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ADB:Palthen, Johann Philipp

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Artikel „Palthen, Johann Philipp“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 111–112, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Palthen,_Johann_Philipp&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 17:08 Uhr UTC)
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Palthen: Johann Philipp P., Historiker und Sprachforscher, aus einer alten von der Wetterau nach Mecklenburg und Pommern eingewanderten Gelehrtenfamilie, welche sich im geistlichen und Lehrfache, sowie in der Verwaltung auszeichnete, war der Sohn des Hofgerichtssecretärs Johann P. († 1708), aus dessen Ehe mit der Tochter des Wolgaster Rathsherrn Michael Hoppe, Dorothea H., und wurde am 26. Junius 1672 zu Wolgast geboren; Nach Vollendung der Schul- und Universitätsstudien in Greifswald (1688–91) hatte er das Glück, mehrere einflußreiche Gönner zu finden, welche ihn in seiner litterarischen Thätigkeit unterstützten und zu einer amtlichen Stellung beförderten. Zu diesen gehörte namentlich der anfangs als Pastor an der Jacobikirche zu Hamburg und seit 1701 als Generalsuperintendent zu Greifswald wirkende Dr. Joh. Friedrich Mayer (s. A. D. B. XXI, 99), mit welchem er Holland, Dänemark und Schweden bereiste, sowie der brandenburgische Geheimerath Sam. v. Pufendorf, welcher durch seine Gemahlin mit der Familie P. verwandt war, und durch seine Empfehlung den schwedisch-pommerschen Generalgouverneur Grafen Niels Bielcke bewog, den erst 22 Jahre zählenden jungen Gelehrten (1694) zum Professor math. et mor. in Greifswald zu ernennen. In der folgenden Zeit (1697 bis 1698) begleitete er auch die Söhne des Grafen Bielcke auf einer größeren Reise nach Frankreich und England, wo er in Paris die berühmten Gelehrten Joh. Mabillon, Stephan Baluze, Joh. Harduin, Ludw. Du Four, Abt von Longuerue, und Pet. Dan. Huet, theils persönlich, theils nach ihrer litterarischen Bedeutung kennen und schätzen lernte. Anscheinend durch Du Fours Studien über Tatian angeregt, nahm er während seines Aufenthaltes in Oxford (1698), nach dem Manuscript des Franziscus Junius, eine Abschrift von der althochdeutschen Uebersetzung der Tatianischen Evangelienharmonie, welche er im J. 1706 in Greifswald im Druck herausgab. In seiner weltmännischen Bildung, ebenso wie in seinen historischen und philologischen Kenntnissen durch diese Reisen gefördert, kehrte er im J. 1699 in die Heimath zurück und empfing zugleich die Professur für Geschichte an der Greifswalder Universität. Nachdem er von 1694–1701 in fortgesetztem Briefwechsel mit Dr. J. Fr. Mayer gestanden hatte, erhielt er im J. 1701 diesen Theologen als Amtsgenossen, und dadurch nicht nur Gelegenheit, dessen umfangreiche Bibliothek zu benutzen, sondern auch sich mit diesem vielseitigen Gelehrten zu litterarischen Unternehmungen zu vereinigen. Zu diesen gehörte (1704) die Gründung einer gelehrten Gesellschaft, deren Thätigkeit jedoch, anscheinend unter dem Einfluß der pietistischen Streitigkeiten und der drohenden Kriegsgefahr bald wieder erlosch. Dagegen hatte P. das Glück, durch den Regierungsrath Magnus v. Lagerström die Mittel zur Herausgabe der erwähnten Evangelienharmonie zu erlangen. Seine übrige Thätigkeit war zwischen seinen Vorlesungen, der Herausgabe kleinerer Schriften und eifrigen historischen Studien in den pommerschen Archiven getheilt. Von diesen betreffen die beiden ersten Richtungen seines Wirkens Natur- und Staatsrecht, allgemeine und deutsche Geschichte, sowie die Schriften des Hugo Grotius; obwohl er in der Vorrede zum Tatian als Zweck der Herausgabe jener althochdeutschen Uebersetzung u. A. hervorhebt, die damalige Sprache zu veredeln und von Fremdwörtern zu befreien, so bediente er sich selbst dennoch in seinen eigenen Werken der lateinischen Sprache. Seine historischen [112] Studien in den pommerschen Archiven sammelte er in mehreren Urkunden- und Regestenbüchern, welche zum Theil in den Bibliotheken von Greifswald, Stralsund und Putbus erhalten sind. Mit regelmäßiger Handschrift sorgfältig ausgeführt, und genau den Originalen entsprechend, gelten sie mit Recht als Musterwerke für die Nachwelt. Zum Druck gelangte während seines Lebens nur die von ihm aus jenem Urkundenschatze entnommene Geschichte der Greifswalder Nikolaidomkirche, 1704, später auch (1756) eine Rede über das Kloster Eldena. Er starb im blühenden Alter von 37 Jahren am 26. Mai 1710; sein Portrait, im Besitz der Universität, ist durch geistvolle Züge und lebendigen Ausdruck bemerkenswerth.

Charisius u. Dinnies, stemmata Sund., wo die Verwandtschaft mit Sam. Pufendorf und dem Frankfurter Juristen Zacharias Palthen erwähnt ist. – Kosegarten, cod. Pom. dipl. Vorr. p. XLII; Gesch. d. Univ. I, 281. – Höfer, Die deutsche Philologie, Univ. Festrede, 1856–57, S. 25, Anm. 8, wo als Geburtsjahr, statt 1662, das Jahr 1672 zu berichtigen ist. – Aug. Balthasar, v. d. Landesgerichten. S. 223. – Rituale Academicum, p. 465. – Biederstedt, Nachr. v. Neuvorpommerschen Gelehrten, Einl. S. IX. – Goedeke, Grundr. z. Gesch. d. Deutschen Dichtung, 2. Aufl. S. 19. – Ein Verzeichniß von Palthen’s Schriften findet sich in Jöcher’s Gelehrten-Lexikon und Dähnert’s Katalog der Univ.-Bibl.; ein Abdruck der Evangelienharmonie in Schilter’s thesaurus II, h. v. Scherz; seine Urk. u. Reg.-Samml. sind erwähnt Pyl, Gesch. d. Kl. Eldena, S. 551; seine Briefe, im Original a. d. Univ.-Bibl., sind zum Theil abgedr. bei Dähnert, Pom. Bibl. II, S. 447–458.