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ADB:Meier, Justus

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Artikel „Meier, Justus“ von Karl Schulz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 207–208, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Meier,_Justus&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 06:54 Uhr UTC)
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Meier: Justus M., Professor des Civilrechts zu Straßburg i. E., geb. am 1. August 1566 zu Nymwegen, † am 7. August 1622 zu Straßburg. Sein Vater Jesaias M. stammte aus Goslar und war Münzmeister. In Ausübung seines Berufes hatte er viele Orte Deutschlands und Polens durchwandert und endlich in Nymwegen, wo er Sibena Hanssen, die Tochter eines Nymwegener Bürgers heirathete, ein festes Heim gefunden. Ein eifriger Lutheraner, mußte der Vater 1569 mit Frau und 3 Kindern vor der religiösen Verfolgung der Spanier fliehen. Er wandte sich nach Goslar, dann nach Ober-Ursel, kehrte nach Nymwegen zurück, mußte aber bald abermals fliehen und wohnte in Friedberg in der Wetterau, dann in Köln und Emmerich. M. besuchte 1580 das Gymnasium in Straßburg, mußte dann zwei Jahre bei einem Verwandten Kellermann in Pfalzburg zubringen, konnte dann aber in Straßburg im Hause des Diaconus Nikolaus Florus seine Gymnasialstudien beendigen. 1585 wurde er zum Baccalaureus, 1587 zum Magister der Philosophie promovirt. Erst jetzt studirte er die Rechtswissenschaft, namentlich bei Georg Obrecht in Straßburg, wandte sich dann nach Helmstedt, wo er bei Johannes Borcholten hörte. 1593 kehrte M. nach Straßburg zurück. Verlust von Verwandten, die für ihn gesorgt hatten, brachte ihn in eine bedrängte Lage, sodaß er sich veranlaßt fand, die Stelle eines Hofmeistets bei in Straßburg studirenden jungen Adligen anzunehmen. M. konnte so seine juristischen Studien fortsetzen. Außer Obrecht gewann der inzwischen nach Straßburg berufene Dionysius Gothofredus auf seine juristische Bildung großen Einfluß. Die juristische Facultät erlaubte ihm Privatcollegien zu lesen und wöchentliche Disputationen zu halten. Von 1601–1604 lebte M. mit seinen adligen Zöglingen in Frankreich, namentlich längere Zeit in Poitiers und Orleans, lernte England und Belgien kennen, ebenso Spanien. Im November 1604 kehrte er nach Straßburg zurück, wo er die Professur der Institutionen übertragen erhielt. Dies veranlaßte M. am 2. Januar 1605 zu Basel die Würde eines Doctors der Rechte zu erwerben. In Straßburg gewann er sich bald Vertrauen und Hochachtung im reichsten Maße. Er wurde zum Syndicus und mehrere Jahre hintereinander zum Visitator der Universität erwählt, ferner zum Canonicus des Thomasstiftes. 1610 erhielt er das philosophische [208] Decanat, 1611 das Rectorat der Universität. 1612 wurde ihm die Professur der Pandekten an der gleichen Universität übertragen, 1619 endlich die erste juristische Professur, nämlich die des Codex und des Lehnrechts. Am 11. Mai 1607 verheirathete er sich mit Sara Pilgram, der Tochter eines angesehenen und begüterten Kaufmanns aus Antwerpen, die M. fünf Kinder gebar, von denen zwei mit der Mutter den Vater überlebten. Vielfach kränklich und in seinen späteren Lebensjahren von der Gicht geplagt, hat M. eine einflußreiche akademische Thätigkeit in Collegien und Disputationen ausgeübt; an den praktischen Geschäften damaliger Universitätslehrer (Ertheilung von Consilien etc.) hat er sich wenig betheiligt, nur den akademischen Geschäften widmete er sich mit aller Gewissenhaftigkeit. Streng religiöser Gesinnung hat er ein ernstes und harmonisches Familienleben geführt. Am 7. August 1622 befreite ihn der Tod von langen Leiden.

Das hervorragendste Erzeugniß seiner schriftstellerischen Thätigkeit, ein umfassendes System des Civilrechts („Argentoratense Collegium[WS 1] sive Pandectae universi iuris civilis“, Argent. T. I. 1616. T. II. 1617. 4°, in zweiter vermehrter Auflage herausgegeben unter dem Titel: „J. Meieri Collegium Argentoratense totius jurisprudentiae absolutum systema exhibens: adnotationibus J. O. Taboris et aliorum doctorum virorum locupletatum, studio et opera J. Bechtoldi“, III Tomi. Argent. 1657. 4°) ist unmittelbar aus seiner akademischen Wirksamkeit hervorgegangen. Die von M. mit tüchtigen Schülern gehaltenen Disputationen zu den 50 Büchern der Pandekten sind durchgearbeitet und zu einem System nach der Ordnung der Pandekten vereinigt worden. Bei jedem Buch ist der Respondent genannt. In der Vorrede setzt M. auseinander, wie er die Methode befolge, die schon Oldendorp und Wesenbeck angewendet hätten und daß er gegenüber dem oberflächlichen Studium von Compendien gründliche Kenntniß der Quellen und tieferes und systematisches Erfassen des Stoffes erstrebe. Das Werk wird noch heute als eine ernste und eindringende Arbeit geschätzt. Zahlreiche bei akademischen Gelegenheiten geschriebene civilistische Programme sind ihrem Hauptinhalt nach in das Collegium Argentoratense aufgenommen worden. Sonst seien von kleineren Schriften erwähnt: „Centuria quaestionum miscellarum iuris“, Basil. 1606, „Quaestiones miscellaneae“, Argent. 1611, „Eudoxa Justinianea seu disputationes apologeticae pro iuris civilis dignitate et veritate tuenda“, Argent. 1616, „Diss. de rei feudalis vindicatione“, Argent. 1619 (auch in Schilteri Diss. de paragio et apanagio, Argent. 1701 abgedruckt), „Diss. Quomodo Imperator sit mundi dominus; ex L. 3 D. ad L. Rhodiam“, Argent. 1620. Von dem lebhaften religiösen Interesse Meier’s zeugen die Schriften: „Diss. de summa Trinitate et fide catholica“, Argent. 1617 und „Juris publici quaestio capitalis, sintne Protestantes jure Caesareo haeretici et ultimo supplicio afficiendi“, Argent. 1621. Letztere ist eine umfangreiche Widerlegung einer Schmähschrift des berüchtigten Convertiten Caspar Scioppius: Consilium reginum et classicum belli sacri.

C. Bitsch, Oratio parentalis de vita et obitu J. Meieri, Argent. 1623. Stintzing, Geschichte der Deutschen Rechtswissenschaft. 1. Abth. Münch. u. L. 1880. S. 676 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: „Collegium“ mit auf dem Kopf stehenden „m