ADB:Merveldt, Maximilian Graf von

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Artikel „Merveldt, Maximilian Graf von“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 476–480, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Merveldt,_Maximilian_Graf_von&oldid=- (Version vom 20. April 2024, 03:56 Uhr UTC)
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Merveldt: Maximilian Graf v. M., k. k. General der Cavallerie, Ritter des Militär-Maria-Theresien-Ordens, außerordentlicher Botschafter am großbritannischen Hofe, wurde wahrscheinlich am 29. Juni 1764 im Westphälischen geboren und starb den 5. Juli 1815 zu London. Er gilt als der rühmenswertheste Vertreter des westphälischen Adelsgeschlechts der M., in älterer Zeit auch Meerfeld oder Merfeld geschrieben, welches urkundlich schon Mitte des 13. Jahrhunderts bestand, von dem im 14. Jahrhundert gelebt habenden Hermann v. M. – ehrend zubenannt Capitaneus – fortlaufend nachweisbar ist und das im Jahre 1668 die Reichsfreiherrn-, im Jahre 1726 die Reichsgrafenwürde erlangt hat. Wo und durch wen Maximilian v. M. erzogen wurde, ist nicht bekannt, dagegen berichtet die Geschichte anerkennend von den mannigfachen Verdiensten, die er sich als Reiterführer, Generalstabs-Officier und Feldherr, sowie als Diplomat erworben. Und diese waren das Ergebniß reicher Begabung, ritterlicher Denkweise und Thatkraft, als auch unermüdlicher, wissenschaftlicher Beschäftigung und äußerten sich in scharfem Urtheile, lebhafter Unternehmungslust, sowie in staatsmännisch tactvollen und concilianten Handlungen. Angeblich im J. 1782 trat M. in ein k. k. Dragoner-Regiment, in welchem er zum Lieutenant und Oberlieutenant vorrückte; 1788 war er Rittmeister im Husaren-Regiment Nr. 4 und Flügel-Adjutant des Feldmarschall-Lieutenants Graf Wartensleben, Corpscommandanten bei Mehadia; 1789 verwendete ihn das Regiment bei allen gefährlichen Unternehmungen gegen die Türken, worauf er [477] in Anerkennung seiner besonderen Verläßlichkeit und Brauchbarkeit im J. 1790 zum Major im Generalstabe befördert und dem Feldmaischall Laudon zugewiesen wurde. Und als diesen am 14. Juli 1790 der Tod ereilt hatte, erhielt M. vorerst die Erlaubniß, zu Bonn das Noviciat für die Aufnahme in den deutschen Ritterorden ablegen zu dürfen und dann den Auftrag, den Posten eines Flügeladjutanten beim Feldmarschall Prinzen Coburg zu übernehmen. An dessen Seite stand nun M. am 18. März 1793 in der Schlacht bei Neerwinden, mehr als seiner Pflicht genügend; denn ungeachtet seiner anstrengenden und verantwortlichen Thätigkeit zögerte er nicht, sich freiwillig an die Spitze von zwei Grenadier-Bataillonen zu stellen und dieselben gegen den Feind zu führen, als er den rechten Flügel des Heeres bedroht sah. Und daß er sicher geurtheilt und rechtzeitig eingegriffen, lehrte der Erfolg. Vielfach war aber auch die Würdigung, welche seiner hervorragenden Leistung zu Theil ward; Prinz Coburg nannte ihn in der Schlachtrelation gleich nach dem Obersten Mack als außerordentlich verdienstvoll und zeichnete ihn dadurch aus, daß er ihm die Ueberbringung der Siegesnachricht nach Wien übertrug; der Kaiser beförderte M. zum Oberstlieutenant im Generalquartiermeisterstabe, das Capitel des Militär-Maria-Theresien-Ordens endlich schlug ihn 1794 zur Betheilung mit dem Ritterkreuze vor, welches ihm auch verliehen wurde. Ehrend war ferner das Vertrauen, welches Prinz Coburg in M. setzte, als er ihn gleich nach erfolgter Rückkehr aus Wien mit wichtigen Operations-Entwürfen in das Hauptquartier der Alliirten sendete und ihn beim Herzoge York beließ, als dieser denselben als General-Quartiermeister erbat. Auch in dieser Verwendung hat sich M. bestens bewährt; gewandt entwarf er die Vorschläge für alle größeren Truppenbewegungen; rastlos in jeder Hinsicht war sein Eifer; beispielgebend wirkte seine persönliche alles wagende Tapferkeit. Im Kampfe selbst hat sich M. besonders bemerkbar gemacht im J. 1793 bei Famars am 23. Mai und bei Valenciennes am 28. Juli durch kühnes Eingreifen in gefahrdrohenden Momenten, im J. 1794 bei Landrecy am 22. April, indem er die Vertheidigungsanstalten des rechten Flügels mit solchem Geschicke lenkte, daß ihn der Kaiser sogleich zum Obersten ernannte, und bei Tourcoing am 17. und 18. Mai, wo er, mit 4 Escadronen den Feind umgehend, den rechten Flügel desselben warf, zwei Pferde unter dem Leibe verlor und nur durch die Aufopferung der Truppe der Gefangenschaft entkam. Da nun aber M. zu fühlen begann, daß seine Gesundheit dieser Tag und Nacht fortdauernden Thätigkeit auf die Länge nicht genügen könnte, so bat er um die Versetzung zu einem Regimente. Er wurde noch im J. 1794 dem Chevaulegers-Regimente Kaiser Franz, jetzt Ulanen-Regiment Nr. 6 als supernumerärer Oberst zugewiesen und am 4. März 1796 zum Commandanten des Chevaulegers-Regiment Karaczay, jetzt Ulanen-Regiment Nr. 7 ernannt. Und stand nun auch M. nur kurze Zeit an der Spitze dieses Regiments, sie genügte, ihn und seine Truppe ehrender Erinnerung werth zu machen. Wie nämlich der Tagesbericht der Rhein-Armee über das Gefecht bei Wetzlar am 15. Juni 1796 besagt, „verdient M. vorzüglich mit Auszeichnung genannt zu werden“, denn er habe „den günstigen Moment ersehen, einen zweiten Angriff in die linke Flanke des Feindes zu wagen“, wobei die Höhe von Altstädten erobert wurde. Nicht minder günstig lautet die Relation über das Treffen bei Uckerath und Kircheib am 19. Juni, bei dessen mißlicher Gestaltung General Gontroeul in der Flanke zu helfen suchte, „während der sich stets auszeichnende Oberst Graf M. mit seiner Division von Karaczay den Feind in der Front angriff, ganz über den Haufen warf und auf diese Art die Infanterie und die Kanonen rettete“. Endlich wird noch bei Würzburg am 3. September „Merveldt’s Tapferkeit vorzüglich empfohlen“, worauf er am 8. September zum Generalmajor avancirte und noch desselben Tages mit 14 Escadronen den Marsch zu Feldmarschall-Lieutenant Petrasch [478] antrat, welcher mit der Garnison Mannheims die Rückzugslinie General Moreau’s zu beunruhigen hatte. M. war nun an der Zurückdrängung des Generals Scherb nach Kehl betheiligt, nach welcher Affaire er nach Hechingen rückte und seine Streifcommanden bis nach Donaueschingen entsendete. Schon im nächsten Jahre 1797 wurde der zum Inhaber des Ulanen-Regiments Nr. 1 ernannte M. mit seinen ersten diplomatischen Missionen betraut. Festigkeit, Geistesgegenwart und Selbstbeherrschung waren die Eigenschaften, welche M. hiebei vorzugsweise erkennen ließ. Und dieserhalben ward er denn, nachdem er bei dem Abschlusse des Waffenstillstandes zu Judenburg und an dem Präliminar-Friedensschlusse zu Leoben in der Nacht vom 17. zum 18. April 1797 mitgewirkt hatte, später nach Montebello beordert, wo er den einem allgemeinen Congresse abgeneigten Napoleon dazu bewog, den näher an Wien gelegenen Ort Udine zur Führung der definitiven Friedensunterhandlungen zu bestimmen. Und auch diesen wohnte M. bei, war Mitunterzeichner des Friedensschlusses von Campoformio am 17. November und endlich Ueberbringer des ratificirten Friedensvertrages an den Congreß zu Rastadt, bei welchem er in der Eigenschaft eines Gesandten verblieb. Nach der Auflösung des Congresses am 7. April 1799 trat M. jedoch wieder zur Truppe zurück und drängte noch in demselben Jahre am 25. und 26. Juni bei Offenburg die Franzosen gegen Kehl. Mehr Anlaß zu kriegerischer Thätigkeit bot dagegen M. das Jahr 1800, in welchem er bei Alt-Breisach am 25. April den linken Flügel gegen Eckartsweiler zu, standhaft befehligte und am 10. Mai mit der Nachhut den Rückzug der Armee auf das linke Ufer der Donau bestens zu decken verstand. Er selbst blieb mit seiner Brigade auf dem rechten Ufer, wo er den gegen Baiern zu streifenden Abtheilungen kühn entgegen trat und dann längs der Iller und des Lech eine Reihe von vortrefflich geleiteten Beunruhigungen des Gegners durchführte, die der Waffenehre des österreichischen Heeres stets zur Zierde gereichen werden. Die bei dieser Gelegenheit entwickelte hervorragende Entschlossenheit und Umsicht kennzeichnet ihn auch in der von glänzendem Erfolge begleiteten Einnahme von Schwabmünchen am 8. Juni, sowie in dem Gefechte bei Friedberg am 20. Juni. Gelobt wurde M. ferner seines thatkräftigen Verhaltens wegen bei Ampfing am 1. December, als er die Guggenberger Höfe und die Almazinger Höhen dem Feinde entriß, dann bei Hohenlinden am 3. December, weil er die Bewegungen der Kolonne Riesch, durch den wohlbedachten Kampf mit Grouchy im Haager Holz, in der Flanke nachhaltig sicherte, endlich bei Viehhausen am 14. December, an welchem Tage Merveldt’s Cavallerie-Angriffe die französische Reiterei stets zurückzuweisen wußten. M., welcher schon im Herbste zum Feldmarschall-Lieutenant ernannt worden war, schloß nunmehr mit Moreau am 22. December zu Kremsmünster einen 48stündigen Waffenstillstand, worauf er die Weisung erhielt, mit seiner Truppen-Division nach Preßburg zu rücken. Den Kriegsschauplatz betrat er wieder 1805. Er sollte nach ursprünglicher Anordnung bei der Hauptarmee ein Commando übernehmen, doch da der Weg zu derselben bereits verlegt gewesen, so stellte sich M. am Inn dem Befehlshaber der österreichisch-russischen Reserve-Armee General-Lieutenant Graf Kutusow freiwillig zur Verfügung, bei welchem er dann eine Zeit lang als General-Quartiermeister wirkte und sich hierbei vergeblich bemühte, Kutusow zu einer entscheidenden Unternehmung zu veranlassen. Erst bei Lambach am 31. October gelang es ihm durch die Aeußerung, daß eine Armee, die sich nicht schlagen wolle, von keinem Nutzen sei, Kutusow zu einem ernsteren Kampfe zu bewegen, während welchem M. mit Unerschrockenheit den Rückzug deckte. Statt nun aber auch ferner die österreichischen Truppen in fester Verbindung mit den Russen zu erhalten, ließ sich der dem Gebirgskrieg vornehmlich zugeneigte M. als nunmehriger Commandant des österreichischen Corps zu einer immer größer werdenden Entfernung verleiten. Die Folge hievon war, [479] daß M. nicht nur gänzlich von dem russischen getrennt, sondern auch gezwungen wurde, den weiten Umweg über Steiermark und Ungarn nach Mähren anzutreten, wo er nicht mehr an der Schlacht bei Austerlitz Antheil nehmen konnte. Seine, für die gute Sache wohlgemeinten Absichten wurden aber dieserwegen nicht übersehen und betraute ihn der Kaiser bereits im nächsten Jahre mit dem Botschafter-Posten zu Petersburg, auf welchem er zwei Jahre hindurch mit Hingebung thätig gewesen. In diese Zeit fällt auch sein Austritt aus dem deutschen Ritter-Orden, sowie seine Vermählung mit Therese Gräfin Dietrichstein. Im J. 1808 übernahm M. neuerlich das Commando einer Division und zwar in Galizien; nach dem Feldzuge 1809 kam er als Divisionär nach Mähren; im Juli 1813 wurde er zum General der Cavallerie und Gouverneur der Festung Theresienstadt ernannt und kurze Zeit hierauf beordert, sich der Operations-Armee als Commandant des 2. Corps anzuschließen. An der Spitze dieser Truppe kämpfte nun M. in dem hartnäckig geführten Treffen bei Arbesau und Kninitz am 17. und 18. September und dann in der schwer bedrängten Stellung bei Connewitz und Dölitz am Schlachttage bei Leipzig am 16. October, an allen drei Tagen glänzend durch Bravour, hervorragend durch sicheres Disponiren, nachdrückliches Vorgehen und siegreichen Erfolg. Verhängnißvoll wurde ihm dagegen seine große physische Kurzsichtigkeit; in dem Glauben, befreundete Abtheilungen vor sich zu haben, wagte er sich nämlich bei Dölitz gegen 6 Uhr Abends zu nahe an den Feind, verlor durch einen Schuß sein Pferd und fiel, selbst verwundet, in die Gefangenschaft. Und wurde er nun auch schon des nächsten Tages aus derselben freigegeben, so konnte er sich doch nicht mehr an dem weiteren Verlaufe des Feldzuges betheiligen; auch den von Napoleon ihm ausgesprochenen Wunsch, einen Waffenstillstand zu vermitteln, mußte er fallen lassen, da die Verbündeten in keinerlei Verhandlung einzugehen gesonnen waren. Nun begab sich M., zum General-Commandirenden von Mähren ernannt, nach Brünn, wo er im Januar 1814 die Bestimmung erhielt, den Botschafterposten am großbritannischen Hofe zu übernehmen. Diesem Berufe wurde er jedoch schon nach 1½ Jahren im kräftigsten Mannesalter durch den Tod entrissen. Es war ein schwer empfundener Verlust, welcher Oesterreich hierdurch geworden, denn Merveldt’s zu Ehre und Nutzen des Heimathlandes geübtes Wirken hätte gefördert von seinen vielfältigen Lebenserfahrungen nur zu neuen Erfolgen führen können. Und auch Englands Volk beklagte im Dahingeschiedenen eine jener seltenen Persönlichkeiten, deren Thun im Interesse ungetrübten Staatenverkehrs durch die Entfaltung eines offenmüthigen Charakters, rechtlichen Sinnes, sowie allzeitiger Verläßlichkeit die gegenseitige Uebereinstimmung zu ermöglichen wußte. Dieserhalben beabsichtigte denn auch das englische Ministerium, Merveldt’s irdische Ueberreste in der Westminster-Abtei auf Landeskosten beisetzen zu lassen, und trat dasselbe von diesem Vorhaben erst dann zurück, als des Verstorbenen letztwillige Anordnung bekannt wurde.

Wurzbach, Biogr. Lex. d. Kaiserth. Oesterr. 17. Th. Wien 1867. Hirtenfeld, Der Militär-Maria-Theresien-Orden, Wien 1857. Ritter v. Rittersberg, Biogr. d. ausgez. Feldherrn d. öst. Armee, Prag 1828. Oesterreichische National-Encyclopädie von Gräffer u. Czikann, III. Bd., Wien 1835. Szöllösy, Tagebuch gefeierter Helden, Fünfkirchen 1837. Springer, Gesch. Oesterr. seit dem Wiener Frieden. Schweigerd, Oesterreichs Helden etc., 3. Bd., Wien 1854. Teuffenbach, Vaterländisches Ehrenbuch, Wien und Teschen 1877. Gräffer, Kurze Gesch. d. k. k. Rgter. etc., 2. Bd. 2. Aufl., Wien 1801. Porth, Die Schlacht bei Neerwinden in: Mitth. d. k. k. Kriegsarchivs, Wien 1877. Witzleben, Prinz Friedrich Josias v. Coburg-Saalfeld, 2. Th., Berlin 1859. Theimer, Gesch. d. 7. Ul.-Rgts., Wien 1869. Schönhals, Der Krieg 1805, Wien 1873. Das Wirken des k. k. II. Armeecorps [480] in den Gefechten bei Kninitz und Arbesau am 17. und 18. September 1813 in Oest. mil. Ztschft., 1. Bd., Wien 1846. Aster, Die Gefechte und Schlachten bei Leipzig im October 1813, 1. Th., Dresden 1852.