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ADB:Konrad von Fußesbrunnen

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Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Fußesbrunnen, Konrad von“ von Elias von Steinmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 255–256, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_von_Fu%C3%9Fesbrunnen&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 10:18 Uhr UTC)
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Fußesbrunnen: Konrad von F., jetzt Feuersbrunn bei Krems in Niederösterreich, wurde in den 60er Jahren des 12. Jahrhunderts geboren, wenn er nämlich jener Chunrad de Phusprugnen ist, der zusammen mit seinem Vater Gerung in einer zwischen 1182 und 1186 ausgestellten Klosterneuburger Urkunde vorkommt. Dann kann er sich erst in reiferem Alter der Poesie zugewandt haben, denn das einzige Gedicht, das wir von ihm besitzen und an dessen Schlusse er seinen Namen angiebt, die „Kindheit Jesu“, setzt bereits Einwirkung Hartmannischen und Wolframischen Stils voraus und wird um 1206 entstanden sein. Allerdings gesteht Konrad in der Einleitung, daß er sein Gedicht als eine Buße für sein früheres weltliches Leben, während dessen er nur Lüge und Scherz geliebt habe, betrachtet wissen wolle: man könnte daraus versucht sein zu entnehmen, daß er, ehe er die „Kindheit“ verfaßte, bereits poetisch thätig gewesen sei, und diese Hypothese würde in der unleugbar bedeutenden formellen Gewandtheit des Dichters eine unverächtliche Stütze finden: oder daß er, der ritterliche Dienstmann, nach einer in Fehden und weltlicher Lustbarkeit verbrachten Jugend aus Reue über seine Sünden in ein Kloster als Laienbruder eingetreten sei, eine Annahme, für die wieder die Kenntniß des lateinischen spräche. Aber alle solche Schlüsse sind sehr unsicher, wenn man erwägt, wie häufig diese und ähnliche Wendungen in Gedichten der Zeit begegnen. Auch über die Quelle der „Kindheit Jesu“ ist nicht jeder Zweifel beseitigt. Im Allgemeinen zwar schloß der Dichter sich an das apokryphe Evangelium De infantia Mariae et Christi salvatoris an, doch hat er nicht nur die ganze Geburts- und Jugendgeschichte der Maria bis zu ihrer Vermählung mit Joseph fortgelassen, weil dieser Stoff bereits vor ihm in dem (uns verlorenen) Anegenge des Meisters Heinrich behandelt sei, sondern er hat sich auch eine Reihe von Zusätzen auf Grund theils der Bibel theils anderer Apokryphen gestattet: und aus dem Schlußabschnitt bei Konrad geht es nicht mit voller Evidenz hervor, ob er seinen Stoff (was allerdings wahrscheinlicher) aus verschiedenen Schriften [256] zusammengetragen, oder ob seine Quelle ein durch viele Zusätze bereits vermehrtes Evangelium de infantia war.

Welche Gestalt aber auch Konrads Vorlage gehabt haben mag, genug, er hat es verstanden, den Gegenstand trefflich zu behandeln und ihm ein ganz nationales Gepräge aufzudrücken. Er erzählt gewandt und anmuthig, er weiß geschickt kleine Züge einzuflechten, die uns den Gegenstand menschlich nahe bringen. Die Episode von dem Räuber, der das Kind Jesu auf der Fahrt nach Egypten überfällt, aber bald bekehrt wird und es nun aufs freundlichste aufnimmt, ist ein Kabinetsstück. Wie stark der Dichter auch von der geistlichen Poesie des 12. Jahrhunderts sich beeinflußt zeigt, wie sehr der Stoff zu einer mehr ascetischen Behandlung verführen konnte, Konrad steht durchaus wie unter der formellen Einwirkung des Erec, Gregor und Parcival, so unter der Potenz der ritterlichen Denkweise: Joseph ist ihm ein edel man, die Juden baneckent zur Erholung, französische Worte und Zeilen fügt er gern ein, und an die damals in der Luft liegende Stimmung des modischen trûrens gemahnt die schöne Reflexion über Herzeleid 93, 47.

So kann es nicht Wunder nehmen, wenn das Werk sowohl in ritterlichen wie in geistlichen Kreisen Anklang fand und auf beiden Seiten Nachahmung erweckte. Konrad hatte sein Gedicht mit sechs gleichen stumpfen Reimen geschlossen: Rudolf von Ems in seinem Barlaam und dem Guten Gerhard, Konrad von Heimesfurt in der Urstende und der Marien Himmelfahrt folgten ihm in dieser Reimhäufung nach, und der erstere gedenkt in seinem Willehalm mit Recht Konrads unter den hervorragendsten deutschen Dichtern der Blüthezeit.

Gedichte des 12. und 13. Jahrhunderts, herausgegeben von K. A. Hahn (Quedlinburg und Leipzig 1840), S. 67–102. – Liber de infantia Mariae et Christi salvatoris ex codice Stuttgartensi descripsit et enarravit Oscar Schade, Halis 1869, wo S. 8a. die übrige Litteratur verzeichnet ist.