ADB:Meytens, Martin van

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Artikel „Meytens, Martin van“ von Albert Ilg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 662–664, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Meytens,_Martin_van&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 07:19 Uhr UTC)
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Meytens: Martin v. M., ausgezeichneter österreichischer Bildnißmaler, geb. 24. August 1695 in Stockholm, wo sein Vater Peter Martin gleichfalls als Porträtmaler thätig war. Die Familie, welche bis auf Peters Uebersiedlung im Haag gelebt hatte, schrieb sich dem holländischen Idiome gemäß Mytens, erst seit seinem dauernden Verweilen in Deutschland verdeutschte Martin jene Schreibweise mit der der flämischen Aussprache entsprechenden: Meytens. Der Sohn erhielt zugleich mit seinem Vetter und Landsmann George Desmarées durch den alten M. in Stockholm Unterricht, Desmarées soll auch auf der italienischen Reise sein Gefährte gewesen sein und wurde später Hofmaler in München. Die Epoche der Studienreisen Meytens’ ist sehr ausgedehnt, erstreckte sich über die wichtigsten Kunstländer, ist jedoch nach der historischen Folge der einzelnen Aufenthalte bisher nicht völlig klargestellt. Der junge Künstler hielt sich in Holland, England, Frankreich und Italien auf. Es scheint, daß er mit siebzehn Jahren auszog, etwa zwei Jahre in Holland blieb, dann 1714 nach England ging, wo van Dyck sein hauptsächlichstes Studium bildete, wieder nach dreijährigem Verweilen in London begab er sich 1717 nach Paris. wo er bis 1719 sich aufhielt. Nach London war M. im Gefolge Königs Georg I. gezogen, der ihn auch daselbst förderte. In Paris beschäftigte ihn das Fach der Miniaturmalerei auf Email, worin ihm sein Landsmann, ein Spezialist in dieser damals sehr beliebten Kunst, Charles Boite, Unterricht ertheilte. Ich vermuthe, daß die Beziehungen, welche Boite auch zum kaiserlichen Hofe hatte, die Gedanken seines Schülers nach Oesterreich lenkten. Indessen war der Aufenthalt in Wien [663] zunächst nicht dauernd, indem der Künstler von dort aus wieder eine Studienreise und zwar nach Italien antrat. Nach Einigen soll sie fünf, nach Andern gar neun Jahre gedauert haben. Turin, Florenz, Rom, wo er seit 1724 verweilte, waren die Hauptstationen. Die Rückkehr nach Wien erfolgte 1726, nicht wie Andere behaupten, erst 1731. Er verließ diese Stadt, welche das eigentliche Feld seines Ruhmes wurde, nur auf kurze Zeit, so, als er auf einige Monate die Eltern in Schweden besuchte, die er seit dem 17. Jahre nicht gesehen hatte. Ob er eine 1755 erhaltene Einladung, das Porträt der russischen Kaiserin in Petersburg zu malen, angenommen habe, läßt sich nach dem bisherigen Forschungsmaterial nicht erweisen, daß er erst in Rom angefangen haben soll, in Oel zu malen, ist eine kindische Behauptung mehrerer Autoren, er copirte die Classiker der niederländischen Porträtkunst bereits als Jüngling im Haag und London. Im J. 1732 ernannte ihn Karl VI. zum Kammermaler, Maria Theresia, deren Lieblingskünstler er wurde, schenkte ihm 1746 ein Landhaus auf der Wieden, den 28. Aug. 1759 wurde er zum Director der kais. Akademie der bildenden Künste berufen, der schwedische König Friedrich sendete ihm eine Medaille, eine andere ließ sein Landmann Nik. Keder auf ihn schlagen. Es fehlte nicht an Glanz und Ehren, so daß M. so recht der grandseigneur unter den Künstlern Wiens wurde. Seine persönliche Liebenswürdigkeit, sein edles helfendes Wesen, seine Noblesse machten ihn zum Mittelpunkt des Standes. Er führte das Akademiedirectorat ohne ein Gehalt anzunehmen, verdiente er doch reichlich durch seine Bildnisse, welche rapid Mode wurden. Sein Haus enthielt eine werthvolle Sammlung aller Gemälde, die das Kaiserpaar öfter besichtigte. Dieses Verhältniß zum Hofe und den übrigen vornehmsten Kreisen benützte er aufs edelste zur Förderung seiner Collegen, ja zur Hebung des ganzen Standes, indem er den sowohl timid bedientenhaften Geist der damaligen Künstler als deren vorwiegenden Bildungsmangel wirksam durch die Annäherung an Hof und Adel zu beseitigen wußte. Den Akademikern bewirkte er Befreiung von lästigen Steuern, arme Anfänger unterstute er fortwährend, nur um den Unterricht in der Akademie scheint sich der vornehme Herr wenig gekümmert zu haben. Dafür beschäftigte er in seinem Atelier eine stattliche Schülerschaar, unter denen z. B. Hubert Maurer besonders zu nennen ist. Ein Anderer war Sophonias Dederich, welcher dreißig Jahre bei ihm diente und meist das Beiwerk besorgte. Der Meister selbst beschränkte sich bloß auf Köpfe und Hände, für die Darstellung der meisterhaft gemalten Spitzen seiner Bildnisse hielt er einen eigenen Specialisten, einen Franzosen. Die Zahl der aus seinem Atelier hervorgegangenen Porträts ist eine außerordentliche. Fast jedes größere Hof- und Regierungsgebäude, geistliche Stift oder adelige Palais in Oesterreich-Ungarn besitzt etwas davon, sei es auch, daß die Hand des Meisters nur einige Retouchen an der Schülerarbeit angebracht habe. Infolgedessen ist der Werthunterschied dieser Leistungen ein höchst bedeutender. Die vorzüglichsten davon sind wahre Juwele von Pracht und stolzer Fürstenherrlichkeit, die Würde der kaiserlichen Majestät, die Feinheit des aristokratischen Wesens, der stolze gesellschaftliche Ton der in Goldstickerei, Brüssler-Spitzen, Seide und Purpur gehüllten Göttersöhne jener vornehmen Zeit hat niemals einen geschickteren und eleganteten Darsteller gefunden als M. Dabei verfällt er jedoch keineswegs in steife Grandezza. Das Gesicht der schönen Maria Theresia blickt aus der Wolke von Spitzen und Puder doch unsäglich frisch, heiter und liebenswürdig in die Welt, ihr Gemahl Franz I. mit der ganzen Joviali1ät seiner Natur etc. Nur einige, ganz hervorragende Arbeiten seien hier kurz erwähnt: Maria Theresia in rosenfarbener Spitzenrobe, Schloß Schönbrunn, wol sein herrlichstes Werk! – Dieselbe, Kniestück, 1759 bei seinem [664] Amtsantritt für die Akademie gemalt. – Dieselbe, 1744 im Auftrage des Wiener Magistrates, im Rahmen das Brustbild des jungen Erzherzogs, später Kaiser Joseph II. – Herzog Karl von Lothringen, wozu die Schlacht im Hintergrunde Joh. Gabr. Canton malte. – Eine Suite großer Leinwandbilder, die Festlichkeiten bei der Vermählung Josephs II. mit Isabella von Parma darstellend, mit zahllosen Figuren, zu denen M. bloß die Köpfe, das Uebrige Dederich fertigte. Ferner porträtirte er Friedrich I. von Schweden, den Fürsten Kaunitz, die gesammte kaiserliche Familie (mehrmals), die fürstlich Liechtensteinische Familie, die Familie Kaiser Karls VI. 1730 (Schloß Laxenburg); Czar Peter, Herzog von Orleans, Ludwig XV. von Frankreich, August I. von Sachsen. Meytens’ Selbstporträt kommt gleichfalls öfters vor, mehrmals in genrehafter Auffassung im Kreise seiner Freunde, bei einem Concert, beim Brettspiel etc., das Bildniß seines Vaters etc. Nach seinen Originalen wurden zahllose Stiche von Schmutzer, Haid, Kilian, Schmittmer, Camerata, Eckardt, Petit, Steuglen u. v. A. gefertigt. Der Meister starb zu Wien, den 23. März 1770.

(Aus meinen Collectaneen und Material: die bestehende Litteratur ist ganz unkritisch.)