Zum Inhalt springen

ADB:Pagenstecher, Arnold Alexander

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Pagenstecher, Arnold Alexander“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 62–66, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pagenstecher,_Arnold_Alexander&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 18:07 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Paganus, Peter
Band 25 (1887), S. 62–66 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Alexander Arnold Pagenstecher in der Wikipedia
Arnold Alexander Pagenstecher in Wikidata
GND-Nummer 130296163
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|25|62|66|Pagenstecher, Arnold Alexander|Johann August Ritter von Eisenhart|ADB:Pagenstecher, Arnold Alexander}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=130296163}}    

Pagenstecher: Arnold Alexander P. Die Pagenstecher sind ein angesehenes Geschlecht aus dem Münsterlande; der früheste urkundlich nachweisbare Ahnherr war Joachim (Jochem,), der um 1360 als Patricier und Bürgermeister zu Warendorf, einem Städtchen Westfalens lebte, wo sich mehrere seiner Nachkommen niederließen. Der Vater Arnold Alexanders war Alexander Gisbert P. [63] D. U. J., welcher kurz nach seines Vaters, Johann P. Tod 1651 dessen Amt als Kanzler zu Bentheim erhielt, dasselbe jedoch nach dem Uebertritte des Grafen v. Bentheim zum Katholicismus (1668) niederlegte, und kurbrandenburgischer Resident am pfalz-neuburgischen Hofe zu Düsseldorf, dann Curator der Universität Duisburg wurde, wo er am 28. Juni 1688 im 73. Lebensjahre das Zeitliche segnete. Dessen mit Barbara (nach van der Aa Anna Maria) v. Rodenberg zweitehelich erzeugter Sohn Arnold Alexander erblickte am 27. Februar 1659 zu Bentheim das Licht der Welt; begann seine Studien in Cöln, setzte sie in Gröningen und Leyden unter Böckelmann fort, besuchte hierauf die Universitäten von Helmstädt, Jena, Leipzig und Prag, promovirte 1680 zu Utrecht mit der Dissertation „de jure virginum“ als Doctor beider Rechte, practicirte zu Cleve als Anwalt, wurde 1681 am Arnoldinum zu Steinfurt Professor der Rechte und griechischen Sprache und kam nach sechsjähriger ausgezeichneter Dienstleistung als Professor der Ethik und Politik (1686 oder 1687) nach Duisburg, wo er später als außerordentlicher Professor auch juristische Vorlesungen hielt. Von dort wurde er ziemlich gleichzeitig nach Franeker, Marburg, Heidelberg, Frankfurt a. O. und Gröningen gerufen; er entschied sich für Gröningen, wo er am 26. Juni 1696 (nach Rotermund 1694) wie in Duisburg mit einem feierlichen Redeacte von seinem Lehrstuhle Besitz nahm. – In Gröningen führte er fünfmal (1697, 1705, 1709, 1712, 1715) das Rectorat, und ging nach langjähriger, fruchtbarer Lehrthätigkeit am 27. October 1716 mit Tod ab. Von den Zeitgenossen als Zierde der Universität gepriesen, war Arnold Alexander ein Mann von hervorragender Begabung und vielseitigem Wissen, der sich mit Geschick in deutschen, holländischen, italienischen, lateinischen, auch griechischen Gedichten versuchte, und vermöge seines gefeierten Namens auch außerhalb des Heimathgaues hohes Ansehen genoß. Von seinen zahlreichen bei Rotermund Bd. V. S. 1389, Strieder X. 230 und van der Aa, Th. 15, S. 25 aufgeführten Schriften haben einige mehrerer Auflagen erlebt; so: „Aphorismi ad Instit.“ (Duisb. 1690 12°. ed. 5 Franeker 1705 12°, ed. 6 Harderov. 1748. 8). – „Sicilimenta ad Comp. jur. Schützio-Lauterb.“ (Colon. 1694 ed 3 ib. 1699). – „Admonit. ad Pand.“ (Colon. 1706 ed. 4 Grön. 1715. – ed. 5 Harderov. 174[WS 1]). „Manualium ad instit. etc. repetita praelectio“ (Grön. 1710 12° Frankf. 1724, 12°). – Zu seinen ersten Arbeiten zählt der „Irnerius injuria vapulans s. Comment. ad Authent.“ etc. (Duisb. 1691 4°; 3. s. verm. Aufl. Grön. 1702 4°). Dem Streite, in den er hiedurch mit dem Holländer Cornel Bynkershoek über den Verfasser der Authentica gerieth, hat er zu danken, daß er frühzeitig der gelehrten Welt genannt und bekannt wurde; doch haben in diesem Streite beide Theile die Grenzen der Mäßigung und des Anstandes völlig aus dem Auge verloren. Die Ehe Alexanders mit der Richterstochter Katharina Schlüter aus Gronau war mit zwölf Kindern gesegnet, von denen drei Söhne des Vaters Laufbahn betraten (siehe unten). Die (im Drucke erschienene) Leichenrede auf letzteren hielt 1716 der Gröninger Professor Isingk; in dieser so wie in der von Arnold Alexander P. 1694 verfaßten Rede „Memoria Böckelmani“ finden sich mancherlei Aufschlüsse über Pagenstecher’s Lebensumstände; dessen Brustbild schmückt als Titelkupfer den 30. Th. der Gelehrten Fama.

Neben Arnold Alexander ist auch dessen jüngster Bruder Werner Justin P. zu erwähnen. Um 1670 geboren und auf mehreren Hochschulen gebildet, wurde er nach größeren Reisen 1695 Professor der Rechte zu Duisburg, dann Geheimrath, auch Lehenpropst daselbst und häufig zu diplomatischen Sendungen verwendet. 1727 zum Vicekanzler in Marburg ernannt, resignirte er 1736 und starb 1742. Nach dem Schriftenverzeichniß bei Rotermund (III 1397) schrieb [64] er: „Principia Justin. nova juxta seriem Instit.“ 1698 12° und einige römisch-rechtliche Abhandlungen. –

Von den drei Söhnen Arnold Alexanders, welche den juristischen Lehrstuhl betraten, ist der bedeutendste der älteste derselben, Johann Friedrich Wilhelm P. zu Steinfurt am 25. Juli (nach van der Aa am 23. Juli in Duisburg) 1686 geboren, begann er seine Studien in Bremen, hörte als Jüngling von 15 Jahren (1701) zu Gröningen theologische, dann unter Anleitung seines Vaters und Isinks, juristische Vorlesungen, erwarb daselbst 1705 die Würde eines Doctors beider Rechte, wurde schon 1707 im Alter von 20 Jahren außerordentlicher Professor der Rechte in Marburg, und ging im nächsten Jahre als ordentlicher Professor und Geheimsecretär nach Steinfurt, wo er auch die Professur für Geschichte und Alterthümer erhielt, und 1720 zum Regierungsrath und (nach Dunkel, histor. Nachr.) zum Gografen befördert wurde. Am 13. Juni 1721 betrat er in Folge eines 1720 an ihn ergangenen Rufes den Lehrstuhl zu Harderwyck mit einer Ansprache, welche wie die meisten seiner Reden, an seine früheren theologischen Studien erinnerte. In Harderwyck hielt P. nach dem Weggange von Rungius und Sieben neben juristischen Vorlesungen solche über Litteratur und schöne Wissenschaften, bekleidete viermal das Rectorat (1723, 1728, 1735, 1741) und schloß dort seine zweite Ehe mit der Professorstochter Amalie Pasor. P. starb am 3. November 1746 (nach van der Aa 2. November 1744) und wurde als einer der bedeutendsten Lehrer der Hochschule von seinen Zuhörern aufrichtig betrauert, deren Mehrzahl ihn zeitlebens als ihren zweiten Vater verehrt hatte. Seinen Kindern hinterließ er zwar einen gefeierten Namen, aber keine irdischen Güter. Die übliche Leichenrede hielt am 19. November Professor Gerhard Schröder.

Johann Friedrich Wilhelms schriftliche Arbeiten umfaßten auch die schönen Wissenschaften; so schrieb er: „de Mercurio Trysmegisto“ (1708 4°) „Oratio de pyxide Pandorae“ (1708) und sein 1703 12° zu Duisburg verlegtes „Libellus de barba“ wurde zu Lemgo 1715 und 1746 aufs neue herausgegeben. Hauptsächlich aber beschäftigte er sich mit juristischen Dissertationen, und veröffentlichte eine Sammlung derselben in vier Bänden unter den Titeln: „Jurisprudentia polemica“ (1724 4°, 1730 4°) und „Selectae juris quaestiones“ (III Partes 1730, 1736 und 1743). Ferner „Enchiridion politices“ (1743) und „Tabula juridica exhibens differentias in spinosa materia“ (1741, 4°). Die in Dunkels hist.-crit. Nachr. II 829 über diesen Gelehrten enthaltenen Angaben bedürfen mancher Berichtigung.

Der zweite Sohn Arnold Alexanders, Heinrich Theodor P., geb. zu Gröningen am 7. December 1696, starb zu Duisburg am 8. Juni 1752; studierte hauptsächlich bei seinem Vater die Rechte, erwarb 1715 den Doctorhut, wurde nach des Letzteren Tod (1716) Lector Juris, 1719 ordentlicher Professor der Geschichte und Beredtsamkeit, auch außerordentlicher Professor der Rechte am akademischen Gymnasium zu Lingen, 1721 ordentlicher Professor der Rechte und Politik in Hamm, und übersiedelte 1728 in gleicher Eigenschaft nach Duisburg. Einem nach dem Tode seines Bruders Johann Friedrich Wilhelm 1747 ergangenen Rufe der hohen Schule zu Harderwyk leistete er keine Folge, muthmaßlich weil ihm die erbetene Entlassung verweigert wurde. Er entfaltete eine rege litterarische Thätigkeit und befaßte sich eingehend mit den Schriften des römischen Juristen Sextus Pomponius. Hierher gehören: „Comment. in Sexti Pomponii ICti, quae in Pandectis Justiniani reliqua sunt P. I“, 1723, auctior 1725, P. II. 1725 – P. III. 1723. P. IV. 1733 und 1735. Ferner gab er unter dem Titel: „Jus Pegasianum“ etc. (1741 4°) die in den Pandecten enthaltenen Sentenzen des Pegasus heraus; endlich veranstaltete er eine Sammlung [65] verschiedenartiger Dissertationen, die er: „Dissertationum varii argumenti ΕΝΝΕΑΣ“ (1746) bezeichnete.

Auch die beiden Söhne Heinrich Theodor’s – Johann Alexander Winand und Andreas Wilhelm, – welche aus dessen 1721 mit einer Tochter des preußischen Residenten v. Scherpenzeel in Amsterdam geschlossenen Ehe hervorgingen, wählten die akademische Laufbahn. Der ältere (Johann Alexander Winand), 1722 in Hamm geboren, studierte in Duisburg, promovirte 1748 in den Rechten und war dortselbst als ordentlicher Professor längere Zeit Amtsgenosse seines Vaters. Während des siebenjährigen Krieges ging er nach Wageningen a. Rhein, von dort wurde er im October 1757 als Rechtslehrer nach Harderwyck gerufen und hielt daselbst am 14. Januar 1758 seine Antrittsrede über die Rechtsgelehrtheit des Tertullian (Harderov. 1768). Als ein bedeutender Lehrer der Hochschule empfing er durch deren Curatoren von Zeit zu Zeit Beweise der Anerkennung; so wurde ihm der Titel eines professor primarius verliehen, und 1765 erhielt er den Auftrag über Lehenrecht und Rechtsphilosophie Vorträge zu halten. In Folge hohen Alters legte er am 11. Juni 1794 mit dem Titel eines prof. honorarius sein Amt nieder und starb im 74. Lebensjahre am 23. (nach van der Aa am 25.) August 1796. P. benützte bisweilen Promotionen hervorragender Studierender oder ähnliche Anlässe, um über wichtige Angelegenheiten öffentlich zu sprechen, und sind bei van der Aa (S. 31) die Titel sechs derartiger Reden unsers Gelehrten aufgeführt; der schriftliche Nachlaß besteht aus mehreren Dissertationen.

Dessen ältesten Sohn aus der Ehe mit Maria Elisabet van Groin, Theodor Johann, also einen Ur-Urenkel des eingangsbesprochenen Alexander Gisbert P., treffen wir ebenfalls in den Reihen der gelehrten Juristen. Er studierte 1768 zu Gröningen, promovirte daselbst am 17. Mai 1776 als Doctor beider Rechte, und war wiederholt für den juristischen Lehrstuhl in Deventer in Aussicht genommen. Später wurde er mit einem höheren Richteramte betraut, dem er, wegen seiner Kenntnisse und Unparteilichkeit allgemein verehrt, bis zu seinem Tode vorstand.

Theodors jüngerer Onkel, der vorgenannte Andreas Wilhelm P., ist um 1724 zu Hamm geboren; nahm 1745 in Duisburg den Doctorgrad, ging 1748 als außerordentlicher Professor nach Marburg, wurde 1750 Regierungs- und Consistorialrath, wo er kaum 28 Jahr alt, 1752 unverheirathet das Zeitliche segnete. Er schrieb, wie alle Docenten jener Zeit, einige Dissertationen und Programme, deren Verzeichniß bei Strieder zu finden, Bd. 8, S. 246–247.

Um die glänzende Reihe hervorragender Rechtsgelehrter aus der Familie P. zu erschöpfen, übrigt noch den dritten und jüngsten Sohn des obenerwähnten Alexander Arnold, Ernst Alexander Otto Cornelius (auf den Titeln seiner Schriften meist nur Ernst Alexander genannt) zu besprechen. Am 7. December 1697 in Gröningen geboren, besuchte er als Schüler seines Vaters die dortige Universität, wurde 1716 daselbst Doctor beider Rechte, dann Doctor juris, und 1721 Nachfolger seines Bruders Heinrich Theodor auf dem Gymnasium zu Lingen. Dort lehrte er als ordentlicher Professor Geschichte und Beredtsamkeit, als außerordentlicher die Rechtswissenschaft. Nach wenigen Jahren berief ihn Fürst Wilhelm von Nassau in gleicher Eigenschaft nach Herborn, wo er auch die Syndikatsgeschäfte besorgte; 1733 wurde er vom Fürsten Christian zum Rath ernannt, in welcher Stellung er seine beiden vorgenannten Brüder überlebte. Ernst Alexander starb am 3. August 1753. – Das unter dem Titel: „Juris tractatuum sparsim hucusque editorum, nonnulli sequentes“ 1734 und 1735 erschienene Sammelwerk enthält im ersten Bande acht, im zweiten sechs Abhandlungen, – wohl die meisten und gediegensten des Verfasser.

[66] (Ueber die Familie Pagenstecher:) Strieder, hess. Gel.-Gesch. Bd. 10, S. 221–25. (Ueber Arnold Gisbert, – Werner Justin – Andreas Wilhelm) Strieder a. a. O. 228. 221. 245. – (Ueber Alexander Arnold – Johann Friedrich Wilhelm – Heinrich Theodor – Johann Alexander Winand) Strieder a. a. O. S. 230. 232. 233. 245, namentlich aber J. A. van der Aa, biogr. Woordenbook 15. Bd., S. 24. 29. 27. 31 und die dort sehr erschöpfend mitgetheilte biographische Litteratur. – (Ueber Theodor Johann und Ernst Alexander) van der Aa a. a. O. S. 31 u. 28. Ueber letztern und andere Glieder der Familie auch Meusel, Lex. X, 266–271.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Jahreszahl in Vorlage unvollständig.