und Braunschweig sowie in Hannover niedergelassen, und wird es wenige deutsche Familien geben, welche an reicher Verzweigung und Versippung die Imhof’s übertreffen. Im 17. und 18. Jahrhundert erwarben einige Linien die Freiherrnwürde. Das erste Diplom ertheilte Kaiser Leopold I. am 14. Juni 1655 dem Johannes Baptista v. I. von Untermeitingen, bischöflichem Rathe in Augsburg von der schwäbischen Linie, [38] dann folgten der Adelsbrief vom 26. October 1697 für Rudolph Christian v. Imhof und dessen beide Brüder vom braunschweigischen Nebenzweige der fränkischen Linie und Andere mehr. Auch in die baierische Freiherrenmatrikel wurden bis in die jüngste Zeit einige Zweige eingetragen; und zwar zuerst am 2. September 1814 die jüngere spielsberger Linie in der Person des Jos. Adrian v. I., gewesenen Stadtpflegers zu Amberg. Die italienische, zu Bari in Apulien begütert gewesene Linie (in Curia) erlosch im Mannesstamme zu Anfang des 18. Jahrhunderts mit Luigi de Curia. Die weiblichen Nachkommen leben fort in dem Principe Belmonte, Duca di Tarsia in Curia und ist der jetzige Chef des Hauses Mitglied des italienischen Parlaments. Die beiden anderen Stämme, der schwäbische und fränkische, blühen noch heute. Von ersterem – der großentheils katholisch geblieben – traten viele in den geistlichen Stand und beschlossen ihre Tage als Domherr oder Propst, als Priorin oder Aebtissin, bisweilen auch als schlichte Ordensleute. Die Augsburger Linie des schwäbischen Stammes trug das bischöfliche Unterschenkenamt zu Lehen und besaß seit 1511 die hierzu gehörigen Güter. Die fränkischen Imhof’s widmeten als ächte Patrizier mit Vorliebe ihre Kräfte dem öffentlichen Dienste und führt Will in seinem Nürnberger Gelehrtenlexikon (bis 1756) nicht weniger als 14 Glieder dieser Familie an, welche sich im Dienste der Stadt oder der Wissenschaft besonders hervorgethan haben. Diejenigen, welche über den engeren Rahmen der Orts- und Familiengeschichte hinausgetreten sind, lassen wir auf Andreas, den ältesten von ihnen, in alphabetischer Ordnung folgen.

(Ulmeri) Diss. hist. de antiqua et nobilissima familia Imhof. Altorf, 4°. – Biedermann, Genealogie etc., Abthl. VI, Geschlechtsregister des Nürnberger Patriziates, Tab. 211–66. – Zedler, Univers.-Lexikon, Bd. XIV, S. 577 bis 584. – Paul v. Stetten, Gesch. der adel. Geschlechter in der freien Reichsstadt Augsburg S. 172–180, welcher auch die hervorragendsten Glieder der Familie nach ihren Leistungen aufzählt. (Tafel VII bringt unter Ziffer 9 A-E in correcter Zeichnung die Abbildung von fünf Imhof’schen Wappen.) – Nürnberger Münzbelustigung, Jahrg. 1765 St. 15, Jahrg. 1766 St. 50. – Ein Verzeichn. von etwa 150 in Kupfer gestochenen etc. Imhof’schen Porträts bei Panzer, Verzeichn. v. Nürnb. Porträten, Nürnb. 1790 S. 113–21, Forts. 1811 S. 24. – Ein Verz. der I.’schen Porträtmedaillen bei Christoph Andr. IV. Im Hoff, Sammlung eines Nürnb. Münzkabinets, Abthl. 2, Abschn. 3, Cap. 10, S. 409–63. – v. Boyneburg in Ersch u. Gruber’s Real-Encyklop., Sect. II. Bd. XVI „Imhof“ (eine sehr gute, theilweise aus Quellen geschöpfte Abhandlung). – Kneschke, Neues allgem. deutsch. Adels-Lex., Bd. IV S. 572–75 und die dort Citirten. – Ueber die neuere Zeit vgl. genealog. Taschenbuch der freiherrl. Häuser (Gotha), Jahrg. 1860 u. flg.

Andreas I., vorderster Losunger von Nürnberg, Reichsschultheißenamtsverweser, Reichsinsignienbewahrer etc., geb. am Andreasabend (29. November) 1491 in Nürnberg, † am 24. October 1579 dortselbst. In Andreas, oder wie er urkundlich stets genannt wird, – in „Endres“ I. begegnen wir einem berühmten Kauf- und Rathsherrn aus der Blüthezeit seiner Familie, aus der Glanzperiode Nürnbergs. Acht Jahrzehnte sah er an sich vorbeiziehen, über ein halbes Jahrhundert – 56 volle Jahre – besuchte er den Rath. Keine wichtige Amtshandlung jener thatenvollen Zeit wurde ohne sein Mitwissen, ohne seine Beihilfe vollzogen; so konnte er im hohen Greisenalter auf sein bewegtes Leben mit dem Bewußtsein zurückblicken, daß sein Name fortleben wird, weil er mit Nürnberg’s Geschichte unlöslich verknüpft ist. – Endres war der Enkel jenes Bürgermeisters Johann III. I., welcher durch Adam Kraft das Sacrament- oder „Weihbrodgehäuse“ bei St. Lorenz stiftete, und ein Sohn des reichen Patriziers Johann IV. [39] I., in dessen geselligem Hause die Alt-Bürgermeister Wilibald Pirkheymer und Hieronymus Ebner, Albrecht Dürer und Veit Stoß, Adam Kraft und Lazarus Spengler, der Rathschreiber, – kurz alles, was Nürnberg damals zur Zierde gereichte, gerne verkehrten. Der hierdurch frühzeitig geweckte Knabe kam schon mit 14 Jahren (1504) nach Venedig zu dem väterlichen Geschäftsfreunde, Jeronymo de Piero, einem reichen Seidenhändler, bei dem er 5 Jahre blieb und dann über Florenz, Rom und Mailand 1509 ins Elternhaus zurückkehrte. Aber schon im übernächsten Jahre (1511–1518) ist er wieder ferne von der Heimath in Lyon, wo die Imhof’s wie zu Antwerpen und zu Aquila in der Provinz Abruzzo II. eine Filiale hatten, während sie zu Bari in Apulien eine mit ausgedehnten Privilegien versehne Factorei trieben. Von Lyon aus machte er – namentlich behufs Erlernung der Sprachen – eine längere Reise nach Spanien und Portugal, deren Erlebnisse er für seine Söhne getreulich aufzeichnete. 1518 nach Nürnberg zurückgekehrt gründete er 1520 seinen Hausstand, indem er (aus Familienrücksichten) Ursula Schlenderspach heimführte, welche indeß schon 1525 mit Tod abging. 1526 schritt er zur zweiten Ehe und heirathete nach einem sehr romantischen Liebesverhältnisse Magdalena Reich († 1558), die Wittwe des Doctor Dotzler, welche er als Mutter eines seiner Mündel kennen gelernt hatte. Drei Jahre vorher war er, kaum 32 Jahre alt, von den im Dienste der Republik ergrauten Häuptern derselben zum „jüngeren Bürgermeister“ erwählt worden. Schwere und große Aufgaben harrten seiner; er hat sie vorzüglich gelöst und in trüben Tagen, während des schmalkaldischen und markgräflichen Krieges, eine staunenswerthe Thatkraft bewährt, welche nur hervorragenden Charakteren eigen zu sein pflegt. Endres führte ein sog. „Memorialbuch“, in das er besondere Zeit-Ereignisse kurz eintrug; diese Einträge bilden die Hauptquelle seiner ferneren Lebensgeschichte. – Am Kunigundentage 1524 wurde auf dem Rathhause Nürnbergs jenes denkwürdige Religionsgespräch gehalten, nach dessen Beendigung 21 Räthe (darunter auch I.) gegen 5 für Einführung der neuen Lehre stimmten, und I. nebst Sig. Fürer die Aufhebung der Frauenklöster übertrugen, welche Maßregel Endres mit Takt und Schonung vollzog. 1527 wurde er mit Paumgartner nach Ulm abgeordnet, um sich über die Haltung dieser Stadt und des verbündeten Augsburg bei Einführung der neuen Lehre zu unterrichten; 1530 an letzteren Ort, wo er die Nürnberger Reichstagsgesandten ermächtigte, den Protestationen und Appellationen der übrigen evangelischen Stände beizutreten; außerdem pflog er mit den Gesandten beider Religionsparteien einen Briefwechsel von solch’ staatsmännischer Gewandtheit, daß er zu Ostern 1530 zum „älteren“ Bürgermeister erwählt wurde, eine bei seiner Jugend in Nürnbergs Geschichte bisher unerhörte Auszeichnung! Anlaß zu Entfaltung besonderer politischer Thätigkeit bot ihm das J. 1532. Er rüstete zwei Fähnlein Knechte zur Türkenhilfe; übersandte Karl V. die versprochene Munition, Geschütze und Harnische nebst vier Büchsenmeistern, versah ferner die am 8. September an König Franz I. abgehende Botschaft mit allen nöthigen Hilfsmitteln, traf sodann mit seinem Oheim Hieronymus in Augsburg heilsame Verbesserungen im Postwesen und fertigte endlich mit Paul Grundherr die Missive der protestantischen Stände an Kaiser und Reichskammergericht. Der Rath wußte aber auch solch’ außergewöhnliche Leistungen zu würdigen, und verlieh ihm in der Weihnachtswoche das Ehrenamt eines Stadtsiegelbewahrers. Nachdem Endres 1534 in Augsburg mit der nach Spanien abgehenden Gesandtschaft und mit den betheiligten Welsern, dann mit dem kaiserlichen Vollmachtträger, Grafen Wolfgang v. Schlick, wegen eines Darlehens von 15,000 Goldgulden unterhandelt hatte, welches Darlehen er auf 5000 Gulden abzumindern wußte, pflog er im folgenden Jahre (1535) eine wichtige Besprechung mit dem Cardinal Peter Paul Vegetius wegen Theilnahme [40] Nürnbergs am Tridentiner Concil und im Herbste weitläufige Erörterungen mit dem Herzoge von Jülich und Cleve, in dessen Landen der über Antwerpen gekommene Nürnberger Waarenzug aus Indien – bestehend in Silber, Seide und Spezereien – angefallen und mit Beschlag belegt worden war. – Neben dieser amtlichen Thätigkeit, wozu noch das Getreidemeisteramt kam, und neben umfassenden Handelsgeschäften seines Hauses führte der nie müssige Mann noch 11 Vormundschaften, welche ein Vermögen von mehr als 100,000 Gulden repräsentirten. I. war häufig mit Vorbereitungen zum festlichen Empfange hoher Gäste betraut (so des Königs Ferdinand 1539, 1542 und 1543, Kaiser Karls V. 1540 und 1541, der Gesandtschaft Venedigs 1540 etc.) und erhielt bei solchem Anlasse (1543) von König Ferdinand eine goldene Kette mit angehängter Denkmünze. – Eine neue Epoche begann mit dem Jahre 1544. Bei Besetzung des Rathes zum „dritten obersten Hauptmann“ gewählt, hatte er als solcher namentlich das Kriegswesen unter sich. Er begann sofort mit Verbesserung der städtischen Befestigungen, wozu er ein noch heute vorhandenes Modell von Georg Pencz und Sebald Perk fertigen ließ, errichtete für den bekannten Gießer Pegnitzer nächst dem Frauenthore ein Gieß- und Bohrhaus und sorgte für Durchführung der Zeughausordnung. Von da an galt die Vorzeigung Nürnberger Kriegseinrichtungen als „qualificirte Ehrung“ hoher Gäste. Da er bereits 1537 die Instruction der Nürnberger Gesandten für den schmalkaldischen Bundestag ausgearbeitet hatte, wurde er am 6. Juli 1544 zum Mitglied der städtischen Deputation gewählt, welche wegen des Schmalkaldener Bundes und des Interims mit Kursachsen und dem Landgrafen von Hessen zu verhandeln hatte. Kurz darauf wurde er zweiter oberster Hauptmann oder jüngerer Losunger, welche Würde er wegen seines ausgedehnten Handelsbetriebes und um anderer Ursachen willen ausschlug und erst auf eindringliches Zureden annahm. Seine Opferwilligkeit wurde indeß belohnt; denn 1545 trafen über Lissabon und Antwerpen reiche Schiffsladungen mit indischen Spezereien ein, welche auch I. hübschen Gewinn brachten. Solcher Gewinn war auch unentbehrlich, um die großen Geldoperationen auszuführen, welche die hohen Herren der damaligen Finanzwelt ansannen. So borgte I. (1547) Philipp II. von Spanien 26,300 Livres; dem Herzoge Albrecht von Ober- und Niederbaiern verschaffte er (1554) 15,000 Goldgulden, auch dem Landgrafen Philipp von Hessen machte er Vorschüsse und einige Zeit später (1559) bat er als Mitbetheiligter Namens der Gläubiger in einem Briefe Margaretha von Parma (Statthalterin der Niederlande), die Berichtigung des 731,400 Gulden entziffernden Restes der ursprünglichen Schuld von 1,499,800 Gulden Kaiser Karls V. durch Philipp II. (als Besitzer der Niederlande) herbeiführen zu wollen. Schwere Summen erheischte auch die Erwirkung der Neutralitätsanerkennung im schmalkaldischen Kriege, I. sandte zu diesem Zwecke am 25. Juni 1548 Nürnbergs Reichstagsgesandten in 6 Säcken je 1000 Goldgulden, und aus gleicher Ursache schossen 1549 Nürnberg und Augsburg dem geldbedürftigen Kaiser 60,000 Goldgulden vor, wobei Endres einen namhaften Betrag aus seinen Mitteln flüssig machte. Noch größere Opfer erheischte der Markgrafenkrieg (1549 u. 50), welchen Albrecht Alcibiades von Brandenburg in kecker Fehdesucht vom Zaune brach. Sengend und brennend durchstreifte er die Umgegend der Reichsstadt, die er selbst schwer bedrängte, indem er sie vom Mai bis zum 20. Juni kräftig beschoß. Nürnberg, jeder fremden Unterstützung, jedes Bundesgenossen bar, blieb dem Markgrafen gegenüber auf sich allein angewiesen. In jenen Tagen der Gefahr zeigten Endres und der ihm beigegebene Gabriel Nützel, was Mannessinn vermag. Unverdrossen mühten sie sich ab, im Befestigungswesen Versäumtes nachzuholen, Lücken auszufüllen, den sinkenden Muth der Bürgerschaft zu heben, Maßnahmen zu wirksamer Vertheidigung zu treffen. Und als endlich die traurige [41] Gewißheit bestand, daß Nürnberg, sich selbst überlassen, nicht länger Widerstand zu leisten vermöge, da war es wieder I., der mit Hilfe seiner Freunde und eigenen Credits jene 100,000 Goldgulden aufbrachte, welche der übermüthige Sieger von der Stadt forderte. Allerdings erholte sie sich rasch auch von diesem Schlage und es gelang I. durch Festhalten an der kaiserlichen Münzconvention zu Eßlingen, das Nürnberger Geld von den Hansastädten bis Lissabon, und von Neapel bis an den Stapelplätzen der Niederlande angenommen wurde. – Lange Jahre war Lienhart Tucher als erster Losunger an der Spitze der Geschäfte gestanden; 1564 meldete er sich altersmüde von der Stelle ab, worauf zu Ostern 1565 der gesammte größere Rath I. zu diesem höchsten Amte der Reichsstadt berief. Mit diesem war seit 1424 auch die Aufbewahrung der Schlüssel zu dem Schreine mit den Reichskleinodien verbunden, indem Kaiser Sigismund letztere wegen der im Hussitenkriege geleisteten Dienste am 29. März 1424 den Nürnbergern zur Verwahrung anvertraut hatte. Weitere Auszeichnungen waren I. durch König Max II. zugedacht, welcher (auf seiner Durchreise 1570 von den höchsten Würdenträgern Nürnbergs festlich empfangen) ihn mit goldener Kette sammt Schaumünze beschenkte, und ihn im folgenden Jahre (1571) als „Reichsschultheißamts-Verweser“ bestätigte, nachdem dieses Amt seit dem Heimgange des letzten Reichsschultheißen aus dem Adelsgeschlechte, Joachims v. Westhausen, der Stadt Nürnberg übertragen worden war. Als erster Losunger hatte er, der 84jährige Greis, den geschäftlichen Verkehr mit dem Reiche und den auswärtigen Fürsten. Seine Briefe an den Kaiser, an Don Juan d’Austria, an Philipp von Spanien, an Franz von Frankreich und zahlreiche andere sind im Concepte von seiner Hand vorhanden. In allen findet man den klar blickenden Staatsmann wieder, den praktischen Handelspolitiker, den kräftigen Förderer städtischer Interessen. Ein gleiches Urtheil fällen die Chroniken, und Waldau folgt einer alten Handschrift, wenn er erzählt: – – „I. hat 24 Jahre in der Losungsstube gedient, und allerlei Gefährlichkeiten – – im markgräflichen Krieg ausgestanden, war bei Reichen und Armen geehrt, denen er viel Gutes that, und bei dem gemeinen Mann wol gewollt; ihn hat ein ganz Gemein sehr lieb gehabt“ etc. Neben seinem Sinn für öffentliche Ordnung, – den mehrere von ihm verfaßte oder veranlaßte Polizeivorschriften bekunden, wie über Vogelschutz (1526), über Abhaltung von Hochzeiten (1543), über das Schwingen auf den Jungfrauenhöfen (1550), über das Wittwen-Trauerjahr (1560), über Frauenhäuser (1562), – neben diesem Sinne für öffentliche Ordnung legte er auch ein warmes Interesse für Pflege der Kunst und Wissenschaft an den Tag. Er vollendete mit namhaftem Aufwande die Rochuskapelle, die Ruhestätte der Imhof’s, verschaffte Albrecht Dürer für die vier nun in der Münchener Pinakothek befindlichen Apostel eine städtische Ehrung von 100 Goldgulden, erwirkte 1554 für Hans Sachs die Erlaubniß zur Aufführung seiner Komödien, überließ Pangraz Laubenwolf Geschützstücke zum Guße des zierlichen Brunnens nebst Gitter im Rathhaushofe; ließ sein an der Ecke der Pfannschmied- und Brunngasse gelegenes Haus von Adam Kraft im Renaissancestile innen und außen zierlich schmücken, und stiftete zu der am 29. Juni 1575 gegründeten Nürnberger Universität Altdorf ein namhaftes Kapital. Auf seiner Credenz prangten laut Inventar 78 Prunk- und Tafelgeschirre, alle gar kunstreich gearbeitet aus edlem Metalle. – Ferner schrieb auf seine Anregung ein erfahrener Diener seines Kaufhauses Lorenz Meder ein „Handel-Buch in welcher Gestalt man in den fürnemsten Handelstetten v. Europien waren kaufft u. verkaufft“ etc., welches Buch (100 Seiten) 1558 von Joh. v. Berg und Ulrich Newber zu Nürnberg in Folio gedruckt wurde. I. selbst legte das erste genealogische Stammbuch seines Geschlechtes an und soll nach Familienüberlieferung die Bibel zweimal abgeschrieben und mit Glossen versehen haben. Zur Hebung des Waffendienstes förderte er die Gesellenstechen, von [42] denen unter seiner Obhut mehrere abgehalten wurden. 1561 führten die Messerschmiede ihm zu Ehren den altherkömmlichen Schwertertanz, die Plattner (oder Harnischmacher), deren Patrone die Imhof’s waren, ein scherzhaftes Turnier auf. – Imhof’s zweite Frau hinterließ sieben Kinder, die er mit ihren Nachkommen (24 Enkeln und einigen Urenkeln) am Andreastage um sich zu versammeln pflegte. (Sein ältester Sohn Andreas II., geb. 1529, † 1597, gelangte gleich dem Vater zu den höchsten städtischen Aemtern.) Das von Greg. Pencz, einem Schüler Dürer’s, in Oel gemalte Porträt Imhof’s ist bei einem Brande ein Raub der Flammen geworden, doch hat Strauch ein Blatt nach diesem Gemälde gestochen; außerdem bestehen noch drei weitere Stiche, einer derselben von J. F. Leonart; die Bamberger Stadtbibliothek verwahrt eine Silberstiftzeichnung Dürer’s, welche Endres in seiner Jugend darstellt. Auch vier Schaumünzen in 6 Varianten wurden auf I. geprägt, darunter einige von V. Maler, welche Christ. Andr. Im Hoff in seiner „Sammlung Nürnb. Münzen“ näher beschrieben hat. Dagegen entbehren wir leider noch einer eingehenden Schilderung seines thatenvollen Lebens und Wirkens.

Will, Nürnbergische Münzbelustigung, Jahrg. 1766, 50. St., S. 393 ff. – Waldau, Vermischte Beitr., Bd. III S. 471. – Ders., Abh. v. den Jubelsenatoren, S. 5–9. – Mittheilungen aus dem Imhof’schen Familienarchive. – Panzer a. a. O. S. 113. – Im Hoff, Münzsamml., Abth. II, Abschn. 3 c. 10 S. 409 u. 410.