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ADB:Kelner, Andreas

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Artikel „Kellner, Andreas“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 588–590, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kelner,_Andreas&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 13:18 Uhr UTC)
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Kellner: Andreas K., erster Buchdrucker zu Stettin, im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts. Obgleich Pommern seine Hochschule Greifswald, älter als jene zu Wittenberg und Frankfurt a./O. besaß, welche 1456, also fast in demselben Jahre entstand, in welchem Gutenberg’s, Fust’s und Schoiffer’s Bibel an das Licht trat (zwischen 1453–1455), so hatte doch die Buchdruckerkunst den größten Theil des 16. Jahrhunderts hindurch in Pommern keinen festen Fuß gefaßt. Als sie aber endlich auch hier sich ansiedelte, geschah es fast gleichzeitig in zwei verschiedenen Städten: in Stettin sogar zweifach, 1569 durch Johann Eichhorn und seinen Tochtermann Kellner und Georg Rhete (vgl. d. Art.) 1577 und zu Barth in Neu-Vorpommern durch den Herzog Bogislaw. Nachdem schon früher durch den Herzog Barnim IX. zu Stettin Verhandlungen über die Anlegung einer Officin gepflogen worden waren, fertigte er, ehe er 1569 von der Regierung abtrat, in Verbindung mit seinen sämmtlichen Großneffen, Johann Friedrich, Bogislaw, Ernst Ludwig, Barnim und Casimir, am 19. April d. J. die erste pommersche Druckerbestallung aus und es erhielt dieselbe Johann Eichhorn (Eichorn), Buchdrucker zu Frankfurt a./O. Kurfürst Joachim II. von Brandenburg hatte ihn im J. 1545 aus Nürnberg nach Frankfurt berufen und ihm ein Privilegium über die ganze Kurmark Brandenburg gegeben, das pommersche aber erhielt er auf 12 Jahre. In dieser Bestallung, datirt: Alten Stettin am 19. Aprilis 1569, wurde ihm zur Pflicht gemacht, sobald als möglich, wo möglich noch zu Pfingsten, in Stettin eine Officin anzulegen und die ihm übergebenen Sachen so zu drucken, wie man sie in Leipzig und Wittenberg erhalten könne. Es solle ihm aber zur besseren Einrichtung und Beförderung seines Drucks aus der fürstl. Kammer ein Jahrgeld von dreißig Thalern werden, er und sein Gesinde sollten frei sein von allen „Unpflichten und Bürden“, auch wolle der Hof sich bei Bürgermeister und Rath für ihn verwenden, und er und sein Gesinde sollten als fürstliche Diener angesehen werden und in Rechtssachen unter dem fürstlichen Hofgerichte stehen. Auch solle er die Erlaubniß haben, an einem passenden Orte des Landes, jedoch ohne Schaden und Abgang der fürstlichen Gefälle, auf seine Unkosten und um gebührliche Wasserpacht oder Zinsen eine Papiermühle einzurichten, wie man ihm ferner auch nach Gelegenheit des Orts und der Stelle Bau- und Brennholz zukommen lassen wolle. Uebrigens blieb Joh. Eichhorn, der Inhaber dieser Bestallung, für seine Person in Frankfurt, wo er auch (Clessius, Elenchus II. 298) 1573 des „Wolfgang Jobst Genealogie oder Stammlinie der Herzoge von Pommern“ druckte, dagegen ordnete er nach Stettin seinen Eidam, den Gatten seiner Tochter Margarethe, Andreas K., ab, der schon längere Zeit in seiner Druckerei beschäftigt gewesen war. Eichhorn selbst aber war der Stammvater eines typographischen Geschlechts, das an mehreren Orten Deutschlands mit Ruhm arbeitete und sich große Reichthümer erwarb, in der pommerschen Buchdruckergeschichte dagegen ist er der einzige seines Namens geblieben, männliche Nachkommen von ihm nennt die Stadtgeschichte Frankfurts mehrere, auch die Greifswald’schen Universitätsacten erwähnen eines Johann [589] Eichhorn zu Frankfurt a./O., der 1614 sich erboten habe als Buchhändler nach Greifswald zu ziehen. Seine zu ihrer Zeit berühmte Officin bediente sich eines zweifachen Zeichens: einer sitzenden Jungfrau, die in der rechten Hand einen Mercuriusstab, in der linken ein Füllhorn hält, mit der Umschrift: Felix quem Deus diligit, oder eines Eichhorns in einer von zwei Pfauen getragenen Umfassung, nach welch’ letzterem Insigne auch mancher einzelne Besitzer dieser Officin sich „Sciurus“ genannt hat. K. betrieb nun in Stettin selbständig das ihm von seinem Schwiegervater überwiesene Geschäft und die in seiner Officin gedruckten Bücher zeugen von deren Flor. Zu diesen gehören besonders ein altes vortreffliches niederdeutsches Gesangbuch „Psalme, geistlicke Lede und Gesenge“, 1576, 8°, ferner „Der Stadt Lübeck Statute und Stadtrecht“, 1586, 4° und die erste pommersche Ausgabe der „Kirchenordnung und Agende“, 1591, 4°. Aber auch im socialen Leben galt K. als eine sehr geachtete Persönlichkeit und war auch von 1586–1591 Mitglied des dortigen Magistrats. Als sein Buchdruckerzeichen wird von einigen das Bild auf dem letzten Blatte des eben erwähnten Gesangbuches angesehen: ein Betender, mit der Davidsharfe zur Seite, auf den der Heiland oder Gott Vater aus den Wolken schaut, von anderen jedoch wird dieses Bild bloß auf den Inhalt des Buches bezogen. K. starb 1591 mit Hinterlassung einer Wittwe und einiger Kinder; wo und wann er geboren war, ist nicht überliefert. Nach seinem Tode ging das Geschäft auf seine Wittwe und deren Sohn Samuel K. über, jedoch nicht, ohne daß der Sohn des oben erwähnten gleichzeitigen Stettiner Typographen Georg Rhete, Joachim Rhete, den Versuch gemacht hätte, die fürstliche Concession für sich zu erwerben, um deren Uebertragung auf sie und ihre Kinder aber auch Kellner’s Wittwe gebeten hatte. Herzog Johann Friedrich bewilligte beider Parteien Gesuch durch Verfügung vom 20. Mai 1592; dem J. Rhete ward es jedoch zur Pflicht gemacht, nichts von dem, was in der Kellner’schen Officin erschienen sei, nachzudrucken, besondere Immunitäten aber wurden keiner von beiden zugesichert, vielmehr bestimmte eine eigene Verfügung von demselben Tage, daß, da die bestimmte Zeit längst verlaufen sei, in Zukunft auch auf das Kellner’sche Haus die Landsteuern ausgeschrieben werden müßten. Samuel K. besaß des Vaters Officin bis zu seinem Tode 1622 und es gingen unter Anderem aus seiner Presse hervor 1618 des Doctors der Medicin Andr. Hiltebrand zu Stettin „Tabulae genealogicae der Pommerischen Herzoge“, Fol. Erwähnenswerth ist, daß, während die Wittwe des K. und deren Erbe und Joach. Rhete in Stettin arbeiteten, am 18. October 1596 ein herzogliches Decret erschien, welches den beiden Officinen gebot, außer den gewöhnlichen Schulbüchern und Kalendern durchaus keine anderen Materien und Bücher, sie möchten Namen haben, welche sie wollten, ohne vorhergegangene schriftliche Erlaubniß zu drucken, bei theologischen Büchern von dem Superintendenten, bei anderen von der fürstlichen Kammer, bei Verlust aller gedruckten Exemplare und einer Pön von 50 Gulden. Die ferneren Schicksale dieser Druckerei, soweit sie die Abkömmlinge der Kellner’schen Familie berühren, sind mit wenigen Worten diese: Eine Schwester Samuels K., Hedwig, hatte den Buchdrucker Georg Götzke (Goetschius), geb. 1582 zu Stettin, geheirathet, der 1647 den Titel eines Typographen des fürstlichen Pädagogii erhielt, in hohem Alter 1663 starb und eine Tochter Anna hinterließ; er ist der Drucker der zweiten Auflage von Frieborn’s lateinischer „Descriptio urbis Stettinensis“. Anna wiederum heirathete Götzke’s Nachfolger in der Officin, Daniel Starck, und starb 1678. Von dieser Zeit an wurde das Geschäft an verschiedene veräußert und ging endlich 1700 ein. Ein Georg K. druckte in den Jahren 1615 und 1617 in Wittenberg und es könnte dieser der Zeit nach ebenfalls ein Sohn des Andreas gewesen sein; eines Johann K. gedenkt [590] auch Geßner in seiner Buchdruckergeschichte II. 36 als Buchdruckers zu Frankfurt a. M.

Hager, Buchdruckerkunst, II. 43; III. 380; IV. 130. Levezow, Wanderung d. Buchdruckerk., S. 36. Mohnike, Gesch. d. Buchdruckerk. in Pommern, S. 14–17 und dessen Hymnolog. Forschungen I. S. XI und CXXII.