Zum Inhalt springen

ADB:Ludwig II. (Landgraf von Thüringen)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ludwig II., Landgraf von Thüringen“ von Karl Robert Wenck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 591–592, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludwig_II._(Landgraf_von_Th%C3%BCringen)&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:47 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 19 (1884), S. 591–592 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ludwig II. (Thüringen) in der Wikipedia
Ludwig II. in Wikidata
GND-Nummer 100952518
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|19|591|592|Ludwig II., Landgraf von Thüringen|Karl Robert Wenck|ADB:Ludwig II. (Landgraf von Thüringen)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100952518}}    

Ludwig II. (der Eiserne), Landgraf von Thüringen, 1140-1172, war bei dem Tode seines Vaters (Ludwigs I.) noch ein Knabe. Wann seine Verbindung mit Judith, der Tochter Herzog Friedrichs II. von Schwaben, der Stiefschwester Kaiser Friedrichs I., vereinbart, wann sie vollzogen wurde, ist nicht festzustellen, jedenfalls hat L. von Anfang an staufische Politik getrieben, ohne jedoch die Interessen seiner Macht aus dem Auge zu verlieren. Den ersten Fürsten des Reichs fühlte er sich ebenbürtig, in Krieg und Frieden hat er an den Angelegenheiten des Reichs den regsten Antheil genommen. So zog er mit Friedrich I. 1157 gegen die Polen, 1158 nach Italien. Nach der Ergebung Mailands war er zurückgekehrt, aber der Widerstand der oberitalienischen Communen forderte neue Kraftanstrengungen des Kaisers, 1161 rief er L. mit anderen Fürsten aufs Neue nach Italien. Fünfhundert Ritter, so erzählt uns ein Mailänder Berichterstatter, folgten ihm dahin, zu langem Ausharren war L. aber auch jetzt nicht geneigt. Als seine Bemühungen um einen Ausgleich zwischen Mailand und dem Kaiser scheiterten und er dabei mit Rainald von Dassel, dem entschiedensten Vorkämpfer der italienischen Politik des Kaisers, zusammengerieth, zog er mißgestimmt nach Deutschland zurück. Dann bewog ihn der Unwille gegen den Kölner Erzbischof 1164, während Rainald in Italien weilte, sich mit mehreren Fürsten zu gemeinsamem Angriff auf das Kölner Territorium zu verbinden, die landgräfliche Familie war damals noch im Besitz von Gütern am Niederrhein, aber so stattlich war die Macht des Erzstifts, welche den Angreifern entgegentrat, daß sie keinen Kampf wagten. Glücklicher war sein Auftreten gegen Mainz. [592] Die Händel mit Mainz waren sofort hervorgetreten, als sich die Verbindung zwischen Mainz und den sächsischen und thüringischen Großen gegen die Salier gelöst hatte und zugleich die Macht der Ludwige so gestiegen war, daß die Mainzer Erzbischöfe um die Wahrung ihrer Rechte und Besitzungen in Thüringen besorgt sein mußten. Schon 1123 drohte ein kriegerischer Conflict. Ludwigs I. Bruder, Graf Heinrich Raspe I., hatte sich damals an die Spitze der Zehntenverweigerer gestellt, dann hatte L. II. wieder 1157 mit Arnold von Selenhofen in gespannten Beziehungen gestanden, jetzt (1165) geschah es mit Zustimmung, ja vielleicht auf den Wunsch des Kaisers, welcher den Mainzer Erzbischof Konrad von Wittelsbach seines Erzstiftes verlustig erklärte, daß L. die Mainzer Besitzungen auf dem Eichsfeld, in Hessen und dem Rheingau aufs ärgste verwüstete, die Mainzer Burgen brach und die Mauer von Erfurt niederwarf. – Gleich das folgende Jahr sah ihn im Bunde mit den meisten sächsischen Fürsten und dem Erzbischof von Köln gegen den gewaltigen Fürsten im Norden Deutschlands, dessen Uebermacht allen seinen Nachbarn gleich drückend und bedrohlich war, gegen Heinrich den Löwen. Landgraf L. nahm Theil an der Belagerung Haldenslebens, aber das große Fürstenbündniß vermochte keine Erfolge zu erzielen und um so weniger die Uebermacht Heinrichs zu brechen, als der Kaiser, in Italien unglücklich – Rückhalt an Heinrich suchen mußte und den Frieden zu Gunsten desselben dictirte. (Ein separater Friede zwischen Heinrich dem Löwen und L. unter Vermittelung des Kaisers in Regensburg, nach Ostern 1168 geschlossen, von dem Hist. (Annal.) Reinhardsbr. berichten, ist nicht anzunehmen, da Friedrich im Frühjahr 1168 aus Italien über Basel nach Würzburg gezogen ist, vgl. Stumpf, Reichskanzler Nr. 4093a.) Zu Würzburg im Juni 1168 suchte Friedrich einen Ausgleich zu stiften, ohne jedoch sogleich bei den unzufriedenen Fürsten mit seinem Friedensangebot durchzudringen. Immer neue Reibungen fielen vor und erst nach dem Erfurter Tag zu Johanni 1170 begann wieder Friede zu herrschen. Ein zweiter Feldzug gegen Polen im J. 1172 vereinigte L. zum letzten Mal mit dem Kaiser, kurz nach der Rückkehr, im Herbste desselben Jahres ist L. auf der Veste Neuenburg gestorben. Noch mag er sich im rüstigen Mannesalter befunden haben, aber er hatte ein vielgeschäftiges, fehdereiches Leben hinter sich. „Mit aller männlichen Kraft gerüstet ragte er hoch hervor, ruhmreich in Krieg und in Frieden“, so schildert uns der Reinhardsbrunner Chronist den tüchtigen Fürsten. Eine Mainzer Quelle (die Annales brev. Wormatienses) des 13. Jahrhunderts giebt ihm den Beinamen des Rechtschaffenen (Probus), noch in der Reinhardsbrunner Tradition des 14. Jahrhunderts erscheint er als von seinen Vasallen geliebter Fürst, sie bilden vor den Augen des Kaisers eine Mauer um seine Burg, die jede andere entbehrlich macht, sie geben ihm selbst als Träger der Leiche ein ehrenvolles Grabgeleit nach Reinhardsbrunn. In der volksthümlichen Erzählung der Eisenacher Dominikaner des 15. Jahrhunderts ist sein Bild verwandelt, da ist er seit der Mahnung des Schmieds von Ruhla ein strenger Herr und Gebieter der Großen des Landes, die die Kleinen bedrücken, ein milder Beschützer der Armen und Schwachen. Vor den Anschlägen der Großen kann er sich nur durch eiserne Rüstung bewahren, daher wird er „der Eiserne“ genannt. Schon früher, bereits im 13. Jahrhundert hat Cäsarius von Heisterbach ein abschreckendes Bild von seinem Verhalten gegen die Kirche und deren Diener entworfen und sicherlich stand er hinter anderen Fürsten seiner Zeit nicht zurück in der Anmaßung kirchlichen Besitzes. Sind die Erfolge, welche sein Streben nach Befestigung und Erweiterung seiner Macht erzielte, nicht so augenfällig als die seines Vorgängers, so hat er ihn doch sicherlich an geistiger Begabung und Selbständigkeit des Willens weit übertroffen.

Knochenhauer, Geschichte Thüringens.