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ADB:Paulsen, Johann Christian

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Artikel „Paulsen, Johann Christian“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 284–286, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Paulsen,_Johann_Christian&oldid=- (Version vom 19. November 2024, 15:29 Uhr UTC)
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Paulsen: Johann Christian P., Forstmann, geb. am 15. November 1748 zu Uslar (am Solling)- † am 10. Januar 1825 auf seinem Gute Nassengrund bei Blomberg. Sein Lebenslauf bietet keine hervorragenden Momente dar. Auch beschränkte sich sein Wirkungskreis auf ein verhältnißmäßig kleines Gebiet. Er leistete aber auf diesem nicht nur als Wirthschafter Hervorragendes, sondern gab auch in forstmathematischer Beziehung wissenschaftliche Anregungen, deren weitere Verfolgung später Männer ersten Ranges beschäftigte.

Sein Vater war hannover’scher Verwaltungsbeamter und scheint namentlich eine gute mathematische Ausbildung besessen zu haben. Nach seiner Versetzung als Amtmann nach Lachem (bei Hameln) kam er auch mit dem Forstwesen in nähere Berührung und nahm diese Gelegenheit wahr, sich bezügliche Kenntnisse anzueignen. Der Sohn Johann Christian scheint nur eine mittelmäßige Schulbildung genossen zu haben; in der Hauptsache wurde er sowohl in den allgemeinen Wissenschaften, zumal der Mathematik, als im Gebiete der Forstwirthschaftslehre von seinem Vater unterrichtet. Eine förmliche forstliche Lehrzeit bei einem praktischen Forstmann scheint er zwar nicht durchgemacht zu haben, jedoch suchte er sich durch zeitweisen Aufenthalt bei erfahrenen Forstverwaltern die nöthigen praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten im Forstwesen zu verschaffen. Sein äußerer Lebensgang nahm folgenden Verlauf: Durch Rescript der Churfürstl. hannover’schen Domänenkammer vom 28. Mai 1771 erhielt er – dem Ansuchen seines Vaters gemäß – seine erste Anstellung als Adjunct des reitenden Försters Rühmann zu Hemeringen (im Amte Lachem), jedoch vorläufig noch ohne Gehalt. Nach dem kurze Zeit darauf erfolgten Ableben seines Vorgesetzten wurde er durch Patent vom 12. September 1771 zum wirklichen reitenden Förster daselbst ernannt. Zu Anfang des Jahres 1789 verließ er den hannover’schen Forstdienst, um laut Patent vom 1. Mai d. J. als Oberförster in den fürstlich lippe’schen Staatsforstdienst mit dem Wohnsitze in Schieder überzutreten. Gleichzeitig hiermit wurde ihm die Inspection und Controle über die [285] Horn’schen, Kohlstädter, Eckelauer, Berlebecker, Hiddeser und Barenholzer Forste im Fürstenthum übertragen. Die von dem Kammerrath G. F. Führer entworfene, aber wenigstens theilweise (1. Abschnitt) wohl seiner Feder entstammende Forstordnung vom 28. Februar 1791 bestimmte in einer angehängten Instruction, daß er die herrschaftlichen Forstreviere des ganzen Fürstenthums, alternirend mit dem Forstmeister Pählig, alljährlich bereisen und inspiciren solle. 1794 wurde er mit der Verwaltung des damals noch im gemeinschaftlichen Besitze von Lippe (4/5) und Paderborn, später Preußen (1/5) befindlichen Schwalenberger Reviers mit dem Amtssitze in Biesterfeld betraut. Auch in dieser Stellung behielt er die Revision der gesammten herrschaftlichen Reviere in der seitherigen Weise bei. Seine auf Hebung des lippe’schen Forstwesens gerichteten Bestrebungen fanden zwar in den zwei verdienten Männern: Kammerrath Führer und Jagdjunker (später Landkammerrath) A. v. Donop wesentliche Unterstützung, allein eine Anzahl der seiner Inspection unterstellten Revierförster, welche mit den durch einen nicht zunftmäßig herangebildeten Vorgesetzten eingeführten Betriebsvorschriften unzufrieden waren, wußte es, unter Pählig’s Führung, doch durchzusetzen, daß ihm die betreffende Revision 1797 ohne Weiteres abgenommen und er sogar dienstlich in eine Untersuchung verwickelt wurde. Obschon diese nicht ungünstig für ihn verlief, wurde er doch durch diese und andere ihm durch die Intriguen seiner Gegner bereitete, unverdiente Kränkungen verbittert; da sich überdieß noch rheumatische und sonstige körperliche Leiden hinzugesellten, suchte er 1812 um seine Pensionirung nach. Er erhielt diese aber erst auf wiederholtes Andrängen am 1. October 1815, worauf er sich auf das durch seine Verheirathung mit Amalie Kapaun (1791) erworbene Gut Nassengrund (bei Blomberg) zurückzog, um hier theils der Verwaltung desselben, theils der Wissenschaft zu leben.

Seine erstere größere Leistung auf forstpraktischem Gebiete war die in den beiden Jahren 1787 und 1788 bewirkte Taxation der Schieder’schen und Blomberger Forste behufs Theilung derselben zwischen der landesherrlichen Linie (Lippe-Detmold) und der erbherrlichen (Schaumburg-Lippe) des fürstlichen Hauses Lippe. Er führte diese Taxation nach seinem vor Beginn der Arbeit der Kammer zu Detmold im Manuscripte vorgelegten „Entwurf zur wirthschaftlichen Eintheilung des Holzvorraths sowohl in Eichen- als auch in Buchenforsten, so überhaupt als Baum- und nicht als Schlagholz betrieben werden“ aus. In diesem Entwurfe finden sich bereits die Grundzüge der „rationellen“ Taxationsmethode niedergelegt, welche er 1795 (s. später) in einer Druckschrift weiter entwickelte und welche Dr. Joh. Christ. Hundeshagen (s. A. D. B. XIII, 401) noch später (1826) – aber selbständig, da ihm Paulsen’s Arbeit nicht bekannt gewesen zu sein scheint – zu einem förmlichen Waldertragsregelungsverfahren ausgebildet hat. Die bei diesem Geschäfte von ihm bewiesene Befähigung, Geschicklichkeit und Betriebsamkeit waren die nächste Veranlassung zu seinem Uebertritt in fürstlich lippe’sche Dienste. Sein Hauptverdienst lag aber in der unter höchst schwierigen Verhältnissen bewirkten Ueberführung des in den lippe’schen Forsten bis 1791 stattgehabten regellosen Plänterbetriebes in den geregelten Hochwaldbetrieb oder – wie es in den Acten heißt – „regulären Betrieb“. Die Grundlagen der neuen Wirthschaft sind in den bereits genannten von dem Landescurator Grafen Ludwig Heinrich Adolph zur Lippe erlassenen Forstordnung zu suchen. Außerdem führte er – neben seiner durch bergiges Terrain, sowie verwickelte Holzabgabe- und Servitutverhältnisse sehr erschwerten Revierverwaltung – noch mehrfache Waldtheilungen, Forsteinrichtungen und sonstige größere taxatorische Arbeiten in vorzüglicher Weise durch.

[286] Seine wissenschaftliche Tüchtigkeit documentirte P. – abgesehen von dem bereits genannten „Entwurfe“ etc. – durch folgende zwei Arbeiten: 1) „Kurze praktische Anweisung zum Forstwesen, oder Grundsätze über die vortheilhafteste Einrichtung der Forsthaushaltung und über Ausmittelung des Werthes vom Forstgrunde; besonders auf die Grafschaft Lippe angewendet.“ Diese Schrift wurde 1795 mit dem Vermerke „verfasset von einem Forstmanne und bevorwortet vom Oberförster Kuntze zu Erzen“ von dem bereits genannten Kammerrath G. F. Führer herausgegeben. Eine zweite Ausgabe erschien 1797. Es findet sich hierin die erste nähere Nachweisung über die Größe der Holzvorräthe und des Nutzungsfactors normal bestockter Waldflächen, begründet auf Untersuchungen über den Wachsthumsgang der Bestände. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind erst 1847 – also über zwei Jahrzehnte nach Paulsen’s Tode – durch Theodor Hartig in dem unten genannten Werke in der Form von Ertragstafeln veröffentlicht worden. Dieselben erstrecken sich über den Ertrag der Rothbuchen-, Eichen-, Fichten- und Kiefernhochwaldbestände, sowie der Buchenniederwälder auf gutem, mittelmäßigem und schlechtem Boden. – 2) „Ueber die richtigste Art der Berechnung des Zuwachses an ganzen Holzbeständen in den Waldungen.“ Als Manuscript 1800 veröffentlicht, gelangte diese Arbeit erst durch die Fortsetzung der hundeshagen’schen Beiträge zur gesammten Forstwissenschaft von Dr. J. L.. Klauprecht (1845) zur Kenntniß in weiteren Kreisen. Hier lehrt P. u. A. zuerst die Ermittelung der Baumformzahlen und bringt die Laubhölzer bezüglich ihrer Kronenausdehnung in drei Baumclassen, welchen etwa die (Form-) Coefficienten 0,75, 0,66 und 0,50 entsprechen. Das Princip der Unterscheidung von Wuchsklassen (der Bäume) und Gruppirung der Formzahlen hiernach, um erstere als Anhaltspunkte zum Einschätzen der Formzahlen am stehenden Holze zu benutzen, ist von den meisten späteren Bearbeitern der Formzahlen (Cotta, König, Preßler, Baur etc.) beibehalten worden. P. gehört nach diesen Andeutungen mit zu den begabtesten, ihrer Zeit weit vorausgeeilten Forstmännern. Seine in wirthschaftlicher und wissenschaftlicher Beziehung gleich ersprießliche Thätigkeit war schon zu einer Zeit mit noch ziemlich mangelhaften taxatorischen Hülfsmitteln der Erforschung der Ertragsverhältnisse unserer Wälder gewidmet, welche heutzutage in dem Arbeitsprogramme der deutschen forstlichen Versuchsanstalten eine Frage ersten Ranges bildet.

Dr. Th. Hartig, Vergleichende Untersuchungen über den Ertrag der Rothbuche im Hoch- und Pflanzwalde, im Mittel- und Niederwaldbetriebe nebst Anleitung zu vergleichenden Ertragsforschungen, 1847. Die Einleitungsworte sind den Manen Paulsen’s gewidmet, enthalten aber einige unrichtige Daten in Bezug auf den äußeren Lebensgang. – Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, VII. Band, 1875, S. 388 (J. C. Paulsen. Ein forstliches Lebensbild vom Oberförster Maertens zu Schieder). – Fr. von Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie, IV. S. 243, Nr. 2882. – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. II. S. 295 und 352 (Biographie); III. S. 261 und 273.