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ADB:Konrad I. von Wittelsbach

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Artikel „Konrad von Wittelsbach“ von Cornelius Will in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 593–595, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_I._von_Wittelsbach&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 19:04 Uhr UTC)
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Konrad von Wittelsbach, Cardinal, Erzbischof von Mainz und von Salzburg, deutscher Reichserzkanzler. Geboren ungefähr in den zwanziger Jahren des 12. Jahrhunderts als der Sohn des Pfalzgrafen Otto, der sich zuerst von Wittelsbach nannte, war K. der Bruder jenes Otto, der 1180 vom Kaiser Friedrich Barbarossa das Herzogthum Baiern erhielt. Seine früheste Erziehung genoß er zu Salzburg und seine wissenschaftliche Bildung erwarb er sich zu Paris, wo er den berühmten Gelehrten und englischen Staatsmann Peter von Blois zum Mitschüler hatte. Außerdem ist von Konrads Leben vor seinem Pontifikat nur noch bekannt, daß er Salzburger Domherr war. Nach der höchst grausamen Ermordung des Erzbischofs Arnold v. Selenhofen zu Mainz wurde unser K. auf dem Concil zu Lodi 1161 durch den Einfluß Kaiser Friedrichs auf den erzbischöflichen Stuhl in Mainz erhoben. Seine Geistesgaben und die Vorzüge seines Charakters ließen ihn ganz geeignet erscheinen, die Würde des vornehmsten deutschen Metropoliten und höchsten Reichsbeamten zu bekleiden. Die Absicht des Kaisers, den Papst in eine ähnliche Stellung herabzudrücken, in welcher sich der Patriarch von Konstantinopel gegenüber dem oströmischen Gewalthaber befand, gab K. bald Gelegenheit, die glänzenden Eigenschaften seines persönlichen Wesens zu offenbaren. Den Kaiser zur Beseitigung des Schisma’s und zur Anerkennung des rechtmäßigen Papstes Alexander III. zu bewegen, war seine eifrigste Sorge. In der Hoffnung den Kaiser versöhnlich zu stimmen, begleitete er ihn nach Italien, wo Friedrich mit dem Gegenpapst Victor IV. im Lager vor Pavia zusammentraf, während Alexander III. sich nach Frankreich begab. Als die Mahnungen des Erzbischofs von Mainz, nach dem plötzlichen Tode Victors IV. der Kirche die Einheit wiederzugeben, bei dem Kaiser kein Gehör fanden und dieser für das Jahr 1165 einen Reichstag nach Würzburg ausgeschrieben hatte, um einen entscheidenden Schlag gegen Alexander III. zu führen, hielt es K. für seine Pflicht, die Partei des Kaisers offen zu verlassen. Von einer Wallfahrt nach San Jago di Compostella in Spanien nahm er die Rückreise über Frankreich und brachte in Sens dem Papste Alexander durch einen Eid seine Huldigung dar. Die Haltung Konrads erbitterte den Kaiser in dem Grade, daß er den treuen Oberhirten der Mainzer Kirche seines Bisthums entsetzte und seine Besitzungen mit Feuer und Schwert verwüsten ließ. K. lebte nun in der Verbannung bei Papst Alexander in Frankreich. Doch gewann 1165 die Partei Alexanders in Rom die Oberhand, so daß der Papst in Begleitung Konrads im Triumphe in der Hauptstadt der christlichen Welt einziehen konnte. Noch vor dem Schlusse dieses Jahres gab der Papst dem standhaften Erzbischof K. glänzende Beweise der höchsten Gunst und Werthschätzung, indem er ihn zum Cardinalpriester mit dem Titel von St. Marcellus, dann zum Bischof von Sabina weihte und endlich dem Gewählten von Mainz die Consecration als Erzbischof ertheilte. Zum Oberhirten der Mainzer Diöcese aber hatte der Kaiser mittlerweile den kriegerischen Christian v. Buch eingesetzt. Da K. vom apostolischen Stuhle auch zum Legaten für Baiern ernannt worden war, hatte er die ebenso wichtige als schwierige Mission zu erfüllen, die Salzburger Diöcese zum Gehorsam gegen den rechtmäßig eingesetzten und bestätigten Erzbischof Adalbert, einen Sohn des böhmischen Königs Wladislaus II., zu bringen. Daß Cardinal K. entgegen den gemessenen Befehlen des Papstes den Erzbischof Adalbert aufgab und sich auf die Seite des an Stelle Adalberts zum Erzbischof von Salzburg gewählten Propstes Heinrich von Berchtesgaden stellte, hat ihm vielfach den Vorwurf zugezogen, daß er mehr auf die Vergrößerung der wittelsbachischen Hausmacht, als auf die Interessen der Kirche bedacht gewesen sei, wofür sich aber nicht der geringste quellenmäßige Beweis beibringen läßt. Das Verhalten Konrads in den Salzburger Wirren findet unter Anderem seine Erklärung besonders [594] darin, daß der böhmische Adalbert, selbst von seinem Domkapitel verlassen und der Simonie beschuldigt, sich genöthigt sah, auf dem Friedenscongreß zu Venedig 1177 den Verzicht auf das Erzbisthum Salzburg in die Hände des Papstes niederzulegen. Dieser Friedensschluß von Venedig, welcher die Aussöhnung zwischen Kaiser und Papst herbeiführte, brachte dem Cardinal K. nicht den Lohn, welchen er von seiner Treue und Hingebung an die Kirche erwarten durfte; ja er verlangte sogar ein sehr schmerzliches Opfer von ihm. Er, der eifrige und geschickte Vertheidiger des römischen Stuhles, der canonisch gewählte und vom Papste geweihte Erzbischof von Mainz mußte auf dieses Erzbisthum verzichten. Denn der Kaiser machte das Zustandekommen des Friedens davon abhängig, daß Christian v. Buch Erzbischof von Mainz bleibe; andererseits konnte diesen der Papst nicht verwerfen, weil Christian für den Frieden am meisten bemüht gewesen war und den Kaiser namentlich durch die Erklärung versöhnlicher gestimmt hatte, daß er im Herzen Alexander längst als den wahren Papst verehre. Aus dem Berichte des Cardinals K. an den Papst geht hervor, wie schmerzlich ihn die angesonnene Verzichtleistung berührte, aber der in der Treue gegen die Kirche so oft erprobte Wittelsbacher brachte um des Friedens willen auch dieses Opfer, „da es seine Pflicht sei, sich nicht um seine, sondern um die Sache Jesu Christi zu kümmern.“ Diesen hochherzigen Entschluß lohnte der erfreute Papst damit, daß er K. in Uebereinstimmung mit dem Kaiser an Stelle Adalberts zum Erzbischof von Salzburg wählen ließ. Der neue Erzbischof, der auch das Bisthum Sabina beibehielt und dem die Würde als apostolischer Legat gewahrt blieb, hielt 1178 eine Provinzialsynode in Hohenau, auf welcher die so sehr gestörten kirchlichen Verhältnisse seiner Erzdiöcese geordnet wurden. Zu Attel (am Inn) weihte er den früher zum Erzbischof von Salzburg gewählt gewesenen Propst Heinrich von Berchtesgaden zum Bischof von Brixen. Als im J. 1179 die elfte allgemeine (dritte lateranensische) Synode in Rom zusammentrat, ging auch der Cardinal-Erzbischof K. mit seinem Bruder, dem Pfalzgrafen Otto VI. von Wittelsbach, über die Alpen, um daran Theil zu nehmen. Während der Papst bei dieser Gelegenheit seinem bewährten Freund zahlreiche Gunstbezeugungen gewährte, hielt es auch der Kaiser im folgenden Jahre 1180 an der Zeit, seinem treuen Waffengefährten, dem tapferen Bruder des Cardinals, Otto VI., durch Verleihung des Herzogthums Baiern die verdiente Anerkennung zu Theil werden zu lassen. Doch sollte Otto diese Auszeichnung nur drei Jahre überleben. Er hinterließ einen minderjährigen Sohn[WS 1], für welchen der Cardinal gemeinsam mit Otto dem Jüngeren die vormundschaftliche Regierung Baierns führte.

Weit erheblichere Folgen als der Tod des Herzogs von Baiern hatte für K. der im nämlichen Jahre (1183) erfolgte Tod des Erzbischofs Christian von Mainz. Das Domkapitel war schnell entschlossen, den durch widrige Verhältnisse aus seiner Würde verdrängten K. von Wittelsbach auf den vornehmsten Metropolitansitz Deutschlands zurückzuführen. So nahm jener zum zweiten Male von dem erzbischöflichen Stuhl des heiligen Bonifacius Besitz unter Lobpreisungen der Gerichte Gottes und unter dem Jubel der Bevölkerung. Der Kaiser Friedrich gab ihm den größten Beweis seines Vertrauens und seiner Verehrung dadurch, daß er seinen Sohn, den jungen König Heinrich, unter den Schutz des Erzbischofs K. stellte und zwar geschah dieses bei Gelegenheit des glänzendsten Nationalfestes, das jemals auf deutschem Boden 1184 vor den Thoren von Mainz gefeiert wurde. Inzwischen war der Papst Alexander III. (1181) gestorben und unter seinem Nachfolger Lucius III. drohten durch die Uebergriffe des Kaisers neue Verwicklungen mit dem römischen Stuhl; noch gefährlicher wurde die Lage, als mit Urban III. ein höchst energischer Mann den päpstlichen Stuhl bestiegen hatte. Daß es nicht zu den heftigsten Kämpfen diesseits und jenseits der Alpen kam, ist einerseits wol dem versöhnlichen Auftreten Konrads zu danken, andererseits [595] aber einem Ereigniß, das die ganze Christenheit alarmirte. Die Eroberung Jerusalems durch Saladin 1187 setzte mit einem Schlage allen inneren Streitigkeiten ein Ziel. Auf dem Reichstage zu Mainz 1188 („Reichstag Jesu Christi“) wurde ein Kreuzzug beschlossen, dessen Führung der Kaiser selbst übernahm. K., der mit aller Kraft für die Ausführung thätig war, eilte dem Heere voraus, um die nöthigen Vorbereitungen für den Durchzug in den unteren Donauländern zu treffen; an dem Zuge selbst nahm er keinen persönlichen Antheil. Das große Unternehmen mißglückte gänzlich, der Kaiser fand seinen Tod im Flusse Saleph. Es war ein Glück für den jungen König Heinrich, daß in den Wirren und Unruhen, welche besonders Heinrich der Löwe erregt hatte, der Erzbischof als treuer Berather mit seiner Erfahrung und Energie ihm zur Seite stand; es gelang ihm auch wirklich den Löwen auf diplomatischem Wege zur Ruhe zu bringen. Im J. 1197 sehen wir den deutschen Erzkanzler, dem Drange seines Herzens folgend, an der Spitze eines großen Heeres in das heilige Land ziehen. Glücklich landete er nach einer 22tägigen Fahrt auf morgenländischem Boden. In Beirut erhielt er die Kunde von dem schnellen Ableben des im besten Mannesalter stehenden Kaisers Heinrich. Die in Folge dieses Ereignisses rasch eintretende Zerklüftung in Deutschland, wo sich ein Staufer und ein Welfe um die Herrschaft stritten, bewog den Cardinal im Juni 1198, nachdem er zu Tarsus den König Leo II. von Armenien gekrönt und den Papst Innocenz III. in Rom besucht hatte, in die Heimath zurückzukehren. Allein bei seiner Ankunft in Deutschland war der Zwiespalt schon zu weit gediehen, waren die Leidenschaften zu erregt, als daß die Macht seines Ansehens noch im Stande gewesen wäre, den schlimmen Verhältnissen Einhalt zu gebieten. Während die beiden Nebenbuhler, Philipp von Schwaben und Otto von Braunschweig, sich bekriegten, übernahm K., obwol das ungewohnte Klima des Orients seine Gesundheit schwer erschüttert hatte, auf den Wunsch des Papstes die Rolle eines Vermittlers zwischen den Söhnen des Königs Bela von Ungarn. Es gelang ihm zwar zwischen den beiden feindlichen Brüdern Frieden zu stiften, aber dieser Erfolg war seine letzte politische That. Auf der Rückkehr aus Ungarn ereilte ihn, noch ehe er sein Bisthum erreicht hatte, zu Riedfeld in Mittelfranken der Tod, wahrscheinlich am 25. October des Jahres 1200. Er soll in zahlreicher Umgebung bei der Tafel plötzlich gestorben sein. Die Leiche wurde durch Bischof Wolfger von Passau im Dome zu Mainz beigesetzt. Sein Grab konnte bisher nicht aufgefunden werden. Die hohe politische Bedeutung und die Größe des Ansehens, das der römische Cardinal und deutsche Reichserzkanzler bis zur letzten Stunde seines Lebens genossen, treten gerade bei seinem Tode in der unverkennbarsten Weise hervor. Denn kaum hatte er die Augen geschlossen, als der Geist der Empörung und der Zügellosigkeit alle Bande der Ordnung löste. Jeder der beiden Gegenkönige suchte einen ihm genehmen Candidaten auf den Stuhl von Mainz zu erheben, so daß während acht Jahren zwei Bischöfe in Mainz sich gegenüberstanden. Schließlich wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß K. v. Wittelsbach trotz der trefflichsten Eigenschaften des Geistes und Herzens, trotz der unerschütterlichen Festigkeit des Charakters und der treuesten Erfüllung seiner Pflichten als Staatsmann und Kirchenfürst, doch wiederholt sehr abfällig beurtheilt worden ist. Indessen hat es in der neueren Zeit nicht an Stimmen gefehlt, welche ihm Gerechtigkeit widerfahren ließen, und namentlich war ich in der aus Veranlassung des 700jährigen Wittelsbachischen Jubiläums im J. 1880 erschienenen Festschrift: Konrad v. Wittelsbach, Cardinal, Erzbischof von Mainz und von Salzburg, deutscher Reichserzkanzler. Von Dr. Cornelius Will (Regensburg bei Pustet) bemüht, dem großen Sohne des Hauses Wittelsbach den wohlverdienten Ehrenplatz in dem Buche der Weltgeschichte zu wahren.


Anmerkungen (Wikisource)