ADB:Martin, Eduard Arnold

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Artikel „Martin, Eduard Arnold“ von Franz von Winckel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 489–490, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Martin,_Eduard_Arnold&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:59 Uhr UTC)
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Martin: Eduard Arnold M., wurde am 22. April 1809 in Heidelberg geboren, wo sein Vater Chr. R. Dietrich M. Professor der Jurisprudenz war. Dieser folgte 1816 einem Ruf an die Universität Jena, woselbst 1809 eine seiner Töchter sich mit dem Professor der Medicin K. W. Stark verheirathete. M. kam 1823 auf das Gymnasium in Altenburg, machte 1826 sein Abiturientenexamen und studirte dann zuerst auf Wunsch seines Vaters Jura in Göttingen, später aber seit 1828 mit auf Befürwortung seines Schwagers Stark in Jena Medicin. Im Herbst 1830 reiste er nach Leipzig, Dresden, München, Cassel und Gotha, setzte dann vom Herbst 1830 bis Herbst 1831 seine Studien bei Chelius und Naegele dem Vater in Heidelberg fort. 1831 bis 1833 prakticirte er in den Jenenser Kliniken unter J. C. Stark II. und Succow und beschäftigte sich im Sommer 1833 mit Abfassung seiner Inaugural-Dissertation: „De lithogenesi praesertim urinaria“, auf Grund deren er in Göttingen am 14. Octbr. 1833 promovirt wurde. Nunmehr unternahm er größere Reisen nach Prag, Wien, Berlin und Hamburg 1834; ferner 1835 nach England und Frankreich und habilitirte sich demnächst 1835 in Jena. Er las anfangs, wie das früher mehr üblich war, Encyclopädie der Medicin, Anthropologie, Pharmakologie und Receptirkunst; seit 1840 erst wandte er sich ausschließlich der Geburtshülfe und Gynäkologie zu, die er bei seinen Lehrern Starke und Boër besonders lieb gewonnen und auf allen seinen Reisen vorwiegend cultivirt hatte. 1837 wurde M. professor extraordinarius, 1838 Unterdirector, 1846 professor ordinarius honorarius und Director der geburtshülflichen Klinik und Hebammenlehranstalt, endlich 1850 ordentlicher Professor der Medicin in Jena. Jederzeit bestrebt das Unterrichtsmaterial für die studirende Jugend zu vermehren, gründete M. 1843 eine geburtshülfliche Poliklinik und veranlaßte 1846 die Aufhebung der Hebammenlehranstalt in Eisenach, bez. deren Vereinigung mit derjenigen in Jena. 1856 wurden ihm weitere Mittel zur Einrichtung einer Klinik und Poliklinik für Frauenkrankheiten – einer der ersten in Deutschland – bewilligt. Neben einer ausgedehnten consultativen Praxis hatte M. in Jena eine sehr beträchtliche Hauspraxis und war in seiner Clientel allgemein beliebt. Mit seinen Collegen in der Facultät, Siebert, Ried und Förster arbeitete er im besten Einvernehmen; 1854 und 1856/57 war er Decan, 1856 im Sommer Prorector. Die Regierung erkannte seine Leistungen an durch die Ernennung zum Hofrath (1855) und durch Verleihung des Falkenordens (1858). Wahrscheinlich durch den Einfluß von Schönlein wurde M. nach dem Tode von D. W. H. Busch 1858 als dessen Nachfolger nach Berlin berufen, wo er bis zu seinem am 5. Decbr. 1875 erfolgten Tode unausgesetzt thätig gewesen ist. Bei seinem Eintritt in die medicinische Facultät Berlins drang er zuerst auf die Einrichtung einer gynäkologischen Abtheilung mit etwa 30 Betten im Charitékrankenhause, deren Director er wurde. Wenn es ihm auch nicht gelang, seinen sehnlichsten Wunsch, den Bau einer der Berliner Universität würdigen gynäkologischen Klinik erfüllt zu sehen, so ließ er sich doch bis zum Ende seines Lebens keine Gelegenheit entgehen, Verbesserungen in den seiner Leitung unterstehenden Instituten anzubringen. 1871 bewirkte er die Herstellung eines besonderen Obductionszimmers und die Anstellung eines besonderen Assistenten für die Zwecke desselben. Seit 1861 geheimer Medicinalrath, war er 1868/69 Decan der medicinischen Facultät. Als Lehrer – besonders als Kliniker – war M. beliebt und anregend; eine große Anzahl von seinen Assistenten sind jetzt selbst Lehrer der Gynäkologie, wie Olshausen, [490] Frankenhäuser, Gusserow, A. Martin (sein Sohn) u. A. Als Praktiker und Operateur war er sehr geschickt und unermüdlich. Viele gynäkologische Operationen und Behandlungsmethoden sind durch ihn in Deutschland oder überhaupt zuerst ausgeführt worden, so die Discision des Orificium uteri externum 1856, die Einführung des Chloroformgebrauchs bei Entbindungen, die Anwendung der Seitenlage bei Beckenenge und bei der inneren Wendung; ferner vollzog er 1862 als einer der ersten in Deutschland die Ovariotomie mit glücklichem Erfolg. Statt der Application von Hirudines ad portionem empfahl er besonders die Scarificationen etc. Eine Reihe von Instrumenten tragen seinen Namen (Trepane, Hysterotome, Beckenmesser, Pessarien), die alle noch mehr oder weniger im Gebrauch sind. Er war ferner ein sehr eifriges und anregendes Mitglied der verschiedensten ärztlichen Vereine, so gehörte er bereits seit 1849 der von Karl Mayer 1844 gegründeten Berliner geburtshülflichen Gesellschaft an, außerdem dem Charitéverein, dem medicinischen, dem Hufeland’schen u. A. 1860 wurde er Vicepräsident der Berliner geburtshülflichen Gesellschaft. Nach K. Mayer’s Tode 1868 wurde er deren Präsident. 1873 gründete er die gynäkologische Gesellschaft in Berlin und war deren Präsident bis zu seinem Tode. Seine litterarischen Arbeiten sind zahlreich, klar, knapp und anziehend geschrieben. Zu den besten derselben gehört das „Lehrbuch für Hebammen“, Erlangen 1854, zweite Auflage 1867, dritte 1874. Von den größeren Werken nennen wir folgende: „Ueber die äußere Wendung, die Lagerung zur inneren und ein neues geburtshülfliches Phantom“, Jena 1849; „Ueber die Eierstockwassersuchten“, Jena 1852; „Ueber die Transfusion bei Blutungen Neuentbundener“, Berlin 1859; „Handatlas der Gynäkologie und Geburtshülfe“, Berlin 1862; „Die Neigungen und Beugungen der Gebärmutter nach vorn und hinten“, 1. Aufl. 1865, 2. 1870 Berlin. Zehn Jahre, von 1859–69 war M. Mitherausgeber der Monatsschrift für Geburtskunde und Frauenkrankheiten. Kurz vor seinem Tode verband er sich mit jüngeren Kräften zur Herausgabe eines neuen gynäkologischen Journals, der „Zeitschrift für Geburtshülfe und Frauenkrankheiten“, und mancher Aufsatz aus seiner Feder in den bis 1875 und noch nach seinem Tode erschienenen Heften beweist, mit welch’ seltener Ausdauer und Liebe er in der anstrengenden Thätigkeit als Arzt und Lehrer bis an sein Lebensende zu wirken bemüht war. Zwei seiner Söhne – Karl und August – traten in des Vaters Fußstapfen als Aerzte; der jüngere derselben speciell auch als Gynäkolog. Ein jüngerer Sohn widmete sich der Geschichte und wurde akademischer Lehrer.

Ein Theil dieser Skizze ist einer ungedruckten Rede auf Martin von Dr. Ebell, geh. am 22. April 1876 in Berlin entnommen. Vgl. auch Berliner kl. Wochenschrift 1875 S. 683.