Zum Inhalt springen

ADB:Prenninger, Martin

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Prenninger, Martinus Uranius“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 567–568, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Prenninger,_Martin&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 12:22 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Prenner, Georg
Nächster>>>
Presber, Hermann
Band 26 (1888), S. 567–568 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Martin Prenninger in der Wikipedia
Martin Prenninger in Wikidata
GND-Nummer 118641751
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|26|567|568|Prenninger, Martinus Uranius|Johann August Ritter von Eisenhart|ADB:Prenninger, Martin}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118641751}}    

Prenninger: Martinus Uranius P. (Martinus Uranius lingua vernacula Prenninger cognominatus, wie er sich selbst in einigen Tübinger Responsis unterzeichnet), praktischer Jurist des 15. Jahrhunderts. Im späteren 15. Jahrhundert waren die Facultäten zu Köln, Erfurt und Leipzig die wesentlichsten Pflanzstätten der Rechtswissenschaften, neben welchen in Westdeutschland einige Praktiker, wie Peter Andlaw, Ulrich Kraft und Martinus Uranius P. sich um die Fortentwickelung des Rechtes verdient machten. Letzterer, in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Constanz geboren (denn Ulrich Zäsi (Zasius) nennt ihn in seiner Scholia ad l. 2 D. d. O. J. 1518, pag. 25 „compatrem nostrum“), studirte in Ingolstadt, wo er am 25. Januar 1472 als Magister artium immatriculirt wurde, Jurisprudenz. Nach Erlangung des Doctorgrades finden wir ihn als Kanzler des Bischofs von Constanz und vielbeschäftigten Anwalt, welcher großes Vertrauen besaß, in Constanz, später (von 1490 bis 1501) zu Tübingen als professor juris pontificis ordinarius matutinus, d. h. er hielt dortselbst die Vormittagsvorträge über Kirchenrecht. P. übte eine ausgebreitete und hochgeschätzte Consulententhätigkeit und verfaßte u. A. auch für die Stadt Freiburg in einem wichtigen Rechtsstreite mit deren Rentenkäufern ein umfassendes Gutachten. Zäsi, der damals im Dienste dieser Stadt gestanden, berichtet hierüber „bei Nacht vor Lichtmeß“ (31. Januar) 1495: er sei mit einem Responsum des Freiburger Canonisten D. Knapp zu P. nach Tübingen gereist, um diesen zur Abgabe eines für die Stadt gleich günstigen Gutachtens zu bewegen, und habe dieser einige Tage später gegen angemessenes Honorar ein solches auch ausgestellt. Eine Sammlung seiner Consilien ist unter dem Titel: „Consiliorum sive responsorum D. Mart. Uranii, cognominati Pr. J. U. doctoris eximii. Tomi duo“… Francofurti … MDXCVII … tomus tertius … Francofurti … MDCVII von dessen Urenkel, Friedrich P., Advocaten zu Rothenburg a. d. Tauber ausgegeben worden. Sie enthält 235 Consilien; 36 im ersten, 84 im zweiten, 115 im dritten Bande, wo dieselben nach Rechtslehren geordnet sind. Diese Gutachten, in welchen sich P. in der Regel nur U. J. Dr. und J. C. nennt, haben die mannigfachsten privat-, kirchenrechtlichen und civilprocessualischen Fragen zum Gegenstand, während das öffentliche Strafrecht [568] nur nebenbei berührt wird. Von allen Verbrechen wird blos die Injurie und auch diese fast durchweg nur als Privatdelict behandelt. Als Strafe begegnen wir überall der Privatbuße in Geld neben infamia, dagegen wird eine Widerrufsklage als inepta bezeichnet. Die Ausmessung der Strafe ist meist mit peinlicher Sorgfalt behandelt, die Höhe der Geldbußen gegenüber dem damaligen Geldwerthe und den heutigen Ansätzen sehr beträchtlich, für wörtliche und Realinjurie mindestens 50 fl. (aurei Rhenenses zu ca. 6 M. 40 Pf. jetziger Währung), für mehrere schriftliche Schmähungen eines Prälaten 1000 aurei u. s. f. In der rechtlichen Begründung hält sich P. allenthalben an die Texte der römischen und canonischen Gesetze, und folgt der Doctrin wie der Praxis der italienischen Juristen, jedoch unter Wahrung einer gewissen Selbständigkeit, auch citirt er neben den Italienern mehrfach deutsches Gewohnheitsrecht. Die Schreibweise leidet an der üblichen Breite, ist jedoch correct und fließend und frei von den barbarischen Satzbildungen der Postglossatoren. Der Mode seiner Zeit folgend liebt er es, Bibelsprüche oder Stellen aus Classikern einzuflechten, weshalb wir häufig Aristoteles, Cicero, Sallust, Vergil und Terenz begegnen. P., dessen Consilien und Responsa sehr geschätzt waren, beschloß sein thätiges Leben hochbetagt im J. 1550.

Stintzing, Gesch. der deutschen Rechtswissenschaft, 1. Abth., S. 35 und 528. – Derselbe, Ulrich Zasius 19 f. 311 zu S. 20. – Eisenbach, Gesch. der Univ. Tübingen, S. 247. – Herm. Seeger, Die strafrechtl. consilia Tubing. S. 7–18. Festprogramm der Juristenfacultät in den Beiträgen zur Gesch. der Univ. Tübingen als Festgabe der 4. Säcularfeier (Tüb. 1877. 4°).