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ADB:Mansfeld, Albrecht III. Graf von

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Artikel „Mansfeld, Albrecht III. Graf von“ von Hermann Größler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 215–221, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mansfeld,_Albrecht_III._Graf_von&oldid=- (Version vom 12. Dezember 2024, 14:10 Uhr UTC)
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Mansfeld: Albrecht III., Graf von M., unter den Mansfelder Grafen der Reformationszeit wol der merkwürdigste, am 18. Juni 1480 zu Leipzig geboren, war ein Sohn des Grafen Ernst I. von Mansfeld jüngerer Linie und der Gräfin Margaretha, einer Tochter des Grafen Gebhart VI. von Mansfeld. Er wurde der Begründer der hinterortischen Linie des Mansfelder Grafenhauses, welche nach einem der drei auf Burg Mansfeld unter dem Namen Vorder-, Mittel- und Hinterort neben einander innerhalb derselben Ringmauer stehenden und verschiedenen Linien des Hauses als Residenz dienenden Schlösser, nach dem 1511 von Albrecht erbauten Hinterorte benannt war, zu welchem ein Fünftel der Gesammtgrafschaft gehörte.

Die weltgeschichtliche Bedeutung dieses Grafen besteht besonders in seinen persönlichen Beziehungen zu Luther und in seinem thatkräftigen Eintreten für die Sache der Reformation, der er große Opfer gebracht hat. An fast allen wichtigen Begebenheiten der Reformationszeit war er persönlich betheiligt, so daß in seinem Leben und in seinen Geschicken sich geradezu die Entwickelung und das Geschick des Protestantismus abspiegelt, Grund genug, eine lebhafte Theilnahme für das Leben dieses Mannes zu empfinden. Er war einer der ersten vom hohen deutschen Adel, der sich trotz großer persönlicher Gefahr offen für die Sache des Evangeliums erklärte und allezeit unentwegt für dasselbe eingetreten ist, während seine Vettern entweder beim alten Glauben verharrten oder doch zeitweise zu Nachgiebigkeit sich verleiten ließen. Die Hinneigung Albrechts zur Sache des Evangeliums dürfte auf unmittelbare persönliche Einwirkung Luther’s zurückzuführen sein, die vermuthlich bis ins J. 1516 zurückreicht, in welchem Luther das von dem Grafen in der Neustadt Eisleben gegründete Augustinerkloster zu St. Annen visitirte, bei welcher Gelegenheit er die persönliche Bekanntschaft des Grafen gemacht haben mag, wenn dies nicht schon früher der Fall war. Allgemein bekannt ist, daß, wie Luther selbst erzählt, Graf Albrecht ihn 1518 zu Gräfenthal erwischte, als er auf der Heimreise von Augsburg nach Wittenberg begriffen war und, nachdem er seiner Reiterei gelacht, bei sich zu Gaste lud. Seit dieser Zeit wurden die Beziehungen beider zu einander eng und dauernd. Luther schrieb dem Grafen im J. 1521 von Eisenach aus ausführlich über seine Erlebnisse auf dem Wormser Reichstage und widmete ihm in demselben Jahre den ersten Theil seiner Kirchenpostille, welche er späterhin sein bestes Buch nannte. Schon dieser Umstand, wie auch der andere, daß Luther am Schlusse seiner Widmung den Wunsch ausspricht, Gottes Gnade wolle den Grafen für Menschenlehren gnädig behüten und auf göttlicher Lehre richtig und fest behalten, beweist zur Genüge, daß Graf Albrecht von Luther bereits als ein zuverlässiger Freund und Gönner des Evangeliums angesehen wurde. Daß sich Luther in seiner Voraussetzung nicht geirrt hatte, bekundete sich bald dadurch, daß Albrecht die Aufforderung des Herzogs Georg von Sachsen, er möge seine Unterthanen bei alter christlicher Gewohnheit erhalten und die dawider Handelnden in Strafe nehmen, unbeachtet ließ (1522). Wol aber bot er sich dem über einige wenig glimpfliche Aeußerungen Luther’s erbitterten Herzoge im Februar 1523 als Vermittler an, erlangte aber von Luther nur das Zugeständniß, so Seine fürstliche Gnaden das Evangelium gehen und wirken lasse, wolle er sich auch aller Unterthänigkeit gegen dieselbe befleißen. – Wenige Monate später traf Albrecht abermals mit Luther in Torgau zusammen, wo er ihn ersuchte, er möge doch für einen dem Evangelio geneigten Freund – unter welchem er wol sich selber meinte – auseinander setzen, wie unsere christliche Lehre recht sei und auch öffentlich mit dem Munde bekannt werden müsse. Luther entsprach diesem [216] Wunsche in einem ausführlichen Schreiben vom 3. Juni 1523, in welchem er ausdrücklich betont, es sei nicht zulässig, Christum und sein Werk nur in einzelnen Stücken zu bekennen, weil vielleicht gewisse Tyrannen dies oder jenes Stück nicht leiden möchten (offenbar eine Anspielung auf Herzog Georg). Denn wer Christum in einem Stücke verleugne, der verleugne ihn in allen Stücken. Die Wirkung dieser Mahnung auf Albrecht zeigte sich außer in anderen auch darin, daß derselbe im Frühjahr 1523 nicht nur mehreren aus dem Kloster Wiederstedt ausgetretenen Nonnen Zuflucht auf dem Schlosse Hinterort gewährte, sondern auch die Auflösung des etwa ein Jahrzehnt zuvor erst von ihm selbst gegründeten St. Annenklosters in Eisleben dadurch besiegelte, daß er die Klosterkirche der Neustädter Gemeinde als Pfarrkirche, die Klostergebäude dagegen als Pfarre und Schule zuwies, wobei bemerkt zu werden verdient, daß diese Neustädter Schule höchst wahrscheinlich die erste evangelische Schule der Grafschaft war. In demselben Jahre berief er auch einen glühenden Verehrer des Evangeliums und Lieblingsschüler Luther’s, den hochbegabten Magister Michael Stiefel, als Hofprediger zu sich, der auch alsbald mit voller Begeisterung für die Lehre Luther’s eintrat. Schon 1524 waren, offenbar eine Folge seines Einflusses, in der Mansfelder Stadtkirche alle katholischen Ceremonien abgeschafft. Kurz vor Ostern 1525 erklärte sich Graf Albrecht mit seinem auf Seeburg residirenden Bruder Gebhart öffentlich für die Sache der Reformation und that nunmehr in Gemeinschaft mit demselben entscheidende Schritte, um ihr in der Grafschaft zum Siege zu verhelfen.

Zunächst jedoch wurden diese Bestrebungen durch den Bauernaufruhr unterbrochen, welcher über Thüringen und die Grafschaft Mansfeld gerade damals verheerend hereinbrach. Als Thomas Münzer in Mühlhausen einen völligen Umsturz der bestehenden Verhältnisse bewirkt hatte und, nach Luther’s Ausspruch, König, Kaiser und Papst in einer Person, als ein zweiter Gideon einen neuen Musterstaat mit allen Mitteln der Gewalt zu errichten sich anschickte, rechnete er namentlich auf die wirksame Hilfe der Mansfelder Bergleute. In einem an die mansfeldischen „Berggesellen“ gerichteten, nach Melanchthon’s treffendem Urtheil „sehr teufelischen“ Briefe forderte er dieselben auf, nicht länger zu schlafen, sondern endlich Ernst zu machen, ihr Schwert nicht kalt werden zu lassen vom Blut und erbarmungslos gegen die Bösewichter, d. h. gegen alle Regierenden, vorzugehen. Ueberall im Mansfeldischen wohnten Bundesglieder, die nur auf das Zeichen zum Losschlagen warteten, namentlich im Gebiete des Grafen Albrecht. Gleich nach Ostern brach der Aufstand in Thüringen los und nun suchte der Graf seine Unterthanen auf alle mögliche Weise in Ruhe zu erhalten. „Er ließ es sich sauer werden, gab den Bergleuten die besten Worte, damit sie sich nicht auch zu den aufrühterischen Rotten ins Feld begäben, ritt auch selbst auf den Harz und gebrauchte sonderliche Listigkeit mit Versteckung etlicher weniger Pferde, damit er den Harzbauern (in seinem Amte Rammelburg) erstlich eine Furcht einjagte, darnach sie mit guten und bösen Worten dahin brachte, daß er sie still behielt.“ Gerade in jener unruhigen Zeit war Luther mit Melanchthon auf dem Wege nach Eisleben, um dort Graf Albrechts neue evangelische Schule, aus der späterhin das Gymnasium erwuchs, einzurichten. Kaum hatte er von den ausgebrochenen Unruhen gehört, so versuchte er durch Predigten in der aufrührerischen Gegend die Schwarmgeister zu dämpfen, aber diesmal ohne Erfolg. Am 3. Mai 1525, auch des Tages zuvor und hernach, wurden alle Mönchs- und Jungfrauenklöster in der Grafschaft Mansfeld „gepocht und geplündert“; manche wurden völlig, andere nur zum Theil zerstört. Allen Bemühungen Albrechts und Luther’s zum Trotz blieb kein einziges Kloster verschont; sogar die in den Städten gelegenen verfielen der Plünderung und Verwüstung. Wie allgemein auch in den [217] Städten die Aufregung war, beweist der Umstand, daß am 4. Mai die Grafen von Mansfeld, Albrecht an ihrer Spitze, die ganze Gemeinde der Stadt Eisleben vor das hohe Thor forderten, daselbst ihre Beschwerung anhörten und ihnen Antwort darauf gaben. Vermuthlich aber wären auch die letzten Bande der Ordnung und frommen Scheu gelöst worden, wenn nicht Albrecht durch sein entschlossenes Handeln in der Grafschaft und deren Umgebung alle weiteren Aufruhrgelüste gedämpft hätte, allerdings ermuthigt und fest gemacht durch eine Mahnung Luther’s, der dem gräflichen Rathe Rühel in Eisleben schrieb, er möge ja nicht helfen den Grafen Albrecht weich zu machen. Derselbe möge vielmehr sein Schwert gegen die Räuber und Mörder gebrauchen, so lange sich eine Ader in seinem Leibe rege. Seine Gnaden möge die Sache Gott anheim geben und dessen Befehle, das Schwert zu führen, genug thun. Albrecht folgte diesem Rathe sofort, indem er alle zuverlässige Mannschaft zusammenzog und sich auf die Verfolgung der Klosterstürmer begab, die sich bei Groß-Osterhausen südlich von Eisleben gelagert hatten. Gegen 70 Bauern wurden niedergemacht; die übrigen zogen sich auf den Frankenhäuser Haufen zurück. Albrechts Sieg bewirkte, daß der Aufruhr die Saale nicht überschritt und auch die Kampflust des Haupthaufens der Bauern bedeutend abgekühlt wurde. Diese veränderte Stimmung gedachte Albrecht zu einem Aussöhnungsversuche zu benutzen. Da aber die bereits verabredete Zusammenkunft einen Aufschub erlitt, so benutzte Münzer, welcher gar wol einsah, daß er bei einem Vergleiche zwischen den Fürsten und Bauern die Kosten mit seinem Leben werde bezahlen müssen, die ihm gegönnte Frist, um jede Versöhnung durch maßlose Verhöhnung der Gegner unmöglich zu machen. Er verkündete daher am 12. Mai in einem Briefe dem Grafen Albrecht, es sei Gottes Wille, daß solche Tyrannen und bösewichtische Obrigkeiten, wie er, vom Stuhle gestoßen würden; daß das Fleisch der Fürsten von den Vögeln des Himmels gefressen und das Blut der großen Hansen von den unvernünftigen Thieren gesoffen werde. Nur wenn sich der Graf vor der Bauerngemeinde entschuldige und rechtfertigen könne, werde man ihn für einen gemeinen Bruder haben. Aehnlich, nur noch viel gröber, schrieb er an Albrechts katholischen Vetter, den Grafen Ernst auf Schloß Heldrungen. Bei einem so frechen und prahlerischen Gebahren des Oberhauptes der Bauern mußte das Schwert die Entscheidung herbeiführen. Gleichwol wurde auf Albrechts Vorschlag vor Beginn der Schlacht den Bauern nochmals ein Vergleich angeboten, falls sie Münzer und seinen Anhang lebendig ausliefern wollten, aber Münzer verstand es, durch einen feigen Mord mehrerer Gefangenen auch bei den Mildgesinnten jeden Gedanken an Schonung zu ersticken. Es kam am 15. Mai zur Schlacht, in welcher, wie bekannt, 5000 Bauern das Leben verloren. Münzer selbst, der sich feige in ein Bett verkrochen hatte, wurde an Briefen des Grafen Albrecht, die er noch bei sich trug, erkannt und erhielt den verdienten Lohn.

Nach Beseitigung dieser furchtbaren, allem Bestehenden den Umsturz drohenden Gefahr konnte sich Albrecht wieder mit voller Hingebung der weiteren Verbreitung des evangelischen Glaubens in seinem Ländchen widmen. Nachdem er bereits 1524 auf Luther’s Vorschlag an Stiefel’s Stelle den vortrefflichen Michael Coelius als Hofprediger nach Mansfeld berufen hatte, richtete er in Eisleben, wiederum dem Rathe Luther’s folgend, in Gemeinschaft mit seinem Bruder Gebhart eine evangelische Schule ein, zu deren Rector er den Gehilfen Luther’s, Johannes Agricola, einen gebornen Eisleber und nachmaligen Generalsuperintendenten der Kurmark Brandenburg, berief, und aus welcher der erste evangelische Katechismus in deutscher Sprache hervorging. Zugleich besetzte er die Pfarren zu St. Nikolai, St. Petri und St. Annen in Eisleben mit evangelischen Predigern und setzte es durch, daß an der St. Andreaskirche neben dem [218] bekannten mehrmaligen Convertiten Georg Wizel, der hier das Pfarramt bekleidete, Caspar Güttel, der eigentliche Reformator Eislebens, als Nachmittagsprediger eingeführt wurde, wie auch sämmtliche hinterortischen Klöster sammt dem in gemeiner Herrschaft gelegenen Karmeliterkloster zu Hettstedt mit ihren Einkünften wenigstens zum Theil dem Zwecke evangelischer Predigt gewidmet wurden. Diesem thatkräftigen Vorgehen Albrechts setzten die katholischen Grafen möglichsten Widerstand entgegen. Zunächst verweigerten sie den von Albrecht geforderten Mitgebrauch der Stiftskirche auf dem Schlosse Mansfeld für den evangelischen Gottesdienst. Der Graf, ungewiß, wie er sich dieser Weigerung gegenüber verhalten sollte, fragte Luther um Rath. Dieser schrieb ihm zurück, dem Worte Gottes dürfe er nichts vergeben, aber die Stiftskirche möge er fahren lassen als ein äußerlich Ding. Keinesfalls aber dürfe er zugeben, daß das Evangelium in der gemeinen Herrschaft (d. h. in den den Grafen gemeinsam unterworfenen Städten Eisleben, Hettstedt und Mansfeld) unterdrückt werde, denn hier gehe die Sache nicht Holz, Stein oder Raum, sondern die Gewissen an. Auf die Frage des Grafen, ob er sich zum Schutze seines Glaubens in ein Bündniß einlassen dürfe, entgegnete L., gegen die Obrigkeit sei kein Bündniß zulässig, wol aber gegen die nicht zur Obrigkeit gehörigen Mitstände des Reichs.

Auf dem Schlosse Mansfeld kam es nun zu erbitterten theologischen Kampfpredigten und einer Disputation zwischen Coelius und den zahlreichen theologischen Berathern des katholisch gesinnten Grafen Hoier, in welcher Coelius zu Albrechts Freude wacker Stand hielt. 1526 trat Albrecht mit seinem Bruder Gebhart dem zwischen dem Kurfürsten Johann und dem Landgrafen Philipp von Hessen abgeschlossenen Bündnisse bei und unterzeichnete auch die Urkunde, durch welche die Stadt Magdeburg in den Bund aufgenommen wurde. Welch großes Vertrauen man evangelischerseits in die Umsicht, Erfahrung und Thatkraft Albrechts setzte, erhellt daraus, daß die auf dem ersten Reichstage zu Speier versammelten evangelischen Fürsten den Grafen Albrecht nach Spanien zum Kaiser zu entsenden gedachten, um denselben um Aufhebung des Wormser Edictes und die Berufung eines Nationalconcils zu bitten, eine Reise, die jedoch überflüssig wurde, da der Krieg, in welchen der Kaiser verwickelt wurde, die Ausführung des Wormser Edictes vor der Hand unmöglich machte. Auch auf dem zweiten Reichstage zu Speier (1529) und auf dem Reichstage zu Augsburg (1530) war Albrecht gegenwärtig; hier vertrat er den Kurfürsten Johann eine Zeit lang und protestirte in dessen Namen gegen den ungünstigen Reichstagsabschied. Nicht minder treffen wir Albrecht und Gebhart auf dem Schmalkaldener Convente und ihre Namensunterschriften auf der daselbst aufgesetzten Bundesakte. Nach dem am 9. Januar 1540 erfolgten Tode des Grafen Hoier, der letzten Stütze des römischen Bekenntnisses, stand der völligen Einführung der Reformation in die Grafschaft gar kein Hinderniß mehr im Wege, und alle Nachrichten bezeichnen darum auch das Jahr 1540 als das der allgemeinen Durchführung der Kirchenverbesserung in der Grafschaft. Das Verdienst aber, dieselbe herbeigeführt zu haben, gebührt vor allen Anderen dem Grafen Albrecht, wie auch seinen zahlreichen Kindern, welche alle nach besten Kräften für die Ausbreitung des Evangeliums thätig waren. Von sechs Söhnen starben drei mehr oder minder jung, die übrigen: Volrad V., Hans I. und Karl I. griffen bedeutsam in die Geschichte der Grafschaft, zum Theil auch in die allgemeine Geschichte ein. Von neun Töchtern blieben vier unvermählt; von den übrigen wurden drei an Vettern der älteren vorderortischen Linie, zwei an Grafen von Nassau und von Oettingen vermählt.

[219] Minder anerkennenswerth als in seiner Thätigkeit für die Förderung des evangelischen Bekenntnisses zeigt sich der Charakter Albrechts in seinem Verhalten gegen seine Verwandten und Unterthanen. Hier tritt als Kehrseite seiner Vorzüge Eigensinn, Neigung zur Gewaltthätigkeit, starres Beharren auf vermeintem oder wirklichem Recht und zum Theil auch Habsucht hervor, ein Zug, der sich dadurch erklärt, daß Albrecht die seinem Hause in einer ungeheuren Schuldenlast drohende Gefahr klar erkannte und derselben durch Ersparnisse, wie auch durch stärkere Ausnutzung seiner Gerechtsame vorzubeugen suchte. Eine bedauerliche Folge seines Verfahrens war die Aufhebung jeder Verbindung mit seinem durch denselben Glauben ihm verbundenen Bruder Gebhart und den übrigen Grafen. Wiederholt versuchte Luther mit milden und strengen Worten, gebeten und ungebeten, des Grafen Sinn zu ändern; aber es gelang ihm nur zum Theil und erst nach vielen Bemühungen. Einer der Briefe, welche Luther während dieser Streitigkeiten im Grafenhause an Albrecht schrieb (am 8. December 1542), verdient wegen der treffenden Zeichnung des Charakters und der Bedeutung des Grafen fast vollständig wiedergegeben zu werden. Derselbe lautet: „Gott hat durch E. G. im Anfange des Evangeliums viel lobwürdige Thaten ausgerichtet, die Kirchen und Predigtstühle, auch die Schulen zu Gottes Lob und Ehren fein bestellet und in der Bauernaufruhr E. G. trefflich und herrlich gebraucht, daß ich aus solchen und anderen mehr Ursachen E. G. nicht kann also leichtlich vergessen oder aus meiner Sorge und Gebet lassen. Aber mir kommt vor, zumal durch viel Plaudern und Klagen, wie E. G. sollten vom vorigen Anfang abfallen und viel anders worden sein, welches mir sehr ein groß Herzeleid sein würde für E. G. Person. So fühlen E. G. selbst wohl, wie sie bereits kalt und auf dem Mammon gerathen sind, gedenken sehr reich zu werden; auch, wie die Klagen gehen, die Unterthanen allzu hart und scharf drücken, sie von ihren Erbfeuern und Gütern zu bringen und schier zu eigen machen gedenken, welches Gott nicht leiden wird.“ Zuletzt gibt er dem Grafen zu bedenken, es könne ihm leicht ergehen „wie dem, der die Gans aufschneidet, die ihm täglich ein gülden Ei legte, oder wie dem Hunde bei Aesopo, der das Stück Fleisch verlor im Wasser, da er nach dem Schatten haschte.“ Ja, ein Eisleber Prediger, Namens Johann Libius, verglich ihn im J. 1544 auf der Kanzel geradezu mit dem scheinheiligen Pharisäer und behauptete, wo ein Haus, Weinberg oder anderes vorhanden, so es ihm gefiele oder gelegen wäre, reiße er es zu sich. Er wolle in drei Jahren erleben, daß dieser Mörder und Stuhlräuber mit all den Seinen werde untergehen und ausgetilget werden. Auch Luther urtheilte damals streng über den ihm vorher so werthen Mann. Er wurde von sämmtlichen Grafen, unter denen er schon oft als Gewissensrath und Friedensstifter aufgetreten war, zuletzt nochmals zum Schiedsrichter ausersehen und war auch bereit dazu, weil er, wie aus einem Briefe an Albrecht hervorgeht, den sehnlichen Wunsch hatte, vor seinem Ende seine lieben Landesherrn zu vertragen und freundliches, einmüthiges Herzens zu sehen. Dreimal reiste er zu diesem Zwecke nach Mansfeld und Eisleben; die letzte dieser Reisen aber wurde seine Todesreise. Zwar versuchten Albrecht und seine Gemahlin durch Fürsorge aller Art den mit dem Tode Ringenden dem Leben und der evangelischen Kirche zu erhalten, aber umsonst. Wie bestürzt und innerlich ergriffen Albrecht von dem Hinscheiden des großen Gottesmannes war, dessen mahnendem und wegweisendem Worte er in einem etwa dreißigjährigen persönlichen und brieflichen Verkehre unsäglich viel zu verdanken hatte, beweist der Brief, den er sofort nach Luther’s Tode an den Kurfürsten Johann Friedrich schrieb und welcher wörtlich lautet: „Gnädigster Herr! Mit betrübtem Herzen geb Ew. Churfürstl. Gnaden ich unterthänig zu erkennen, daß der Allmächtige Doctor Leuter von diesem Jammerthal hint in dieser Nacht [220] ungefährlich fast um 3 Uhr in Gott verschieden ist. (So in der Bestürzung verschrieben statt: ‚abgerufen hat.‘) Der Allmächtige sei uns allen gnädig! Und kann itzt nit mehr schreiben. Am 18. Febr. Ao. 46.“ – Albrecht gab mit seinen Söhnen dem großen Todten das letzte Geleite. Kaum aber waren dessen sterbliche Reste in der Schloßkirche zu Wittenberg beigesetzt, so ward Albrecht in die Wirren des schmalkaldischen Krieges hineingerissen. Während die vorderortischen Grafen und selbst der evangelische Gebhart die kaiserliche Partei ergriffen, schloß sich Albrecht mit allen seinen Söhnen fest an seine früheren Bundesgenossen an und brachte für die Sache des Evangeliums die größten Opfer, eine Treue, die uns mit seinen minder angenehmen Eigenschaften wieder aussöhnt. In Stuttgart verlor er seinen im Heerlager vor Giengen erkrankten Sohn Wolf (October 1546) und kehrte gegen Weihnachten mit dem Kurfürsten Johann Friedrich nach Sachsen zurück, wo er mit Waffengewalt gegen seine katholischen Vettern vorging. Er besetzte am 27. December Eisleben, ließ die Bürger sich huldigen und eroberte in kürzester Frist die Aemter und Burgen seiner ihm feindlichen Vettern. Freilich gewann dieses schnelle Einnehmen, wie Spangenberg bemerkt, darnach auch zumal wieder ein schnelles Abnehmen. In dem am 1. März 1547 vor Rochlitz in Sachsen stattfindenden Treffen zeichnete sich sein Sohn Volrad rühmlich aus, Albrecht selbst aber sollte bald größeren Ruhm gewinnen als je zuvor. Da nämlich Herzog Erich von Braunschweig von dem in Süddeutschland siegreichen Kaiser den Auftrag erhalten hatte, mit seinen Truppen das Belagerungsheer zu verstärken, welches das schwer bedrängte Bremen zu Falle bringen sollte, so entsandte Kurfürst Johann Friedrich einen Theil seines Heeres unter dem Oberbefehle Albrechts, um den Herzog daran zu hindern. Während nun Albrecht in Feindesland heerte, fiel der entscheidende Schlag bei Mühlberg am 24. April 1547, in Folge dessen Graf Albrecht mit seinen Söhnen und allen seinen Erben in absteigender Linie am 6. Mai 1547 vom Kaiser im Feldlager vor Wittenberg „aller Regalien, Lehen, Habe und Güter gänzlich und gar privirt und entsetzt“ wurde, mit denen nunmehr sein Bruder Gebhart und seine vorderortischen Vettern belehnt wurden. Kein Wunder, daß der für heimaths- und besitzlos Erklärte jetzt alle seine Hoffnung außer Gott nur noch auf sein Schwert setzte. Am 24. Mai 1547 stieß er auf das Heer des Herzogs Erich bei Drakenburg an der Weser. An der Spitze der Reiterei stürmte er auf den Feind, der bald in wilde Flucht getrieben wurde, und Erich konnte der Gefangennahme nur dadurch entgehen, daß er über die Weser schwamm, 3000 Todte und 2500 Gefangene auf dem Platze lassend. Bei der allgemeinen ungünstigen Lage blieb jedoch Albrechts glänzender Sieg ohne den verdienten Erfolg. Während seine feindlichen Verwandten Eisleben und auch das Schloß Mansfeld wieder einnahmen und sich von Albrechts Unterthanen huldigen ließen, irrte der in die Acht erklärte Vertheidiger der evangelischen Sache in dem bremischen und verdenschen Gebiete umher, vergeblich versuchend, dort festen Fuß zu fassen. In seiner Noth bot er 1550 dem gleichfalls hart bedrängten evangelischen Magdeburg, welches, wie er, sich geweigert hatte, das Interim anzunehmen, seine Dienste an, und mit Freuden nahm diese Stadt, die „Kanzlei des Protestantismus“ und neben Bremen das einzige noch unbezwungene Bollwerk der Evangelischen, das Anerbieten des kriegserfahrenen, durch seinen Sieg bei Drakenburg berühmt gewordenen Grafen an. Ohne für sich und seinen Sohn Hans, der bei ihm war, Sold zu beanspruchen, leitete er die Vertheidigung der Festungswerke, warnte die muthige Bürgerschaft wiederholt vor Unbesonnenheiten, stillte einen gefährlichen Aufruhr der Besatzung durch sein besonnenes Einschreiten und focht persönlich in mehreren Ausfallgefechten mit. Bei einem zweiten Aufruhr der Besatzung am 18. August 1551 traf den schwergeprüften Grafen ein neues Mißgeschick. Seine hochherzige Gemahlin [221] Anna, eine geborne Gräfin von Hohenstein, welche ihn auf seinen Feldzügen begleitet und alle Gefahren derselben, wie auch nun der Belagerung mit ihm getheilt hatte, verlor nämlich bei dieser Gelegenheit, als sie von einem Fenster der Dompropstei dem Tumulte und den Versuchen zur Stillung desselben zusah, durch einen aus der Zollschanze in die Stadt fallenden Schuß ein Bein. Welch günstigen Eindruck auch hier der Graf auf das Kriegsvolk gemacht hat, beweist ein gleichzeitiges Lied desselben, in welchem er als derjenige gerühmt wird, der das Beste gethan. Als jedoch schließlich die Widerstandskraft der Magdeburger auf die Neige ging und dieselben in dem am 3. November 1551 abgeschlossenen Vertrage hatten versprechen müssen, keinen Feind des Kaisers in ihren Mauern dulden zu wollen, mußte Albrecht abermals flüchtig werden. Doch bot sich ihm bald ein mit seiner Ueberzeugung übereinstimmendes Unterkommen. Denn als Kurfürst Moritz im Frühjahr 1552, diesmal zum Schutze seiner Glaubensgenossen, seine Waffen gegen den Kaiser erhob, war sein bisheriger Gegner Albrecht von Mansfeld einer der ersten, der ihm zuzog. Er machte den Siegeszug des Kurfürsten mit und der am 2. August 1552 abgeschlossene Passauer Vertrag, welcher der evangelischen Kirche staatsrechtliche Anerkennung brachte, gab auch dem Grafen Albrecht Heimath und Erbe zurück, denn in dem 7. Artikel desselben war auf Verlangen des Kurfürsten ausdrücklich festgesetzt worden, daß Graf Albrecht von Mansfeld sammt seinen Söhnen von der kaiserlichen Majestät aus Sorgen gelassen, auch wieder zu Gnaden und Hulden aufgenommen und in Kraft dieses Vertrags ausgesöhnt sein sollte.

Nach fünfjähriger Verbannung kehrte nun der Vielgeprüfte in seine Grafschaft, wie es scheint, zunächst auf sein stilles Harzschloß Rammelburg zurück. Am 2. December 1552 fand die erneute Huldigung der Bürger von Eisleben zu Händen seines Sohnes, des Grafen Karl, statt, und auch in seinen Aemtern übernahm Albrecht wieder die Regierung. Dennoch sollte dem 72jährigen noch kein ruhiger Lebensabend beschieden sein. Der wegen früherer Mißhelligkeiten auf den Grafen erbitterte Herzog Heinrich von Braunschweig verheerte im October 1553 vorübergehend und vom Juli 1554 bis zum Juli 1555 ein Jahr lang Albrechts Gebiet, dessen Unterthanen er brandschatzte und zur Huldigung zwang. Erst am 23. Juli 1555 gelang es dem Grafen durch Vermittelung seines Bruders und seiner Vettern und gegen Zahlung beträchtlicher Entschädigungssummen an den Herzog und dessen Ritterschaft wieder in den Besitz seines Landes zu kommen. Alsdann fanden auch entschiedene Schritte zur Aussöhnung der feindlichen Brüder und Vettern statt, indem zwei vorderortische Grafen zwei Töchter Albrechts zur Ehe nahmen und Gebhart und Albrecht wieder Brüder mit einander wurden. Nicht lange darauf starben beide. Am 13. September 1558 verschied Graf Gebhart auf dem Schlosse Mansfeld und am 4. März 1560 Graf Albrecht auf der neuen Hütte zu Leutenberg im Frankenwald, wo ihm seine Gemahlin Anna ein Jahr zuvor im Tode vorangegangen war. Der Leichnam des ins 80. Lebensjahr Eingetretenen wurde in der Stadtkirche zu Thal-Mansfeld, wo auch schon seine Gemahlin ihre letzte Ruhestätte gefunden hatte, beigesetzt.