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ADB:Miles, Matthias

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Artikel „Miles, Matthias“ von Georg Daniel Teutsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 743–745, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Miles,_Matthias&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 06:11 Uhr UTC)
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Miles: Matthias M., Rathsherr in Hermannstadt und Historiograph, Sohn des Mediascher Stadtpfarrers gleiches Namens, geb. am 21. Febr. 1639, Zögling des Kronstädter Gymnasiums (1655–58), sodann der Universität Wittenberg, 1660 Rector des Mediascher Gymnasiums, im folgenden Jahr Geheimschreiber des mit dem Kaiser Leopold I. verbündeten siebenbürgischen Fürsten Johann Kemeny und von diesem zu einer Sendung nach Wien benützt, wählte nach Kemeny’s Untergang – er fiel am 23. Januar 1662 in einem Gefecht gegen die Türken bei Groß Alisch –, vom neuen Fürsten Michael Apafi gleichfalls [744] zu diplomatischen Sendungen gebraucht, Hermannstadt zu seinem Wohnsitz, wo er bald Mitglied des äußern Rathes wurde, bis ihn am 14. Mai 1681 die Wahl dieses in den innern Rath berief. Als Mitglied dieses mußte er mit dem Mühlbacher Rathsmann Johann Pancratius das sächsische Banner führen, das mit den siebenbürgischen Hülfstruppen 1683 dem Türken Heeresfolge zu leisten gezwungen war, als dieser gegen Wien rückte; doch kamen sie nur bis an die Raab. Dafür hatte M. die Freude, daß bei dem Vorrücken der kaiserlichen Truppen in Ungarn nach Wiens glorreichem Entsatz der siebenbürgische Landtag im October 1685 ihn mit Johann Heller und andern Abgeordneten nach Wien schickte zur Abschließung eines Schutz- und Trutzbündnisses mit Leopold. Dieses kam in der That am 28. Juni 1686 in Wien zu Stande; in weiterer Entwicklung ist daraus der vertragsmäßige Uebergang Siebenbürgens unter die Herrschaft des Hauses Oesterreich entstanden; der Name von M. steht gleichfalls unter dem Tractat. Kurz nach seiner Rückkehr von Wien, 1. October 1686, starb er. In größere Kreise als diese Thätigkeit hat den Namen M. sein „Siebenbürgischer Würg-Engel“ getragen, eine „Chronik“ des 16. Jahrhunderts, das der Verfasser irrthümlich das 15. nennt. Ein großer Verehrer der Geschichte, deren Lob er nach der Römer und Griechen Vorgang warm erhebt. hat er „im historischen Gärtlein Siebenbürgens spazierend und doch wenige einheimische Scribenten dort findend, ausländische aber so widerwärtige, daß er oft nicht recht gewußt, welchem anzuhangen, oder was zu glauben sei“ – sich entschlossen, diese Lücke auszufüllen und „bevoraus, weil der Siebenbürgischer Sachsen Geschichten so venige Autores berühren, geschweige, des abgelegenen Landes halben, gründlich ausführen (da doch keine einzige Historie in Siebenbürgen fürgefallen, da nicht dieses Status Beamten allenthalben die Hände und Füße, wo nicht ganz das Haupt gewesen) in seiner „Muttersprach und der Siebenbürgischen Sachsen gewöhnlicher Redensart“ eine „kurze Chronica“ dieser Geschichten zu schreiben. Den bezeichnenden Namen, der durch ein Titelbild nach der Offenbarung Johannis verdeutlicht wird, wählt M. im Hinblick auf „die gräulichst-blutigen Anschläge, Kriege und Zeitungen“, die zum großen Theil den Inhalt des Werkes bilden, daß alle schrecklichen Zeiten am Himmel und auf der Erde registrirt, und keinen „der vielfältigen“ innern und äußern Feinde vergißt, durch welche „dies bedrängte Vaterland vollends in den Abgrund des Verderbens gestürzet worden“. In seiner naiv-reizenden, ungemein lebendigen Darstellung, nicht selten von warmem Hauche innerer Theilnahme für die bedrängte sächsische Nation gehoben, die „der viel-gütige Gott unter so grausamen Zeitläuften bis heut gnädiglich hat wollen erhalten“, ist der auch durch Druck und Papier seines Inhalts nicht unwürdige „Würg-Engel“ (Hermannstadt, gedruckt bei Stephano Jüngling 1670) Menschenalter lang ein Lieblingsbuch in sächsischen Kreisen bei Hoch und Niedrig gewesen und hat den historischen Sinn derselben erhalten helfen. Ein Verdienst desselben ist unter Anderem die eingehende, wenn auch natürlich nicht irrthumsfreie Erzählung von der Einführung der Reformation und die vollinhaltliche Mittheilung der eindrucksvollen Rede, mit der der Sachsengraf Albert Huët (Allg. d. Biographie XIII, S. 284) am 10. Juni 1591 vor dem Fürsten den Angriff und Uebermuth des magyarischen Adels der sächsischen Nation gegenüber so schlagend zurückwies. Wie viele deutsche Herzen haben sich seitdem an seiner muthigen Beweisführung erquickt: „darum sind wir nun nicht mehr Fremdlinge, sondern bekräftigte Bürger und Einheimische des Landes, vielweniger Jobagyen, wie uns Etliche falscher Weiß zumessen, sondern wir sein subditi et fideles sincere dilecti, Unterthanen und liebe Getreuen: welches nicht allein aus den privilegiis und Freiheitsbriefen, sondern auch aus königlichen Sendbriefen, derer wir mit großen Laden voll haben und im Rathaus [745] zu unsern Ehren und Gedächtniß der Nachkömmlinge behalten, erwiesen wird. Daß aber Schuster und Schneider Zechleute sein, sei Gott dafür gelobt, der solche Ruhe hat gegeben, daß man sich mit Schuhmachen mag erhalten und Ihre Fürstliche Gnaden einen dicken, fetten, guten und angenehmen Zins kann geben. Hat doch Gott zu arbeiten befohlen: im Schweiß deines Angesichts sollt du dein Brodt essen! … Darumb wollen wir die Namen viel lieber tragen und Eure Fürstliche Durchlaucht soll viel lieber tausendmal dulden und leiden die man nennt: szöts, szabo, varga, als dulo, forzto, koborlo – Kürschner, Schuster, Schneider, als Diebe, Mörder und Räuber.“

Vgl. Joseph Trausch, Schriftstellerlexikon der Siebenbürger Deutschen, II, Kronstadt 1870.