Zum Inhalt springen

ADB:Lorinser, Franz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Lorinser, Franz“ von Friedrich Lauchert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 80–82, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lorinser,_Franz&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 21:27 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Lorenz, Christian
Band 52 (1906), S. 80–82 (Quelle).
Franz Lorinser bei Wikisource
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Januar 2019, suchen)
Franz Lorinser in Wikidata
GND-Nummer 117217557
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|52|80|82|Lorinser, Franz|Friedrich Lauchert|ADB:Lorinser, Franz}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117217557}}    

Lorinser: Franz L., katholischer Theologe, geboren am 12. März 1821 zu Berlin, † am 12. November 1893 zu Breslau. L. war das einzige Kind des bekannten, aus Nimes[WS 1] in Böhmen stammenden Arztes und Schriftstellers Karl Ignatius L. (s. A. D. B. XIX, 197 f.), der von Berlin, wo er seine Familie gegründet hatte, 1822 als Medicinalrath nach Stettin, 1824 als Regierungsmedicinalrath nach Köslin, im November 1825 als solcher nach Oppeln in Oberschlesien versetzt wurde, wo die Familie fortan ihre dauernde Wohnstätte hatte. In Oppeln besuchte Franz L. die Elementarschule, dann von Januar 1832 bis 1839 das Gymnasium. Hierauf studirte er zwei Jahre in Breslau, von Herbst 1839 bis 1841, und ein Jahr in München, von Herbst 1841 bis 1842, Theologie; das in München zugebrachte Studienjahr brachte ihm, da er hier durch seinen Vater bei den damaligen Größen der katholischen Wissenschaft (Görres, Phillips, Windischmann, Döllinger) auch persönlich eingeführt wurde, reiche geistige Anregung. Von Herbst 1842 bis Ostern 1844 setzte er seine theologischen Studien noch in Rom im Seminario Romano, in das er als Gast Aufnahme fand, weiter fort. Hier empfing er am 23. December 1843 in der Laterankirche durch Cardinal Patrizi die Priesterweihe. Auf der Rückkehr nach Deutschland nach Ostern 1844 begab er sich zunächst nach München, wo er der theologischen Facultät seine Dissertation: „De charactere sacramentali“ (Oppeln 1844) einreichte und am 17. Mai 1844 zum Dr. theol. promovirt wurde. Am 3. September 1844 wurde er Kaplan an der Pfarrkirche St. Maria auf dem Sande in Breslau, am 18. Juli 1849 Spiritual im fürstbischöflichen Clericalseminar daselbst, 1854 auch Prosynodalexaminator und 1857 Consistorialrath, am 5. Juni 1858 Pfarrer an St. Matthias daselbst, am 18. October 1869 Domcapitular. Zum Vaticanischen Concil begleitete er den Fürstbischof Förster als theologischer Berather nach Rom.

Lorinser’s theologisches Hauptwerk ist das siebenbändige apologetische Werk: „Das Buch der Natur. Entwurf einer kosmologischen Theodicee“ (Regensburg 1876–1880; I. Astronomie in Beziehung zur Theodicee, mit einer allgemeinen Einleitung über das Verhältniß der Naturwissenschaften zur Theologie; II. Geologie und Paläontologie in Beziehung zur Theodicee; III. Geographie und Meteorologie; IV. Botanik; V. Zoologie; VI. Mineralogie und Chemie; VII. Physik). Im Besitze umfassender Kenntnisse auf naturwissenschaftlichem Gebiete, setzt sich L. in diesem Werke das Ziel, „die Uebereinstimmung der Naturphänomene mit der geoffenbarten Wahrheit einerseits so deutlich als möglich vor Augen zu stellen, und andererseits die Beziehungen klar zu machen, in denen die Natur zur Erkenntniß Gottes, seiner Eigenschaften und Vollkommenheiten steht“. Seine übrigen theologischen Werke, nach der schon erwähnten Dissertation, bewegen sich meist auf praktisch-theologischem Gebiete: „Entwicklung und Fortschritt in der Kirchenlehre. Nach J. H. Newman“ (Breslau 1847); „Die sieben Worte Christi am Kreuz. Sieben Fastenpredigten“ (Regensburg 1852); „Geist und Beruf des katholischen Priesterthums. Vorträge, gehalten im Clerikal-Seminar zu Breslau bei den zum Empfange der heiligen Weihen vorbereitenden Exercitien“ (Regensburg 1858); [81] „Die Lehre von der Verwaltung des heiligen Bußsacramentes. Ein Handbuch der praktischen Moral“ (Breslau 1860; 2. Aufl. 1883); „Die Welt in ihrem Widerspruch gegen das Reich Jesu Christi. Sieben Fastenpredigten“ (Freiburg i. Br. 1861); „Kirchenlieder und Litaneien. Zum Gebrauch in katholischen Pfarrkirchen“ (Breslau 1864); „Bedeutung der Encyclica. Eine Predigt“ Breslau 1865); „Katholische Predigten“ (3 Bde., Schaffhausen 1866–67; I. Weihnachtscyclus, II. Ostercyclus, III. Pfingstcyclus); „Das heiligste Herz Jesu. Sieben Fastenpredigten und eine Jahresschlußpredigt“ (Breslau 1867); „Vor dem Concil“ (Breslau 1869, 2 Auflagen). Von 1852–1863 redigirte L. das „Schlesische Kirchenblatt“, 1864 das „Neue Schlesische Kirchenblatt“.

Aus der von Jugend an gepflegten Vorliebe Lorinser’s für Spanien und seine Sprache und Litteratur gingen seine höchst verdienstvollen Uebersetzungen aus dem Spanischen hervor. Zunächst übersetzte er mehrere Werke des großen spanischen Philosophen Jacob Balmes: „Briefe an einen Zweifler“ (Regensburg 1852); 5. Aufl. 1894); „Lehrbuch der Elemente der Philosophie“ (4 Bde., Regensburg 1852–1853); „Fundamente der Philosophie“ (4 Bde., Regensburg 1855–1856). Ein ganz besonderes Verdienst aber erwarb sich L. um die Kenntniß Calderon’s in Deutschland durch seine Uebersetzungen. Nachdem er zuerst das Auto: „Die geistlichen Ritterorden“ „zum Andenken an den 8. December 1854“ einzeln übersetzt hatte (Regensburg 1855), ließ er in den Jahren 1856–1872 in 18 Bänden die erste vollständige Uebersetzung der sämmtlichen 73 Autos sacramentales Calderon’s erscheinen: „Don Pedro Calderon’s de la Barca Geistliche Festspiele. In deutscher Uebersetzung mit erklärendem Commentar und einer Einleitung über die Bedeutung und den Werth dieser Dichtungen“ (Bd. I u. II Regensburg 1856–57; Bd. III bis XVIII Breslau im Selbstverlag 1861–1872); 1882–1887 konnte er eine zweite, „wesentlich umgearbeitete“ Ausgabe erscheinen lassen; vorher waren erst 11 dieser Fronleichnamsfestspiele, in deren erhabener, tiefsinniger Poesie Calderon sein Höchstes geleistet hat, durch Eichendorff ins Deutsche übersetzt worden. Lorinser’s Uebersetzung, von welcher P. A. Baumgartner urtheilt, sie „gehöre unstreitig zu den bedeutendsten Leistungen neuerer Uebersetzungs-Literatur; Lorinser verdient den Ehrenplatz neben Schlegel, Gries und Eichendorff“ (Lit. Rundschau 1881, Nr. 11, Sp. 328), schließt sich in Form und Ausdruck möglichst eng an das Original an; L. hat sich seine Aufgabe nicht leicht gemacht. In der Gesammteinleitung, den Einleitungen zu den einzelnen Stücken und den Anmerkungen hat L. einen sehr werthvollen Commentar gegeben, der auch gebildeten Laien das volle Verständniß dieser „Poesie der Theologie“ ermöglicht. An dieses Werk schließt sich die Uebersetzung von 13 der bedeutendsten Comedias des Dichters: „Calderon’s größte Dramen religiösen Inhalts. Aus dem Spanischen übersetzt und mit den nöthigsten Erläuterungen versehen“ (7 Bde., Freiburg i. Br. 1875–76; 2. Aufl. 1892 ff., die nach Lorinser’s Tod neu aufgelegten Bände besorgt von E. Günthner). Von Lope de Vega übersetzte L. die beiden historischen Dramen „König Wamba“ und „Das Lager von Santa Fé“ unter dem Titel: „Aus Spaniens Vergangenheit. Zwei historische Schauspiele“ (Regensburg 1877). Seine beiden Reisen nach Spanien in den Sommern 1854 und 1857 beschrieb L. in den vier Bänden: „Reiseskizzen aus Spanien. Schilderungen und Eindrücke von Land und Leuten“ (1. u. 2. Theil Regensburg 1855; 3. u. 4. Theil, auch unter dem Titel: „Neue Reiseskizzen aus Spanien“ 1858). Auch mit orientalischen Sprachstudien hatte sich L. befaßt; auf diesem Gebiete erschien seine Uebersetzung aus dem Sanskrit: „Die Bhagavad-Gita. Uebersetzt und erläutert“ [82] (Breslau 1869). 1864 hatte L. die Selbstbiographie seines Vaters veröffentlicht: „Carl Ignatius Lorinser. Eine Selbstbiographie. Vollendet und herausgegseben von seinem Sohne Franz Lorinser“ (2 Bde., Regensburg 1864). Sein letztes Werk war seine eigene Selbstbiographie: „Aus meinem Leben. Wahrheit und keine Dichtung“ (Bd. I u. II, Regensburg 1891), die, bei vielfach sehr interessantem Inhalt doch allzu breit angelegt, in den beiden erschienenen Bänden nur die Jugend- und Studienjahre behandelt, bis zum Ende des Studienaufenthalts in Rom.

A. Meer, Domherr Dr. Franz Lorinser. Ein Lebensbild; Breslau 1894.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. richtig wäre: Niemes. Vergleiche nächsten Artikel Friedrich Wilhelm Lorinser