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ADB:Wolfger von Ellenbrechtskirchen

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Artikel „Wolfger von Ellenbrechtskirchen“ von Franz von Krones in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 124–126, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wolfger_von_Ellenbrechtskirchen&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 23:34 Uhr UTC)
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Wolfger von Ellenbrechtskirchen, Bischof von Passau (1191 bis 1204), Patriarch von Aquileja (1204–1218), † am 24. Januar 1218. Er entstammte einem alten bairischen Adelsgeschlechte, dessen verschollene Stammburg beim heutigen Hofkirchen im Landgericht Vilshofen a. d. Donau stand, und dürfte der Sohn Wernhers v. E. sein. Er und sein Bruder Sighard waren die letzten Sprößlinge des Hauses, denn beide traten in den geistlichen Stand. Sighard, Erzpriester von S. Pölten, der Hauptstadt des Passauer Sprengels in Niederösterreich, verliert sich seit 1208 aus der Geschichte. Seit 1183/1184 taucht W. urkundlich als Propst von Zell am See und von Münster auf, welche beide Propsteien er bis zu seiner Wahl zum Bischof von Passau (11. März 1191) innehatte. Am 2. Juni d. J. weihte ihn Ezb. Adalbert III. von Salzburg zum „Priester“, welche Weihen er mithin früher nicht hatte, am 9. Juni zum Bischof; am 12. d. M. wurde W. in Passau feierlich eingesetzt. Vorher, im März 1191, hatte sich W. die Regalien bei König Heinrich VI. in Italien auftragen lassen. 1192 suchten das Bisthum der verwüstende Krieg zwischen Ludwig, dem Herzoge Baierns, auf der einen, den Grafen von Bogen und dem Böhmenherzoge auf der anderen Seite, und die Fehde der Ortenburger mit Leopold V. v. Oe. und den Andechs-Meranern verwüstend heim. 1193 bis 1194 befand sich W. in der Umgebung des Kaisers, als es sich um Haft und Lösung König Richard’s (Löwenherz) von England handelte, und wurde dem Staufer durch seine Dienste hierbei sehr werth, was ihm auch greifbaren Vortheil bescheerte. 1195 finden wir W. in Italien als „treuen Vermittler“ zwischen Kaiser und Papst; er kehrte dann nach Deutschland zurück und nahm am Wormser Reichstage (Anf. Dec. 1195) das Kreuz. – Die Pilgerfahrt trat er im Mai 1197 in Gesellschaft Hz. Friedrich’s I. von Oesterreich an, befand sich Ende Juli zu Linaria in Sicilien bei K. Heinrich VI. Im Morgenlande blieb er dem sterbenden Babenberger Friedrich I. († am 16. April 1198) zur Seite und begab sich dann nach Deutschland, in seine Diöcese zurück. 1199 ging er nach Rom, um den Spitalsbrüdern der h. Maria die päpstliche Sanction als deutscher Ritterorden zu erwirken, was bis zum Tode seines kaiserlichen Gönners Heinrich’s VI. († am 28. Sept. 1197) nicht gelungen war, und jetzt (Febr. 1199) gelang.

In dem deutschen Thronkriege zwischen dem Staufer Philipp und Otto dem Welfen stand W. seit 1200 entschieden auf Seite des ersteren und dürfte an dem im Januar 1202 zu Halle abgefaßten Proteste der deutschen Fürsten an P. Innocenz IV. in Hinsicht des Verhaltens des römischen Legaten, wesentlichen Antheil gehabt haben, gerade so wie an den vorhergehenden Berathungen beim [125] Bamberger Krönungsfeste K. Philipp’s. Aus den mehr als in einer Hinsicht so werthvollen „Reiserechnungen“ der Kleriker seines Gefolges für die Zeit vom September 1203 bis Januar 1204 entnehmen wir Wolfger’s Wanderung nach Wien, bei welcher Gelegenheit (Nov. 1203) Walther von der Vogelweide in seinem Gefolge (?) auftaucht, sodann an die böhmische Grenze und wieder zurück nach Passau, wo W. am 3. Januar 1204 ankam. Bald darauf, wie dies die weiteren Reiseaufzeichnungen darlegen, trat er die Wanderung nach Rom an, um hier für die Sache K. Philipp’s und die eigene zu wirken, und andererseits die Anerkennung der zweiten Ehe K. Ottokar’s II. von Böhmen beim Papste zu erlangen, in der Angelegenheit der Kreuzfahrt K. Emerich’s von Ungarn zu vermitteln, was alles mit jener Reise nach Oesterreich und ans böhmische Gemärke im Zusammenhange stehen dürfte. Vor dieser Reise nach Rom fand nämlich noch die Wanderung Wolfger’s von Wien nach Theben, b. Preßburg, (Ende März 1204) statt, welche die Verhandlungen mit Ungarn betroffen haben muß; dann finden wir ihn am 1. April zu W. Neustadt, um von hier die Alpenstraße durch Steier und Kärnten nach Italien einzuschlagen. Den 9. April treffen wir ihn zu Villach, am 12. auf dem Boden Friauls, in Gemona-Klemaun; dann führt die Reise über Pordenone nach Treviso, Padua (17. April), weiter nach Ferrara, Bologna, Florenz, wo er das Osterfest beging, weiter nach Viterbo und Sutri; am 4. Mai erreichte W. die Siebenhügelstadt. Auf dieser Reise rechnete er längst schon mit einem Ereigniß, das bald darauf eintrat, nämlich mit dem Ableben des Patriarchen Peregrin von Aquileja († am 15. Mai 1204), da er bereits für diesen Fall seines Anhanges beim Domcapitel des h. Hermagoras sicher war, und andererseits, was Passau betrifft, für die Wahl des aquilejischen Dompropstes Poppo zu seinem Nachfolger vorgearbeitet hatte, was freilich durch die Bewerbung des Freisinger Bischofs Otto aus dem Grafenhause Berg, zu Gunsten seines Bruders Mangold–Maingot, Propstes von Münster, bei W. selbst (März 1204) durchkreuzt werden sollte. 1204, noch im Mai, wurde W. in Aquileja zum Patriarchen gewählt, am 24. Juni ertheilte ihm P. Innocenz III. die Erlaubniß zur Annahme der Wahl, was voraussetzt, daß W. sich trotz seiner bisherigen staufischen Parteistellung mit der Curie günstig aus einander gesetzt und dem Papste bestimmte Bürgschaften geboten haben müsse. Andererseits kam auch thatsächlich die Wahl Poppo’s zum Passauer Bischof zu Stande, der aber nur kurze Zeit (1204 bis 1205) diese Stellung einnahm; Mangold wurde sein Nachfolger. Der neue Patriarch, unser W., verstand es, seine Stellung als deutscher Reichsfürst zu wahren und sich aller Schleppträgerei in der welfischen Parteinahme des Papstes fern zu halten; er war es, der es als Reichslegat sogar zur Anerkennung König Philipp’s durch den Papst brachte (1205–1206). Als aber 1208 K. Philipp ein Opfer der Rachsucht des Pfalzgrafen von Wittelsbach geworden, hatte W. keinen Grund, der Weisung Innocenz III. zu Gunsten Otto’s IV. zu widerstreben, unterließ es aber auch nicht, sich schon 1209 die durch die Aechtung der Andechs-Meraner veranlaßte Wandlung der Dinge in Krain und Istrien zu Nutze zu machen und für sein Hochstift den bereits 1077 verbürgten Anspruch auf das aquilejische Marchionat in den beiden genannten Ländern von Seite Otto’s IV. neuerdings bestätigen zu lassen. Zuvor hatte jedoch W. als Bevollmächtigter des neuen Königs, Otto IV., den Weg aus Deutschland nach Italien eingeschlagen, die Bologneser zu ihren Verpflichtungen gegen das Reich gezwungen, den Florentinern eine Buße von 10 000 Mark für ihre Widerspenstigkeit aufgetragen und so der Romfahrt und Kaiserkrönung des Welfen die Wege geebnet. Als dann bald Otto IV. mit seinem bisherigen Gönner P. Innocenz III. zerfiel und gebannt wurde, und der Sohn K. Heinrich’s VI., Friedrich II., als [126] Schützling der Curie auf der Bildfläche erschien, konnte W. seiner angestammten staufischen Gesinnung um so leichter wieder gerecht werden. Der neue König, der den welfischen Kaiser immer mehr in den Hintergrund drängte, bewies sich auch 1214, 7. August, durch die Freiheitsurkunde für Aquileja erkenntlich, was im Beisein Wolfger’s auf dem Augsburger Hoftage erfolgte. 1215 wurde W. zum Concil nach Rom entboten, während der Graf Meinhard II. v. Görz zum Einfalle in das Gebiet seines Lehnsherrn, des Patriarchen, rüstete. Der gebannte Graf mußte sich jedoch bald zur Einstellung der Feindseligkeiten (1216) bequemen. Dem Patriarchen gelang es auch, nach seiner Rückkehr die angriffslustigen Venetianer zu beschwichtigen, im Auftrage P. Honorius III. den Frieden zwischen der Republik, den Trevisanern und Paduanern zu erwirken und sich auch mit Hz. Leopold VI. von Oesterreich über strittige Besitzrechte zu vertragen (1217). Er starb, angeblich 82 Jahre alt, am 24. Januar 1218 als einer der geachtetsten Inhaber des Patriarchates deutschen Stammes, der auch seine Beziehungen zu Walther von der Vogelweide aufrecht hielt und von diesem selbst mit Dichtungen bedacht wurde. Er verstand es, den meist unbotmäßigen Vasallenadel Friauls im Zaume zu halten, machte sich um das Münzwesen seines Hochstiftes verdient, stiftete zum Besten der Pilger ein den Johannitern übergebenes Hospiz zu Camarcio bei Aquileja, wußte die Handelsinteressen Friauls zu wahren, geordnete Zustände zu schaffen und zu halten und allgemein beliebt zu bleiben.

Catalogus recentior. episc. Patav. (Pez, scr. rer. austr. I, 17). – Buchinger, Gesch. des Fürstenthums von Passau I. (München 1816). – Schöller, Die Bischöfe v. Passau (Passau 1844). – de Rubeis, Monum. eccl. Aquilej. 1740 (p. 651–664). – Liruti, delle cosi del Friuli (Udine, II, S. 183–206). – Manzano, Annali del Friuli, II. – Graf Coronini, Aquileja’s Patriarchengräber (Wien 1867). – J. Czörnig, Das Land Görz-Gradiska (Wien 1873). – Buttazoni, Del patriarca Volchero (Triest 1871). – Zingerle, Reiserechnungen Wolfger’s v. E. (Heilbronn 1877). – Winkelmann, Jhb. d. d. R. u. Philipp v. Schwaben u. Otto IV. (Leipzig 1873, 1878). – Kalkoff, Wolfger v. Passau, 1191–1204 (Weimar 1882). – Juritsch, Gesch. d. Babenberger (Innsbr. 1894).