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ADB:Jahn, Quirin

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Artikel „Jahn, Quirin“ von Rudolf Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 686–688, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jahn,_Quirin&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 20:05 Uhr UTC)
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Jahn: Joh. Quirin J., Maler – geb. am 4. Juni 1739 zu Prag, dort gest. am 20. Juli 1802 – charakterisirt sich durch sein Wirken als ein mit ebenso vielseitiger Praxis als umfassender Wissenschaftlichkeit ausgestatteter Künstler. Zu ersterer angeregt von Haus aus durch die vom Großvater und Vater in Ehren geübte Malerei (vgl. unten) sorgte letzterer auch dafür, daß der begabte Junge in zweiter Richtung entsprechenden Vorschub erhielt, und zwar durch die Gymnasialstudien. In Erweiterung dieser, kam J. hierauf zu dem jener Zeit berühmten Geometrie- und Architektur-Professor, Joh. Ferd. Schor, damit er das von diesem mit Virtuosität geübte decorative Architekturmalen erlerne. Wol die Summe des auf den bisherigen Studienwegen Erworbenen zu erproben, wie auch zu mehren, unternahm dann J. eine längere Reise nach den Niederlanden und Frankreich, von wo er zurückkehrend Deutschland durchzog, mit dem churfürstl. sächsischen Hofmaler Palko bekannt wurde und sich ihm zeitlang als Arbeitsgehülfe für Ausführung von Fresken anschloß (später auch die von diesem skizzirte Kirchendecke in Herschmanmiesstetz ausführte). – Durch das 1767 erfolgte Ableben seines Vaters zur Rückkehr nach Prag genöthigt, verweilte er hier nur kurz. Der Drang nach weiterer Ausbildung, besonders in der Oelmalerei, zog ihn vornemlich nach Wien, in die dortigen, an Meisterwerken reichen Galerien. Nach der Thatsache, daß ihn die Wiener Kunstakademie zu ihrem Mitgliede ernannte, bleibt zu schließen, J. habe sich vermöge seiner Leistungen denn auch eine dieser Auszeichnung würdige Stellung erworben. Wirkung dessen waren unzweifelhaft auch die ihm fortan mehr und mehr zukommenden Aufträge von den – meist während der Wintersaison in der Residenz weilenden – böhmischen Cavalieren, für ihre Schlösser, wie Patronatskirchen. Aufträge, die ihn schließlich wieder in die Heimat zurückführten. Eine Aneinanderreihung der aus jener Folgezeit datirenden Gemälde Jahn’s führt indeß zur Wahrnehmung, es sei bei ihm um das J. 1780 eine Malpause, namentlich in kirchlicher Richtung eingetreten. Und es dürfte die von Dlabacz gegebene Andeutung wohl damit in richtigem Bezuge stehen, daß nämlich durch die 1782 von Kaiser Joseph II. angeordneten kirchlichen Umgestaltungen die Kirchenmalerei zeitlang in Verstoß gekommen war. Wie derselbe Zeitgenosse bemerkt, war J. dadurch in seiner Existenz nicht bedroht, denn er war in der Lage, sich auf das Zeichnen und Skizziren von Dingen, die seinem Interesse entsprachen, besonders auf kunstwissenschaftliche Arbeiten, zurückziehen zu können. Das reiche väterliche Erbe, bestehend in einer Sammlung von Gemälden, Kupferstichen, Abgüssen nach der Antike, der Florentiner und Venetianer Renaissance, nebst kunstgeschichtlicher Litteratur, inzwischen durch Nachschaffungen bedeutend vermehrt, bot dann das Refugium für den allerdings auch lungenleidenden Künstler, und wird von daher erklärlich, daß er dem Bedürfnisse nach geistiger Bethätigung lieber durch die Feder als durch den Pinsel Befriedigung zu geben suchte. So entstanden seine schätzbaren „Nachrichten [687] von den alten und neuen Malern“: „Etwas von den ältesten Malern Böhmens nebst einem Beitrage zur Geschichte der Oelmalerei und Perspective“; „Von der alten Verfassung der alten Malerbruderschaft in Böhmen“; – beide Aufsätze in Rieggers Archiv der Geschichte und Statistik, insbesondere von Böhmen, enthalten. Eine seiner populärsten Arbeiten war das „Zeichenbuch für Künstler und Liebhaber der freien Handzeichnung“ (in Breslau bei Korn 1781 erschienen). In seinem Nachlasse fanden sich noch: „Anekdoten zur Lebensgeschichte berühmter Maler, und Beurtheilung ihrer Werke“; eine „Abhandlung über das Bleichen und die Reinigung der Oele zur Oelmalerei“, als Anhang zu Hackert’s Sendschreiben über den Gebrauch des Firnisses. Letztere erschien 1808 in Dresden bei Walter, und behielt Geltung bis in die Neuzeit. Während dieser vorwiegend kunstschriftstellerischen Thätigkeit fast gänzlich dem gesellschaftlichen Verkehr entzogen, widmete J. doch nach wie vor einen Theil seiner Zeit verwaisten, armen, fürs Zeichnen befähigten Kindern, um sie für den Eintritt in eine höhere Lehranstalt oder fürs Kunstgewerbe vorzubilden. Es bedurfte dann thatsächlich eines außerordentlichen Anlasses ihn wieder in Feuer für öffentliche Bethätigung zu bringen. Diesen gaben die 1791 von den böhmischen Landständen anläßlich der Krönung Kaiser Leopold II. zum Könige von Böhmen in Absicht genommenen großartigen Festlichkeiten. Unter anderem galt es die Herstellung einer imposanten Festhalle, einschließlich eines Theaters, und war J. der Vertrauensmann mit dem erforderlichen künstlerischen Verständnisse zur Planung einer solchen. Mit Freude und nach seiner ganzen Kraft für den ihm zugemutheten Auftrag eintretend, stellte J. im Laufe von acht Wochen unter seiner Leitung einen Bau her, der nicht nur allen Anforderungen entsprach, sondern auch das Bedauern wach rief, nur für einen vorübergehenden Zweck errichtet worden zu sein. Ihn gewissermaßen als Ideal festzuhalten für wiederkehrende Fälle, veranlaßten die Stände denn auch die Aufnahme desselben für den Stich, wie durch Nachbildung in einem Modelle. – In Anerkennung dieser wie früherer Kunstleistungen und Verdienste ernannte ihn die um 1796 in Prag constituirte „Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde“ zu ihrem Ausschußmitgliede. Von seinen Gemälden befanden sich bis zum beklagenswerthen Bildersturm durch Christ. Ruben, in der Galerie patriotischer Kunstfreunde in Prag: „Brustbild der Mutter Gottes die Hände auf der Brust gefaltet“, und „Der brotsegnende Heiland“, beide gleicher Maßen 56 Cm. hoch, 40 Cm. breit, bekannt geblieben sind ferner – aus 1764–65 – vier Altarbilder für die (aufgehobene) Servitenkirche zu St. Michael in Prag – darunter eine gute Copie der „heil. Nacht“ von Correggio, welche dann in die Kirche zu Libesnitz übertragen wurde; der „heil. Expedit“, für die Piaristencapelle zu Prag aus 1776; „St. Joh. Nep.“ für die Paulanerkirche in Prag – 1770; „St. Philipp Ner.“ für die Metropolitankirche zu St. Veit in Prag; die gleichen Heiligen für die Stephanskirche, ersteren um 1772, den anderen um 1776. Einige Altarblätter seiner Hand finden sich in der Stiftskirche zu Ossegg, in den Pfarrkirchen zu Chudenic und Schüttenhofen, in letzterer malte J. auch die Kuppel und zwei Plafondgemälde al fresco. Die Pfarrkirche zu Janich wurde von ihm zur Gänze mit Fresken geschmückt, ebenso das Presbyterium zu Herschmanmiesstetz (s. oben) und die Zimmer des Schlosses Choltitz. Weitere Gemälde befinden sich in der Pfarrkirche zu Trautenau, in Wartenberg, nach Angaben von Meusel auch in mehreren Kirchen Schlesiens und der Lausitz. – Von Porträts sind die bekanntesten das seines Lehrers, Prof. J. F. Schor und des Prager Kanonikus Kasp. Royko. – Die Malweise Jahn’s ist eine klare, in hellen, harmonisch gestimmten Farben gehalten, ähnlich den guten Fresken jener Periode. Stiche nach seinen [688] Werken existiren von Joh. Balzer, F. Heger und J. G. Haid; von letzterem eine Madonna an der Wiege des Christuskindes.

Dlabacz, Künstlerlexikon. Nagler, N. allg. Künstlerlexikon. Meusel, Archiv für Künstler und eigene Notizen.

Friedr. Aug. Jahn – der Großvater des Vorigen – wird von Meusel in seinem Archiv f. K. – als ein gesuchter Miniatur- und Porträtmaler zu Prag angeführt.

Jakob Jahn, Vater Quirins, kam zu Künstlerruf von Ossegg aus, von wo er erst durch specielle Aufträge nach Prag übersiedelte und 1767 hier mit Tode abging. Von seinen Prager Arbeiten sind dermal keine mehr sicher zu stellen: Stift Ossegg bewahrt dafür eine Anzahl historischer Compositionen, mehrere Blumenstücke und Porträts, welche ein höchst achtbares Talent bekunden.