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ADB:Konrad von Urach

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Artikel „Konrad von Urach, Cardinal von Porto und St. Rufina“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 605–608, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_von_Urach&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 05:45 Uhr UTC)
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Konrad von Urach, Cardinal von Porto und St. Rufina, päpstlicher Legat, entstammte dem alten schwäbischen Grafenhause, dessen Nachkommen als Fürsten und Landgrafen von Fürstenberg noch heute blühen. Sein Vater war Graf Egino IV. der Bärtige von Urach, seine Mutter Agnes von Zähringen. Daß einer seiner Oheime von mütterlicher Seite, Rudolf von Zähringen, den Bischofsstuhl von Lüttich inne hatte, ward für das Schicksal des Knaben entscheidend. Am Lütticher Domstifte St. Lambert, das in der Geschichte des geistigen Lebens von Alters her guten Ruf genoß, erhielt K. seine Erziehung und frühzeitig auch eine Domherrenstelle. Bald aber rief der Trieb zu frommer Beschaulichkeit in ihm eine jener „Bekehrungen“ hervor, die im Mittelalter so häufig, auch in der Geschichte seiner Familie nichts neues waren. Ein anderer Oheim Konrads, Herzog Berthold V. von Zähringen, hatte, als ihn im März 1198 eine Minorität zum deutschen Könige wählte, für den seinen Wählern versprochenen Ersatz der Wahlkosten seine Neffen Konrad und Berthold von Urach als Geiseln gestellt. Als solche mußten dieselben längere Zeit im Einlager in Köln verweilen und hier sollen nun die beiden Jünglinge den Eintritt in den Mönchsstand gelobt haben. Thatsache ist, daß beide in den Cistercienserorden traten, K. um 1199 im Kloster Villers in Brabant, wahrscheinlich bestimmt durch den damaligen Abt Karl, einen Sprößling der Kölner Patricierfamilie Overstolz. Nach dem Tode des Bischofs Albert von Lüttich ward K. von einer Partei des Domkapitels als dessen Nachfolger in Aussicht genommen, doch ohne Erfolg; er blieb vielmehr in Villers, wo er zur Würde des Priors und 1209 des Abtes aufstieg. 1214 verschaffte ihm der Ruf seiner Begabung und Frömmigkeit die Berufung zum Abte des Klosters Clairvaux; in dieser Eigenschaft wohnte er Ende 1215 dem Concil im Lateran bei. Papst Honorius III., dessen Aufmerksamkeit er damals auf sich gezogen, sandte dann (6. December 1216) ihn und den Abt Arnold von Citeaux an den französischen Hof, um auf einen Friedensschluß mit England hinzuwirken. Derselbe kam dreiviertel Jahre später zustande, in erster Reihe wol in Folge der Vortheile, welche die Engländer im Felde errungen, doch dürfte der päpstliche Legat Recht haben, wenn er auch sich und den beiden vom Papste entsandten Cistercienseräbten einen Antheil am Friedenswerke zuschreibt. 1217 traf K. die Wahl zum Abte von Citeaux und hiermit zum Oberhaupte des blühendsten und mächtigsten Mönchsordens seiner Zeit; und nachdem er als Cisterciensergeneral im December 1218 in Rom vom Papste eine Reihe von Privilegien für seinen Orden erwirkt hatte, empfing er am 6. Januar 1219 durch Honorius III. die Weihe zum Cardinalbischofe von [606] Porto und St. Rufina. Ein schwieriger Auftrag ward ihm zu Theil, da er in der Fasten 1220 mit der Legation in den Landen der Albigenser betraut ward. Weiterem Abfalle vorzubeugen, alle Kräfte gegen den gefährlichen Feind der Curie zu vereinigen, insbesondere am französischen Hofe den gesunkenen Kampfeseifer aufs neue zu schüren: dies waren seine wichtigsten Aufgaben und er schien zu ihrer Erfüllung so sehr befähigt, in seinem neuen Wirkungskreise so schwer zu ersetzen, daß der Papst die Wahl der Domherren von Besançon zu ihrem Erzbischofe, welche damals auf K. fiel, trotz ihrer Einstimmigkeit nicht bestätigte. Vornehmlich auf Narbonne gestützt, entfaltete nun K. 3½ Jahr lang in Frankreich die rührigste, bald priesterliche, bald diplomatische Wirksamkeit, zog aber auch selbst mit dem Grafen Amalrich von Montfort ins Feld. An Bedrängnissen aller Art fehlte es hierbei nicht, wie er denn insbesondere im Frühjahr 1223 vom Feinde in Béziers einige Zeit eingeschlossen ward. Vergebens versuchte er die Höfe von Troyes und Paris zum Eingreifen in den Krieg zu bestimmen; in Paris weilte er eben beim Tode des Königs Philipp August, dessen Leichenfeier in St. Denis er am 15. Juli 1223 leitete. Da der französische König keine Lust hatte die Curie mit den Waffen zu unterstützen, gestalteten sich die Dinge im Süden immer mißlicher und am 10. September 1223 erhielt K. auf sein Ansuchen die Erlaubniß nach Rom zurückzukehren. Von seiner Thätigkeit als Legat in Frankreich sei nur noch hervorgehoben, daß er am 17. Januar 1221 der berühmten medicinischen Facultät von Montpellier ihr Grundgesetz gab und an der Gründung jenes neuen Ritterordens mitwirkte, der damals als „Ritterschaft Jesu Christi“, später, nach seiner Uebersiedlung von Südfrankreich nach Italien als „Frati Gaudenti“ oder „Cavalleria Gaudente“ bezeichnet wurde. Kaum war K. nach Rom zurückgekehrt, so bediente sich die Curie seines erprobten Eifers auf einem neuen Felde. Der Papst bestellte ihn zum Kreuzzugsprediger für Deutschland, eine Wahl, auf welche die briefliche Klage König Friedrichs II., daß den früheren Kreuzzugspredigern außer den nöthigen Vollmachten auch die imponirende Persönlichkeit gefehlt habe, wol nicht ohne Einfluß blieb. Mit den vollen Tönen curialistischer Beredtsamkeit empfahl der Papst den neuen Legaten dem deutschen Episkopat und Klerus. „Ihm gab der Herr eine beredte Zunge, seiner Stimme gab er den Ausdruck der eigenen Kraft. Zur Höhe der Beschaulichkeit erhoben, süß durch den Geruch feiner Tugenden, von unantastbarer Reinheit des Rufs, ist der Cardinal wie eine Ceder des Libanon von der Hand Gottes in das kirchliche Paradies gepflanzt; nicht allein an der Erhaltung des Hauses Gottes arbeitet er wacker mit, er verschönt auch dessen Aeußeres durch den glänzenden Schimmer, der seine Thätigkeit umstrahlt.“ Ehe K. nach Deutschland ging, zu Anfang April 1224, reiste er mit Aufträgen des Papstes für König Ludwig VII. an den französischen Hof. Auf den 5. Mai beriefen er und der französische König gemeinschaftlich eine Synode nach Paris, auf der die Aussöhnung Raimunds von Toulouse mit der Kirche gefeiert werden sollte. Um dem Kreuzzuge die Wege zu ebnen, sollte der Legat hier auch eine Versöhnung zwischen Frankreich und England zu bewirken suchen, doch blieb seine Mühe in dieser Richtung erfolglos. Ueber Lüttich, das Jugenderinnerungen weckte, kam K. nach Pfingsten den Rhein herauf nach Deutschland und am 7. Juni ward er mit großen Ehren in Köln empfangen, wo Erzbischof Engelbert als Vormund des jungen Königs Heinrich damals das Haupt der deutschen Regierung waltete. Hier begann nun der Legat seine Agitation für den Kreuzzug, theils durch eigene Predigten, theils durch Subdelegirte, die er in der Runde aussandte. Er hatte bedeutenden Erfolg, der freilich dem Unternehmen erst später nützte, da Friedrich II. die ihm gesetzte Frist wiederholt verlängern ließ. Mit ihm war K. schon früher nicht auf gutem Fuße gestanden, wahrscheinlich weil er schon damals die Ansicht [607] gewonnen, daß es dem Staufer mit seinem Gelübde nicht Ernst sei. Schon am 13. Juli 1220 hatte Friedrich dem Paste geklagt, er erhalte bei jeder Gelegenheit Proben von der feindlichen Gesinnung des Cardinals, der eben jetzt auch seinen Bruder, den Grafen Egino V. von Urach, vom Kreuzzugsgelübde entbunden und dadurch dem Unternehmen ein schweres Hinderniß bereitet habe. Allmählich traten in Konrads Wirksamkeit in Deutschland, in Folge des kaiserlichen Zögerns, vor der Kreuzzugsagitation die zahlreichen anderen Geschäfte in den Vordergrund, die ihm zum Theil durch päpstliche Aufträge bereits zugewiesen waren, theils auf seiner Rundreise durch Deutschland erst an Ort und Stelle erwuchsen. Man empfängt eine deutliche Vorstellung von der gewaltigen Macht der Curie dieser Tage, wenn man sieht, wie ihr Legat hier geistliche Streitigkeiten entscheidet, dort in die Politik der weltlichen Mächte eingreift, hier mit Strenge die Disciplin gegen zuchtlose Kleriker handhabt, dort Privilegien und Gnaden spendet. Auf seine Vermittlung wird es geschehen sein, daß der vom Grafen Heinrich von Schwerin gefangene König Waldemar von Dänemark als Preis seiner Befreiung einen Kreuzzug gelobte. Als der junge König Heinrich, um in diese dänisch-schwerinischen Händel einzugreifen, im Sommer 1224 mit einem Heere an die Elbe aufbrach, war K. in seinem Gefolge; im September wohnte er dem Tage zu Bardewik bei, wo über die dänische Angelegenheit unterhandelt wurde. In Hildesheim brachte er dann (October) den finsteren Anschauungen der Zeit über die Nothwendigkeit der Glaubenseinheit einen traurigen Tribut, indem er den als Ketzer angeschuldigten Propst Heinrich Minnike vom Nonnenkloster Mariengarten bei Goslar verhörte und verurtheilte. Nach jüngeren Zeugnissen hat der Verurtheilte den Feuertod erlitten. Nach Martini treffen wir K. mit König Heinrich und vielen Fürsten auf dem Tage zu Toul; im nahen Vaucouleurs weilte König Ludwig von Frankreich: man unterhandelte über ein gegen England gerichtetes deutsch-französisches Bündniß und die Vermählung König Heinrichs mit einer französischen Prinzessin; nach einem Berichte der englischen Gesandten an die Curie zerschlug sich der letztere Plan vornehmlich deshalb, weil K. dagegen arbeitete. Im folgenden Winter sah K. bei der Bereisung Schwabens seine elterliche Heimath nach langer Zeit wieder. Das Frühjahr 1225 führte ihn nach Baiern und nach Oesterreich. Dort wirkte er, wie sich kaum bezweifeln läßt, an dem Frieden mit, der den König Andreas von Ungarn mit seinem Sohne Bela und mit Herzog Leopold von Oesterreich versöhnte und am 6. Juni zu Gratz beurkundet ward. Beim Ungarnkönige hatte er auch in päpstlichem Auftrage für die Rechte des Deutschordens auf das Burzenland sich zu verwenden und es ist möglich, daß er in Erfüllung dieser Mission auch Ungarn betrat. Weiter führte ihn seine Rundreise nach Mähren, Böhmen, dem östlichen Sachsen, wo er im September einer Synode zu Magdeburg präsidirte und eine Menge lokaler Händel schlichtete. Damals hatte er die Freude seinen alten Vater zu begrüßen, der seinetwegen die Reise nach Sachsen unternommen hatte. Die Ermordung des Erzbischofs Engelbert von Köln, der ihm von allen deutschen Kirchenfürsten wol am nächsten gestanden war, wies seiner Thätigkeit ein neues Ziel. Nachdem er über den Grafen von Isenburg als den Mörder und über dessen Helfer den Kirchenbann verhängt und in Köln das Leichenbegängniß des Ermordeten geleitet, saß er auf einem Tage zu Lüttich über die der Mitschuld am Morde angeklagten Bischöfe von Münster und Osnabrück zu Gericht und verhängte über beide die Suspension, ein Urtheil, das der Papst bestätigte. Vorher hatte er in Utrecht wieder seinem rühmlichsten Berufe als Friedensstifter obgelegen, indem er den dortigen Bischof Otto einerseits mit dem Grafen Florentin von Holland, andererseits mit dem Grafen Gerhard von Geldern versöhnte. Im Frühjahr 1226, da er wieder in Schwaben weilte, dürfte es dann geschehen [608] sein, daß er unweit Urach, der Stammburg seines Hauses, den Grund zum Kloster Güterstein legte. Die weitere Sorge für die junge Stiftung übernahm sein Bruder, Graf Rudolf von Urach. Im Mai begab sich K. nach den oberelsässischen und burgundischen Gegenden, wo eine seiner Schwestern an einen Grafen von Pfirt vermählt war, und hiermit schloß, reich an Mühen und Erfolgen, seine Legation in Deutschland. Auch in Italien, wohin er im Mai aufbrach, erwartete ihn das Amt des Friedensstifters. Nach dem Wunsche des Kaisers übernahm er die Mittlerrolle bei den Lombarden, die gegen Friedrich neuerdings eine feindliche Stellung eingenommen hatten. Im Juni und Juli führte er mit diesen zuerst zu Mantua, dann im Lager zu Mercaria Unterhandlungen, die jedoch an dem Widerstreben der Lombarden scheiterten. Konrads Verhältniß zum Kaiser war damals das beste; er weilte längere Zeit an seinem Hoflager in Borgo San Donino und erwirkte durch seine Verwendung mehreren Bittstellern kaiserliche Gunstbeweise. Nach dem Tode des Papstes Honorius soll es dann, wie man in der Klostergeschichte von Villers liest, nur von K. abgehangen haben, der Nachfolger seines Gönners auf dem päpstlichen Stuhle zu werden. Es heißt, daß die Cardinäle, da sie sich in der Wahl nicht einigen konnten, auf drei aus ihrer Mitte, darunter K., compromittirt, die beiden anderen dann auf K. sich geeinigt, dieser aber abgelehnt habe; indessen kann die Erzählung, die in keiner älteren Quelle sich findet, nicht als genügend beglaubigt gelten. Im August 1227 begannen sich in Unteritalien die deutschen Kreuzfahrer zu sammeln, darunter so viele, die aus Konrads Händen das Kreuz empfangen hatten. Während man zur Ueberfahrt rüstete, starb der Cardinal (30. September 1227), wie es scheint, zu Bari, vielleicht als Opfer der Epidemie, die unter den Kreuzfahrern damals wüthete. Der Tod ersparte ihm in dem Kampfe zwischen Kaiser und Papst, der nun ausbrach, mitstreiten zu müssen. Seine Leiche ward, wie er gewünscht, im Kloster Clairvaux bestattet, dem er nicht minder als Villers durch Schenkung von Reliquien und Kirchenschmuck stet treue Anhänglichkeit bethätigt hatte. Nicht ohne Grund verehrt der Cistercienserorden seinen früheren General als Seligen. Er verband die asketische Frömmigkeit eines tiefen religiösen Gemüths mit den Vorzügen des Staatsmannes und Diplomaten, mit Scharfblick und Thatkraft, Gewandtheit und Welterfahrung. „Mit wunderbarer Energie“ – so rühmt der Dominicaner Thomas von Cantimpré – „sahen wir diesen vornehmen Mann der Verwaltung seines geistlichen Amtes obliegen und nichts desto minder, so oft er ein Stündchen für die Einsamkeit retten konnte, der Betrachtung der göttlichen Dinge hingegeben. In solcher Zucht hatte er eben seine Seele dem Geiste zu dienen gezwungen, daß er nach Belieben jetzt ganz den weltlichen Geschäften, gleich darauf nicht minder voll den geistlichen Angelegenheiten sich widmen, daß er von dem einen Gebiete mit Leichtigkeit auf das andere übergehen konnte.“ Die Grundsätze der neuen Bettelorden wurden von K. gebilligt und geschützt. Daß er auch offenen Sinn für litterarische Leistungen hatte, darauf deutet vielleicht, daß zwei als Historiker bekannte Kleriker, Christian von Mainz und Oliver von Paderborn, seiner Förderung sich erfreuten.

Freiherr Roth v. Schreckenstein, K. v. Urach, Bischof v. P. u. St. R. als Cardinallegat in Deutschland 1224–1226 (Forschungen zur deutschen Geschichte, VII. 320–393); Riezler, Fürstenbergisches Urkundenbuch (Bd. I, 1877 und Nachträge im 4. Bde., 1879); Riezler, Geschichte des Hauses Fürstenberg, 1883.