Zum Inhalt springen

ADB:Kipius, Justus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Kipius, Justus“ von Adolf Köcher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 785–786, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kipius,_Justus&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 13:11 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Kipping, Hinrich
Band 15 (1882), S. 785–786 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Justus Kipius in der Wikipedia
Justus Kipius in Wikidata
GND-Nummer 120047322
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|15|785|786|Kipius, Justus|Adolf Köcher|ADB:Kipius, Justus}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=120047322}}    

Kipius: Justus K. (von Kipe), geb. 1588, † 1664, ein Staatsmann des Hauses Braunschweig-Lüneburg, dem er als Berather von vier Herzogen durch 34 sorgenvolle Jahre gedient hat. Ueber seine Antecedentien steht wenig fest. Als Dr. iur. verband er in Hameln mit dem Amt eines städtischen Syndikus und einer Bestallung von Seiten des Grafen von Holstein-Schaumburg eine einträgliche Privatpraxis, als ihn Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel und Calenberg im November 1627 an seinen Hof berief. K. wurde Hof- und Consistorialrath und überkam die heikelsten Missionen. So empfing ihn gleich die unerfreuliche Aufgabe, den Proceß des Herzogs wider seine der Untreue überführte und entwichene Gemahlin am Hofe des mit der Vermittlung betrauten Kurfürsten von Sachsen auszutragen. Dann galt es das ganze Dasein des Herzogs zu retten, als diesem, weil er bis kurz vor der Schlacht bei Lutter (1626) zur dänischen Partei gehalten hatte, das Schicksal der Herzoge von Mecklenburg zugedacht war, um, wie dort Wallenstein, so hier Tilly mit den Spolien eines altfürstlichen Hauses auszustatten. K. ging darum 1629 als außerordentlicher Gesandter nach Wien, und wenn auch die Intrigue gegen Friedrich Ulrich in erster Linie wol durch die im allgemeinen Interesse des Reichsfürstenstandes erfolgte Intervention des Kurfürsten Maximilian von Baiern durchkreuzt ist, so gebührt doch K. das Verdienst, an seiner Stelle dazu beigetragen zu haben, daß „dieser herbe Proceß gestopfet ward“. Wesentlichen Antheil hatte er sodann an dem die Selbständigkeit seines Fürsten rettenden Entschlusse, die Residenz von Wolfenbüttel, wo er von der kaiserlichen Besatzung wie ein Gefangener überwacht ward, in die Stadt Braunschweig zu verlegen. Mit Lampadius, dem hervorragendsten Staatsmann am fürstlichen Hofe, theilte er den Argwohn gegen die Absichten des Schwedenkönigs. Da sich demgemäß Friedrich Ulrich erst spät (1632) zum Bündniß mit Gustav Adolf entschloß, so sah er sich nach des Königs Tode von den Schweden ebenso beargwohnt wie von den Kaiserlichen. Um diese Lage zu bessern, ging K. zu dem Frankfurter Convent (1633) und setzte bei Oxenstierna günstigere Bedingungen für seinen Herzog durch. Nach dem Tode des Letzteren (1634) half er den Streit, der über das Erbe entbrannte, durch die Braunschweiger Tractaten beilegen, mußte dann aber zu seinem Kummer in [786] das Privatleben zurücktreten, bis ihn nach zwei Jahren Herzog Georg von Calenberg in seine Dienste berief. Der überlegenen Persönlichkeit dieses nur sich selber treuen, die Parteien rücksichtslos wechselnden Fürsten diente K. lediglich als Vollstrecker der fürstlichen Instructionen. So ging er, als Georg dem Prager Frieden beigetreten war, zum kurfürstlichen Collegialtag nach Regensburg (1636), um den Ansprüchen seines Herrn auf Hildesheim die kaiserliche Anerkennung zu gewinnen. Die Aufgabe war jedoch undurchführbar. Als Georg eben darum sich wieder der entgegengesetzten Partei näherte, wurde K. erst zur Unterhandlung mit Hessen-Kassel hinzugezogen und dann nach Hamburg entsandt, um den Abschluß einer Allianz mit Schweden und Frankreich vorzubereiten. Nach Georgs Tode (1641) gewann K. auf dessen Sohn und Nachfolger Christian Ludwig, der ihn zum Kanzler ernannte, einen maßgebenden Einfluß. Er war der vorzüglichste Beförderer und Unterhändler des übereilten Separatfriedens, den das braunschweigische Haus 1642 mit dem Kaiser schloß. Die Rechtfertigung dieses sehr bald als Mißgriff empfundenen Vertrags, der dem fürstlichen Hause das Stift und die Stadt Hildesheim und zugleich die Waffen aus den Händen wand und daher den braunschweigischen Staatsmännern auf dem westfälischen Friedenscongreß völlig das Spiel verdarb, bildet das Hauptthema der von K. hinterlassenen Selbstbiographie. K. mußte denn auch wenige Jahre nachher die erste Stelle im Geheimen Rathe einem anderen räumen, der ihm allerdings in der schonendsten Form vorgesetzt ward, dem Statthalter Schenk von Winterstett. Aeußerlich blieb ihm die Leitung der Geschäfte sowol im Geheimen Rath als im Consistorium. Hier hat er im Sinne seines Freundes Georg Calixt gewirkt, dort kämpfte er gegen die Landstände für die fürstliche Absolutie und half die Kriegswunden heilen und die Grundlagen für eine neue bürgerliche Ordnung gewinnen. Als Christian Ludwig 1648 die Regierung von Calenberg mit der von Lüneburg-Celle vertauschte, blieb K. in Hannover und behauptete unter Herzog Georg Wilhelm, obwol er demselben nicht sympathisch war, doch das durch treue Dienste errungene Kanzleramt. Im Alter von 73 Jahren legte er dasselbe nieder (1661), drei Jahre darauf (1664) ist er gestorben.

Selbstbiographie des J. K. in Spittler’s Gesch. von Hannover, II; von der Decken, Herzog Georg; Derselbe, Beiträge zur Gesch. des Herzogs Georg Wilhelm, im Vaterländ. Archiv d. histor. Vereins für Niedersachsen, 1839; Henke, Georg Calixt; Manecke, Biograph. Skizzen von den Kanzlern der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg; Havemann, Gesch. d. Lande Braunschweig-Lüneburg, II u. III.