ADB:Pagenstecher, Friedrich
Pagenstecher: Jakob Friedrich Moritz P., Forstmann, geboren am 3. März 1793 zu Dillenburg (damals nassauisch), † am 8. März 1864 zu Wiesbaden. Er erhielt seine Schulbildung im elterlichen Hause (sein Vater war Kammerassessor, später Geh. Regierungsrath) und studirte vom 17. Jahr ab Forstwissenschaft zunächst auf der Akademie Herborn – später mit einigen Unterbrechungen bis zum Frühjahr 1813 auf der Universität Gießen. Noch in demselben Jahre wurde er zum Forstgehülfen bei dem Forstinspectionsbureau Dillenburg und zugleich Revierförster des dasigen Reviers ernannt. Die kriegerischen Ereignisse des verhängnißvollen Jahres vereitelten jedoch die wirkliche Uebernahme dieser Stellung und veranlaßten P. als Freiwilliger unter das Jägercorpes einzutreten, bei welchem er den Feldzug 1813/14 als Oberjäger mitmachte. Bis 1818 verblieb er – seit 27. August 1814 zum Secondelieutenant befördert – im Militärdienste. Zu Anfang 1818 wurde er zum Forstassistenten in Hachenburg ernannt, 1826 in gleicher Eigenschaft nach Wiesbaden versetzt und wenige Monate später zum Verwalter des Langenhainer Reviers befördert. 1835 kam er als Oberförster nach Springen mit dem Wohnsitze in Schwalbach; 1840 erhielt er, als erster Forstabschätzungscommissär für den Oberforst Dillenburg, die Waldsteuerregulirungsarbeiten übertragen; 1844 wurde er durch das Forstmeisterpatent ausgezeichnet und 1845 zum Oberforstbeamten für den Inspectionsbezirk Idstein ernannt. Den Schlußstein seiner forstlichen Laufbahn bildet endlich seine Ernennung zum Referenten des nassauischen Forstwesens bei der Herzogl. Landesregierung mit dem Titel: Oberforstrath (durch Decret vom 30. October 1859), in welcher Eigenschaft er zugleich Vorsitzender der forstlichen Prüfungscommission wurde, welcher er schon seit 1846 angehörte.
P. nimmt unter den nassauischen Forstwirthen eine hervorragende Stelle ein. Als Wirthschaftsbeamter führte er in Nassau zuerst die Baumrodung ein (in Langenhain) und forstete (im Springer Revier) ausgedehnte Flächen mittelst Waldfeldbaubetriebs erfolgreich auf. Als Taxator verfiel er auf die höchst glückliche Idee, durch Zerlegung des Gesammtetats in einen Holz- und Laubetat, der innigen Wechselwirkung zwischen Streunutzung und Holzzuwachs einen praktischen Ausdruck zu verschaffen. Erhöhte Laubstreuansprüche der Bevölkerung wurden nämlich durch eine Herabminderung des Holzetats ausgeglichen. Während seiner Wirksamkeit als Oberforstbeamter gründete er einen Forstlese- und Forstverein, welcher noch heute besteht. Als Dirigent der Forstverwaltung nahm er den hauptsächlichsten Antheil an einer Reihe segensreicher Reformen der Forstverwaltung, z. B. an der Emanirung eines neuen Forststrafgesetzes, dem Erlaß von Instructionen für Gemeindebehörden und Förster, der Regelung der Dienstzeit des Forstpersonals und dergl. mehr. Die Nothwendigkeit der ständigen Sorge des Forstmannes für den Wald nach allen Richtungen hin und den Erfolg eines derartigen intensiven Bewirthschaftungssystems pflegte P. durch den Spruch auszudrücken: „Wohin ein Forstmann sieht, da wächst ein Baum!“ Im Ganzen hat P. dem Staate über 50 Jahre lang treue Dienste geleistet, allerwärts anregend, mit der glücklichen Gabe ausgestattet, sich rasch in die gegebenen Verhältnisse [67] zu finden, Fehler der Wirthschaft leicht zu entdecken und die geeigneten Gegenmittel ausfindig zu machen.
- Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 1860, S. 97 und 1864, S. 317. – Forstliche Beilage des Wochenblatts des Vereins nassauischer Land- und Forstwirthe Nr. 19 von 1864 (ad Wochenblatt Nr. 29 vom 16. Juli desselben Jahres). – Fr. v. Löffelholz-Colberg, Chrestomathie. II. S. 402, Nr. 714a, Bemerkung 325 (Todesjahr unrichtig). – Privatmittheilungen.