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ADB:Nostitz, Ferdinand Graf von

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Artikel „Nostitz-Rieneck, Ferdinand Graf von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 28–29, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nostitz,_Ferdinand_Graf_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 14:06 Uhr UTC)
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Nostitz: August Ludwig Ferdinand Graf von N.-Rieneck, preußischer General der Cavallerie, als der Schützer und Retter Blüchers in der Schlacht bei Ligny durch Darstellung in Schrift und Bild den weitesten Kreisen bekannt geworden, ward am 27. Decbr. 1777 zu Zessel im Kreise Oels geboren und übernahm, nachdem er akademische Studien gemacht hatte, 1799 die Bewirthschaftung seiner im Kreise Löwenberg in Schlesien belegenen Güter. Von jeher hatte er den Wunsch gehabt, Soldat zu werden. Derselbe sollte in unerwarteter Weise erfüllt werden. Bei einem im J. 1801 von Graf Hochberg, seinem Nachbar, auf Schloß Fürstenstein zur Feier der Anwesenheit des preußischen Königspaares veranstalteten Turnier zog N. durch seine Reitergewandtheit und sein schönes Pferd die Aufmerksamkeit Friedrich Wilhelms III. auf sich, so daß dieser ihm eine Officierstelle anbot. N. schlug ein, ging bald nachher nach Berlin und ward am 30. Januar 1802 als Secondelieutenant bei der Leibcompagnie der Gardes du Corps angestellt. Im J. 1803 erfolgte mit vordatirtem Patent seine Versetzung in das Dragonerregiment von Wobeser Nr. 14, dessen Stab in Münster garnisonirte. Hier kam er gelegentlich der Mobilmachung im Herbst 1805 zum ersten Male mit Blücher in Berührung. Es war keine freundliche. Der Lieutenant wurde zu seines Generals Spielpartie gezogen. Dieser verlor und benahm sich in Veranlassung davon gegen jenen so wenig artig, daß N. das nächste Mal ablehnte, mit ihm zu spielen. Blücher erkannte sein Unrecht und der Zwischenfall hatte keinerlei üble Folgen. 1806 nahm N. als Premierlieutenant und Escadronsführer am Kriege Theil. Er focht bei Jena, wurde aber bei Prenzlau Kriegsgefangener, kehrte auf Ehrenwort entlassen nach Schlesien zurück und schied am 24. Febr. 1810 ganz aus dem Dienst. Auf einer größeren Reise, welche er darauf unternahm, ward er in Paris Napoleon vorgestellt. Sobald im J. 1813 König Friedrich Wilhelm III. nach Schlesien kam, meldete er sich zum Wiedereintritt in das Heer, wurde als Rittmeister beim Schlesischen Ulanenregiment (jetzt Nr. 2) angestellt und am 16. Mai, auf Blücher’s Wunsch, dessen Adjutant, ein Verhältniß, welches ohne Unterbrechung bis zu des letzteren Tode bestanden hat. In dieser Stellung hat er freilich keinen Einfluß auf die strategischen Entwürfe und die taktischen Anordnungen des Hauptquartiers gehabt, aber durch persönliche Einwirkung zu dem guten Vernehmen innerhalb des letzteren beigetragen und die Freundlichkeit in den Beziehungen zu den Befehlshabern des eigenen und der verbündeten Heere gefördert; auch auf dem Schlachtfelde hat er mannigfach thätig eingegriffen, so am 19. August 1813, wo sein eigenes Gut der Kampfplatz war und arg verwüstet wurde. Nachdem er während des ganzen Feldzuges Blücher zur Seite gestanden und denselben nach Friedensschluß auf der Reise nach England begleitet hatte, zog er 1815 von neuem mit ihm in den Krieg. Hier fand nun jenes Ereigniß statt, welches Nostitz’ Namen allbekannt gemacht hat. Es war am Abend des 16. Juni. Von seinem Standorte bei der Windmühle von Brye aus beobachtete Blücher das erneute Vorbrechen der französischen Heeresmassen, welche Napoleon aus der Gegend von Ligny gegen die preußische Stellung entsandte. Es sollte demselben besonders durch die Cavallerie begegnet werden. In Blücher regte sich der alte Reitergeist und trieb ihn, sich dem Reiterangriffen anzuschließen. Einer derselben war Adolf Lützow (s. d.), dem früheren Freicorpsführer, aufgetragen, welcher eine Brigade commandirte, von derselben aber nur das 6. Ulanenregiment zur Verfügung hatte. Sein Angriff mißglückte, [29] er selbst wurde gefangen, in voller Auflösung flüchteten die Ulanen zurück und rissen Blücher, welcher von N. begleitet, auf dem Wege zu der gleichfalls zur Attacke beorderten Reserve-Cavallerie des 1. Armeecorps unter Röder, ihnen entgegenkam, mit sich fort. Beider Pferde wurden verwundet, das des Feldmarschalls brach zusammen und begrub im Sturze seinen Reiter unter sich. Den Ulanen folgten auf den Fersen, und mit ihnen gemischt, französische Cürassiere; des Feldherrn Freiheit stand auf dem Spiele. Da sprang N. vom Pferde, zog eine Pistole aus der Holster und stellte sich neben den betäubt daliegenden Blücher, bereit dessen Leben zu vertheidigen und ihn vor der Gefangenschaft zu schützen. Die Franzosen aber beachteten ihn nicht und anrückende preußische Cavallerie verjagte sie bald. Nun rief N. den ersten Reiter, welcher in seine Nähe kommt, an. Es war der Unterofficier Schneider vom 6. Ulanenregiment. Bald kamen mehrere hinzu, darunter der Major von dem Bussche vom Elb-Landwehr-Cavallerieregiment, welcher mit zwei Schwadronen desselben die Bedeckung von Artillerie bildete. Blücher ward auf Schneiders Pferd gehoben; Bussche bezeichnete die Richtung auf Sombref, welche eingeschlagen werden mußte, um den Feldmarschall in Sicherheit zu bringen, während N. eine andere einzuschlagen beabsichtigt hatte, die ihn vermuthlich in die Hände der Franzosen geführt haben würde, und so ward Blücher vor der Gefangenschaft bewahrt. Auf diese Mitwirkung beschränkt sich Bussche’s Antheil an der Rettung; ein nach des letzteren, im J. 1869 auf seinem Gute Hahldem in Westfalen erfolgten Tode, in dem zu Berlin erschienenen „Neuen allgemeinen Volksblatt“ vom 14. August 1869, Nr. 189, gemachter Versuch, ihm ein größeres Verdienst zuzuschreiben, muß, nach einer im Militärwochenblatt vom 17. November desselben Jahres, Nr. 95 veröffentlichten Entgegnung, als gescheitert angesehen werden. Die nächsten Jahre von Nostitz’ Leben blieben ganz Blücher gewidmet. Er besorgte auch dessen Privatgeschäfte; eine herzliche Zuneigung verband beide. Als der Marschall gestorben war, nahm König Friedrich Wilhelm IV. N. unter seine Flügeladjutanten auf und ernannte ihn zum Commandeur des Gardehusarenregiments, 1822 aber zum Commandeur der 2. Gardecavalleriebrigade, an deren Spitze er eine Reihe von Jahren blieb, doch ward diese Thätigkeit häufig durch anderweite Sendungen und Aufträge unterbrochen. 1821 war er zur Begrüßung König Georgs IV. von England in Hannover anwesend und 1826 begleitete er den Prinzen Karl von Preußen zur Kaiserkrönung nach Rußland. Hier lernte Nicolaus I. ihn näher kennen. Als 1828 der Türkenkrieg ausbrach, erbat er ihn sich von seinem Schwiegervater als Militärbevollmächtigten und so wohnte N. dem Feldzuge jenes Jahres im kaiserlichen Hauptquartiere bei. Als nach der Julirevolution Prinz Wilhelm, Bruder des Königs, als Militär- und Civilgouverneur an den Rhein gesandt wurde, begleitete N. ihn als Chef des Stabes; 1833 ward er zweiter Commandant von Berlin; in den Truppendienst ist er nicht zurückgekehrt, dagegen bekleidete er bei dem Könige und seinem Nachfolger eine Vertrauensstellung und ward wiederholt zu Commissionen, namentlich zu solchen, welche die Cavallerie betrafen, herangezogen; im Mai 1848 schied er aus der Armee, um derselben in Zukunft nur noch als Chef des Blücher’schen Husarenregiments anzugehören. Dagegen war er von 1850 bis 1859 Gesandter am hannoverschen Hofe. Am 28. Mai 1866 ist er auf seinem Gute Zobten bei Löwenberg gestorben. Er war seit 1829 mit einer Gräfin Hatzfeldt, einer Tochter des Fürsten Hatzfeldt zu Trachenberg, vermählt.

Kriegsgeschichtliche Einzelschriften, herausgegeben vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte, 5. und 6. Heft, Berlin 1885 (enthalten Nostitz’ Lebensabriß und sein Tagebuch aus den Jahren 1813–15).