ADB:Lamprecht von Regensburg

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Artikel „Lamprecht von Regensburg“ von Philipp Strauch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 581–582, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lamprecht_von_Regensburg&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 11:04 Uhr UTC)
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Lamprecht von Regensburg, geb. um 1215, verfaßte in den Jahren 1240–1255 die älteste deutsche Geschichte des heiligen Franciscus in Reimen sowie eine Tochter Syon, ein für die Geschichte der deutschen Mystik nicht uninteressantes Gedicht. L. wuchs unter guten Verhältnissen auf und lebte anfänglich der Welt und ihren Freuden. Wenn er also nicht für den geistlichen Stand bestimmt wurde, so muß er doch seine Bildung in einer Dom- oder Klosterschule (in Regensburg?) erhalten haben, da er sich in seinen Werken des Lateinischen mächtig zeigt. Erst allmählich vollzog sich in L. die Wandlung zum geistlichen Leben. Er lernte die Regensburger Minoriten kennen, trat mit ihnen – unter Anderen nennt er auch den „süßen“ Berthold (von Regensburg) – in intimen Verkehr und zeigte Neigung selbst ihrem Orden anzugehören. Als Zeichen seiner Verehrung des Ordens schrieb L. als weltlicher Knappe, nachdem er bereits lange die Minoriten kannte, die Lebensgeschichte ihres Ordensstifters, eine getreue Uebersetzung der zwischen 1228 und 1230 verfaßten Vita des Thomas von Celano. Durch Bruder Gerhard, Provinzialminister der Franciscaner in Oberdeutschland, ward L. dann in den Regensburger Minoritenorden aufgenommen und auf seinen Wunsch, mit seiner Unterstützung verfaßte L. bald nach der Aufnahme sein zweites Werk „Die Rede von der Tochter Syon“, und zwar aus dem Gedächtniß nach Mittheilungen, die ihm Gerhard, ein Gesinnungsgenosse Bruder Davids von Augsburg, über Inhalt, Grundgedanken und Anschauungen der Tochter Syon mündlich gemacht hatte. Gerhard aber schöpfte [582] aus einer prosaischen Filia Syon, auf die auch im letzten Grade eine andere deutsche Bearbeitung, die sogenannte alemannische Tochter Syon, zurückgeht. – L., dessen Gedächtniß ein sehr treues gewesen sein muß, ist durchaus kein origineller Dichter. Er weiß das selbst und tritt dem entsprechend bescheiden auf. Sein Franciscus, – schon den Zeitgenossen scheint er wenig interessant gewesen zu sein –, ist „kühl bis ans Herz hinan“; nirgends hat der von schwärmerischer Begeisterung für das Göttliche, von heißer Liebesgluth und hohem Schönheitssinn getragene Heilige Lamprecht’s nüchternen Geist zu entflammen vermocht. Im großen Ganzen folgt er genau seiner Quelle, zeigt also ein äußerst geringes Streben nach Selbständigkeit. Auch die Tochter Syon beweist, daß Lamprecht künstlerischer Takt in der Anordnung durchaus gebricht; übrigens stehen seine Ausführungen und Zusätze gegenüber der gedrängt berichtenden Vorlage hier entschieden im Vordergrunde. Der höhere Schwung in der Tochter Syon ist weniger Lamprecht’s Verdienst, beruht vielmehr auf der der Dichtung zu Grunde liegenden tief poetischen Anschauung von der Seele des Menschen als der liebenden Braut, die von ihrem Gott in die Arme geschlossen wird, einer Auffassung, der insbesondere die deutsche Mystik ein gut Theil ihrer auch von uns noch empfundenen Anmuth verdankt. Und so findet auch der größere Reichthum an Bildern und Vergleichen in der Tochter Syon wesentlich seine Quelle in der symbolisirenden und allegorisirenden Theologie des Mittelalters, vor Allem in der eines Bernhard und Hugo von S. Victor. Immerhin ist aber Lamprecht’s Tochter Syon das größte und bedeutendste, wenn auch nicht anziehendste Gedicht unter denen, die die minnende Seele in ihrem Aufschwung zu Gott feiern. Außer einigen Anklängen an Wolfram läßt sich bei L. eine bestimmte Schulmanier nicht nachweisen.

Vgl. Weinhold, Lamprecht von Regensburg, Paderborn 1880.