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ADB:Milder, Pauline Anna

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Artikel „Milder-Hauptmann, Pauline Anna“ von Joseph Kürschner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 742–743, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Milder,_Pauline_Anna&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 15:33 Uhr UTC)
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Milder: Pauline Anna M.-Hauptmann, Sängerin, geb. am 13. Dec. 1785 zu Konstantinopel, † am 29. Mai 1838 zu Berlin. Die Jugendgeschichte der M. ist in ziemliches Dunkel gehüllt und selbst über ihren Geburtsort schwanken die Angaben, doch dürfte nach sorgfältiger Untersuchung der Quellen die Biographie in Nr. 28 des Jahrgangs 1838 der Allg. Musikalischen Zeitung, der wir deshalb auch folgen, die zuverlässigste sein. M. lebte bis zu ihrem fünften Jahr in Konstantinopel, kam dann mit ihrer Familie nach Bukarest, wo ihr Vater, der in Konstantinopel als Conditor (nach Andern als Courier) in Diensten des österreichischen Gesandten Herbert Baron von Rathkeal gestanden hatte, zunächst Dolmetscher beim Fürsten Maurozani wurde. Erst mit 10 Jahren gelangte Anna nach Wien, und da sie das dortige Klima nicht [743] vertragen konnte, zog die Familie nach Hüttelsdorf. Hier genoß sie den ersten Musikunterricht, den ihr ein Dorfschulmeister ertheilte, wurde später S. Neukomm’s und Salieri’s Schülerin und betrat, nachdem Haydn und Schikaneder die Größe ihrer Stimme bewundert hatten, am 9. April 1803 als Juno in Süßmayer’s „Spiegel von Arkadien“ mit ungeahntem Erfolg die Bühne. 4 Jahre später erhielt sie ein Engagement am Hofoperntheater, zu dessen hervorragendsten Stützen sie bis 1815 gehörte. Reichardt erkennt ihre Stimme in seinen Briefen aus Wien als die schönste an, welche er außer der der Mara gehört. Durch ihre Kunst wurden die Gluck’schen Opern zu neuem Leben erweckt und gefeierte Componisten ihrer Zeit schrieben Werke mit Rücksicht auf ihre Darstellung. So hat Beethoven seinen „Fidelio“, Cherubini seine „Faniska“, Weigl das „Waisenhaus“ und die „Schweizerfamilie“ für sie componirt. 1809 errang die Künstlerin durch ihre gesanglichen Leistungen in Schönbrunn die Bewunderung Napoleon’s, der sie für Paris engagiren ließ. Nur ihre Verehelichung mit dem Hofjuwelier Peter Hauptmann, welche in das Jahr 1810 fällt, hinderte sie nach der französischen Hauptstadt zu gehen. Die nächsten Jahre waren zum Theil Gastspielen gewidmet. 1811 sang M. in Breslau und Berlin, 1813 in Karlsruhe, Stuttgart, Frankfurt a. M. Im Mai 1815 verließ sie Wien auf immer und trat in den Verband des Berliner Hoftheaters, dem sie bis 1829 angehörte. In diese Zeit fällt das Urtheil Ranke’s, der von der Künstlerin sagte: „Auf alles Edle, Große, Erhabene durch Gestalt und Haltung, wie auf das eigenste Besitzthum hingewiesen, hat sie eine Stimme, die durch bloßes Anschlagen eines Tones die Gemüther beherrscht, die tiefste Wehmuth erwecken und zur innigsten Theilnahme hinreißen kann“. Goethe, der die Sängerin 1823 in Marienbad gehört und Zelter versprochen hatte, ihr durch ihn „das erste Blättchen, das ihrer nicht ganz unwerth sei“, zu senden, schickte ihr mit einem Exemplare der Iphigenie folgende Verse:

Das unschuldvolle fromme Spiel,
Das edlen Beifall sich errungen,
Erreichte doch ein höh’res Ziel:
Von Gluck betont, von Dir gesungen.

1829 verließ M. Berlin, nicht mehr im Vollbesitz ihrer Mittel und deshalb von Spontini, der ihr viel Dank schuldete, vernachlässigt. Sie sang während der nächsten Jahre in Petersburg, Kopenhagen, Stockholm und mehreren norddeutschen Städten und nahm 1836 in Wien in einem Concerte von der Oeffentlichkeit Abschied. Die letzten Jahre verlebte sie in stiller Zurückgezogenheit in Berlin. – M. war ohne Zweifel eine der ausgezeichnetsten dramatischen Sängerinnen die Deutschland besessen, sie wirkte vor allem durch die Macht und den Wohllaut ihrer Stimme, dann aber auch durch ihre plastische Darstellung. Leider fehlte der ersteren Feuer und Schmelz des Vortrags, letzterer Adel und Poesie. In ihrer Declamation störte zuweilen ein Durchklingen des Wiener Dialekts. Ihre vorzüglichsten Leistungen waren die Alceste von Gluck, der sich Armida, Iphigenia, Statira, Lodoiska, Fidelio, Elvira u. a. anschlossen.