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ADB:Lorinser, Karl Ignatius

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Artikel „Lorinser, Karl Ignatius“ von August Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 197–198, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lorinser,_Karl_Ignatius&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 04:50 Uhr UTC)
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Band 19 (1884), S. 197–198 (Quelle).
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Lorinser: Karl Ignatius L., Arzt, Sohn eines in Niemes[WS 1] (Böhmen) lebenden Wundarztes, ist daselbst am 24. Juli 1796 geboren. Nach einer freudelosen Kindheit kam er 1810 auf das Gymnasium in Prag, und wurde nach abgelegtem Examen im Jahre 1813 in der philosophischen Facultät der dortigen Universität inscribirt. Ursprünglich zum geistlichen Stande bestimmt, wandte er sich seiner Neigung folgend dem Studium der Medicin zu und ging zu diesem Zwecke nach Berlin, wo er sich durch Unterrichtgeben und später in der Stellung eines Hauslehrers seinen Lebensunterhalt erwarb. Im Sommer 1817 erlangte er, nach Vertheidigung seiner Inaugural-Dissertation „De functione hepatis sana et laesa“ die Doctorwürde und begab sich dann nach Wien, um hier die venia practicandi zu erlangen. Da ihm seitens der Behörden in dieser Beziehung Schwierigkeiten gemacht wurden, kehrte er sofort nach Berlin zurück, legte im Sommer 1818 die Staatsprüfungen ab und wurde wenige Wochen darnach als Repetent und Pensionär an der Veterinärschule daselbst angestellt. – Sein Wunsch sich zu verheirathen, der sich mit seiner Stellung in der Thierarzneischule nicht vertrug, veranlaßte ihn, dieselbe aufzugeben und sich als praktischer Arzt und Privatdocent zu habilitiren: gleichzeitig trat er als Assistent in die magnetische Heilanstalt des Prof. Wolfart ein und beschäftigte sich auch selbständig privatim mit der magnetischen (Mesmer’schen) Heilmethode. Im J. 1822 legte er das Physikatsexamen ab und schon im Sommer desselben Jahres wurde er auf Langermann’s Empfehlung, zum zweiten Rathe an das Medicinal-Collegium in Stettin berufen. Im Anfange des Jahres 1824 wurde er zum Regierungs- und Medicinalrath in Coeslin ernannt und 1826 siedelte er in gleicher Eigenschaft nach Oppeln über, wo ihm 1835 das Directorat der Hebammenlehranstalt übertragen wurde. – Von hier machte er im J. 1829 im Auftrage der Regierung eine Beobachtungsreise in die damals von der Pest heimgesuchten Gegenden der unteren Donauländer, und 1842 eine Reise nach Italien (eine Römerfahrt, wie es in seiner Selbstbiographie heißt), von der er Anfangs 1843 nach Oppeln zurückkehrte. Bald darnach erkrankte [198] er an der Gicht, welche in der Folge so hohe Grade erreichte und ihn für seine Stellung so unfähig machte, daß er Ende 1850 um seinen Abschied einkommen mußte, der ihm ein Jahr darauf mit einer spärlichen Pension bewilligt wurde. Er siedelte dann nach Patschkau über und hier ist er am 2. Oct. 1853 gestorben. – Mit seinen litterarischen Leistungen hat sich L. vorwiegend auf dem Gebiete der Seuchengeschichte und der Sanitätspolizei bewegt. Im Jahre 1820 veröffentlichte er den „Entwurf einer Encyclopädie und Methodologie der Thierheilkunde“, ferner 1823 „Die Lehre von den Lungenkrankheiten“, ein vorzugsweise nach Bayle und Laennec bearbeitetes Werk, in welchem die neuesten pathologisch-anatomischen Fortschritte und die neu eingeführte physikalische Untersuchung der Athmungsorgane volle Berücksichtigung gefunden haben, auch einige eigene Beobachtungen des Verfassers niedergelegt sind, eine für jene Zeit verdienstvolle Leistung, sodann 1824 „Versuche und Beobachtungen über die Wirkung des Mutterkorns auf den menschlichen und thierischen Körper", eine werthvolle Zusammenstellung der in den Acten der preußischen Medicinalbehörden niedergelegten amtlichen Berichte über die Vorkommnisse von Vergiftung durch Mutterkorn aus den Jahren 1817–1821, nebst einer historischen Einleitung und den Resultaten der Experimente, welche in der Thierarzneischule in Berlin mit Mutterkorn an Thieren angestellt worden waren – eine vorzugsweise im Interesse der Sanitätspolizei verfaßte Schrift. – Im J. 1831 erschienen seine „Untersuchungen über die Rinderpest“, theils historisch-kritisch, theils nach eigenen 1827–28 in Oberschlesien gemachten Beobachtungen über diese Zootie, mit sehr rationellen Vorschlägen zur Bekämpfung der Seuche. – Die von L. im Jahre 1836 veröffentlichte kleine Schrift „Zum Schutz der Gesundheit der Schulen“ in welcher er auf eine Reform des Schulwesens im Interesse der Gesundheitspflege der Schüler drang, rief eine sehr lebhafte Polemik hervor, an der sich zahlreiche Aerzte und Schulmänner betheiligten. – Seine letzte größere und seine bedeutendste Schrift über „Die Pest des Orients“, 1837, ist ein werthvoller historisch-kritischer Beitrag zur Seuchengeschichte. Außerdem hat L. eine kleinere Zahl von Journal-Artikeln in verschiedenen medicinischen und naturwissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht.

Ueber sein Leben vgl. die von ihm verfaßte und von seinem Sohne Franz L. in Breslau vollendete und herausgegebene Selbstbiographie in 2 Bänden, Regensburg 1864.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Nimes. Vergleiche Artikel Friedrich Wilhelm Lorinser